Seit Jahren wird der sogenannte Ein-Euro-Job dazu "benutzt", dass notwendige Arbeiten, insbesondere in der Daseinsfürsorge, (Altenheime, Stadtreinigung etc.) durch sogenannte Ein-Euro-Jobber vorgenommen werden und diese dafür die Aufwandsentschädigung in Höhe von 1 EUR erhalten. Dass es sich hierbei nicht immer um die vorgeschriebenen "zusätzlichen" Tätigkeiten handelt, war und ist ein offenes Geheimnis.
Jetzt hat das BSG entschieden, dass diese Ein-Euro-Jobber einen Entschädigungsanspruch oder Wertersatzanspruch haben, siehe hier:
ZitatDas beklagte Jobcenter wurde verurteilt, an den Kläger den Betrag von 149,28 Euro, auf den der Kläger den Revisionsantrag begrenzt hatte, zu zahlen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Bei der Arbeitsgelegenheit, die vom Kläger wahrgenommen worden ist, fehlte das Merkmal der Zusätzlichkeit. Maßgebend für den durch diese nicht zusätzliche Tätigkeit bedingten Vermögensvorteil bei dem Beklagten ist, dass dieser durch die Schaffung der Arbeitsgelegenheit und die Zuweisung des Klägers an den Maßnahmeträger die Arbeitsleistung veranlasst hat. Hinsichtlich der Höhe des Erstattungsanspruchs ist das LSG zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte für die Arbeit des Klägers das übliche Arbeitsentgelt nach dem Tarifvertrag für das Speditionsgewerbe hätte aufwenden müssen und dem hieraus resultierenden Betrag die von dem Beklagten erbrachten Grundsicherungsleistungen (einschließlich der zu tragenden Aufwendungen für die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) gegenüber zu stellen sind.
Auch wenn die schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vorliegt und einige Details noch unklar sind: Jobcenter und Arbeitsagenturen müssen sich auf teure Nachzahlungen einstellen.
Mindestens für Ein-Euro-Jobs ab dem Jahr 2008 können betroffene Hartz IV-Empfänger eine Nachzahlung des ortsüblichen Lohns abzüglich der Sozialleistungen im fraglichen Zeitraum verlangen. Fest steht: Allein im Jahr 2009 waren durchschnittlich 280 000 Menschen im Ein-Euro-Einsatz. Nach einer Untersuchung des Bundesrechnungshof waren 141 von 249 Ein-Euro-Jobs bei acht unterschiedlichen Hartz IV-Behörden nicht „zusätzlich“ im Sinne des Gesetzes. Zulässig sind Ein-Euro-Jobs nur für Arbeit, die sonst nicht oder zumindest nicht so oder nicht jetzt zu machen wäre. Ein-Euro-Jobber sollen regulär bezahlten Mitarbeitern keine Konkurrenz machen. Vor allem bei Kommunen war der Einsatz von Ein-Euro-Jobbern für ganz normale Arbeit vielerorts gang und gäbe, stellte der Bundesrechnungshof fest.
Was aber noch im nächsten Schritt richtig spannend wird: Was passiert mit den ganzen Sanktionen (immerhin 30% für 3 Monate) bei denjenigen, die genau solche AGH (ohne Merkmal der Zusätzlichkeit) nicht angetreten haben?
ZitatBetrifft mich nicht persönlich, aber ich kann gut verstehen, das viele Menschen für 8 Stunden Arbeit nicht den A... aus dem Bett kriegen
Nun ja, dies kann ich eigentlich nicht verstehen, vielleicht habe ich dazu auch eine andere Einstellung.
Was ich ankreide ist, dass durch diese Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze weggefallen sind, alles andere ist Augenwischerei. Und gerade die Kommunen haben ihre Aufgaben, zu denen sie verpflichtet sind, hierüber abgewickelt. Nimm dazu mal folgende Überlegung, wobei ich die Zahlen aus dem mir bekannten Umkreis nehme.
Er bekommt 864,00 EUR. Jetzt macht er noch den 1 Euro-Jon, sind zusätzlich 150,00 EUR + Fahrkarte (ermäßigtes Monatsticket, derzeit 54,50)
= Gesamtbetrag 1.068,50.
Dazu kommt noch die Krankenversicherung, die Rente respektive die Beiträge dazu spart man ja neuerlich.
Für eine AGH werden an den Träger weitere 400 bis 500 EUR gezahlt.
Jetzt sind wir bei dem alleinstehenden Buben bei 1.468,50 bis 1.568,50 EUR.
ABER:
Die Kommune (AGH_Träger sind regelmäßig kommunal) erhält noch Geld für Arbeiten, die sie selbst erledigen und finanzieren müßte. Und diese 400 bis 500 EUR sind wiederum 1/2 Bund, 1/2 Land.
Außerdem
...ist dieser Arbeitsplatz futsch und man kann sich weiter elegant bei der Mindestlohndebatte zurück halten.
...Was ich ankreide ist, dass durch diese Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze weggefallen sind, [quote]
Genau darum geht es doch, als ob die alle nicht arbeiten wollen, fakt ist doch, es will sie keiner bezahlen...
So gut ich das mit dem Gedanken der gemeinnützigen Arbeit finde, um längerfristige Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und Abzocker einzudämmen, es kostet reale Jobs...
[ Editiert von *ich* am 20.04.11 19:13 ]
relaTIEF
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20.04.2011 19:14
#7 RE: Ein-Euro-Jobber haben Anspruch auf Nachzahlung
ZitatSo gut ich das mit dem Gedanken der gemeinnützigen Arbeit finde, um längerfristige Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und Abzocker einzudämmen, es kostet reale Jobs...
Deshalb wurde und wird auch das Merkmal der "Zusätzlichkeit" verlangt.
Es gibt auch gute AGH, gerade für alleinerziehende Mütter oder Menschen Ü55. Bei ersteren ist z.B. die Möglichkeit gegeben, dass alleinerziehende Frauen so unter Rücksicht auf ihre Bereuungssitution etwas machen können und auch eine (Teil-)Ausbildung erhalten.
ZitatGepostet von *ich* So gut ich das mit dem Gedanken der gemeinnützigen Arbeit finde, um längerfristige Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und Abzocker einzudämmen, es kostet reale Jobs...
Es gibt nicht mehr genügend Arbeitsplätze, von denen man leben kann - und es wird sie auch nie wieder geben. Und jetzt?
It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society. J. Krishnamurti
*ich*
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20.04.2011 19:35
#10 RE: Ein-Euro-Jobber haben Anspruch auf Nachzahlung
ZitatGepostet von *ich* So gut ich das mit dem Gedanken der gemeinnützigen Arbeit finde, um längerfristige Arbeitslose wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und Abzocker einzudämmen, es kostet reale Jobs...
Es gibt nicht mehr genügend Arbeitsplätze, von denen man leben kann - und es wird sie auch nie wieder geben. Und jetzt?
Vielleicht die Hassaktionen gegen Arbeitslose einstellen, die zwar keiner bezahlen will, die aber nicht faul sind und gemeinnützige Arbeit machen... hier rede ich mal nicht von mir... ...einfach ein Glaube, dass doch der ein oder andere arbeiten will und den Job auch gut ausüben kann, warum dann nicht halbwegs anständig bezahle???
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20.04.2011 19:38
#11 RE: Ein-Euro-Jobber haben Anspruch auf Nachzahlung
wenn mir jetzt noch einer kommt, die firmen könnten sich das nicht leisten... dann ist es mir auch egal, wenn keine Kaufkraft mehr vorhanden ist, ist es eh egal, dann bekommen die ihr Soll-Gehalt von xyz-tausend Euro eh nicht...
ZitatGepostet von *ich* einfach ein Glaube, dass doch der ein oder andere arbeiten will und den Job auch gut ausüben kann, warum dann nicht halbwegs anständig bezahle???
Das löst das Problem des Arbeitsplatzmangels nicht, was man auch gut daran erkennen kann, dass noch nicht mal die schlecht oder gar nicht bezahlten ausreichen.
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20.04.2011 20:42
#13 RE: Ein-Euro-Jobber haben Anspruch auf Nachzahlung
Dies sind die Stichworte! Daher gilt mein Engagement nicht einem "bedingungslosem Grundeinkommen", sondern einem flächendeckenden Mindestlohn. Und der muss über den EVS liegen.
Die weiter oben genannten Zahlen sind absolut falsch!!! Die Arge zahlt einem alleinstehenden 197 -250 Euro Kaltmiete. Dazu maximal 1,47€ je Quadratmeter Nebenkosten. Macht bei 40 Quadratmeter 58,80€!!!! Und die Heizkosten ohne Warmwasser. Wer Zahlen in den Raum wirft, sollte dann die echten Zahlen nennen! Denn alles an Kaltmiete über den genannten Zahlen ist aus dem Regelsatz selber zu zahlen. So wie auch Strom und Telefon aus dem Regelsatz zu tragen sind. Das wären dann: 250€ Miete 58,80 Nebenkosten 364€ Regelsatz --------------- 672,80 alles zusammen!!! 160€ aus einem 1€ Job. ----------------------- 832,80 also. Ich finde immer Klasse wie manche Zahlen in den Raum werfen die eine Einzelperson nicht bekommt. Und das als Argument nehmen gegen vielleicht mal zu überdenkende Ideen wie das Grundeinkommen. Bitte echte Zahlen, keine Traum Fiktion.
Ich ging in die Wälder,denn ich wollte Leben wohl überlegt Leben. Damit ich in der Stunde meines Todes nicht inne würde, das ich nicht gelebt habe.(H.D. Thoreau)
*ich*
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20.04.2011 21:52
#15 RE: Ein-Euro-Jobber haben Anspruch auf Nachzahlung
Mir liegt einfach sehr viel mehr am Herzen, dass Menschen, die arbeiten wollen, auch Arbeit finden und dafür auch entsprechend belohnt werden.
Scheiße mal, wenn das System ausgenutzt wird, die werden ihr Fett in der dezeitigen und kommenden Situation schon bekommen, so funktionierts nicht mehr und das werden alle zu spüren bekommen... aber vorhandene Arbeitsplätze sind an Willige zu vergeben, und es kotzt mich an, noch mehr Arbeitsplätze zu verschenken; ja, es ist richtig, etwa für seine Grundversorgung zu leisten, aber doch nicht auf Kosten realer Arbeitsplätze... (es sei denn, sie erfüllen den Job und werden dafür anständig entlohnt)