ich komme gerade aus der Klinik. Man hat Ihn auf die Intensivstation gebracht und total mit irgendwelchen Drogen vollgepumpt.
Ich hätte mir gewünscht er hätte diesen Blick in den Augen vor 30 Jahren schon gehabt. Er freute sich mich zu sehen, kommte aber nur lallen und sich nicht bewegen.
Meine Mutter war auch dabei, leicht angesoffen und völlig durch den Wind. Wie ich diese Schnapsfahne an Ihr hasse.
Ich hab dann auch mal alleine mit der Ärztin gesprochen. Er wird jetzt gerade in Vollnarkose gelegt und dann wird eine Darmspiegelung gemacht und sofort operiert. Das Problem sind seine Blutwerte, die sind eigentlich zu beschissen zum operieren, sie wollen aber nicht mehr warten.
Ich hab dann noch die Einverständniserklärung für die OP unterschrieben weil meine Mutter völlig am Ende ist. Schon ein komisches Gefühl sowas zu unterschreiben.
Die Ärztin ruft mich später an wenn er operiert wurde......jetzt heisst es warten und nachdenken.
Mir geht es soweit gut. Ich bin im "Schutz" meiner Familie ganz gut aufgehoben. Es war gut das ich gestern noch zu meiner Frau bin.
Hallo Atan, meine Mutter hatte nur einen Liebling, meinen Bruder. Trotzdem habe ich mit ihr meinen Frieden gemacht, als sie dement und alhzeimerkrank wurde. Es ist unwichtig, was früher war. Obwohl sie mein Bruder kaum besucht, gehe ich regelmäßig hin, immer zum Füttern, da sie nicht mehr selbst essen kann. Ich mache dies nicht wegen ihr oder wegen irgend jemand anderem, sondern nur, weil es m i r sonst nicht gutgehen würde. Ich bin nicht sicher, ob sie mich erkennt - eher nicht - aber mir geht es gut,wenn ich ihr einiges erzähle. Und das seit nunmehr zehn Jahren. Jedes Jahr, wenn ich die Sommer- oder Winderkleidung ins Heim bringe, denke ich - diesmal ist es bestimmt das letzte Mal. Wobei es für sie selber sicher besser wäre, wenn sie einmal einfach nicht mehr aufwacht. IngeJohanna
ich bin völlig geknickt von euren Geschichten. So viel seelisches Leid überall.
@Atan, schön, dass kein Bedürfnis zu trinken da ist.
@Matze, es verschlägt mir die Sprache, wie ruhig du über diesen Menschen (entschuldige, denn es war ja doch dein Vater) reden kannst. Schon allein die Vorstellung, sojemanden in der Nähe zu haben.... Es ist unglaublich, dass sich Menschen tatsächlich so aufführen, ganz zu schweigen von deiner Mutter.... auch Coabhängigkeit "tötet" eben.
Mein Vater hat mir das Gespräch angeboten, weil auch bei uns einiges "schief" gegangen ist. Bei ihm war es "nur" Unwissenheit, er will nun verstehen. Ich komm' da nicht ran, schon der Gedanke tut so weh. Aber er ist auch schon 75..... Ich weiß nicht.
Ich verstehe deinen Zwiespalt. Trotzdem denke ich, solltest du dich nicht abwenden von deinem Vater - vielleicht in dessen letzten Minuten ? - weil das bleibt dir sonst ewig erhalten, das schlechte Gewissen nicht da gewesen zu sein. Und ist dann ein prima Saufdenken.
Es hat auch etwas "Abschließendes" so ein Abschied ( falls es so sein sollte ). Sonst ist es irgendwie "nicht fertig".
als tröster bin ich ein totalausfall, aber vielleicht hilft es ja doch zu hören, dass andere menschen einmal ähnliche gefühle hatten.
mein alter herr war so ein hans dampf in allen gassen, hilfsbereit, tollerant und sich immer eine nummer grösser gebend als er eigentlich war. nur irgendwie kam er gar nicht damit zurecht, dass die familie ihm nie die vergötterung entgegenbrachte, die er seiner meinung nach verdiente. als er dann auch noch krank wurde, und von heute auf morgen nicht mehr arbeiten konnte, da ging der tanz los... er manövrierte sich direkt in eine krise, die für vier kinder , aber ganz besonders für meine mutter, verbalterror vom feinsten bedeutete. das war zu einer zeit, in der ich schon einen unterschied machen konnte zwischen wut und hass. der alkohol spielte in dieser zeit übrigens eine ganz tragende rolle , denn terror war immer dann , wenn er aus der kneipe kam. für gewöhnlich war das nachts...
diese phase dauerte so an die fünf jahre, in dem ich meinem vater so manche krankheit an den hals wünschte, die er dann schließlich auch bekam. ruhe war immer dann , wenn der alte im krankenhaus war. meine mutter hat das natürlich alles mitgemacht, denn dort wo sie herkommt, gibt es keine trennung, und gerede unter den nachbarn erst recht nicht....
eines nachts , als die lage im schlafzimmer meiner eltern zu eskalieren drohte , kam es zu handgreiflichkeiten zwischen ihm und mir...und als er mir dann stunden später ins gesicht spukte und sagte , 'ein schöner sohn bist du', da war er für mich gestorben.
gestorben ist er aber erst jahre später, rollte einfach vom sofa und atmete nicht mehr. das wär's dann eigentlich gewesen, aber meine mutter hauchte ihm noch einmal leben ein. so kam es, dass ich ihn noch einmal zu gesicht bekam, und das war gut so.
im krankenhaus war das, die augen hatte er noch auf, auch wenn er doch eigentlich schon tod war. die ärzte konnten nichts mehr tun, und es dauerte dann noch lange zwei monate, bis es dann schließlich amtlich war. dort im krankenhaus,war es das erste mal, das ich meinen vater bei der hand nahm. sagen konnte ich nichts, es war eher so eine art innerer zwiesprache, die ich dort führte,und ich weiß auch nicht ob er noch was mitbekommen hat, aber diesen augenblick werde ich nie vergessen.
wenn der tod kommt, ist einfach kein platz mehr für groll , und ich bin nur froh bei lebzeiten noch abschied genommen zuhaben , sonst würde glaube ich, heute immer noch etwas in mir würgen.
so aus meiner sicht atan, auch wenn ich nicht weiß was mit dir und deinem vater ist, eine richtige entscheidung von dir zu ihm zugehen, und ich wünsche dir und deiner familie alles gute.
Es ist gut, wenn du jetzt nicht alleine bist. Wenn du jetzt jemand um dich hast, dem du vertrauen kannst. Ich wünsche mit dir, dass die Operation gut verläuft und ihr beide noch mal die Gelegenheit bekommt euch gegenseitig den Respekt zu zeigen, den jeder verdient.
Hallo felidaela,
lieb das du so mitfühlst, aber es tut bei mir schon lange nichts mehr weh, was diese Geschichte angeht. Mein Vater ist für mich bereits vor mehr als 20 Jahren gestorben. Irgend wann damals, als ich mal wieder in der alten Heimat zu Besuch war und feststellen musste, dass er mich, wie schon öfters, im gemeinsamen Bekanntenkreis derart schlecht gemacht hat, dass ich mich bald nirgends mehr sehen lassen konnte. Damals tat es weh, sehr weh. Als ich ihn her holte, konnte ich den alten Mann nur noch bedauern und heute spür ich die Narbe kaum noch. Ich hab sogar für die Beerdigung die Trauerrede geschrieben und gehalten. So eine 0-8-15 Standard-Nachruf-Lüge hätte ich nicht verkraftet.
Und meine Mutter, die sich 50 Jahre unterdrücken ließ und nie ne eigene Meinung hatte: Heute im Pflegeheim, Alzheimer sehr weit fortgeschritten, körperlich rüstig doch geistig tot. Kein männliches Wesen darf in ihre Nähe kommen, auch ich nicht, sonst bricht sie in unartikulierte Laute und aggressive Bewegungen aus. Meine Frau darf ihr Essen reichen und sie tätscheln - ich darf nur aus der Ferne zusehen und die organisatorischen Dinge regeln.
Liebe felidala, den letzten Abschnitt in deinem Beitrag habe ich nicht verstanden („Mein Vater hat mir das Gespräch angeboten .... ) deine Geschichte würde mich schon interessieren.
Nur sollten wir vielleicht mit unseren Geschichten nicht Atans Thread zuposten. Wenn du mir dazu noch was schreiben willst dann biete ich dir gerne meinen Thread: „Wer ist Matze“ in Beziehung / Partnerschaft an. Dort haben wir Platz und Muse uns auszutauschen.
du konntest deine Unterschrift zur Operation geben? Alle Achtung
Bei meiner Mutter würde ich das nicht tun...obwohl ich bei ihr auch einiges an Verantwortung übernommen hatte. Bevor sie ihre Zähne vor zwei Monaten gezogen bekommen hatte, musste sie das Macumar erst einmal absetzten und dann bekam sie dafür die Trombosespritzen. Das ganze dauerte fast einen Monat da das Blut bei ihr nie in Ordnung war.... der Zahnarzt schickte uns drei mal nach Hause weil die Blut-Werte nicht stimmten und er keine Lust hätte bei meiner Mom der Finger auf das Zahn-Loch zu legen (er hatte es ironisch gemeint) weil es aufgrund des gezogenen Zahnes nicht aufhöre zu bluten. Bevor sie die Zähne gezogen bekam, fragte ich meine Mutter ob sie denn einen Ausweiss hätte wo drauf steht dass sie kein Blut nehme also Blutverweigerer ist, aufgrund ihres Zeugen Jehovas Glaubens....Antwort: Nein wieso?
Ich sagte ihr dass wenn was passiert müssten die Ärzte das wissen...sie meinte ich kann das ja dann sagen Ich sagte: NEIN das mache ich nicht...man weis ja nicht was da passiert und dann bin ich schuldig weil ich gesagt hatte meine Mom darf kein Blut nehmen??? Ich besorgte ihr von einer Jehova-Schwester einen Ausweis und gleich noch einen Patienten- Sterbe-Verfügung.
Ich weigere mich da irgendetwas zu machen oder zu bestimmen was an meiner Mutter gemacht werden darf und was nicht... Ich nehme da keinerlei Verantwortung mehr
Mich würde interressieren: wie geht es dir damit? Ich wünsche euch auch viel Kraft und Licht fürs durchstehen
nach einer ziemlich schlaflosen Nacht melde ich mich mal wieder.
Mein Vater wurde gestern noch 4 Stunden operiert. Der Darm hatte sich verdreht und war teilweise abgestorben, da nicht mehr durchblutet. Er war auch gerissen und somit ist der ganze Körper vergiftet.
Ich war um 19.00 Uhr noch mit meiner Schwester im Krankenhaus. Man hat Ihn in ein künstliches Koma gelegt, künstlich beatmet. Irgendwie hatte er mehr Schläuche an sich als ein Borg (für alle Star Trek Fans). Ein komisches Bild wenn man meinen Vater kennt. 195 groß, ein Bär von einem Mann, und doch so hilflos. Meine Mutter wollte auch mit, wir haben uns aber geweigert Sie mitzunehmen, da sie rotzevoll war und nur noch lallte. Sie hatte uns auch nur noch Schwachsinn über den Zustand unseres Vaters erzählt. Sie blickte gar nicht was der Arzt Ihr am Telefon sagte.
Hier mal Ihre Worte: Der Papa ist operiert worden, und es geht Ihm gut. Er hat Atemprobleme und wir sollen Ihn nicht besuchen. Er liegt in einem Sauerstoffzelt.
Hier mal die Worte des Arztes als wir um 19.00 uhr dort waren: Schön das Sie gekommen sind, erschrecken Sie nicht, Ihr Vater liegt in einem künstlichen Koma, er wird künstlich beatmet. Das ist sicher ein erschreckendes Bild. Wir wissen noch nicht ob er die Nacht übersteht. Sein Zustand ist sehr kritisch.
Meine Schwester und ich waren dann ca 15 Minuten dort, haben etwas geheult, Ihn auf die Stirn geküsst und sind gegangen.
Während des "gehens" drückt mir eine der Schwestern ein Telefon in die Hand und meinte: Ihre Mutter möchte Sie sprechen. Ich ging hin, und dann kamen nur Beschimpfungen: Ihr Fießlinge, ihr gemeinen Schweine, geht ohne mich dort hin.....dann hab ich aufgelegt.
Anschließend wollte meine Schwester unbedingt noch zu meiner Mutter fahren. Ich hab Ihr zwar davon abgeraten, da ich mich kenne. Wenn ich betrunken war war ich auch immer davon überzeugt es ist richtig was ich gerade mache, denke, rede. Hatte aber auch jeden Sinn für die Realität verloren.
So sind wir dann doch noch dorthin gefahren. Dann ging es richtig rund. Anfangs habe ich noch versucht ruhig zu bleiben, Ihr zu erklären warum wir Sie nicht mitgenommen haben. Aber wie bei jedem betrunkenen Alki hat Sie nix geblickt. Sie hat uns dann als "Arschlöcher" beschimpft. Dann bin ich ausgetickt. Ich hab ne Schrankwand eingetreten und hab meine Mutter sowas von angeschrieen. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte meiner Mutter eine geschmiert. Meine Schwester hatte richtig Angst. So kannte Sie mich nicht. Ich bin dann raus und hab mich an "Beruhigunsstrategien" aus der Therapie erinnert. Dachte nie das ich die brauche. Ich, das diplomatische, friedliebende Lamm, war kurz vor der Mutation zum Bär. 50 Sekunden war ich völlig ausser Kontrolle.
Wir sind dann Heim gefahren (zu meiner Frau). Meine Schwester, ich und meine Frau haben dann noch ziemlich lang geredet.
Morgens um 7 hat mich dann meine Schwester angerufen, das die Mutter sie ständig anruft, da Sie mich nicht erreichen kann. Komisch, mein Handy ist immer an. Ich hab dann meine Mutter angerufen und Ihr gesagt das wir um 10 zum Papa fahren, wenn Sie nüchtern ist nehmen wir Sie mit. Sie spielt weiter Ihre Spielchen. Es kamen Sätze wie : Es tut mir so leid was gestern war. Es geht doch jetzt um den Papa, da müssen wir zusammenhalten. Ich hab Euch doch so lieb.
Obwohl Sie nach Schnaps stank haben wir Sie mitgenommen. Im Auto wollte Sie dann wieder labern.....Ich hab Euch doch so lieb...Ich hab dann ne CD von Anthrax rein und laut gemacht. ich wollte nicht hören was Sie sagt.
Als wir in der Klinik waren freute ich mich meinen Vater "wach" zu sehen. Ohne Beatmung, ohne Wärmeluftkissen. Ansprechbar. Wir waren ca. 1 Stunde da. Ich hab dann auch mal mit den 2 Ärzten gesprochen die Ihn behandeln. hab Ihnen gesagt das meine Mutter noch trinkende Alkoholikerin ist und Sie gebeten nicht mehr meine Mutter anzurufen.
Beide meinten, das wissen wir. Sie haben mir versprochen mich anzurufen und danach erst meine Mutter.
Der Zustand meines Vaters ist immernoch kritisch, die nächsten 3-4 Tage werden zeigen ob er mit der Vergiftung zurecht kommt. Es kann also noch alles passieren. Es wird sich auch zeigen ob die Naht am Darm hällt, falls nicht bekommt er vorübergehend einen künstlichen Ausgang.
Aber das Problem ist die Vergiftung.
Ich hatte also ziemlich hektische 24 Stunden. Aber eines haben diese mir gezeigt: Atan, bleib nüchtern. Sollte Deine Frau ins Krankenhaus kommen und sowas sein, ich möchte nicht das meine Kinder so von Ihrem Vater denken.
wieso zugetextet,dafür ist das board doch da. ich kann gut verstehen wie du dich jetzt fühlst,aber du machst das richtig und bleibst vor allem nüchtern.
ich bin heute morgen 25km zu meinem vater auf den friedhof geradelt und habe still mit ihm kommuniziert.vor seinem tod vor 4jahren hab ich ihn 2jahre nicht gesehen,weil ich nicht sehen wollte wie er sich langsam zu grunde säuft.seit ich mich erinnern konnte hab ich ihn gehasst dafür was er meiner mutter und uns kindern alles angetan hat.da war alles dabei. seelische und körperliche gewalt gehörte bei uns zum all- tag.erst in der therapie habe ich gelernt ihn in liebe loszulassen und hätte gerne vor seinem tod noch einmal mit ihm geredet.aber das hätte wohl in seinem zustand auch nichts gebracht.
Lieber Atan, als mein vater (wegen alkohol) im sterben lag, war ich alleine zuhause und es war mitten in der nacht. Die kinder waren noch zu klein um sie alleine zu lassen, mein mann im urlaub und die brüder weit weg. Das alles ist jetzt gute 9 jahre her. Ich habe gerade eine therapie angefangen und deine geschichte hat dieses erleben wieder hoch geholt. Da wird wohl noch so einiges an die oberfläche kommen. Und das ist gut so. Ich denke an dich und auch wenns holprig klingt: Vielleicht ist es ganz gut, dass deine mutter den trinkenden part übernimmt und du den nüchternen....... Fühle dich umärmelt Hermine