Mein richtiger Name ist Rudi und ich will euch jetzt mal ein bischen über mich erzählen. Das Diagramm des Lebens deshalb, weil ein Diagramm meist ein auf und nieder zeigt, so wie ich es gelebt habe und Teilweise noch lebe. Ich bin 38 Jahre alt, meine Mutter ist verstorben als ich zwölf war. Bin dann bei meinen Vater aufgewachsen ins nichts. Mein Vater ist Alkoholiker, er ist mit der Situation als meine Mutter gestorben ist nicht fertig geworden. Ich versuche mittlerweile seit sechs Jahren mit den trinken aufzuhören, meine längste Zeit waren 26 Monate. Doch zur Zeit ist der Wurm drin, seit einem halben Jahr habe ich so ca alle drei vier Wochen einen Rückfall. Vor zehn Tagen bin ich im Krankenhaus aufgewacht, Fixiert und mit nen Kateder. Jetzt habe ich ich einen neuen ASnlauf genommen, war die Woche schon dreimal bei der Beratungsstelle wegen einen Therapieplatz (das wäre der dritte). Ich bin gefragt worden wann ich trinke, ich weis es nicht. Ich habe nicht getrunken als sich vor zwei Jahren mein Bruder erhängt hat, doch ich trinke bei den kleinsten Stress in der Arbeit. Jetzt weis ich auf jeden Fall das ich um vieles mehr Kraft einsetzen muß, als je zuvor. Und ich hoffe das ich es mit Geduld und Kraft schaffe und nicht wieder versuche mit den Kopf durch die Wand zu gelangen
Und ich hoffe das ich es mit Geduld und Kraft schaffe und nicht wieder versuche mit den Kopf durch die Wand zu gelangen.
irgendwie ist für mich in diesem Satz der Wurm drin. Es klingt sehr nach 'ich will versuchen' - das ist tödlich.
Was meinst du mit dem Kopf durch die Wand ?
Ohne Alkohol zu leben ist eine (lebens)lange Angelegenheit, da kann man eh nichts mit Gewalt vorzeitig übers Knie brechen. Wofür brauchst du Kraft ? Was IST dein innerer/äusserer Feind, der dich herausfordert ? Kraftanstrengungen kannst du nicht permanent erbringen, irgendwann bist du auch erschöpft, dann.... Du schreibst dass du auf der Arbeit immer wieder verletzt wirst, was dich dann trinken lässt. Meinst du mit Kraft etwa dass du dich davor schützen willst ?
wenn ich trinke, fühle ich mich stärker, belastbarer und ich bin dann auch nicht so zurückhaltend wenn mir jemand schief kommt. Ich habe jetzt den zehnten Tag wo ich nichts getrunken hab, ich muß sagen das ich Stolz darauf bin aber auch sehr oft daran Denke. Ich weiß, wenn ich jetzt alles richtig mach (für mich), dann wird der Kampf von den "Genuß des Lebens" abgelöst. Aber wenn ich jetzt ehrlich bin zu mir selbst dann ist es im moment noch ein Kampf
Ich war 23 Monate auf Therapie, wo es nur um die Sucht ging, ich konnte es schon gar nicht mehr hören. Dachte jetzt hab ich es kapiert, doch ich musste wieder mal meinen Kopf durchsetzen. Vieleicht gehe ich die Sache zu verbissen an
klar bist du stärker und enthemmter, wenn du was trinkst, belastbarer, hm - ich war im Suff zu nix zu gebrauchen, außer zum Weitersaufen, bist du Spiegeltrinker?
Aber das mit der fehlenden Schlagfertigkeit kenne ich, war auch so ein Kandidat: wenn mir ein Kollege nen Spruch an den Kopf warf, konnte ich nicht wechseln; erst im Nachhinein fiel mir das Passende ein. Habe dann bei geöffnetem Bierhahn drüber sinniert und mir geschworen, daß sowas nicht mehr passiert. Es ist immer wieder passiert.
Doch diese Verletzbarkeit ist erheblich besser geworden seit ich dem Alk ade gesagt habe. Und paradoxerweise bin ich sogar empfindsamer als je zuvor.
Wie kam es zu deinem Rückfall nach über zwei Jahren ?
hallo Rudi, ' so alle 3 4 Wochen' - also periodisch. Das ging bei mir auch jahrelang, so alle 3-4 Wochen. Bis zur bedingungslosen Kapitulation vor dem Alk. Danach war mir auch (endlich!) schnurzegal woher weshalb und weshalb gerade ich von der Sucht befallen war. Alles was dann vor mir war, so schwer es auch immer schien und auch war, war dennoch leichter für mein weiteres Leben. Schon weil es wieder ein Ziel hatte: lebendig sein, Max
@max: ich bin ja auch ein periodischer Trinker(in). Quartalssäufer kann man das nicht nennen, weil es sich viel öfters abspielt als einmal im Quartal.
Was mich eigentlich viel mehr stört als alle anderen negativen Folgeerscheinungen, die der Alkohol so mitbringt ist, dass man nach einer Weile völlig die Sensibilität verliert - für andere aber vor allem auch für sich. Auch, wenn man dann eine Weile trocken ist - man (ich) hat sich einfach verloren.
hi Birgit, "Auch, wenn man dann eine Weile trocken ist - man (ich) hat sich einfach verloren." // Wie lange war denn deine "Weile"? Nach einer Weile von etwa 4-5 Monaten war es bei mir so, dass ich das Licht der Welt wieder zu erblicken begann. Und ich habe mich dann - immer 'heute trinke ich nicht' - tatsächlich doch wieder gefunden. Ich hatte auch bloß die Gewissheit dass das gehen kann. Und bei mir gehen wird!! und auch nur, weil ich zuvor wirklich an mir selber verzweifelt war (nicht an den Umständen, die waren immer und stets so traurig, nichts besonderes, nein, an mir selber), Aber nur in stetiger Abstinenz entwickelte sich was, Gruß Max
da kann ich echt nicht mitreden - bin gerade mal 11 Tage trocken. Der Arzt meinte zu mir, nach vier Jahren wäre alles fast so wie bei "Normalos". Depris weg, kein Saufdruck mehr, keine Ängste mehr und intaktes soziales Umfeld.
Na, da hab ich ja nur noch 1449 Tage - andererseits, im Vergleich zu den ca. 6882 Tagen, die ich besoffen verbracht habe ist das ja ein Klacks
ZitatGepostet von pulsatille Der Arzt meinte zu mir, nach vier Jahren wäre alles fast so wie bei "Normalos". Depris weg, kein Saufdruck mehr, keine Ängste mehr und intaktes soziales Umfeld.
@pulsatille Woher hat Dein Arzt (Hausarzt,Psychater?) diese komische Zahl(4) her?
Wenn der Kollateralschaden nicht behoben wird, sprich der "eigentliche Saufgrund" oder Auslöser (Sozialphobie, Borderline, Angst vor Fliegen what ever) wird auch eine 10 jährige Abstinenz weder das soziale Umfeld, noch Depris geschweigedenn den SAUFDRUCK "heilen" (imho und auch Borowiaks-Theorie)
Es erfolgt kein Kampf mehr gegen das Suchtmittel. Der Betroffenen kann loslassen,hat Frieden gefunden. Er akzeptiert, daß er (leider) nicht mit Suchtmitteln umgehen kann und beläßt es einfach dabei.
Abstinenz ist Normalzustand geworden. Sie wird als fester Bestandteil der eigenen Persönlichkeit, des Lebenskonzeptes, eingeordnet
Akzeptieren, daß Leben Höhen und Tiefen beinhaltet. Die Umwelt(Mitmenschen, Arbeitswelt...) mit ihren Problemen und Anforderungen wird hingenommen
Das Leben aus einer anderen Perspektive sehen können. Es lohnt sich, trockenzu bleiben. Es wird akzeptiert, daß Entwicklungen sich nur Schritt für Schritt vollziehen
Es stehen verschiedene Alternativen zum Konsum von Suchtmitteln(z.B. in Krisensituationen) zur Verfügung. Die Wirkung des Suchtmittels ist verzichtbar bzw. teilweise auch auf anderem Wege zu erzielen.
eine halbwegs zufriedenstellende Antwort auf die 'Sinnfrage' konnte gefunden werden(Warum bin ich auf der Welt? Was ist der Sinn meines Daseins?...)
Wege zur zufriedenen Abstinenz
Pfad A. Zufriedene Abstinenz stellt sich irgendwann von selbst ein. Meint sicherlich das Loslassen vom Kampf mit dem Alkohol, vom Hadern mit dem Schicksal. Meint aber wahrscheinlich auch den Zeitfaktor und die Gewöhnung an Abstinenz als 'Normalzustand'.
Pfad B. Zufriedene Abstinenz durch den Anschluß an eine Selbsthilfegruppe bzw. Abstinenzgemeinschaft. Diese bieten vielen Menschen eine unverzichtbare Unterstützung. Allein schon das Gefühl, nicht allein damit dazustehen, sondern Verständnis bei anderen mit gleicher Problemlage zu finden, führt mittelfristig zu Einstellungsveränderungen. Es gibt jedoch auch viele Suchtkranke, die nie bei Selbsthilfegruppen landen. Dies liegt ganz einfach an der großen Verschiedenheit der Persönlichkeiten.
Pfad C. Zufriedene Abstinenz durch therapeutische Unterstützung. Viele Suchtkranke suchen sich nach einer stationären Behandlung Hilfe bei Therapeuten eingedenk der Tatsache, daß der Suchtmittelmißbrauch nur das äußere Symptom für eine innerliche Problemlage bildet. Vielfach erfolgt parallel der Besuch einer Selbsthilfegruppe, weil der Therapeut z.B. das Gemeinschaftsgefühl einer Gruppe kaum ersetzen kann. Ebensowenig wie eine Selbsthilfegruppe bei allen Problemlagen die geeignete Form der Hilfe darstellt. Das latent vielfach anzutreffende Mißtrauen zwischen haupt-und ehrenamtlicher Suchthilfe ist m.E. dadurch zu mindern, daß man auf seine Stärken vertraut und eigene Grenzen akzeptiert - auf beiden Seiten.
Pfad E. Zufriedene Abstinenz durch eine Neuordnung des Lebens mit anderer Schwerpunktsetzung. Klarheit herstellen und einen sehr strukturierten Lebenswandel zu führen, führt bei vielen Betroffenen auch zu mehr Lebenszufriedenheit. Zu dieser neuen Ordnung und Klarheit gehören häufig die bekannten Wahrheiten wie: 'Es gibt keinenGrund zum Trinken', 'Heute das erste Glas stehenlassen', 'Nur im Heute leben' usw.
Pfad F. Zufriedene Abstinenz durch den Aufbau eines neuen Bekanntenkreises. Die Umgebung färbt ab, sagt man, nasse wie trockene. Die Beibehaltung des alten Umfeldes birgt häufig die Gefahr in sich, daß auch altes Suchtverhalten sich erneut einschleicht."
Verhaltensänderungen brauchen ihre Zeit. Dafür 4 Jahre anzusetzen, halte ich nicht für aus der Luft gegriffen.
nach etwas über 4jahren abstinenten lebens kann ich für mich feststellen...fast nichts ist mehr so wie zu nassen zeiten...
die anzahl der wirklichen freunde ist auf die realistische menge von drei personen reduziert worden...
in der familie wird offen..respekt-und liebevoll miteinander umgegangen...jede/r nimmt sich die freiräume die er/sie möchte ohne die grenze des/r anderen zu überschreiten...
wir haben uns mit einer befreundeten familie bei nordfriesland einen alten bauernhof gekauft und ihn nach eigenen ideen angefangen umzubauen...Wäre bloss schön wenn einer mal den wind abschalten könnte..
beruflich mach ich als fast halbhundertjähriger noch einmal was ganz anderes...ich verdiene zwar nicht mehr die kohle wie vorher...aber dafür hab ich wieder spass und zufriedenheit bei der arbeit...und vor allem hat mir der neuanfang gezeigt...
egal wie alt du bist...geht alles...du musst nur mit dem herzen dabei sein...
ach ja...und noch etwas ganz wichtiges hat sich geändert...
ich hab wieder einen führerschein und kann mit dem moped durch die gegend gondeln...und das ohne angst vor einer polizeikontrolle...
so...nu noch 'n schönen tach...meine maus meckert...ich soll endlich die wand im badezimmer verputzen...denn tu ich das ma ne...