Entzug/Endpunkt: Hat jemand ein schockierendes (NTE)-Erlebnis gehabt?
Nachdem ich mich seit Jahren mit Alkoholabhängigkeit semiprofessionell befasse und mich darüber mit hunderten Betroffener austauschen konnte, fällt mir eine Häufung auf, die mich immer mehr aufhorchen lässt: die sogen. »Nahtoderfahrung (NTE)« beim Entzug.
Es ist deutlich zu spüren, dass viele selbst langjährig Trockene mit ihrer NTE ein riesiges Problem haben: Sie trauen sich nicht, es anzusprechen und finden auch keine ausreichenden Worte dafür.
Nach meiner Erkenntnis machen etwa 5-10 % (!!) der Alkabhängigen im Verlauf eines kalten (oder während eines ärztlich betreuten) Entzuges eine so grundlegende »Sterbe-Erfahrung«, dass sie oft viele Jahre brauchen, um diese einzuordnen oder gar darüber reden zu können. Dieses Erlebnis hat oft eine solche Wucht und teils jahrzehntelange Präsenz, dass es mit gar nichts vergleichbar ist, was man sonst jemals erlebt hat. Es unterscheidet sich völlig von Halluzinationen oder durch Medikamente/Drogen/Alkohol erzeugten psychischen Zuständen, scheint in »normalen Worten« nicht beschreibbar zu sein und hat definitiv nichts mit Religions- oder Glaubenszugehörigkeit zu tun. Diese Erfahrungen ähneln einander frappierend bei Menschen aus allen Ethnien und allen Bevölkerungsschichten, unabhängig von Alter, Geschlecht, gesellschaftlichem Status usw. Die meisten Betroffenen trauen sich nicht, darüber zu reden, aus Angst, letztlich in die Psychiatrie eingewiesen zu werden oder doch zumindest gebrandmarkt als vom »Säufer-Wahnvorstellungen« überwältigt oder mit durchgeknallten Himmelsvisionen belastet. In einigen Fällen führt die NTE zu einem kompletten Wandel der Lebenseinstellung, oft auch zu einem schleichenden oder radikalen Bruch mit der Vergangenheit, der Familie oder dem Partner - manchmal wird sie sogar als Auslöser für die schlagartig einsetzende und anhaltende Nüchternheit genannt.
Ich möchte an dieser Stelle alle Betroffenen und alle Interessierten bitten, sich (selbstverständlich auch völlig anonym) unter meiner speziellen E-Mail nick@unserhospiz.de zu melden und einen ersten Kontakt anzubahnen. Vielleicht können wir eine Möglichkeit des Austauschs schaffen, einen geschützten Raum, womöglich eine Art SHG, zumindest eine Möglichkeit, sich angstfrei zu äußern und Perspektiven der Verarbeitung des Erlebten zu finden. Ich bin gerne zu Gesprächen (telefonisch oder persönlich) bereit - und zu einem Schriftwechsel ohnehin.
Vielen Dank - auch für das Weitergeben dieser Bitte an Menschen, die hier nicht mitlesen...
KB, ich bin mir da bei dir gar nicht so sicher:-) Erinnere dich mal an deinen Thread (hier in dieser Abteilung vor einem Jahr) "Erinnerungsflash?" ( topic.php?id=304074&msgid=3596276 ) Was du schilderst, das geht zumindest schon so in diese Richtung und deshalb bist du vielleicht auch prinzipiell recht offen bezüglich solcher Vorkommnisse. Du konntest ja auch unterscheiden zwischen "normalen" Erinnerungen und dieser ganz intensiven, dir nicht recht erklärbaren Art... Der Rest deines genannten Threads zeigt ja dann schon ein wenig, wie ernst man so was nimmt oder wie persönlich eingefärbt es zu deuten versucht wird... ruck zuck hast du auch einen "Ruf" weg, wenn du nicht schnell wieder den Schnabel hältst...
Es ist ein brisantes Thema. Nicht ohne Grund biete ich den Leuten Anonymität an.
Lieber Gruß Nicksiswiesis
-------------------------------------- Meine Religion ist die Freundlichkeit. Und trocken bin ich seit Anfang 2006.