jetzt ist es doch soweit. Ich habe mich gewunden wie ein Wurm, nach Ausreden gesucht, mir gesagt ich habe keine Zeit etc. und in einem schwachen Moment ist es dann doch passiert: Ich habe zugesagt vor pubertierende Kinder zu treten und das "Highlight" der Suchtwoche zu sein.
Nachdem ich letztes Jahr noch mit mir gerungen habe ob ich zusagen soll bei einer siebten Klasse im Rahmen der Suchtwoche als Alkoholiker aufzutreten habe ich es dieses Jahr gemacht.
Nachdem ich mich schon häufig über das Bild welches in der Öffentlichkeit vom Alkoholiker herrscht geärgert habe will ich nun aktiv was dagegen tun. Ich habe dabei zwar ein flaues Gefühl habe mir aber gesagt ich muß mich der Herausforderung stellen. Jedem anderen hätte ich den Rat auch gegeben.
Ich bin der festen Überzeugung, daß es mich auf meinem Weg ein Stück weiterbringt wenn ich mich vor Kindern mit meiner "Karriere" auseinandersetzen muß.
Das ganze findet übrigens am 08.04.2005 also am Tag vor dem Saufnix-Treffen statt. Ich kann euch also brühwarm meine Eindrücke erzählen.
hier noch ein bißchen zum Ablauf: Das ganze dauert 90 Minuten. Am Anfang stelle ich mich vor und erzähle meine Geschichte. Danach dürfen die Schüler mir Fragen stellen. Ich soll also keine Aufklärung über Sucht machen sondern meine Geschichte erzählen und den Schülern ein "Bild" von einem Alkoholiker geben. Das ganze ist das Ende einer Suchtwoche in der die Schüler über Sucht aufgeklärt wurden.
Laut Aussage der Lehrer sei dies das "Highlight" der Woche. Alles davor ist ziemlich theoretisch und uncool für die Schüler. Nach anfänglichem Schweigen kommen dann auch immer viele Fragen die zeigen, daß für viele das Thema Sucht präsent ist. Diese Fragen hätten die Schüler den Lehrer so nie gestellt.
hallo Ralf, Glückwunsch zu deiner Veranstaltung. Sowas hatte ich auch mal gemacht in einer 8.Klasse. Die waren allesamt sachlich, interessiert, und völlig normal aufgeschlossen. Im Gegensatz zu meiner damaligen "Umwelt". ich grüße dich, Max
Super Ralf, finde ich auch toll, dass du dich das traust. Weiss nicht, ob ich mich das trauen würde. Bei mir sinds auch erst kanpp 5 Monate. Bin gespannt, was Du da zu erzählen weisst. Wird bestimmt eine tolle Erfahrung für Dich. Alles Gute Gerda
Ich bin jetzt schon auf deinen Bericht gespannt. Ich hoffe, die Schüler schauen sich nach der Begegnung mit dir kritischer in ihren Familien um.
Mir wurde tatsächlich erst während meiner ersten LZT klar, dass ich zwischen Papas Bier und Opas Melissengeist geboren wurde. Bis dahin hatte ich den Umgang mit Alkohol bei uns daheim für total normal gehalten.
Hallo Ralfi, ich finde das ganz toll von dir. Immer noch wird das Alkoholsuchtproblem kleingeredet, nur ganz wenige Ärzte befassen sich damit. Wofür wird beim Sport Werbung gemacht? Bier, Bier, Schnaps usw. Ich glaube auch, dass die Jugendlichen von dir mehr annehmen als von einem Vortragenden, der nicht selbst betroffen war. Ich bin mir sicher, dass dein Vortrag für die Jugendlichen und auch für dich etwas bringt. Viel Erfolg. IngeJohanna
dort wo ich therapie machte wurde das regelmäßig in den schulen des ortes in den untericht eingeplant.
die patienten konnten sich dann freiwillig melden und ihre geschichte vor den schülern erzählen.nachdem ich die ersten wochen genug mit mir selbst zu tun hatte,habe ich mich über- wunden in der 5 woche vor einer achten klasse zu erzählen. ich suchte mir gerade die achte aus,weil meine tochter da- mals im gleichen schuljahr war.
die aufregung in mir war unbeschreiblich,sollte das doch gleichzeitig mein erstes outing als alkoholiker in der öffentlichkeit werden.
an dem tag als es soweit war wurde ich von einem co-therapeuten begleitet.wir hatten vor der schulstunde noch ein einführungsgespräch mit dem rektor und dem klassenleh- rer.dort fiel mir schon auf,dass nur der rektor redete und der klassenlehrer ziemlich teilnahmslos war und mir auch nicht in die augen sah wenn er denn was sagte.
wir gingen dann mit ihm zum klassenzimmer und hörten schon vor der tür einen lärm,wie er wohl normal ist wenn 14-15jäh. zusammen rumalbern.kaum betrat der lehrer die klasse standen die schüler wie dressierte soldaten stramm an ihren plätzen, und es herschte eine gespenstische ruhe.
der lehrer stellte mich kurz vor und ich begann dann mit meiner geschichte.schon nach den ersten sätzen war die an- spannung die ich vorher gespürt hatte wie weggeblasen.das lag daran,weil ich merkte,wie hochinteressiert die ganze klasse an meinen lippen hing.
ich versuchte möglichst ausführlich über mich zu berichten, und bezog auch immer wieder die reaktionen meiner tochter auf mich in die geschichte mit ein.
meine erzählung dauerte etwa 40 minuten und die ganze zeit sass der lehrer ziemlich unbeteiligt auf einem stuhl in der hintersten ecke.als ich fertig war konnten die schüler fragen stellen.es kamen nur 2-3 und die wurden sehr zurück- haltend gestellt.
so kam es dann,dass die stunde zu ende war und die pausen- klingel läutete.der erste und EINZIGE der fluchtartig den klassenraum verliess war der klassenlehrer.
alle kids blieben sitzen,und es brach ein fragengewitter los,wie ich es nie erwartet hätte.
fast alle fragen waren sehr fundiert,so dass ich merkte wie oft die schüler sowohl zu hause als auch in der schule mit dem thema alkohol negativ konfrontiert werden.
für mich habe ich damals festgestellt wie wichtig ein offen- siver umgang mit meiner krankheit für meine abstinenz ist.
ich schreie es heute niemanden entgegen,dass ich alkoholi- ker bin.aber wenn es für mich und meine trockenheit wichtig ist,habe ich keine probleme zu sagen "ich bin trockener al- koholiker,ich brauche das zeug nicht mehr vielen dank für das angebot aber ich trinke sehr gerne ein wasser mit und was du trinkst ist mir egal".
toi,toi,toi ralfi,gut dass du dich dazu entschieden hast.
ZitatGepostet von Ralfi Ich persönlich würde lieber zum Zahnarzt wenn ich die Wahl hätte.
Ralfi,
ääh, hast Du nicht die Wahl?
Bist Du nicht eher froh daß du Dich hast rumkriegen lassen? Wenn nicht, warum machst Du es dann?
Ich hab ja keine Ahnung wie es Dir damit geht. Ich hab in den Jahren nach dem Trockenwerden ein paar merkwürdige Erfahrungen gemacht. Ich hatte zwar nie Probleme, in einer Gruppe als Gruppenmitglied zu reden, aber wenn ich mich allein vor mehrere Leute hinstellen musste um irgendwas rüberzubringen dann war ich erst mal ziemlich nervös. Das kannte ich gar nicht von mir, denn früher war ich ziemlich selbstsicher.
Das hatte auch gar nix mit dem Thema Alkohol zu tun, sondern damit daß ich mir viel zu sehr vorgestellt hab wie mich die Leute sehen könnten. Die Robustheit musste ich nüchtern erst wieder lernen.
Aber das hat sich wieder gelegt. Heut stell ich mich wieder vor die Leute hin und ich bestimme wieder selbst, wofür ich dort stehe.
Somit hab ich selbst auch was davon, wenn ich mich da vorne hinstelle, es ist ne gute Übung ich selbst zu sein.
So würde ich mir das auch mit den Schülern vorstellen, und ich glaub das hätte mich auch als Schüler am meisten übrzeugt, wenn sich da einer so darstellt wie er ist und keinen Eindruck schinden will.
Kann mir auch gut vorstellen, daß Du das hinkriegst
ZitatBist Du nicht eher froh daß du Dich hast rumkriegen lassen? Wenn nicht, warum machst Du es dann?
Natürlich wußte ich, daß die Frage kommt und habe mir diese im Vorfeld schon mit Ja beantwortet. Rein gefühlsmäßig würde es mir aber leichter fallen zum Zahnarzt zu gehen da ich schon ein bißchen Bammel habe.
ich würde nicht definitiv sagen,dass der lehrer ein alko- problem hatte,aber sein ganzes verhalten und auch das der schüler waren schon äußerst merkwürdig.zumal die schüler auch erst nachdem er die klasse verlassen hatte mit großen interesse fragen stellten,die viel mit dem erkennen von alkoholbedingten ausfällen zu tun hatten.ich hatte meiner wahrnehmung nach auch den eindruck,dass sich keiner in an- wesenheit des lehrers getraut hat fragen in diese richtung zu stellen.
dem co-therapeuten der die stunde als stiller beobachter verfolgt hatte ging es übrigens genauso wie mir.
ist aber auch egal,denn das ganze ist schon über 2jahre her. toll ist,dass du dich zu so einer mutigen entscheidung ent- schlossen hast.viel glück dabei.