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Saufnix  
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Dieses Thema hat 73 Antworten
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 Deine eigene Alkoholkarriere
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TomX Offline



Beiträge: 14

14.06.2009 12:25
RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Moin,

bin der Tom, 45 Jahre und Alkoholiker.

Nach einer trockenen Phase von ~2 Jahren fing die Trinkerei bei mir vor einem guten halben Jahr wieder an. Letzte Woche Dienstag hat es zum Glück "Klick" gemacht und seitdem habe ich keinen Tropfen angerührt.

Ich erzähl das Ganze jetzt mal was ausführlicher:
Alkoholmißbrauch betreibe ich seit meinem 17. Lebensjahr. Nachdem die jungen wilden Jahre vorüber waren, blieb eine Konstante in meinem Leben bestehen: Das gründliche Wochenend-Besäufnis. Kontrollverluste, Gedächtnislücken, besoffen mit dem Fahrrad zerbombt, sich auch mal zuhause alleine zugeschüttet - alles normal, kein Grund zur Sorge. Schließlich wurde in meinem Freundes- und Bekanntenkreis allgemein gerne getrunken.

Die Kifferei begleitete mich 5 Jahre zusätzlich, erledigte sich aber zum Glück von selbst durch jobbedingten Umzug.

Jobtechnisch bin ich nie auffällig geworden, habe immer normal "funktioniert", da die Sauferei meist am Wochenende stattfand. Das Feierabendbier bzw. die Feierabendbiere gehörten unter der Woche natürlich dazu. Mein Selbstbild war: Bist halt Gewohnheitstrinker, machen andere ja auch...

Aufgewacht bin ich dann vor gut 3 Jahren, als ich per Zufall im Internet auf das Alkoholiker-Tagebuch eines guten Bekannten gestoßen bin. Dieser versuchte auf diese Weise seiner Sucht ledig zu werden. Dieses Tagebuch und natürlich das Feedback seiner SHG-Forenkollegen öffneten mir schlagartig die Augen: "WAS MACHE ICH NUR MIT MIR???"

Ich brauchte eine ganze Woche um mich und meine Gedanken zu sortieren, dann habe ich mich ebenfalls dort im SHG-Forum zu meiner Sucht bekannt. Nach weiteren 3 Wochen war ich in der Lage, mich auch meinen engsten Freunden zu öffnen.

Ich fühlte mich sowas von befreit, zig Steine waren von meinen Schultern genommen, mein Selbstbewußtsein war absolut on top. Es machte auch vermeintlich nichts, dass das SHG-Forum genau zu dieser Zeit zugrunde ging - ich war ja stark genug alleine.

Jetzt und im Nachhinein weiß ich, dass ich nicht stark genug war bzw. dass Stärke alleine nicht ausreicht, wenn man nichts an seinem Leben ändert und nur ohne Alk mit seinen alten Gewohnheiten weiterlebt.

Knapp 2 Jahre vergingen so - und irgendwann war er dann da, der Gedanke: Du könntest doch mal wieder, oder? HALLO gehts noch, dachte ich mir danach, gedachte der vielen durch Alk kaputtgemachten Tage, dachte an meinen Wahlspruch: "Willst Du siegen, oder weiter verlieren?" Und ich ließ es sein.

Wenige Wochen später bin ich dann wie eine Marionette am Schnürchen geführt in den Supermarkt, hab mir ne Pulle Wein gekauft und diese dann zuhause alleine vernichtet.
Die Gewissensbisse hielten sich in Grenzen, zumal mein Alltag ganz normal und auch ohne Alkohol weiterging. Alles prima, Du hast es also im Griff.
Im Griff hatte mich leider jemand ganz anderes, nach nem guten Monat folgte die nächste Pulle.

Dieses Jahr im Frühjahrsurlaub hab ich dann jeden Tag Bier getrunken und merkte da ganz deutlich das Verlangen nach mehr. Diesem Verlangen bin ich die letzten zwei Monate gründlich nachgekommen: Wochenendes alleine zu Hause ne Pulle Wein und nach Bedarf noch ein, zwei Bier. Unter der Woche gerne auch mal eine kleine Feierabendbelohnung.

Letzte Woche Montag hab ich dann, kaum dass ich das Auto abgestellt hatte, noch im Auto das erste Bier aufgemacht und es auf den kaum 200 Metern nach Hause runtergekippt. Das war so zwanghaft und mit einem Automatismus versehen, dass ich mich selbst wie in einem Film wahrgenommen habe.

Tags drauf war mir dann klar - so kann es nicht weitergehen. Seitdem habe ich nichts mehr getrunken und mich durch mein Gedanken- und Gefühlswirrwarr gekämpft.

Der Text hier ist jetzt zwar echt lang geworden, aber ich bin erleichtert, dass mal alles niedergeschrieben zu haben. Das von-der-Seele-schreiben hat mir schon in vor 3 Jahren sehr weitergeholfen.


Tja - wie geht es nun weiter? Ich will auf jeden Fall eine Beratungsstelle aufsuchen. Reale SHG? Kann man da einfach so vorbeischauen oder muß man sich vorher anmelden? Heute abend wäre hier eine...

Viele Grüsse,
Tom


Inessi Offline



Beiträge: 4.791

14.06.2009 12:31
#2 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo Tom,

herzlich hier.

"Einfach" nur den Alkohol weglassen, hätte mir nicht gereicht. Meine Therapie und SHG halfen mir, trocken meine jetzige Zufriedenheit zu erreichen.

Eine Anmeldung in einer SHG ist nicht nötig, ich kenne jedenfalls keine, wo es verlangt wird. Einfach hingehen.

Liebe Grüße.


septembersonne Offline




Beiträge: 5.747

14.06.2009 12:37
#3 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo, Tom und !

Danke für Deinen Beitrag!

Hast Du Familie?

Ich an Deiner Stelle würde heute Abend bei der SHG vorbeischauen,vielleicht kannst Du etwas eher da sein.

Wenn Du eine Telefon-Nr. hast, dann ruf ruhig an und sage Dein Kommen zu.

Wünsche Dir viel zunehmende Stärke!


LG

M

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Leben ist schön, von " einfach " war nie die Rede.


TomX Offline



Beiträge: 14

14.06.2009 12:50
#4 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo und danke für die netten und superschnellen Antworten!

Zitat
Gepostet von Inessi
"Einfach" nur den Alkohol weglassen, hätte mir nicht gereicht. Meine Therapie und SHG halfen mir, trocken meine jetzige Zufriedenheit zu erreichen.


Ich war damals so gepusht und im Höhenflug, dass mir alleine das Weglassen die erste Zeit genügt hat. Zufriedenheit erreicht man auf Dauer so natürlich nicht. Späte Erkenntnis, aber wohl nicht zu spät!

Zitat
Gepostet vonseptembersonne
Hast Du Familie?


Bin Single.

Danke für den Tip mit der SHG und die guten Wünsche!

Grüsse,
Tom


sole Offline




Beiträge: 2.388

14.06.2009 13:12
#5 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo Tom,

mit "einfach den Alk weglassen" hab ich tatsächlich mal ne fast fünfjährige Saufpause fertiggebracht. Die erste Zeit hat die"Alkfrei-Euphorie" auch ausgereicht, um die Abstinenz zu tragen. Aber ich habe in der Zeit so gut wie nichts an mir und meiner Situation gearbeitet.

Mit einem Pils im Urlaub fing's wieder an - ich hab ja alles im Griff - und nach weiteren fünf Jahren war ich weiter unten als je zuvor.

Noch nass hatte ich mein Leben umgekrempelt, mich aus einer Ehe befreit, in der ich nie hätte trocken werden können, das Steuer wieder selbst in die Hand genommen - bis auf die klitzekleine Tatsache, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu saufen

Seit fast drei Jahren nun bin ich trocken, akzeptiere meine Krankheit, gehe regelmäßig in eine SHG und zwei- bis dreimal im Jahr zu einem Wochenendseminar, das der Kreuzbund-DV bei uns anbietet.

Das ist etwas VÖLLIG anderes als die Trinkpause damals, glaub mir

Good luck
sole

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when in doubt: go to the water and swim


TomX Offline



Beiträge: 14

14.06.2009 13:19
#6 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Dass ich nur eine Trinkpause, wenn auch über zwei Jahre hatte, ist mir klar. Es fällt halt leicht, den Rest auf Seite zu schieben, wenn das Leben vordergründig positiv weiterläuft.

Und ich habe ich hier ja nicht nur registriert, um den ganzen Kram nur loszuwerden, sondern auch, um im Erfahrungsaustausch mit Euch zu wachsen und die Versäumnisse anzugehen. Wenn ich dann irgendwann auch anderen helfen kann - umso besser.

Grüsse,
Tom


funkelsternchen Offline



Beiträge: 3.824

14.06.2009 16:51
#7 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

hallo tom,
auch ich bin nach einer 3 jährigen trockenheit rückfällig geworden. dann "musste" ich entweder 1 oder 2 jahre weitersaufen (ich weiss es echt nicht mehr). dann konnte ich gott sei dank das ruder rumreissen, ging zur suchtberatung, bekam eine ambulante therapie genehmigt und ließ mich scheiden. da du ja single bist, kannste dir den letzten punkt zumindest sparen

ich wünsch dir alles gute
wir lesen uns

funkelsternchen


Elke2311 Offline



Beiträge: 389

14.06.2009 19:33
#8 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Tom,
willkommen hier bei Saufnix.
So wie du es jetzt angehst ist es sicher besser. Du solltest aber auch deinen Hausarzt einweihen, ein kalter Entzug kann gefährlich werden. Zum Thema SHG kann ich dir nur sagen gehe hin, falls du die Möglichkeit hast rufe den/die Gruppenleiter/in vielleicht kurz mal an. Ich leite seit über 11 Jahren eine Kreuzbundgruppe und finde es immer etwas netter wenn ich jemand Neues vorher am Telefon kennen lerne, aber auch unangemeldet ist jeder bei uns willkommen.
Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg in eine zufriedene Trockenheit
Elke


grufti Offline




Beiträge: 3.769

14.06.2009 21:14
#9 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo TomX,

herzich willkommen hier!

Ich habe eine ähnliche Karriere hinter mir.

Die Saufpause dauerte bei mir ein Jahr.

"Wenige Wochen später bin ich dann wie eine Marionette am Schnürchen geführt in den Supermarkt, hab mir ne Pulle Wein gekauft und diese dann zuhause alleine vernichtet.
Die Gewissensbisse hielten sich in Grenzen, zumal mein Alltag ganz normal und auch ohne Alkohol weiterging. Alles prima, Du hast es also im Griff.
Im Griff hatte mich leider jemand ganz anderes, nach nem guten Monat folgte die nächste Pulle."


Der Text hätte von mir sein können. So ging es bei mir auch wieder los.

Dann dauerte es noch ca. 4 Jahre, bis ich die Kurve kriegte. Da hast du Chancen, besser zu sein als ich!

Ich habe 2006 eine ambulante Therapie begonnen, durchgezogen, und heute kenne ich den Unterschied zwischen Saufpause und zufriedener Trockenheit (hoffentlich...).

Und ich gehe jede Woche brav in meine SHG.

Ich kann dir nur raten, deinen jetzigen Moment der Erkenntnis zu nutzen und dranzubleiben. SHG ist sicher gut, eine Therapie und anschließend SHG wäre besser.

Zumindest bei mir war's so.

Ich wünsch dir alles Gute für deinen Weg!

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


TomX Offline



Beiträge: 14

15.06.2009 09:44
#10 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Moin,

so - ich war denn gestern abend bei den AA in der SHG. Unangemeldet, da im WWW kein Ansprechpartner stand. War aber kein Problem, waren alle sehr offen dort. Ich muß den Abend aber noch etwas auf mich wirken lassen, bevor ich dazu ne Meinung habe. Nochmal hingehen will ich aber auf jeden Fall.

Zum Thema Arztbesuch: Ich habe keinerlei körperliche Entzugserscheinungen. Es war bei mir auch nie so, dass ich den Alkohol körperlich brauchte. Hab auch nie tagelang von morgens bis abends durchgetrunken. Da habe ich trotz vorhandenem Suchtpotential noch rechtzeitig den Absprung geschafft.

@Grufti: Zufriedenheit ist das passende Wort. Wobei das meiner Meinung etwas ist, was die wenigsten - auch diejenigen, die nie mit Alkohol ein Problem hatten, erreichen. Aber das ist ein anderes Thema...

Viele Grüsse,
Tom


TomX Offline



Beiträge: 14

15.06.2009 10:17
#11 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Jetzt wollte ich meinen Elan nützen, um bei der Caritas in der Stadt einen Beratungstermin zu machen. Nix da - weil ich im Landkreis wohne, soll ich mich dahin wenden. Ok, also dort angerufen. Der Anrufbeantworter klärte mich dann auf, dass man z.Z. nur persönlich in der offenen Sprechstunde, die zweimal wöchentlich für zwei Stunden auf hat, erreichbar ist.

Ich werde mich dann kommenden Donnerstag vormittag dorthin begeben. Landleben ist doch was schönes

Grüsse,
Tom


Lulu4 Offline



Beiträge: 3.165

15.06.2009 11:34
#12 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Hallo Tom,

erstmal

ich finde es gut und auch mutig, dass du bei der shg warst.
ich musste die ersten besuche auch zunächst "sacken lassen" und war auch nicht sofort total begeistert..
mittlereweile freue ich mich immer auf das treffen und fühle mich dort sehr gut aufgehoben.

ich bin auch körperlich nicht abhängig, daher habe ich auch gemeint, dass eine entgiftung / therapie nicht erforderlich wäre. heute sehe ich es anders

ich habe lange zeit immer und immer wieder nach wochen und monate pause wieder zur flasche gegriffen.

seit ende januar habe ich nichts mehr getrunken und es fällt mir mittlereweile auch nicht mehr schwer. ich besuche regelmässig die shg und habe einen antrag für einzelgespräche eingereicht. zudem besuche ich noch eine gruppe für angehörige.

ich wünsche dir viel kraft und einen guten austausch hier

lg
amanda

top of the morning to you.... :zwinker1:


Grosser Bruder Offline




Beiträge: 5.071

15.06.2009 14:12
#13 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Guten Tag ,

Tom mit dem großen "X" und herzlich hier bei 'uns' .

Gut, dass du gestern schon mal in eine SHG reingeschnuppert hast .


Bis denne
Werner


P.S. Ich find' das Landleben auch Spitze

----------------------------------------------------------------
It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer


TomX Offline



Beiträge: 14

15.06.2009 22:51
#14 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

@Großer Bruder: Tja, mein Nickname - wenn wir nicht hier auf Saufnix wären, würde ich ja sagen, das war ne Schnapsidee

Ansonsten gehts mir gut - bin nur innerlich ziemlich angespannt, was heute gar zu Kopfschmerzen geführt hat. Naja - besser Kopfschmerzen vom Nachdenken als vom Saufen!

An alle, die mich hier so nett begrüßen, übrigens mal ein großes DANKE!

Viele Grüsse,
Tom


Passenger ( gelöscht )
Beiträge:

16.06.2009 05:50
#15 RE: Mein Weg hierher Zitat · Antworten

Zitat
dass man z.Z. nur persönlich in der offenen Sprechstunde, die zweimal wöchentlich für zwei Stunden auf hat, erreichbar ist.



Bei uns war das so geregelt, daß die beiden Gruppenleiter von den verschiedenen Gruppen, einmal in der Woche, Abends 2 Std. Bereitschaft hatten. Sozusagen als Anlaufstelle zur Information.
Das Ganze war ehrenamtlich. Ansonsten lief der Anrufbeantworter, um eben auf diesen Tag zu verweisen, bzw. auf die verschiedenen Gruppen im Landkreis.

Zudem haben wir auf einer Infotafel vor der Caritas unsere privaten Nummern hinterlassen. So wurde der Landkreis abgedeckt.

Ganz einfach war das natürlich nicht, denn Handy war damals noch nicht erfunden, und die Leute hatten ganz nebenbei noch Job's und Privatleben.

In diesem Sinne, einfach dranbleiben.


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