nach langer Zeit, in der ich nichts geschrieben, aber dennoch immer mal wieder hier reingeschaut habe, möchte ich euch daran teilhaben lassen, wie unsere Geschichte weiterging. Wer nochmal den Anfang lesen möchte, findet diesen hier (ich hoffe, das Verlinken klappt): topic.php?id=303011)
Die beste Nachricht zuerst: Gestern war es 4 Monate her, seit mein Partner die Entgiftung antrat und diese 4 Monate verliefen (fast) trocken - die letzten 3 Monate absolut trocken.
Die Frage, die ich damals hier gestellt hatte, habe ich damals auch in der Suchtberatung noch besprochen. Im Wesentlichen hieß es da: "Wenn er bleiben will, wird er wohl damit leben müssen, dass ihm Bedingungen gestellt werden" (das hieß konkret: in meinem Haus 0,0 Promille und äußerste Zurückhaltung bei Meinungsverschiedenheiten mit meinem Sohn). ... Er hat ganz schön daran zu kauen gehabt, besonders an dem letzten Punkt.
Direkt nach der Entgiftung wollte er eigentlich in eine SHG, es blieb zunächst beim Wollen, Therapie lehnte und lehnt er ab.
In den ersten Wochen wirkte er sehr angespannt, die ganze Situation war etwas krampfig, und ICH wurde durch allerlei blöde Kleinigkeiten (Olivenölflasche, die wie Weinflasche aussah u.Ä.) nervös. Ich war insgesamt sehr misstrauisch. Das konnte ich dann aber ganz gut in der SHG aufarbeiten.
Nach ca. 4 Wochen Trockenheit machte mein Partner dann einen einmaligen "Trinkversuch" (eine für ihn geringe Menge und das nicht bei uns zu Hause) - nach seiner Aussage fühlte sich das aber so dermaßen Scheiße an, dass es für ihn das endgültige Ende des Saufen-Wollens gewesen sei. Und dann endlich ging er in eine SHG. Die nächsten 2 Tage kaufte er noch Alk, den er als eine Art Ritual an den Plätzen ausschüttete, wo er früher heimlich gesoffen hatte, wenn es zu Hause nicht ging, weil ich frei hatte. ... Also entweder das Ritual hat geholfen oder das nachfolgende Gespräch in der Gruppe brachte den Aha-Effekt - jedenfalls war das die bisher letzte Episode mit Alk in unserem Leben.
Und so ist der Stand jetzt: Nach meiner Wahrnehmung und seinen Ausagen fühlt sich mein Schatz inzwischen sehr wohl. Ich erlebe ihn wach, vital, lebensfroh und mit Plänen für die Zukunft. Er (als älterer Arbeitsloser) hat jetzt auch einen kleinen Job gefunden, der ihm Spaß macht und ihm etwas Geld und vor allem neue nette Kontakte bringt. In die SHG geht er seit Kurzem nicht mehr - was soll ich dazu sagen - er selbst muss SEINEN Weg finden, für mich zählt letztendlich das Ergebnis. (By the way: In gewisser Weise verstehe ich es sogar: In einer kleinen Stadt wie der unseren gibt es in den Gruppen wenig "flow" - es werden immer wieder die gleichen alten Geschichten erzählt und die gleichen Probleme gewälzt...)
Sein Verhältnis zu meinem Sohn war in der ersten trockenen Zeit sehr reserviert - von beiden Seiten. Inzwischen gehen sie wieder locker miteinander um, mal flapsig, mal ernsthaft. Sie können kleine Alltagskonflikte ohne Verletzungen und Ängste miteinander ausfechten. Ich brauche mir da keine Sorgen mehr bezüglich möglicher Eskalationen zu machen, wir alle fühlen uns wieder wohl in diesem Miteinander.
Inzwischen ist also bei mir ganz langsam das Vertrauen wieder gewachsen und ich getraue mich einfach optimistisch in unsere Zukunft zu sehen. Was das Schönste daran ist - ich kann mir meine liebevollen Gefühle für ihn wieder gestatten ohne ständig präsente Angst, doch wieder enttäuscht und dadurch verletzt zu werden. (Ja, doch..., ich kenne die Statistiken und langjährigen Erfahrungen und ich bin und bleibe schon auch Realist, will mir aber auch nicht durch Übervorsicht Gefühle verbieten und/oder das Leben versäuern.)
Dies wollte ich nur mal berichten und euch an meiner Freude darüber teilhaben lassen.
Ich fühle Dankbarkeit gegenüber jedem und jeder, der/die mir in schwierigen Tagen geholfen hat, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Und ich bin dankbar, dass es jetzt so ist wie es ist. Ich bin glücklich.
ZitatGepostet von Jeeribea In gewisser Weise verstehe ich es sogar: In einer kleinen Stadt wie der unseren gibt es in den Gruppen wenig "flow" - es werden immer wieder die gleichen alten Geschichten erzählt und die gleichen Probleme gewälzt...
Guten Morgen Jeanette ,
ich kenne ja nun diese Gruppe nicht, aber um ehrlich zu sein: Ich gehe doch nicht in eine SHG, um mich dort von "neuen Geschichten" unterhalten zu lassen bzw. über den fröhlichen Wechsel der Mitglieder zu staunen!? Dann allerdings kann es tatsächlich gut sein, dass die Gruppe mit einem Kaffeeklatsch bzw. Stammtisch verwechselt wird.
ave:bei uns sind zur zeit zwischen , 10 mindestens und auch schon mal fast 20 leute, in einer shg-std. teilen geht noch nicht, weil das konzept, gerade erst gewechselt worden ist. bei langzeit trockenen , artet das ganze wirklich mal , zu einer art kaffekränzchen,stammtisch aus. eigentlich auch nicht so schlimm. aber wenn ,wir in einen nebenraum gehen(zum rauchen) und sich da wieder ,gespräche entwickeln, geht es los: einzelstd oder was? so in der art zumindest. neue alk-sachen (probleme), bringen aber trotz allem, immer frischen wind. ich fühl mich da sehr wohl
___________________________________________________ muss es immer erst zappenduster werden,bevor uns ein licht aufgeht
ich wollte damit auch keinesfalls andeuten, dass ich mir aus den Erfahrungen der Neuen nix rausziehen könne, aus deren Unsicherheiten, Fragen oder gar quälenden Gefühlen. Ganz im Gegenteil, ich fühle mich schlagartig an meine eigene Anfangszeit erinnert - und das ist wiederum gut für meine eigene Aufmerksamkeit. Ich meinte eher den Ausdruck "immer dieselben Geschichten". In unserer Klinik ist es z.B. so, dass wir dauerhaft 20 oder mehr Teilnehmer waren, bis unser Therapeut sich entschloss, die Gruppe zu teilen und mir die Moderation der "Ableger"-Gruppe zu übertragen. Zu ihm gehen also die Neuen, zu uns kommen die, die schon zwei Jahre (oder eben länger) dabei sind. Und da finde ich es unglaublich spannend, wie sich aus den ursprünglich mal Leidensgenossen richtige Freunde entwickelt haben, die sich einander erzählen, was gerade in ihrem Leben los ist. Ob das nun eine permanente Überlastung im Job ist, eine unerträgliche Schwiegermutter oder - um bei meinem Beispiel zu bleiben - Veränderungen in der Partnerschaft, es gibt jede Woche irgendetwas, bei dem du nicht den Bogen zu unserer Sucht spannen könntest.
ich würde das auch nicht verkehrt finden, zumindest erstmal ,noch evt eine zusätzliche std, für neutrockene einzuführen. aber das wird sich zeigen. es ist erst alles zusammengelegt worden, weil eine shg- std , früher einfach zu schlecht besucht war.
es ist auch bei uns so das länger trockene auf probleme eingehen. aber wenn der punkt verpasst ist , etwas zu erzählen(alk-probleme) dann wird es schwerr ,wieder den einstiegspunkt zu finden.
manche (ich auch)können zb nicht sofort um 19 uhr 30 das erzählen was sie wirklich bedrückt. das bedarf etwas zeit.
und unser leiter ,achtet schon darauf , das alles nicht zu weit abschweift, aber wie gesagt:wenn es dann soweit ist, wird es schwerr. grüsse
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ZitatGepostet von pueblo es ist auch bei uns so das länger trockene auf probleme eingehen. aber wenn der punkt verpasst ist , etwas zu erzählen(alk-probleme) dann wird es schwerr ,wieder den einstiegspunkt zu finden.
Ja pueblo, daran kann ich mich z.B. auch noch gut erinnern. Ganz am Anfang hab' ich auch den Mund nicht aufgekriegt, weder in der Eingangsrunde noch dann im weiteren Verlauf. Und in der Schlussrunde zugeben, dass ich doch sooo gerne was gesagt hätte, ging ja nun gar nicht.
Den Mund aufzumachen gehört zu den wichtigsten Dingen, die ich in der Gruppe gelernt habe, nicht umsonst gibt es das Sprichwort: Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden! Aber du hast völlig Recht, das dauert freilich 'ne gewisse Zeit.
Gemessen an der verbleibenden Zeit, die man nun nüchtern verbringen will, ist das aber 'ne Klackssache, nä?
Den Mund aufzumachen gehört zu den wichtigsten Dingen, die ich in der Gruppe gelernt habe,...
Jo...und deshalb finde ich es auch so richtig und wichtig, dass, (wie bei uns) immer wieder betont und auch deutlich spürbar ist, dass innerhalb der Gruppe keinerlei Hirarchie herrscht!
Nur wenn ein neues (meist unsicheres) Mitglied das fühlt, wird es sich auch öffnen.
Sofern er das denn will. Es gibt bei uns nämlich auch die "ewigen Schweiger". Wird auch keiner gezwungen, irgendwann mal zu reden!
Na gut....wenn denen das Zuhören und "nur präsent sein" reicht...auch gut