möchte mich anschließen. Ich sehe für mich auch keinen Grund mich zu rechtfertigen. Ein einfaches "Nein Danke" sollte genügen. Und wenn wirklich mal jemand bohrt und mich mehrmals fragt, ob ich nicht doch was alkoholisches trinken möchte, so erkläre ich diesem Jemand, das ich mit 33 Jahren wohl in der Lage bin, für mich selbst zu entscheiden.
Nee, also ein Schild trag' ich auch nicht vor mir mit dem Hinweis: Ich bin Alkoholikerin. Um das geht's denk ich auch gar nicht, es reicht mE völlig aus, wenn wir uns selber und unserem nächsten Umfeld darüber auspacken.
Ich bin noch immer am Outen, selbst meine Eltern und ein Teil meiner Geschwister kennen meinen neuen Weg noch nicht. Aber ganz klar, dass ich es will und brauche, mit ihnen darüber reden zu können. Ich finde sie haben auch ein Recht darauf es zu wissen, bisher waren sie immer für mich da und werden das auch weiterhin sein. Auch mit dem "Makel" der an mir haftet - ich denke schon, dass es für einige von ihnen ein Makel sein wird, einfach weil sie keinen wirklichen Einblick haben können, wie stark die Sucht einen beherrscht - für mich ist es kein Makel diese Krankheit zu haben, vielmehr sehe ich es als einmalige Möglichkeit zu Tiefen in mir zu gelangen, über die ich ohne meine Krankheit evtl. gar nicht bemerkt hätte, dass sie da sind.
Dass ich mich mit meiner Alkoholsucht befasse, ja viel mehr noch - dass ich dagegen angehen kann, die Kapitulation schon hinter mir liegt - betrachte ich als wunderbares Geschenk das mir das Leben macht - und mein "zweites" Leben wird von MIR bestimmt, von mir selber und nicht von der Droge Alkohol.
Ich kann mit manchen Menschen sehr offen über mich reden, seit ich trocken bin geht das - wie überhaupt ich immer wieder das Gefühl habe - im trockenen Zustand geht alles!!
Mein Arbeitgeber weiß nicht Bescheid, zumindest nicht von mir. Ich hab mir bei meiner Einstellung die Anfang August war darüber viele Gedanken gemacht und beschlossen, es nur zu sagen wenn ich danach gefragt werde. Wurde ich nicht und damit hat sich das vorerst für mich erledigt. Da ich im öffentl. Dienst beschäftigt bin wird über kurz oder lang unser Amtsarzt ein Auge auf mich werfen wollen und ich gehe schon davon aus, dass es da zur Sprache kommen wird, das macht mir aber keine Angst - im Gegenteil, dann sag ich es ihm und gut ist's.
Ich mache mir keine Sorgen mehr über Dinge die ich nicht ändern kann, und meine Krankheit ist so eine Sache. Sie gehört zu mir und ich nehme sie an, aber ich lasse mich nicht mehr auf Alkohol ein, vor dem hab ich einen Heidenrespekt. Ich denke mir, solange ich ihm nix tu, tut er mir auch nix.
Mir gehts wie Lachfalte.Ich bin wieder viel offener zu meinen Mitmenschen geworden. Ich war mal wieder in meiner alten Stammkneipe am Stammtisch. Mittlerweile bin ich nicht mehr der einzige der nichts trinkt. Einer ist, ("einfach" so, sagt er") seit über einem halben Jahr trocken, ein anderer seit 2 Monaten. Und es wurde noch nie (so kommt es mir vor)auf so einer niveauvollen Ebene miteinander diskutiert. Fragen warum kein Bier? Nicht einer. Und wenn, dann sage ich einfach auch "einfach so, mir gehts prächtig ohne Alk) Meinen engsten Freunden sagte ich, noch im Krankenhaus, daß ich keinen Alk mehr trinken will, weil ich das Problem hab, nicht mehr aufhören zu können, wie beim Rauchen und weil ich "ohne" das Leben lebenswerter finde und nur nüchtern meine Niederlagen ertragen, bzw. verarbeiten kann. Das kapieren alle und entspicht der Wahrheit.
"Meinen engsten Freunden sagte ich, noch im Krankenhaus, daß ich keinen Alk mehr trinken will, weil ich das Problem hab, nicht mehr aufhören zu können, wie beim Rauchen und weil ich "ohne" das Leben lebenswerter finde und nur nüchtern meine Niederlagen ertragen, bzw. verarbeiten kann. Das kapieren alle und entspicht der Wahrheit."
Wenn man, wie ich, mitbekommen hat wie sehr Du lange Zeit in den Seilen gehangen hast und ich dann sowas von Dir lese Andy, da möcht ich Dich mal ganz spontan ganz feste drücken - ich freu mich das lesen zu dürfen.
Nur eins möcht ich noch anfügen Andy. Es sind nicht nur die Niederlagen die man besser ertragen und verarbeiten kann, über kurz oder lang lernt man wieder Gefühle kennen von denen man zwar wusste dass es sie gibt, aber in den Genuss sie auszukosten man nicht in der Lage war. Das ist bei mir in letzter Zeit ganz oft, ich kann mich ganz anders über etwas positives freuen. Nicht so wie früher, dass ich in der Skala gleich ganz nach oben geschossen bin und im Gegenzug dann auch ganz unten war. Es fühlt sich wie ein Fließen an, da gibts kein Untertauche mehr oder ein den-Kopf-über-Wasser-halten-können - es wird alles so "normal" und wunderschön.
Lachfalte das ist wahr, ich war heute Zweimal draussen spazieren und DAS ist mir schon lang nicht mehr passiert... und das gefühl dabei war genau das....ein fliessen, nicht dieses ewige Hoch und runter...
das hab ich noch vergessen. Die Gefühle spüren, sie mit den Gedanken steuern zu können, immer wieder für eine Weile bewußt im Augenblick zu leben, die Unterhaltung zwischen meinem kleinen Kind und meinem erwachsenen Kind, dieses Eintauchen in verborgenste Winkel meiner Selbst. Das zu fühlen und diese Kraft daraus zu ziehen ist ein Geschenk, das ich nur nüchtern erleben kann. Das Abtauchen in den Suff ist eine erbärmliche Feigheit vor meinem eigenen Leben. Wie dumm erscheint mir da die "Vogel Straus" Technik, obwohl sie in der Natur bestimmt ihre Berechtigung hat, so ist uns Menschen doch eine inne wohnende Kraft gegeben, aus der wir endlos schöpfen können. Wir müssen es nur zulassen und erkennen.
@ Lachfalte, sehe ich auch so, dieses gefühl, dass meine krankheit auch ein geschenk an mich ist- eines das gepflegt und gehegt werden möchte und mir die möglichkeit gibt, ganz anders meine gefühle wahrzunehmen. Auch das mit dem fließen trifft es für mich auf den selben- nix mehr himmelhochjauchzend und gleich darauf zu tode betrübt. Es bildet dich eine ganz neue ausgewogenheit. Einfach nur schöo das!
@ Andy, ich freu mich auch echt was für dich! Dein rückfall scheint ja mächtig was losgetreten zu haben bei dir- kommst zufriedener rüber für mich. Weiterhin alles gute dir gewünscht!