Ich muss Merryl recht geben, der Saufdruck kommt oft so um die Ecke geschlichen. Mein ersten richtigen Druck hatte ich auch erst nach 6 Monaten, völlig unerwartet. Die Monate davor fühlte ich mich so wie DU, Marlen. Ich hätte Bäume ausreissen können, ich fühlte mich einfach super. Ich habe auch ohne Entgiftung und Medikamente aufgehört, hatte kein Delir und auch sonst gehöre ich zu den "Softies" was den Alkohol betrifft - trotzdem bin ich abhängig. Ich würde nicht auf den Druck warten, denn er kommt unerwartet, dann heisst es ruhig bleiben und durchatmen. Er dauert nicht lang, manchmal nur Minuten und in der Zeit einfach das erste Glas stehen lassen!
Meinen ersten Saufdruck hatte ich am gleichen Nachmittag noch, als ich aus der Entgiftung entlassen wurde. Und leider war der auch keine Minuten-Sache, sondern ging über viele Stunden.
Seitdem (fast 4 Monate) hatte ich keinen Saufdruck mehr, aber einmal bekam ich fast eine "Panik-Attacke", was wäre, wenn....., ich war nur noch von Zweifeln geplagt (auch in meinen Träumen). Diese Attacke war völlig grundlos. Hat sie mir aber, nachdem ich hier davon geschrieben hatte, wieder ein ganzes Stückchen weitergeholfen, als ich so ein vielfältiges Feedback darauf erhalten hatte und ich soviel für mich mitnehmen konnte.
Aus diesem Grund versuche ich nun, und das bis heute erfolgreich, sehr vorsichtig in mich reinzuhorchen, und in "habAchtStellung" zu gehen, wenn ich mich merke, das irgend etwas nicht in Ordnung ist.
Übrigens, meine Entgiftung selbst war auch ein "Kinderspiel". Davor bin ich aber jahrelang durch meine ureigenste Hölle gegangen. Nur daran zu denken, macht es mir leicht, auf meinen Weg immer weiter zu gehen.
ja leider dauert der Druck nur manchmal Minuten. Ich hatte auch schon das Pech einige Stunden darunter zu leiden. Habe mich dann irgend wann einmal schlafen gelegt und auch prompt vom Biergarten geträumt. Aber ich habe Gott sei dank durchgehalten, war aber knapp. Meinen letzten hatte ich vor ca. nen dreiviertel Jahr und der dauerte dann auch nur Minuten, auch wenns mir wie Stunden vorkam!
Da bist Du ja ein ordentliches Stückchen weiter wie ich.
Ich bekomme heute noch die Krätze, bzw. es hinterlässt einfach ein saublödes Gefühl bei mir, wenn mir, wie z.B. in der ambulanten Therapie, einer vorschwärmt, wie gut ihm doch sein Bier geschmeckt hat und wenn er sich vorstellt er könne doch ... bla ...bla ...bla... vielleicht doch noch ... bla ...bla...bla ...
Aus diesen saublöden Gefühlen heraus habe ich u.a. früher getrunken. Das ist dann bei mir auch nur eine Minutensache, das weit weg zu stecken.
Aber Respekt, sich mit Saufdruck ins Bett zu legen ... ich glaub, ich würde die Matratze anknabbern...
was meinst wie es mir ging im Bett? Ich habe aber das bewundernswerte Talent auch einzuschlafen wenn ich es will. Dieses "das Bier hat mir bis zum Schluss geschmeckt" - Gesabbel kenne ich, denn ich sabbel auch so. Ich benutze aber das LEIDER vorne weg, denn leider war es so, denn sonst hätte ich es net so lang getrunken. Ich mochte nur das nicht, was es aus mir gemacht hat und dann der Hamster den ich jeden Morgen im Mund hatte - pfui - Nee, dann bleib ich lieber trocken.
Mich interessiert z.B. wie das bei Menschen ist, die viele Wochen oder gar Monate abstinent leben. Kommt da hin und wieder "aus heiterem Himmel" ein Saufdruck auf, lässt die Heftigkeit nach, werden die Abstände länger?
Weiß auch nicht warum mich diese Frage so beschäftigt. Die letzten zwei Wochen haben schon an meinen Kräften gezehrt und ich geniese diese Ruhe jetzt so - trotzdem habe ich manchmal die Angst, es könnte die Ruhe vor dem Sturm sein.
Marlen
Würde mich auch mal interessieren. Vor allem wenn man hört, das Menschen nach z. T. jahrelanger Abstinenz wieder angefangen haben?
Kann das "einfach nur so" passieren? Waren sie nicht zufrieden abstinent?
ob das aus heiterem Himmel passiert, oder ob es davor gewisse Anzeichen gibt - darüber gehen die Meinungen auseinander.In der Gruppe die ich kenne, gibt es eine Fraktion, die von sich sagt: Es geschah einfach (und die meinen es wirklich so) - und dann jene, die den Rückfall auf gewisse Umstände zurückführen. Ist denn Zufriedenheit immer der Maßstab ? Eine stabile Trockenheit muss doch auch Phasen der Unzufriedenheit in Kauf nehmen, wäre es sonst nicht unnatürlich ?
Rückfall:unberechenbar oder vorhersehbar ?
Das ist für mich einfach wie das Lebenselbst - genauso unsicher und voller Gefahren; es gibt nun mal in gewissen Dingen keine Sicherheit. Aber vielleicht ist das auch gut so - schläft man sonst nicht ein ? Ohne Risiko keine Freiheit.
Eine stabile Trockenheit muss doch auch Phasen der Unzufriedenheit in Kauf nehmen, wäre es sonst nicht unnatürlich ?
Moin Randolf ,
das ist bedingt richtig. Klar wird kein Mensch, der trocken geworden ist, von da ab immer glücklich und zufrieden mit einem breiten Grinsen durch die Welt rennen. Das wäre eher ein bedenkliches Zeichen für einen dauerhaften Dachschaden.
Blöder Chef, Streit mit dem Partner, Ärger mit dem Finanzamt, mißlungener Haarschnitt.... es gibt millionen von Gründen mal schlecht drauf zu sein, wäre unnatürlich, wenn dem nicht so wäre. Unter zufriedener Trockenheit verstehe ich, daß ich nicht aus einem der millionen möglichen anderen Gründe schlecht drauf bin, sondern meine Unzufriedenheit alleine auf die Abstinenz zurückzuführe.
Moin Marlen, hüstel, könnte es sein, dass dir dein satz etwas durcheinander geraten ist?
ZitatUnter zufriedener Trockenheit verstehe ich, daß ich nicht aus einem der millionen möglichen anderen Gründe schlecht drauf bin, sondern meine Unzufriedenheit alleine auf die Abstinenz zurückzuführe.
zwar denke ich, daß hier jeder den Satz so liest, wie er gemeint ist. Ansonsten wird ja auch immer gerne gelesen, was gar nicht da steht - aber ich korrigiere, bzw formuliere es anders:
Unter zufriedener Trockenheit verstehe ich, daß ich Gefühle der Unzufriedenheit nicht auf die Abstinenz zurückführe.
@ Wuchtbrumme was meinste, was ich alles gemacht hab wenn ich getrunken habe? Da musst halt auch nen Hamster dran glauben!
@ Marlen Es gibt, wie du schon sagtest, immer mal Situationen in denen es kritisch werden kann. Muss aber nicht, kommt drauf an wie dein Problemlösungs-Management aussieht. Als man mir vor 2 Monaten meine Handtasche geklaut hat (inkl. Geld, Handy, Ausweise) hätte ich mir am liebsten einen hinter die Binde gekippt. Und was hätte es gebracht? Nun, ich wäre eine beklaute, betrunkene und nasse Alkoholikerin gewesen. Nüchtern wars nur schwer zu ertragen aber die Amtswege waren einfacher. Du wirst dein Weg schon finden. Net warten, es kommt eh anders als du denkst!
Moin moin ihr lieben, ein ausgesprochen interessantes thema. Ich denke zuerst einmal muss den begriff "saufdruck" jeder für sich definieren. Weil ich nämlich glaube, dass dieser saufdruck zum einenvon jedem anders empfunden wird und zum anderen, so jedenfalls empfinde ich es, sich auch mit der dauer der trockenheit anders bemerkbar macht. Zu beginn musste ich mich auf eine ellenlange diskussion einlassen ( in derem verlauf ich min. 6 liter tee und wasser zu mir nahm ), die ihren gipfel darin hatte, dass mir mein süchtig hirn den vorschlag machte, des nächtens auf die tanke zu maschieren, um mir wein zu besorgen. Dieser vorschlag war für mein ich so absurd, dass ich "wie auch immer zu benennen", ein unfreundlichst "verpiss dich" entgegenschleuderte. Das irre für mich war, dass ich danach ruhe hatte. Eine ausgesprochen friedliche ruhe und was ich auch noch gut erinnere; Ich ging mehrere wochen lang seelisch wie auf wolken. Dieses gefühl war um so vieles besser als jeder rausch- unbeschreiblich gut einfach. Danach hatte ich ganz klar noch das eine oder andere gespräch, nur hier reichte schon ein "verpiss dich" um die ganze sache mal fix abzukürzen- und sofort wasser trinken- immer mit dabei, dieses hilfsmittel aus dem wasserhahn. Mittlerweile reicht ein kleines schütteln meines kopfes und ruhe ist.
Nun zu meinen fremd erfahrungen. Frisch in meine dienstagsgruppe gestolpert, war das rahmenthema des abends der rückfall. Ganz besonders in erinnerung sind mir dabei zwei geschichten. Der eine hatte einfach, nach 17 jahren, am morgen beschlossen, sich eine flasche sekt am abend zu genehmigen und diesen entschluss auch in die tat umgesetzt. Es dauerte ungefähr zwei wochen und er war genau da, wo er 17 jahre vorher aufgehört hatte. Dieser rückfall dauerte ein gutes halbes jahr und endete mit einer entgiftung bei deren einlieferung er 3,7 Proliile hatte. Mittlerweile ist er wieder fast 3 jahre trocken.
Die andere, ebenfalls 17 jahre trocken hat ihren totkranken partner in seiner wohnung gepflegt. Er hatte einen unheilbaren gehirntumor und trank des abends gerne ein glas rotwein. Irgendwann ist ihr das ganze so über den helfenden und pflegenden kopf und ihre seele gestiegen, dass sie den rotwein und den cognac im haus nicht mehr widerstehen konnte. Kurze zeit später verstarg ihr lebensgefährte und dann legte sie einen rückfall, unterbrochen von zwischenzeitlicher entgiftung, plus therapie hin, der ein dauerbesäufnis von über einem jahr beinhaltete. Ihre letzte engiftung began sie mit 4,2 Promille. Beiden gemein ist nicht nur die zeit der abstinenz, sondern das sie beide als suchtberater gearbeitet haben. Das hat mich damals echt aus den schuhen gehauen- das sind doch profis- wie kann sowas gerade denen passieren?
Der mann sagt heute von sich, gäbe es ein medikament, welches ihm möglich machen würde "kontrolliert zu trinken" ( auch mal thema, diese utopie- monate später allerdings ) er würde es nehmen.
Bei der frau denke ich, sie hat sich selbst und ihre bedürfnisse total aus dem auge verloren und den wunsch ihres sterbenden partners, nach dem abendlichen glas wein, über ihre eigenen bedürfnisse gestellt. Und sich auch mit der pflege selbst mächtig was überfordert.
Gerade letzte woche, komisch schon wieder 17 jahre trocken (besondere vorsicht????), er wurde 70 und dachte sich, "na ein glas roten am abend kann ich mir doch jetzt gönnen", es dauerte 2 wochen, da war er wieder beim alten level. Er hat sich sofort einweisen lassen. Da meine gruppe auf dem gelände des krankenhauses stattfindet, war es möglich das dieser mann, 5 tage nach seiner einweisung, diesen verlauf berichten konnte.
Ich könnte noch mehr solche geschichten erzählen, ihr kennt bestimmt auch welche. Bin immer recht was dankbar dafür, weil sie mir immer wieder deutlich machen, nix da je wieder alkohol- das thema ist sowas von durch. Denn wenn ich je wieder ein glas wein trinke, bin ich ratz fatz wieder in der suchthölle und das ist nun wirklich das allerletzte was ich möchte!!! Darum habe ich diese option aus meinem leben gestrichen. Für mich ist es u.a. deshalb auch so wichtig in eine shg zu gehen, um immer am ball zu bleiben und nicht leichtsinnig zu werden. Sollte ich mal nicht mehr wissen wohin mit dem druck zu saufen, werde ich in dieses krankenhaus fahren, egal um welche uhrzeit, mich ins raucherzimmer setzen und mich mit den patienten dort unterhalten.
So ihr lieben, sorry das es ein roman geworden ist, aber kürzer habe ich es nicht hinbekommen
Eine schöne, sonnige herbstwoche gewünscht Hermine
in letzter Zeit gehen meine Frau (kann mit Alkohol umgehen), eine Nachbarin (6 Jahre trocken, geht noch in SHG) , 2 große schwarze Hunde und ich spazieren. Die Nachbarin und ich erzählen uns dann ab und an einen Schwank aus unserer Alk-Karriere, z.B.: Sie (zum Thema 'kontrolliert trinken') : 'ja,ja ich hab' auch 'mal 2 Wochen pausiert => ich kann's doch kontrollieren' oder ich erzähle, wo ich überall den Alk versteckt habe und sie antwortet, wie man halbgetrunkene Flaschen auf voll trimmen kann ... Wir lachen dann beide ziemlich ausdauernd. Meine Frau schaut dann ziemlich verständnislos, sie hat ja nie etwas davon mitbekommen, wir beiden trockenen amüsieren uns aber köstlich.
Was ich damit sagen will:
Ich lese hier immer wieder Sätze wie: 1.) 'Ich kann mir nicht vorstellen, nie wieder ein Glas zu trinken' ODER 2.) 'Ich muß zufrieden abstinent sein'
Diese Formulierungen sind (auf längere Sicht gesehen) schlichtweg falsch gestellt. zu 1.) Du hörst einfach irgendwann auf, Dir so etwas vorzustellen (weil es wichtigeres für Dich gibt). zu 2.) 'zufrieden abstinent' bedeutet, daß es auch 'unzufrieden abstinent' geben müßte. Irgenwann bist Du aber soweit, daß Du abstinent bist, das ist dann aber der Normalfall und Du denkst Dir nichts dabei. Ob Du glücklich oder unglücklich, zufrieden oder unzufrieden bist, hängt von etwas ganz anderem ab. Es gibt zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen kausalen Zusammenhang zwischen un/zufrieden und Abstinenz mehr, deswegen ist die Frage auch (längerfristig betrachtet) falsch gestellt. Wann dieser Zeitpunkt kommt, kann ich nicht sagen, da ich ihn nicht bemerkt habe.
Das mit dem Saufdruck und dem Denken an Alkohol wird einfach immer weniger und hört irgendwann einmal ganz auf.
kannst du denn deine Gefühle (hier Unzufriedenheit) so genau sortieren, dass du eines davon auf deine Abstinenz zurückführen kannst? Zumal Gefühle oft recht undeutlich sind.Und kurzlebig. Das angstvolle Denken (an ev.Rückfälle) kann sich zu einer echten Plage entwickeln, wenn es (unkonstruktiv) unentwegt abspult, was alles sein könnte..
Aber am Anfang ist es wohl normal, mit der Zeit kommt eine gewisse Balance.