Hallo ihr lieben, habe mich nach einem ziemlichen Absturz am 6.10.2004 entschlossen trocken zu werden. Das ging 1 Jahr wunderbar mit anfänglichen Unebenheiten. dann habe ich wieder ca. 1 1/2 Tage getruknken und seit dem zufrieden (vermeintlich zumindest) trocken. Heute, in einem Anfallvon Übersättigung (Magen) , erinnerte mich an den Obstler, den mein Mann zu Weihnachten geschenkt bekam. Da dachte ich mir, muss doch mal einen kräftigen Schluck trinken , damit mirs besser geht. Habe natürlich noch ein paar mal "nachgetrunken" und jetzt mit einem, schweren Gewissen die letzte halbe Flasche weggeschüttet. Warum mache ich dies mit dem Trinken? Momentan fühle ich mich etwas leichter, muss ich zu meiner Schande gestehen, aber ich weiss, dass es nicht gut für mich ist. Wie handhabt ihr dieses? LG gerda
Hallo Gerda, Wie meinst du deine frage nach dem handhaben? Das völlegefühl? Den rückfall? Das gefühl danach? Zu den beiden letztere hab ich, Hermine sei dank, keine erfahrung und zum völlegefühl entweder kümmeltee oder frischen ingwer mit heißer zitrone. Wäre schon schön, wenn du etaws mehr input rüberwachsen lassen könntest, weil ich für meinen teil sonst eh nur spekulieren könnte. Bis dann du lieben gruss Hermine
Ganz einfach : Alkohol ist für mich weder Medizin, noch Seelentröster noch sonst irgendwas. Er ist einfach keine Möglichkeit, oder Alternative oder Lösung. Nicht mal ein Gedanke.
ZitatDa dachte ich mir, muss doch mal einen kräftigen Schluck trinken , damit mirs besser geht.
Solange trinken für mich noch eine Option war, habe ich auch nur das positive erste Gefühl der Leichtigkeit damit verbunden. Das es nicht bei dem einen Schluck bleiben würde, wusste ich immer von vornherein. Somit kamen mir solche Gründe, wo ich das Trinken vor mir selbst entschuldigen konnte, immer sehr gelegen. Ich habe mir da ganz gerne selber was zusammen gebastelt.
Könnte es nicht sein, das Dir der volle Magen ganz gelegen kam???
ich kann da ja eigentlich gar nicht mitreden, da ich erst 9 Tage nichts trinke, und das wohl mein erster ernsthafter Versuch ist, ernsthaft insofern, als mir erstmalig die Bedeutung der Worte "nie wieder" bewusst ist. Aber ich glaube genau zu wissen, was für mich die größte Gefahr ist: Unachtsamkeit, das Gefühl nach längerer Abstinenz, jetzt ja eh alles im Griff zu haben, und das Irrdenken, ein wenig Alkohol könne ja nicht schaden.
Kann es sein, dass es bei dir ähnlich ist? Ein Jahr warst du trocken. Dann ein Vorfall. Du findest aber schnell wieder auf den trockenen Weg zurück. Nach ungefähr einem weitern halben Jahr wieder ein Vorfall (hoffentlich nur ein Vorfall und kein Rückfall). Und das in einer eigentlich völlig ungefährlichen Situation. Du schreibst nicht von Stress, nicht von Problemen, du warst in keiner Situation mit Gruppendruck, du hast nur ein wenig zu viel gegessen. Das ist so ziemlich die ungefährlichste Situation, die ich mir vorstellen kann. Kann es sein, dass in deinem Kopf Gedanken waren wie: "Der letzte Vorfall war ja auch kein Problem, scheint ja zu klappen mal einen Tag eine Ausnahme zu machen und dann gleich wieder zurück auf den trockenen Weg zu kommen." Ich denke, das ist ein gefährliches Spiel. Die Abstände zwischen den Vorfällen werden auch kleiner. Wann kommt der nächste? In einem viertel Jahr? Wenn man beginnt, Vorfälle einzuplanen, dann scheint mir der Weg zum Rückfall schon vorgezeichnet.
Und wie handhabt man dieses? Meiner Meinung nach nur, indem man sich dieser mentalen Prozesse bewusst ist und achtsam bleibt.
so richtig fühl ich mich auch noch nicht qualifiziert, da mitreden zu können. Schließe mich dem Waldmenschen an.
Wenn ich angestrengt nachdenke, komm ich auf ca. 3 Monate ohne Alk. Ich hab mir nichts im Kalender notiert oder so. Deswegen weiß ich es nicht ganz genau. Kommt mir aber schon viel länger als drei Monate vor. Kann aber nicht sein.
Also mir ist aufgefallen, bei all dem Positiven, was das Nichtmehrtrinken bewirkt; läßt irgenwann diese Begeisterung darüber nach. Klar, die Freude darüber kommt immer wieder. In vielen Momenten. Aber auch die andere Seite. Heiße Tage, laue Abende und doch soetwas wie Neid auf die Nachbarn, die auf der Terasse ihr Bier trinken können, ohne dadurch Probleme zu kriegen. Ein bisschen Ärger auch; warum kann ich das nicht. Gewohnheiten fallen auf, und bei all der Gewöhnung inzwischen ans Nichttrinken, gibt es Situationen, wo ich vor nicht langer Zeit auf jeden Fall was getrunken hätte.
Wie bei dir sind es erstaunlicherweise gerade Situationen, die ungefährlich erscheinen. Keine akuten Problemlagen, sondern eher sowas wie ein entspanntes Feierabendgetrinke.
Vielleicht geht gerade davon die Gefahr aus. Die Wachsamkeit läßt nach, und Gedanken wie, ach sooo schlimm war es ja nicht. Und das kriegst du doch dann auch wieder hin.
Bis jetzt hilft mir dann immernoch die Erinnerung an meine Liste. Wenn es nicht sooo schlimm gewesen wäre, hätte ich mich nicht veranlaßt gesehen, sie zu schreiben. Das Wissen, dass ich mir immer wieder präsent machen muss, dass es nicht bei einem und einmal bleiben würde. Das dann die ganze Arbeit bis hierher umsonst gewesen wäre.
Es stimmt schon, dass mit zunehmender Trockenzeit, der Alk immer weniger die Gedanken bevölkert. Und die Situationen, wo ich gern etwas trinken würde sind weder schlimm noch irgendwie heftig. Es bohrt nur so ein klein Teufellein; und ich weiß, der ist auch schnell wieder ruhig.
Aber was ich höre und hier auch immer wieder lese, ist, dass diese Krankheit, eben nicht einfach verschwindet. Achtsamkeit, Wachsamkeit und Vorsicht sind wohl auf Jahre nötig. Ich weiß nicht, wie es denen damit geht, die schon über lange Jahre trocken sind. Ob die Versuchung auch dann noch hin und wieder anklopft?
Gedanken wie, ach kannste doch mal, ist ja nicht so schlimm; sind auf jeden Fall ein Teil der Krankheit oder der Symptome. Das sind genau die Dinge, die frühere Trinkpausen beendeten.
Was vielleicht eine blöde Frage ist und ich noch nicht so ganz verstanden habe:
Zitat Aber auch die andere Seite. Heiße Tage, laue Abende und doch soetwas wie Neid auf die Nachbarn, die auf der Terasse ihr Bier trinken können, ohne dadurch Probleme zu kriegen.
In solchen Situationen werde ich mir darüber klar, dass ich den Nachbarn gar nicht beneide. Denn was tut er denn? Er trinkt gesittet 1 oder 2 Bier und beläßt es dabei. Es interessiert mich nicht im geringsten, gesittet 1 oder 2 Bier zu trinken. So toll schmeckt Bier nicht, und gegen den Durst weiss ich auch besseres. Wenn ich trinke, dann will ich auch ordentlich voll sein. Die 1 oder 2 Bier kann sich der Nachbar sonstwo hinstecken, das interessiert mich nicht. Also gibt es auch keine Grund, neidisch zu sein.
ZitatDa dachte ich mir, muss doch mal einen kräftigen Schluck trinken , damit mirs besser geht. Wie handhabt ihr dieses?
Da ich der Ansicht bin, dass Alkoholsucht (bei mir) nur ein Symptom ist, würde ich in deiner Situation versuchen zu beleuchten, was die Hintergründe sein können, wenn auf einmal der Gedanke auftaucht, dass Alkohol mir was Gutes geben könnte. Dieser Gedanke ist ein Zeichen für mich, dass ich den Wunsch habe, dass es mir besser geht (und mir aufgrund der Suchterkrankung mein altes "Wundermittel" wieder in den Kopf kommt). Ich halte das nicht für schlimm, verwerflich und würde mich deswegen auch niemals in eine Schublade stecken "du bist nicht wirklich trocken" etc. pp.
In deiner Situation würde ich mich beispielsweise fragen: Warum habe ich überhaupt so viel gegessen, dass ich "Übersättigt" war? Habe ich schon mit dem Essen angefangen, etwas zu kompensieren? Gibt es derzeit Unzufriedenheiten in meinem Leben? Hat mir vielleicht was gestunken, aber ich habe es nicht gesagt. Irgendwem zuliebe mehr getan, erduldet etc., als es mir gut tut? Wollte ich gerne Harmonie erzwingen, obwohl der Haussegen schief hängt und habe damit meine Gefühle ignoriert?
So oder so ähnlich könnten die Fragen aussehen. Mir hilft das sehr und ich habe da eine viel bessere Wahrnehmungen bekommen und überhaupt keine Probleme beispielsweise mehr mit Überessen (obwohl ich früher Bulimie hatte).
Manchen reicht es, dass Alkohol keine Option ist und daran halten sie sich.
Für mich war es wichtig, meine "süchtigen" Verhaltensweisen zu erkennen und nachzuforschen, was an meinem Verhalten diese auslöst.
Ist natürlich ein anstrengender und unangenehmer Weg manchmal - aber ein ausgesprochen nachhaltig hilfreicher - für mich zumindest.Und auch heute gibt es manchmal Situationen, wo es erst mal unbequemer erscheint z.B. anderen Grenzen zu setzen, aber, wenn ich es nicht tue, dann fällt mir sofort auf, dass ich das "Suchen" anfange, nach "angenehmen Dingen" die das ausgleichen sollen. Wenn ich dann z.B. Trommeln gehe ist das in Ordnung (da man ja nie alle Lebenssituationen so gestalten kann, dass sie optimal für einen wären). Oft reicht so ein Ausgleich oder eine Auszeit schon, damit ich den Kopf wieder frei habe eine Situation mir entsprechender zu gestalten oder Abstand von ihr zu kriegen.
Gesprächstherapie und Gruppe oder Suchtberater haben mir dabei auch sehr geholfen.
Zitat Für mich war es wichtig, meine "süchtigen" Verhaltensweisen zu erkennen und nachzuforschen, was an meinem Verhalten diese auslöst.
Das find ich spannend. Ich glaube, dass es bei mir zb ganz anders ist. Ich habe immer wieder gesehen:
ich trinke nicht => mir geht es augenblicklich gut
ich trinke => mir geht es auf kurz oder lang dreckig
Und das hat sich über ein Jahrzehnt immer wieder bestätigt. Daraus schliesse ich, dass schlicht und ergreifend Trinken mein Problem ist. Und die Frage warum ich zu trinken begonnen habe, interessiert mich eigentlich gar nicht so wahnsinnig. Wenn ich einmal lange trocken sein werde, kann ich da immer noch nachforschen, wenn es mich dann doch interessiert. Heute würde ich sagen: ich bin Alkoholiker geworden, weil ich einfach übertrieben habe, und das über einen langen Zeitraum. Wenn ich mit 5 Leute fortgegangen bin, gabs vielleicht einen davon, der viel zu viel getrunken hat, und ich hab noch mehr getrunken als er, und das so gut wie immer. Klar brechen da die Schranken. Ich habe einfach systematisch dahin gearbeitet, dass ich abhängig werde, und das ohne dass ein Leidensdruck da gewesen wäre.
ZitatDaraus schliesse ich, dass schlicht und ergreifend Trinken mein Problem ist. Und die Frage warum ich zu trinken begonnen habe, interessiert mich eigentlich gar nicht so wahnsinnig.
Ja, so kann es auch sein, dass muss jeder für sich herausfinden. Manche Menschen werden einfach nur abhängig, weil sie es übertreiben und erst mit dem Eintreten der Sucht treten dann nach gewisser Zeit vielleicht auch andere Probleme auf (Beziehung, Arbeit, Gesundheit etc.).
Deshalb finde ich es auch völlig o.k. und nachvollziehbar, wenn es Menschen gibt, die mit der Abstinenz auch ihre Zufriedenheit wiederfinden, ohne dass sie einen langen Therapieweg beispielsweise durchlaufen müssen.
Wenn nach dem körperlichen Entzug und den ersten Monaten der Trockenheit öfter wieder Gedanken an Alkohol auftauchen, wäre es vielleicht eine Möglichkeit dann tiefer zu schauen. Denn ich glaube, es lohnt sich für Gerda beispielsweise, einmal zu betrachten, warum ein Flasche Schnaps plötzlich wieder interessant wird? Die körperliche Abhängigkeit ist nach so langer Abstinenz ja überwunden.Sind es vielleicht noch destruktive Verhaltensweisen, die sich während der Dauer der Alkoholsucht angewöhnt wurden (das kann ja auch sein, es braucht ja nicht immer gleich eine Kindheitsanalyse) und die man aus Gewohnheit noch nicht geändert hat? Wäre auch eine Idee..
ZitatWas bedeutet dieses "kapitulieren vor dem Alk".
Ich habe lange gekämpft mit dem Alkohol. Habe versucht es zu kontrollieren. Wollte ihm keine Macht geben und habe am Ende eingesehen, der Alk ist stärker, ich muss kapitulieren. (das ist jetzt eher bildlich gesprochen) Seid mir klar ist, dass ich nur abstinent überleben kann, ist der Kampf vorbei.
So ist es bei mir und ich bin froh, es erkannt zu haben...
vielen Dank für eure Antworten. Ihr habt alle ein wenig recht . Heute bin ich nicht so gut drauf, obwohl ich gestern nicht betrunken war. Mir gehts zur Zeit psychisch nicht so gut. Vielleicht war dies der Auslöser und die schon offene Flasche Schnaps ergab dann ein übriges. Vielleicht dachte ich mir auch, wie schon einmal erwähnt. Es ist ja schon einmal gutgegangen, warum nicht wieder. Heute nacht habe ich super geschlafen . Aber ich finde es lohnt nicht zu trinken. und hoffe, dass es ein einmaliger Ausrutscher war. LG Grüsse Gerda