Das mit der „Kapitulation“. In meiner Gruppe (immerhin so weit) – und auch hier immer und immer wieder - wurde mir gesagt: Vom Verstand her allein und durch deinen bezeugten Willen wirst Du es NIE schaffen. Dein Verstand muss zum Herzen rutschen, Verstand und Gefühl müssen „sich treffen, miteinander gehen“, so ähnlich.
Ja, das weiß ich langerweile, ABER WIE FUNKTIONIERT DAS DENN bei einem „verkopften“ Menschen wie mir (u. v.).
Wie es dazu kam, meine Gefühle und Intuition zu ignorieren ist klar, sie wurden mir abtrainiert, untersagt, ich wurde Bloßstellungen und Verunsicherungen ausgesetzt.
Aber das soll jetzt nicht Thema sein, daran habe ich schon gearbeitet und werde ich auch weiterhin. Nur konkret zu diesem Thema, wie krieg ich das hin.
Ich möchte auch nicht mit Wortranken ablenken, dass mir der Begriff negativ besetzt ist, ich hatte vor meiner Mutter kapituliert mit heute noch bestehenden Folgen. Diesen Akt kann ja auch jeder nennen wie er will, mir schwebt da vor, positiv ausgerichtet: „Ich lebe heute gesund!“ So in etwa.
Also, wie erreicht mein Verstand mein Herz und lässt den Riesenkloß der Angst auflösen. Während meiner Therapie meinte der Arzt schon: Sie denken und planen soviel darüber, dass sie nicht dazu kommen. Das hatte ich damals noch nicht mal verstanden, puh. Klar, denken heißt nicht handeln.
Kann mir gut vorstellen, dass dieses Thema schon hinlänglich besprochen wurde, ich habe bezeichnenderweise die Suchfunktion nicht gefunden und wäre über einen Link sehr, sehr dankbar.
Tja, Heiner, warum nicht 9 Jahre früher … Ich glaube, das ist der casus Kaktus an dem viele mehr oder weniger lang scheitern.
Sicher ist der Zeitpunkt und die äußerlichen Umstände des Wendepunktes unterschiedlich, aber es muss da eine emotionale Gemeinsamkeit geben.
Fällt mir gerade ein: Ich wusste auch nicht wie das „Loslassen“ ging, von einem Familienmitglied. Irgendwann hab ich kapiert, der will mich gar nicht, der braucht meine Liebe (im Moment) nicht. Das tat weh, aber: als ich deutlich spürte wie das weh tat und das Gefühl zuließ und auslebte, war ich raus aus meinem unsinnigen Verantwortungsgefühl. Ich habe nun ein so befreites Gefühl der Liebe aus gesunder Distanz.
Und so ähnlich muss es weh tun oder (und danach) freuen mit diesem „Annehmen“; ich glaube, ein durchlebtes Gefühl bedeutet annehmen. Ich möchte nur so gern Freude fühlen, die Alkoholarena weit zu umschiffen, mich nicht mehr dem Wächter-des-KOs zu stellen, wie dumm bin ich denn. Genauso blöd, als wenn ich einem Menschen hinterlauf, der meine Liebe mit Füßen tritt (Tut Gevatter Alk ja auch nicht mehr, verschafft mir keine „guten Flucht“gefühle mehr, lang vorbei). Dieser 3-m-große, muskelbepackte Abgesandte des Todes braucht doch nur mit dem kleinen Zeh zu schnippen und ich kann ko. auf dem Boden liegen und weiß niemals, ob ich wieder wach werde.
So weit heut die Theorie, aber ich fühl nix! Ich möchte gern ein Dankbarkeitsgefühl ob dieser simplen Erkenntnis empfinden.
Du Wesen mit der Sense: Bei mir gibt es kein Gras mehr zu mähen, du schrabbst Deine Klinge bereits über leblose Dürre und macht Deinen Job sinnlos und deine Klinge stumpf!
Jetzt muss ich das noch ergänzen, damit sich das Bild auf richtige Weise bei mir festsetzt:
Der ausgelaugte Boden befindet sich ausschließlich in der Alkboxarena: Egal was ich pflanzen würde, wenn ich denn noch könnte, nichts würde gedeihen.
Außerhalb dieser Arena des allmächtigen Gladiators kann ich säen was ich will und werde auch Kraft haben, zu gießen.
Heiner,
könntest Du mir mehr davon erzählen wie Dich Deine Gruppe und der Pastor dorthin begleitet haben?
Ich empfinde das mit der Kapitulation so, dass ich begriffen habe, dass ich den Alk nicht besiegen kann, also ich aufgebe drum zu kämpfen, mit ihm leben zu können. "mit ihm" bedeutet, ihn zu konsumieren in gesunder Form. Das geht nicht!
Also kapituliere ich und lerne, neben ihm zu leben, ohne dabei zu käpfen. Und das funktioniert ganz gut. Leider wollen viele die Hoffnung auf KT nie aufgeben. ABer das ist letztendlich ein ganz wichtiger Aspekt - alkoholabhängige Menschen können nicht kontrolliert Trinken
Wenn die Musik beginnt, dann dreht sich der Tanzbär...
Das ist mir alles zu abstrakt. Und wieder: Ich habe kapituliert. Kontrolliertes Trinken interessiert mich nicht die Bohne. Das liegt ewig zurück. Ich meine das Stadium nach dem selbstmitleidigen und leidenden Selbstbetrug, aktuelle Verzweiflung des Scheiterns.
Dass es um Befreiung geht weiß ich. Wie erreicht man das positive Gefühl und erhält es. Und warum nennt man es nicht grundsätzlich so. Kapitulation: = der Klügere gibt nach, ok.. Doch nutzt es mir nix klüger zu sein, wenn eine Macht mir gegenübersteht und ein Gefühl der Angst auslöst, dem kann ich doch nur mit einem Gefühl ent/be-gegnen.
Die Deutschen haben auch kapituliert und das war für das Volk sicher eine Befreiung, die auch erst hart erarbeitet werden musste. Dieser Begriff ist mir zu kriegerisch besetzt. Oder begreif ich es erst jetzt? Ich denk noch drüber nach.
Soll keine Haarspalterei sein, ich krieg s halt so noch nicht hin.
ZitatGepostet von Aleinad Die Deutschen haben auch kapituliert und das war für das Volk sicher eine Befreiung, die auch erst hart erarbeitet werden musste. .
Aber such das ist ein gutes Beispiel...
Erst die vollständige Kapitulation konnte was neues entstehen lassen.
Ohne Die, wäre Deutschland jetzt nicht so, wie es ist...
Meine Güte, ich habe erst nachdem ich es geschrieben habe verstanden was so „anrüchig“ für mich an dem Begriff Kapitulation war. Ich brachte ihn unbewusst vordergründig mit Krieg zusammen, obwohl die Kapitulation das gescheite Ende bedeutete. Krieg die grausame Erfahrung meiner Eltern. Nichts anderes habe aber ich ja selbst jahrzehntelang geführt, sinnlosen Krieg mit dem Alkohol. Wenn ich mir den Stellenwert des Alkohols in der Nachkriegsgeschichte so anschaue, gäbe es da für mich einen lebens-bestimmenden, -gestaltenden, -vernichtenden Nachfahren …
Immer noch: Wie geht das? Vielleicht in einer Art Selbstgespräch?
ZitatGepostet von Aleinad Immer noch: Wie geht das? Vielleicht in einer Art Selbstgespräch?
Hallo Aleinad,
ich war in Therapie, um trocken zu werden. Lange, lange noch hab ich gedacht, wenn Tochter auszieht, werd ich Party feiern. Weil ich dann niemanden gegenüber verantwortlich bin. Nur eines vergass ich, nämlich meine Verantwortung mir gegenüber. Irgendwann -ca. 2 Jahre nach Anfang meiner Thera- kam mir der Gedanke und auch das Gefühl, dass es mir so -trocken- richtig gut geht. Die vielen, kleinen und großen positiven Veränderungen mit mir / in mir und ringsherum wollt ich behalten. Vll war diese Erkenntis meine Kapitulation, mein (berühmter) Klick. Aber auch das erkannte ich erst viel später, rückblickend.
Kapitulieren konnte ich dann, als ich handeln mußte. ich stand vor der Alternative 'selbstbestimmt leben' oder 'fremdbestimmt tiefer sinken'. Mein 'Klick' war, daß ich aufhörte Bedingungen zu stellen, daß ich bereit war, bedingungslos Hilfe anzunehmen. Das war aus heutiger Sicht der Beginn meines Weges in die Abstinenz, bzw. dann später in die Trockenheit.
Warum es bei mir 'klick' machte, als meine Frau mir vor bald 12 Jahren die Pistole auf die Brust setzte, weiß ich nicht. Ich nenne es 'Gnade' - da hat mein Schutzengel 'ne Menge Überstunden gemacht
Im übrigen habe ich immer noch nicht kapiert, wieso es für Dich so wichtig ist, die Kapitulation im Wortsinn zu erleben. Gerade in letzter Zeit gibt es ja ne Menge Leutz hier, die sagen, zufriedenen Trockenheit geht auch ohne Kapitulation. Warum auch nicht? Ich brauchte auch zwei bis drei Jahre, bis ich wußte, daß ich tatsächlich kapituliert hatte. In meiner Therapie (da war ich ca. 6 Monate abstinent) wurde auf dem Punkt ziemlich rumgeritten; ich habe es damals auch nur ansatzweise im Kopf kapiert, aber nicht mit Haut und Haar.
Ich frag ja gerad nach dem „wie“. Ich arbeite seit 9 Jahren dran, mit und ohne Therapeuten; die können nun nicht der springende Punkt sein, da denke ich Heiner liegt richtig, so ganz für sich. Und das wie bleibt offen. Das womit scheint geklärt: ohne.