heute war mein dritter Anlauf. Ich war total relaxt und habe mir noch nicht einmal gestern vor dem Einschlafen über den heutigen Tag Gedanken gemacht. Ich habe einen halben Tag Urlaub genommen, damit ich keinen unnötigen Stress habe.
Diesmal bin ich ohne weibliche Unterstützung in die Klasse und der Lehrer hat mir erzählt, daß die Klasse sehr ruhig und schüchtern sei und daher wäre wohl nicht mit einer späteren Sucht zu rechnen. Ich sagte ihm, daß IMHO gerade Schüchternheit ein Auslöser für eine spätere Sucht sein kann.
Ich habe wieder mit meiner Alkoholgeschichte begonnen. Zuerst kamen die Fragen sehr verhalten bis das Eis brach. Ich war total offen und ich habe gespührt wie der Funke übergesprungen ist. Die 90 Minuten vergingen wie im Flug.
ich habe deine Geschichte heute erst gelesen, und will auch einmal Respekt sagen. Ich hätte nicht den Mut, meinen Alkoholismus vor einer Klasse zu gestehen.
Ich find das sehr mutig und großartig, daß Du das machst. Wer hat Dich denn da angesprochen, in so eine Klasse zu gehen und Deine Geschichte zu erzählen? War das privat oder über eine SHG durch den Schulleiter?
Ich fände sowas auch gut, was Du machst, für die Schüler/Klasse meiner Tochter und überlege, wen ich da ansprechen könnte oder wohin ich mich da wenden sollte?
Anschauungsunterricht... Da konnte man die Wirkungen bei manchen auch richtig live erleben. Abends haben die in der gleichen Kneipe gesoffen, und morgends hatte manche den Flattermann...dank jahrzehntelanger Übung. Die waren auch bekannt dafür...
Nur komisch, ich glaub diejenigen, die sich das wirklich interessiert angeguckt haben, haben trotzdem alle selber gesoffen
Also bei uns in der Schule früher und in meiner Familie/Umfeld waren Alkoholiker und Drogenabhängige die, die vor dem Supermarkt saßen oder im Fernsehen gezeigt wurden, alle anderen trinken ja *normal*, auch wenn sie mal einen über den Durst tranken...
Wahrscheinlich habe ich daher auch 6 Jahre das Alkoholproblem des anderen als zwar nicht toll, nervig, anders, aber doch als *wahrscheinlich relativ normal* angesehen. Ich wäre in all den Jahren nie darauf gekommen, daß da Sucht mit im Spiel sein könnte, auch bei mir nicht.
Ich finde eine Sensibilisierung in der Art, wie Ralf sie macht, könnte vielleicht bei den Kids zumindest eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema bewirken, daß es halt jeden *treffen* kann, wenn er/sie sich nicht bewußt macht, was er/sie da eigentlich veranstaltet und mal mit alten Klischees aufräumen.
Ich finde Lebensberichte und eigene Erfahrungen den Kids mitzuteilen halt wesentlich näher an der Realität, als die Kids mit so Schulungs- oder Aufklärungsmaterial zuzuballern, da machen die nach ner Zeit wahrscheinlich eh dicht, denn trockene langweilige Theorie haben sie eh schon jeden Tag im Unterricht.
Ich kenne da eine eigentlich gar nicht lustige Geschichte dazu.
Mein langjähriger Nebensitzer und bester Schulfreund im Gymnasium war der Sohn des Chefpsychiaters unseres Psychiatrischen Landeskrankenhauses. In Ralfis Nachbarlandkreis übrigens.
In diesem Landeskrankenhaus fanden auch Drogen- und Alkoholentzüge statt, und dank der guten Verbindungen durften wir in der 8. oder 9.ten Klasse diese Entzugsstation besuchen und mal mit diesen Zombies reden. Natürlich mit denselben hehren Hintergedanken, wie heute, seitens der Erziehungsberechtigten.
Nu ja, ein oder zwei Jahre später war mein Nebensitzer mit einer der Junkie-Frauen, die damals in dieser Entzugsklinik waren, liiert. Natürlich mit der Folge, daß nun dieser Sohn eines Drogenklinikchefs genausogut mitreden kann wie ich, sonst wär er auch wohl kaum einer meiner besten Freunde gewesen...
Derweil ist sein grösserer Bruder, natürlich auch ein Sohn ebendieses Chefpsychiaters, zwei Wochen vor seinem mündlichen Abitur beim Mai-Ausflug sturzbetrunken vom Leiterwagen gefallen und musste wegen des resultierenden Schädelbruchs das Abitur um ein Jahr verschieben.
Und meinen ehemaligen Nebensitzer hab ich beim letzten Klassentreffen, vor drei Jahren, als ich schon längst trocken war, so betrunken und mit typischem Säuferweltschmerz getroffen wie eh und je...
nach Deiner Ansicht also, bringt das alles, Aufklärung, Auseinandersetzung mit dem Thema, etc., eh nix und man sollte die Kids einfach machen lassen, wie sie wollen, sie werden eh ihre eigenen Erfahrungen machen?
ich glaube, wenn du mal mit dem klassenlehrer/in deiner tochter sprichst, sonnensturm, wirst du sicher auf offene ohren stossen, wenn es ein einigermassen aufgeschlossener mensch ist.
bei uns machen die schüler so projektwochen, in der sie sich dann selber mit der alkohol-, drogen- und gewaltproblematik auseinandersetzen müssen und auch selber referenten suchen.
ja, klar, an der Schule gibt es auch Projektwochen zum Thema Alkohol/Drogen, mit Theaterstücken, Kunstausstellung, Seminaren und allem drum dran und die Klassenlehrerin ist toll, aufgeschlossen, etc.
Ich finde einfach das, was Ralf macht, genial, den Kids seine eigene Lebensgeschichte/Erfahrungen mit Sucht nahe zu bringen, denn wer kann besser und authentischer darüber erzählen, als jemand, der es am eigenen Leibe mitgemacht hat?
Dagegen kannst Du alle noch so tollen Lehrbücher in die Tonne hauen, finde ich, weil es einfach nur blanke Theorie ist...
Es geht mir dabei auch nicht so sehr in erster Linie darum, den Zeigefinger zu heben, daß die Kids keine Drogenerfahrungen machen sollen, (wäre natürlich super, wenn das gelingen könnte.) Jedoch Verbote oder erhobene Zeigefinger reizen eher noch das Bedürfnis bei Kids, es mal ausprobieren zu wollen, denke ich.
Genauso wichtig finde ich jedoch, wenn jemand den Kids erzählt, daß er diesen (Sucht)Weg gegangen ist und daß es auch (vorlebbar) möglich ist, einen Weg wieder aus der ehemals aktiv gelebten Sucht heraus zu finden und welche Mittel, Wege und Hilfen und Angebote es dabei gibt und es nichts ist, weswegen man jemand *als lebensunfähig* abstempeln muß, was oftmals eine gängige Sichtweise ist, nur weil jemand Hilfe in Anspruch nimmt, sondern daß es im Gegenteil äußerst mutig ist, sich Hilfe zu suchen und auch anzunehmen, wenn man allein nicht mehr weiterkommt.
genau, es liegt eben an dem ideenreichtum der lehrer und der schüler wie sie das gestalten.
eindrücklich ist auch der besuch eines kehlkopfoperierten exrauchers (das sind die mit dem tollen kästchen am hals beim sprechen, klingt dann immer so verraucht), oder die nichtrauch- und nichttrink- und nichtdrogwettbewerbe für schulklassen. reine aufklärung oder schocktherapie hilft meiner meinung nach bei kindern nur bedingt, ein anreiz, eine "belohnung" motiviert zusätzlich.
ich denke mal bei den AA oder einer suchtfachstelle wirst du sicher jemanden finden der dir dabei hilft.
Zitatnach Deiner Ansicht also, bringt das alles, Aufklärung, Auseinandersetzung mit dem Thema, etc., eh nix und man sollte die Kids einfach machen lassen, wie sie wollen, sie werden eh ihre eigenen Erfahrungen machen?gruebel
Ich glaube nicht, dass minitiger das so meint. Ich denke, er meint vielleicht, dass man trotz aller Mühe und allen Einsatzes im Bereich Vorbeugung und Aufklärung, leider immer einige junge Menschen an die Drogen etc. verlieren wird.
Er schreibt ja auch:
ZitatAber der Reiz, den Tiger zu reiten, etwas Gefährliches zu beherrschen, war mindestens genauso groß.