Ich habe mich jetzt auch mal angemeldet, da ich kurz vor der Entgiftung stehe. Ehrlich gesagt habe ich sehr, sehr große Angst davor und vor der Zeit danach, sowie der Entgiftung an sich. Ich war bisher nur stiller Leser und konnte mich mit dem Forum und seinen Mitgliedern sehr anfreunden. Leider habe ich noch ein paar Fragen, zu denen ich keine Antwort findne konnte. Falls diese jedoch bereits schon in einem anderen Thread beantwortet wurden, dann bitte ich um entschuldigung.
Da dies auch mein erster Thread hier ist, möchte ich mich natürlich noch kurz vorstellen. Also ich bin zur Zeit noch Student und stehe eigentlich ein Semester vor meinem Abschluß. Ich trinke regelmäßig seit 9 Jahren. Leider bestimmte schon nach ein paar Monaten der Alkohol mein Leben. Vorher hatte ich eigentlich nur selten mal ein, zwei Bier auf privaten Partys getrunken. Wie es eigentlich immer der Fall ist, reicht irgendwann die eingenommene Menge nicht mehr und es muß mehr getrunken werden. Zur Zeit trinke ich min. 300g EtOH am Tag, eigentlich immernur abends. Lange Zeit hatte ich tagsüber keine Entzugserscheinungen, aber seit ein, zwei Jahren merke ich, dass ich tagsüber ohne Alkohol anfange zu schwitzen, zittern, ängstlich zu werden. Auch fällt mir immer mehr auf, dass ich anfange zu Zucken, wenn ich mich mal zum Schlafen hinlege (tagsüber, ohne Alkohol). Die für mich am beängstigenden Situationen waren, als ich im Schlaf aufgewacht war, weil ich mir fast in die Zunge gebissen hätte. Der Grund weswegen ich damals angefangen hatte war die Bewältigung von psych. Extremsituationen (ich bin Borderliner).
Da ich merke, dass ich körperlich und geistig immer mehr abbaue, sowie auch Probleme im Studium bekomme, möchte ich endlich entgiften. Ich habe es bereits zweimal zu Hause versucht, habe es aber leider immer nur eine Woche ausgehalten. Nun möchte ich eine professionelle Entgiftung inkl. ambulanter Entwöhnung in Anspruch nehmen. Einen Ansprechpartner bei einer Suchtberatungsstelle, die auch eine solche Entwöhnung durchführt habe ich bereits. Eine Freundin, die poltox ist, befindet sich bereits seit gestern zur Entgiftung in der Klinik, in die ich mich ebenfalls begeben möchte. Leider auf einer anderen Station, als ich wahrscheinlich kommen werde. Wir wollten diese Situation gerne zusammen durchziehen.
Dieser kleine Text nur zur Vorstellung meiner Person Falls noch Fragen aufkommen, beantworte ich die gerne!
Nun würde ich gerne zu meinen Fragen kommen. Ich war zwar in der Diakonie in der Beratung, da ich nach der Entgiftung dort gerne meine ambulante Entwöhnung machen würde, habe aber die eine oder andere Frage aufgrund der Vielzahl der an mich gerichtete Fragen vergessen zu stellen.
- Wie läuft so eine Entgiftung ab? Könnte vielleicht einer, oder auch gerne mehrere einen kurzen Einblick in den Alltag einer solchen Station geben? Ich habe leider nicht wirklich etwas dazu finden können und meine Freundin ist auch erst seit gestern auf ihrer Station, die sich wahrscheinlich sowieso von der meinen unterscheiden wird.
- Wie ist der Umgang unter den Patienten? Ich habe allgemein eine gewisse Soziophobie und halte es unter Menschen auf einer Station schon so nicht wirklich aus.
- Gibt es eine Art "Therapie" bzw. Ablenkung während des Tages auf der Station? Ein paar Angebote, wie Sporttherapie, Kunsttherapie o.ä.?
- Wie lange dauert so ein Entzug? Ich habe leider von sechs bis 30 Tagen alles Mögliche gelesen. In der Diakonie wurde mir von sechs bis 12 Tagen berichtet.
- Wie sieht die Beobachtung der Patienten aus? Wird wirklich alle 15 min der Blutdruck gemessen? (Hatte das mal irgendwo im Internet gelesen).
- Bei der Aufnahme meiner Freundin wurde gefragt was für ein Handy und MP3-Player sie hätte. Mich hatte das gewundert, wollte aber in dem Moment nicht nachfragen. Wisst ihr vielleicht was es damit auf sich hat? Sind bestimmte Gerätetypen verboten? Für mich wäre es zudem wichtig, dass ich Internet habe, ist so etwas in der Regel erlaubt?
Nun noch eine persönliche Frage. Leider findet während bzw. kurz nach der Entgiftung eine Hochzeit im engeren Familienkreis statt. Für mich ist es sehr, sehr wichtig, dass ich nun die Entgiftung mache, bezweifle aber, dass ich kurz danach(falls ich dann schon fertig sein sollte) noch nicht in der Lage sein werde auf einer solchen Feier, auf der jeder alles mögliche trinken wird, selber trocken bleiben zu können. Es tut mehr sehr weh, diese absagen zu müssen, da es ein wichtiger Verwandter ist. Ich hatte mir nun überlegt zu sagen, dass ich aufgrund meiner psych. Erkrankungen in eine Reha muß um für meine im Anschluß anstehende Masterarbeit stark genug zu sein. Wie denkt ihr über eine solche "Ausrede"? Würdet ihr eine solche "Entschuldigung" akzeptieren, wenn bspw. ein Jubiläum (wie 30. Geb.) oder eine Hochzeit anstehen würde? Ich weiß nämlich selber nicht, wie ich darüber denken würde, wenn ich in so einer Situation wäre, dass mir abgesagt wird.
So...erstmal vielen, vielen Dank fürs Lesen und Beschäftigen mit meiner Situation!
bitte sieh's mir nach, wenn ich dich noch nicht einmal mit deinem richtigen "Nick" anrede - aber kannst du nicht einfach "Fritz Meier" heißen?
Ich find's gut, dass du dich hier angemeldet hast und kann mir deine Sorgen lebhaft vorstellen. Also habe ich nicht lange gefackelt und dir einen Brief rausgesucht, den ich einer Freundin geschrieben habe. Das Wichtigste ist so anonym geschrieben, dass es ruhig hier im öffentlichen Bereich stehen kann.
Aber bedenke - das sind nur meine Erfahrungen. Ein anderer hat seine Entgiftung möglicherweise ganz anders erlebt!
Am Dienstag nach Pfingsten 2007 bin ich in die Entgiftung gegangen. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde, und das war auch gut so. Ich wurde gebeten, am Freitag vorher nochmal kurz anzurufen, um letzte Feinheiten zur Aufnahme abzuklären, wann ich da sein soll, was ich mitbringen soll etc. Die junge Frau am anderen Ende meinte, dass ich nicht vor 9 Uhr kommen bräuchte, weil davor alle Ärzte beim Blutabnehmen wären. Im Geiste sah ich dieses Procedere mit der Nadel am Arm und erinnerte mich daran, dass man davor ja nichts essen und trinken dürfe, also fragte ich treuherzig: "Äh... muss ich dann also nüchtern sein, wenn ich komme?" Erst später begriff ich, warum die Frau am anderen Ende eine Sekunde stutzte, ehe sie freundlich antwortete: "Nein, das wird nicht nötig sein!" Da rufe ich allen Ernstes auf der Entgiftungstation an, wo täglich Menschen mit mehreren Promille im Blut aufschlagen und frage, ob ich nüchtern kommen soll! So blöd kann auch nur ich sein!
An das Pfingstfest selber kann ich mich nicht mehr erinnern. Es war wohl, wie bis dahin alle Feiertage - dauerbreit. Sektfrühstück, dann Frühschoppen, bereits nachmittags schwer angeschlagen, irgendwie durch den Tag vegetiert, vielleicht ein kurzes Nickerchen, dann auf die "blaue Stunde" gewartet, die ich gerne auch mal früher begonnen habe, bis dann der Abend im Totalabsturz endete. Bei schönem Wetter wurde das Trinkgelage gerne auf dem Balkon abgehalten, denn man muss doch auch mal an die frische Luft... Richtig raus aus der Bude, geschweige denn, etwas Schönes unternehmen? Undenkbar! Zu Hause gibt es genau das, was ich mag, es ist billiger, und mein Bett nicht so weit.
Dienstagmorgen stand ich pünktlich auf und wollte mir noch ein paar Blusen bügeln. Schließlich würde ich ja nicht bettlägerig sein und wollte "ganz normal" rumlaufen. Während des Bügelns bekam ich einen leichten Flattermann, den ich als "Lampenfieber" deutete (ich war so naiv und wusste nicht, dass ich wieder entzügig war), also gönnte ich mir noch die letzten anderthalb Gläser Sekt, die noch vom Vorabend übrig waren. Eine neue Flasche traute ich mich nicht mehr zu öffnen, ich wollte schließlich nicht hackestramm da ankommen. Mein Mann fuhr mit mir in die Klinik, auf dem Weg zum entsprechenden Gebäude ging ein wolkenbruchartiger Regen runter, trotz Regenschirms war ich nahezu vollständig durchnässt. Auf der Station angekommen, nahm uns ein großer, fast schon bulliger Pfleger mit langem Pferdeschwanz in Empfang und grinste freundlich: "Naaa, wir sind wohl ziemlich nass?" Jeder, der schon einmal in einer extrem angespannten Situation war, weiß, wie erleichternd so ein Lachen dann wirken kann. Ich war sooo dankbar, dass ich mit Humor empfangen wurde!
Die erste "heilige Handlung" war, dass ich pusten musste. 0,06. Mei, es gibt Schlimmeres. Dann die erste Distraneurin , ein Psychopharmakum, das verabreicht wird, um die Entzugserscheinungen zu lindern. Es dauerte eine Viertelstunde, bis ich ein unangenehmes Kribbeln in den Nasenflügeln verspürte, eine weitere, bis mein Kopf fast auf den Tisch knallte. Junge, Junge, das Zeug macht müde! Es dauerte noch bis mittags, bis endlich das Bett für mich frei war, dann folgte ein einstündiges Aufnahmegespräch mit dem Stationsarzt. Das war zeitweise fast schon Comedy. Ich wurde gefragt, ob ich Stimmen hörte oder ob ich manchmal Dinge sehe, die nicht da sind. "Au weia", dachte ich, "wo biste denn hier gelandet?" Eine kleine Fliege hatte sich ins Zimmer verirrt und schwirrte mir hartnäckig ums Gesicht, also versuchte ich sie ärgerlich zu verscheuchen. Der Arzt musterte mich schweigend und ich erklärte unsicher, dass da eine Fliege im Zimmer sei. Er schwieg weiter und schrieb. Endlich setzte sich die doofe Fliege auf seinen blütenweißen Ärmel, er bemerkte sie und meinte trocken: "Sie haben Recht. Da ist wirklich eine Fliege im Zimmer!" HUUUUUUUAAAAAAH! HILFE!
Die darauffolgenden Tage verliefen unspektakulär. Es gab ein regelmäßiges Tagesprogramm, das akribisch eingehalten wurde, dazu die Medikamentenausgabe unter Aufsicht, da habe ich es manchmal bereut, dass ich so oft "Einer flog übers Kuckucksnest" geguckt habe, es fehlte also der nötige Ernst... Aber das ist mir wirklich in Erinnerung geblieben, dass wir viel gelacht haben. War die Situation wirklich so urkomisch? War es Galgenhumor? Ich glaube, es war einfach das Bewusstsein, nun endlich wirklich was gegen die Sauferei zu unternehmen und es nicht bei halbherzigen Lippenbekenntnissen zu belassen. Ich persönlich habe den Kontext "Klinik" gebraucht, um mir über die Ernsthaftigkeit meines Vorhabens bewusst zu werden. Hier zu Hause hätte ich vermutlich nur eine weitere Runde des Rumeierns eingeläutet. Und ich hatte einfach auch ein bisschen Glück. Als ich dort war, war zufälligerweise gerade eine Truppe von Mitpatienten da, zu denen ich gerade gut gepasst habe (z.B. altersmäßig) Die "Chemie" hat sozusagen gestimmt. Freilich nicht mit allen, aber mit den meisten. Das führt dazu, dass ich heute noch gerne an diese Zeit zurückdenke und mir sage "Jawoll, das haste richtig gemacht!"
Als ich von der geschlossenen auf die offene Station kam, ging's mir nicht mehr so gut. Ich bekam ein bisschen mehr Abstand und konntes manches kritischer betrachten. Da sind mir zum ersten Mal die Dummschwätzer aufgefallen, die für alles eine Erklärung oder einen Schuldigen finden - aber nie bei sich hinschauen. Auf der offenen gab's auch kein Distra mehr, ich konnte mich also nicht mehr trösten mit dem Gedanken, dass der entweder einfach noch blau war oder bereits Distra genommen hatte - der war tatsächlich so! Das hat mich ziemlich runtergezogen und das war auch die Zeit, in der ich öfters geweint habe und raus wollte. Naja, nach einer knappen Woche war das dann auch geschafft.
Wenn ich heute so zurückdenke, stellt sich bei mir ein eigenartiges Gefühl ein. Einerseits ist das alles schon zwei Jahre her, und doch sind die Bilder so plastisch vor meinem geistigen Auge. Falls du dir noch nicht so sicher bist, ob du's wirklich wagen sollst, kann ich nur sagen: Mach' es! Du wirst es nicht bereuen! In einer Suchtklinik stehen dir Menschen zur Verfügung, die ihr Handwerk beherrschen, die auf unsere Krankheit spezialisiert sind und wissen, was zu tun ist. Löse dich von der Vorstellung, dass dort die Hölle auf dich wartet, das stimmt halt einfach nicht! Du wirst nicht ans Bett festgebunden, da ist niemand, der dir ungerührt zuguckt, wie du schwitzt und zappelst. Das ist bullshit, und sowas sieht man nur in irgendwelchen reißerischen Filmen. Die Realität ist viel unspektakulärer. Und das ist gut so.
Ich bin dankbar und froh, dass ich diesen Weg gegangen bin. Ich habe es nicht auf Anhieb geschafft, ab dem Zeitpunkt keinen Alkohol mehr zu trinken. Es folgten noch 13 elende Monate, in denen ich mal mehr, mal weniger (meistens aber mehr) getrunken habe. Ende Juni letzten Jahres war es dann mal wieder soweit - entweder erneute Entgiftung oder aber endgültig das Ruder herumreißen. Ich ging zu den Ärzten und erneut wurde mir geholfen - ich bekam ein Antidepressivum. Ich weiß, dass die Vergabe eines ADs nicht ganz unumstritten ist. Es gibt so viele Depressionserkrankte, die ihre Depressionen mit Hilfe des Alkohols wegspülen, und gleichzeitig ist es bekannt, dass jahrelanger Alkoholmissbrauch Depressionen überhaupt erst entstehen lassen. Es ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei, was war zuerst da? Für mich hat es irgendwann keine Rolle mehr gespielt, ob erst die Depressionen oder erst der Alkohol da war. Nächsten Sonntag lebe ich 11 Monate konsequent abstinent und habe auch nicht im Geringsten vor, daran noch etwas zu ändern.
Dieser Text ist, wie gesagt, schon zwei Jahre alt, die Entgiftung liegt vier Jahre zurück, aber richtig trocken bin ich halt erst drei Jahren. Ich find's super, dass du's nun angehst, und sollst sehen - auch in deinem Leben wird sich vieles verändern, und zwar positiv!
vielen lieben Dank für diese ausführliche Beschreibung! Ich mußte ehrlich gesagt an vielen Stellen sehr schmunzeln Den "Spitznamen" kannst du und auch gerne andere für mich übernehmen Immerhin heißt "Talvi" Winter. Ich wollte extra einen etwas ausgefallerneren Nick, da ich schon in ein paar Foren unterwegs bin und keine Verbindungen möchte. Mein Nick ist übrigens finnisch und heißt übersetzt "Winternacht Schatten", habe es von einem Lied übernommen.
Liebe Grüße , Talviyön Varjot
[ Editiert von Talviyön Varjot am 21.07.11 23:22 ]
Hi , es ist das beste , was man machen kann , wenn man mit seinem Trinkverhalten nicht mehr zufrieden ist . Und nach 3 Tagen ist das körperliche so gut wie durch . Dann geht der langwierige Prozess der Kopfgeschichte los , aber auch da merkt man , dass es von Tag zu Tag besser läuft . Jetzt sind es bei mir über 4 Monate und ich habe es noch keine Sekunde bereut . Nur Mut , Du schaffst das . Ciao Zwi
hallo und willkommen taliyön varjot ( also, ich bin auch für fritz maier )
ave hat dir ja schon ausfühlich geandwortet. mein tipp wäre noch in der klinik anzurufen und dort deine fragen zu stellen. vieles ist nähmlich von klinik zu klinik unterschiedlich geregelt.
bei der hochzeits-sache würd ich an deiner stelle, mit dem brautpaar reden und ihnen die wahrheit sagen. grade wenn das jemand ist der dir nahe steht.
noch eine möglichkeit ist eine "eingeweihte" begleitung mitzunehmen die dir den rücken stärkt und auf alle fälle das fest verlassen sobald das große "bechern" anfängt.
wünsch dir viel erfolg , mary
--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden. Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin..... ..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."
ZitatGepostet von Talviyön Varjot Nun noch eine persönliche Frage. Leider findet während bzw. kurz nach der Entgiftung eine Hochzeit im engeren Familienkreis statt. Für mich ist es sehr, sehr wichtig, dass ich nun die Entgiftung mache, bezweifle aber, dass ich kurz danach(falls ich dann schon fertig sein sollte) noch nicht in der Lage sein werde auf einer solchen Feier, auf der jeder alles mögliche trinken wird, selber trocken bleiben zu können.
Guten Morgen Talvi ,
ich bin's nochmal. Auch dieses Problem kenne ich. Ich wurde zum Wochenende hin entlassen und am Mittwoch der drauffolgenden Woche hatte mein Patenkind Geburtstag. Diesen Geburtstag habe ich allen Ernstes abgesagt, weil ich genau wusste, dass es wie bei Fitzgerald Kusz in "Schweig Bub!" ablaufen würde, das Kind hat nix zu melden und die Erwachsenen lassen sich vollaufen. Da war natürlich wieder mal die Hölle los! Konnte man sich vorher so herrlich das Maul drüber zerreißen, dass Tante Ave immer als erstes blau war, wurde ich nun ob meines Egoismus gegrillt. Mein Gott, einmal, wenn der Junge Geburtstag hat! Kann die sich denn nicht einmal zusammenreißen? Der Junge kann doch nichts dafür! Ich hatte auf Verständnis gehofft im Sinne von "Du, kein Thema, dann komm doch einfach ein paar Tage später zum Kaffee!", aber nix da. Gott sei Dank war's mir dann aber auch einfach wurscht, ich bin ein paar Tage später trotzdem hin, um wenigstens mein Geschenk für den Jungen abzugeben, denn da muss ich ehrlich sagen, konnte er ja nun wirklich nix dafür...
Lange Rede kurzer Sinn: Ich halte es für immens wichtig, dass du nicht zu dieser Hochzeit gehst, denn selbst wenn die anderen Gäste vernünftig sind und nur moderat trinken, wie das gesunde Menschen halt so tun, würde das ein unglaublicher - und durchaus vermeidbarer - Härtetest für dich werden. Und wenn ich mir vorstelle, dass ich jemanden dabei beobachte, wie der nur ein einziges Glas Sekt trinkt, und diese Beobachtung quält mich für den Rest des Abends... also ich weiß nicht, das wär's mir nicht wert. Oder anders ausgedrückt - ICH wär's mir wert, mir das zu ersparen.
Nun weiß ich ja nicht, wer denn da heiratet und wie dein Verhältnis zum Brautpaar ist. Ich würde mit ihnen unter sechs Augen ganz ehrlich sprechen und die Karten auf den Tisch legen. Wenn denen an dir gelegen ist, werden sie das verstehen und die Kröte schlucken. Und sie werden auch Verständnis dafür haben, dass du "offiziell" vielleicht nicht den Alkohol als Grund angibst, sondern eine andere Erkrankung. Ich weiß, dass das andere User hier problematisch finden, weil das ein bisschen was von Lügen und Vertuschen hat, und genau davon wollen wir ja weg.
Aber ich jedenfalls bin da sehr pragmatisch, und wenn man so am Anfang steht wie du, heiligt der Zweck die Mittel, da kenn ich ja nix. Meiner Ansicht nach geht's erst einmal darum, sämtliche Gefahren großräumig zu umfahren, es geht ausschließlich um DICH. Denn sieh's mal so - solltest du nach Hochzeit wieder zu trinken anfangen, bloß weil du nett zu den anderen sein wolltest, interessiert das garantiert auch kein Schwein. Du bist derjenige, der dann mit der Erkenntnis fertigwerden muss, dass die Entgiftung für die Katz' war.
Ich wünsch dir alles Gute - und die Kraft für die richtige Entscheidung!
Hi ihr und vielen Dank schonmal für die weiteren Antworten
Erstmal "sorry", dass ich mich erst jetzt wieder melde. Mein Wochenende war nicht so toll. Dafür habe ich mir heute meine Einweisung geholt und einen Termin für die Entgiftung Ende nächster Woche ausgemacht. Laptop darf ich glücklicherweise mitnehmen, so gibt es zumindest eine Möglichkeit zur Ablenkung und Arbeit... Die Sache mit dem Handy hab ich auch geklärt, es ging dabei nur für den Fall eines Diebstahls.
Sorgen macht mir gerade noch die Ungewissheit ob ich auf eine geschlossene oder offene kommen werde. Ich hoffe natürlich letzteres.
Gestern habe ich den Bräutigam angerufen und ihm die Sache erläutert. Also dass ich es offiziell so und so erklären werde und ihm dann geschildert, dass ich entgiften muß. Er war sehr verständnissvoll und hat mir versichert das nicht an die Verwandtschaft weiterzugeben. Nun muß ich noch meinen Eltern erläutern, dass ich aufgrund von Stress dringend eine Auszeit brauche. Das ist das größere Problem. Zu der Sache mit dem "Zum Alkoholiker-Sein zu stehen": Ich stehe eigentlich dazu, solang es nicht meine Verwandtschaft betrifft. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich vor ihnen schämen sollte, sondern einfach dass sie in der Hinsicht sehr schwierig sind und mich nur zusätzlich "stressen" würden, was einer Entgiftung und anschließenden Reha wahrscheinlich entgegenstehen würde.
Naja, jetzt harre ich mal der Dinge die da kommen mögen..und die machen mir tierisch Angst.
@Mary61: Auch du darfst gerne Talvi zu mir sagen Mir fiel leider einfach kein "einfacherer" Nick ein, der zu mir passt.
@Ave: Ja, die Sache die du mit dem Geburtstag angesprochen hast war auch eine zusätzliche Sache, die mir Sorgen bereitet hätte (sind viele dabei, die ähnlich alt sind wie ich, auch ehemalige Schulkameraden ... und die trinken leider alle sehr viel auf solchen Anlässen). Da würde ich sicher diverse Sprüche hören wie "Trink doch was, einen kannst du dir erlauben" etc... aber auch das zu sehen wäre, wie du sagst ein echter Härtetest (nachdem ich zwei mal zu Hause entzogen habe, war ich nach einer Woche wieder nass, weil ich mit Freunden was unternommen hatte).
@alle: Danke nochmal Fühl mich hier bei euch gut aufgehoben und freundlich aufgenommen!
da du schon 2 mal kalt entzogen hast ( was du hoffendlich nie wieder versuchst, egal was noch kommt )
wirst du wissen das nur entzug meißt nicht reicht. wie sieht es aus mit shg oder therapie. schon mal drüber nachgedacht?
--------------------------------------------------------------------------------------------------- "Begehe nicht den Fehler, nicht zwischen Persönlichkeit und Verhalten zu unterscheiden. Meine Persönlichkeit ist wer oder was ich bin..... ..... Mein Verhalten hängt davon ab wer du bist."
Ja, also ich hatte Anfang des Jahres schon ein Beratungsgespräch für eine ambulante Entwöhnung bei der Diakonie. Ende letzten Jahres war ich shconmal dort und habe mich erstmals vorgestellt (mit Fragebogen etc. als Hausaufgabe). Sie könnten sich auch vorstellen mich als "Patient" zu übernehmen, sofern die Prognose während der Entgiftung positiv für eine ambulante Entwöhnung ausfällt (eine stationäre kann ich leider aufgrund des Zeitdrucks nicht machen). Nächste Woche habe ich nochmal kurz vor der Entgiftung einen Termin, da wollte ich nochmal kurz alles klären und in Erfahrung bringen, wie der Ablauf für den Antrag ist, da ich möglichst kurz nach dem Klinikaufenthalt schon einen Antrag stellen kann.
Die beiden Entzüge zu Hause waren "halb-kalt" Ich hatte mich in der Zeit mit Diazepam "behandelt" und kam gut damit klar. Mittlerweile weiß ich wie gefährlich das war, da ich festgestellt habe, dass ich körperlich schon auf einen Entzug reagiere. Ich würde es auch niemanden empfehlen, hätte ich auch damals nicht, nur bin ich da etwas "speziell", ich denk immer, dass ich keine Hilfe brauche, bzw. dass es schlimmere Fälle gibt.
ZitatGepostet von Talviyön Varjot Erstmal "sorry", dass ich mich erst jetzt wieder melde. Mein Wochenende war nicht so toll.
Hallo Talvi ,
schön mal wieder von dir zu hören! Was war denn los am Wochenende? Der normale "Eigentlich-will-ich-ja-gar-nicht-trinken-aber-ok-schenk-ein"-Wahnsinn, oder doch was Empfindliches, was du nicht so gerne erzählen möchtest?
Bleib am Ball, Talvi, bleib hier und schreib. Das kann z.B. auch super gegen die mögliche Angst vor der Entgftung helfen!
ZitatGepostet von Talviyön Varjot Laptop darf ich glücklicherweise mitnehmen, so gibt es zumindest eine Möglichkeit zur Ablenkung und Arbeit...
Hallo und herzlich
ich war nie zur Entgiftung im Krankenhaus, daher kann ich nicht beurteilen, wie langweilig das dort ist
Nur finde ich, dass Entgiftung und Laptop zur Ablenkung nicht wirklich zueinander passen. Ich finds wichtiger, sich auf sich selbst und dem was passiert zu konzentrieren.
ZitatGepostet von AVE Was war denn los am Wochenende? Der normale "Eigentlich-will-ich-ja-gar-nicht-trinken-aber-ok-schenk-ein"-Wahnsinn, oder doch was Empfindliches, was du nicht so gerne erzählen möchtest?
Naja, ich war am Samstag die besagte Freundin in der Klinik besuchen. War aber leider anders als erwartet, sie hat mich teilweise sehr verletzt...das artete dann natürlich zu Hause in die alten Flucht-Strategien aus. War extrem depressiv mit aufkeimenden suizidalen Gedanken, Gedankenwirrwarr und hab mich dann natürlich wieder in Alk geflüchtet und umgerechnet 4,5l Wein getrunken. Und so wollte ich mich hier nicht melden
@Inessi: Hi
Also ich war jetzt schon ein paar Mal zur Krisenintervention stationär und hab am Samstag auch gesehen, wie es auf so einer Entgiftungsstation zu geht. Aussage von der Freundin "Sitzen, Rauchen, Fernsehen". Und in solchen Situationen schweifen meine Gedanken dann leider sehr schnell ab, ohne Ablenkung und enden in einem Gedankenwirrwarr. Deswegen ist es mir schon wichtig solche Situationen zu planen um dann nicht abbrechen zu müssen, weil ich merke, dass ich psychisch nicht mehr kann, weil alles über mich einstürzt. Aber du hast natürlich recht, man muß sich auf sich selber konzentrieren. Mal sehen, ich will ja auch nicht permanent mit dem Laptop arbeiten, nur wenn ich merke, dass ich gerade Ablenkung benötige.
ZitatGepostet von Talviyön Varjot "Sitzen, Rauchen, Fernsehen".
Das war das eine, ja.
Ich habe damals auch viele interessante Menschen kennen gelernt, quer durch alle Gesellschaftschichten und ein Gefühl dafür bekommen, nicht allein zu sein mit meiner Sucht.