Ich verstehe es nicht. Mein Wecker klingelt morgens – gewollt – um 10 vor sieben Uhr. Dann muss ich los mit meinem Hund über den Fluss, denn da trifft sie ihre Kumpels auf den Äckern. Wir gehen etwa eine Stunde. Jeden Tag gibt es was neues zu entdecken auf diesem Weg: da ist gemäht worden, da beginnen die Kartoffeln zu blühen oder die Küken der Nilgänse proben ihren ersten Flug. Es ist total schön, auch wenn ich manchmal etwas länger schlafen möchte – was solls.
Und ich komme nach Hause, mache mir Kaffee. Den Milchschaum dazu schon lange nicht mehr, denn dann kocht meine Magensäure über – obwohl ich Milchkaffee eigentlich so liebe – egal. Ja, das Wörtchen „egal“ ist mein Standard-Wörtchen geworden für alles, was nicht mehr gelingt, verflogen, verloren ist.
Es ist dann halb neun und ich gieße mir mein erstes Glas Wein ein – keine Ahnung, warum. Ich leide nicht unter nennenswerten Entzugserscheinungen, es gibt also keinen „zwingenden“ Grund zu trinken. Und von dem Moment an trinke ich über den ganzen Tag. Ich „schlabbere“ so vor mich hin – klassische Spiegeltrinkerin also.
Und mir geht es vom ersten Schluck an schlecht. Ich mag dieses Gefühl des Angetrunken-/Besoffenseins nicht. Es stört mich. Im Denken, im Fühlen, im Handeln.
Aber statt ein Wasser oder sonst was nicht-alkoholisches zu trinken schenke ich mir das nächste Glas Wein ein.
Ich bin beschenkt vom Leben: Ich sehe (noch) ganz gut aus, bin hochintelligent, gebildet, habe zwei tolle Söhne, einen verrückten süßen 3-beinigen Hund, eine riesen Wohnung, einen Garten, den ich jeden Tag pflege, ein Atelier, bin Künstlerin, die erfolgreich ist, wenn sie sich darum kümmert, kann phänomenal gut kochen, habe ein großes Herz .....
Und ich trinke.
Ich verstehe es nicht.
Ich trinke seit 38 Jahren und versuche seit 28 Jahren, damit aufzuhören. Ich habe alles durch. Unzählige Entgiftungen stationär und im Alleingang, Lang- und Kurzzeittherapien, ambulante Therapien, besuche seit 28 Jahren (durch Trinkphasen unterbrochen) Gruppen, war bei Synanon, habe es mit Antabus probiert....
Und ich trinke weiter.
Das wollte ich einfach mal so sagen. Und kommt mir bitte nicht damit, ich sei nicht genut „unten“ gewesen – ich hab’ schon auf Parkbänken geschlafen....
ZitatIch trinke seit 38 Jahren und versuche seit 28 Jahren, damit aufzuhören. Ich habe alles durch. Unzählige Entgiftungen stationär und im Alleingang, Lang- und Kurzzeittherapien, ambulante Therapien, besuche seit 28 Jahren (durch Trinkphasen unterbrochen) Gruppen, war bei Synanon, habe es mit Antabus probiert....
Aus diesem Abschnitt lese ich heraus, das Du eigentlich ja garnicht aufhören möchtest ! Was hindert Dich denn aufzuhören...das erste glas um halb neun in der früh oder egal wann auch einfach mal stehen zu lassen ?
ZitatUnd mir geht es vom ersten Schluck an schlecht. Ich mag dieses Gefühl des Angetrunken-/Besoffenseins nicht. Es stört mich. Im Denken, im Fühlen, im Handeln.
es wird noch schlimmer kommen, aber das kennst Du ja
Ich habe keine Ahnung was ich dir raten könnte.
Nur soviel
Viel glück weiterhin...vielleicht macht es ja doch irgendwann mal Klick und du hörst ganz auf zu trinken
LG UTA
Auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen.
Du beschreibst dich als hochintelligent. Was hast du denn in den unzähligen Therapien über Alkohol gelernt? ISt ja kein Kindergeburtstag, den man da feiert!
Und ich hoffe, der verrückte dreibeinige Hund, damit meinst du nicht deinen Partner
Wenn die Musik beginnt, dann dreht sich der Tanzbär...
so wie du schreibst, hast du keine materiellen Sorgen und es sieht für mich auch so aus, als könntest du mit dir ('gutes Aussehen', 'hochintelligent', 2 Söhne ...) und deinem Umfeld zufrieden sein.
Ich frag' mich allerdings, ob du in deinem Innersten wirklich zufrieden bist. Was für einen Sinn hat denn dein eigenes Leben deiner Meinung nach ?
Fragt der Werner
---------------------------------------------------------------- It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer
na du hast aber viel! Meine Frage an dich wäre....was fehlt dir? Darf ich von mir kurz berichten...mir fehlte der Mut auf Menschen zu zugehen, mir fehlte Geduld, mir fehlte die Liebe zu mir selbst, mir fehlten Freunde, mir fehlte es an Ehrlichkeit mir selbst gegenüber, mir fehlte der Bezug zu meinen eigenen Gefühlen....usw. usw. Eine menge Arbeit, kann ich dir sagen war das und ist das immer noch und wird es auch bleiben...dennoch freue ich mich als das was mir fehlt zu bekommen...unglaublich aber als ich aufgehört habe und bereit war für das Leben habe ich seit dem viele Dinge bekommen, die mich sehr glücklich heute machen....probier es aus, du wirst sehen es geht.
LG Guido
Dein Leben kannst du nicht von vorn neu beginnen aber täglich einen neuen Tag...
ich war auch spiegeltrinker, hatte ne bomben karriere hingelegt, eine tolle freundin,hatte bereits haus und hund, war sportlich bis zum gehtnichtmehr und alles lief klasse - nach außen hin.
gesoffen habe ich - und ich wusste auch nicht so recht warum.
bei mir hat die therapie genutzt, habe gefunden, was ich mit meinem problemen falsch machte und arbeitete die alten auf.
dazu gehört viel: sich ehrlich in die eigenen augen schauen und sich und sein leben anzuschauen. es zählt nicht der schein, es zählt das "innere leben".
lass deine kunst kunst sein, dein aussehen und deine kinder und deinen hund mal bei seite und wenn alles weg bist, bist nur noch du da - dann schau dich mal an. niemand und nichts da, hinter dem du dich verstecken kannst - außer dem alkohol, der dich vor deiner aufarbeitung deiner probleme schützt.
grüsse, ulli
"Wenn du laufen willst, lauf eine Meile. Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, lauf einen Marathon" (Emil Zatopek)
Aber dieses Umfeld ,wie Frau ,Kinder, Hund , Haus Hof und Freunde wurden doch von uns Geprägt bzw . wir von unserem Umfeld. Ist doch jetzt Trocken immer noch so . Oder soll Mann /Frau sich jetzt auf Null Reduzieren .Nur auf sich .
stimmt schon, was du schreibst. mir hat es geholfen, mich ganz alleine zu sehen - also wirklich mich nur auf mich zu reduzieren und zu schauen, wie es um mich steht.
nur ein kleines beispiel: zu meiner nassen zeit kamen viele zu mir und heulte sich bei mir aus. ich war der "grosse ratgeber" und konnte jedem helfen.
aber meine probleme blendete ich komplett aus und spülte sie mir weg - ich wollte ja der "grosse sorgen-helfer" sein.
heute schau ich erstmal, was das mit mir macht, achte mehr und erstmal auf mich.
was nützt mir meine umfeld, wenn ich in ihm verkümmere??
"Wenn du laufen willst, lauf eine Meile. Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, lauf einen Marathon" (Emil Zatopek)
ich frage mich ganz einfach, warum du deine Geschichte hier erzählst. oder, was sagen deine Söhne, sie werden es sicher bemerkt haben, zu deinem Alk-Konsum.