Ich lese hier schon eine ganze Weile mit. Das erste mal glaub ich schon vor rund 4 Jahren, als meine Ehe kaputt gegangen ist. Hab mich irgendwie nie getraut mich anzumelden. Dieser (eigentlich lächerlich kleine) "Schritt" war für mich schier unüberwindbar. Das "outing" vor anderen. Vor mir selbst. "Nein, lieber doch nicht - wird schon wieder - muss auch anders gehen..."
Jetzt hab ich diesen Schritt gemacht und ich will endlich raus aus dem Sumpf. Mir geht so vieles durch den Kopf und ich weiß nicht wo und wie ich anfangen soll.
Vielleicht ein Kurzüberblick:
Ich bin 38 Jahre alt und lebe im Ruhrgebiet. Seit vermutlich 15 Jahren trinke ich in defintiv schädlichem Umfang. Täglich nach Feierabend Bier bis ich ruhiger werde.
Die rote Karte kam am 26.11.2009 gegen 3 Uhr nachts in Form einer Polizeistreife, die mich in meinem Auto anhielt und höflich fragte, ob ich was getrunken hätte. Den Rest könnt Ihr Euch vortsellen. 1,78 Promille, Lappen weg.
Ich werde diese Sekunde nie vergessen als ich den Polizeiwagen sah. Blankes entsetzen nach dem Motto: "Jetzt ist es vorbei..." Ich will hier nicht zu sehr dramatisieren, es gibt sicher schlimmeres. Dazu muss ich aber sagen, dass ich als Freiberufler auf meine FE angewiesen bin und in dieser Sekunde meine Existenz flöten gehen sah...
Der Schock hat jedenfalls gesessen und ich hab schlagartig aufgehört zu trinken. Eine Trinkpause wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat. Denn es ist gerade mal 3 Monate gut gegangen. Dann kam das, was man hier dauernd lesen kann. Das erste Bier. 3 Tage später wurdens 3 und ruckzuck war ich wieder genau da, wo ich vorher war...
Ich habe mich jetzt entschieden, zu einer Suchberatung zu gehen. Aber ich habe furchtbare Panik vor dem "danach". Was wird aus mir? Wie wird mich mein Umfeld wahrnehmen? Was ist mit meinem Ansehen, meiner Existenz? In meinem Beruf darf ich mir eigentlich nicht ansatzweise erlauben, ein Alk-Problem einzugestehen (wobei das mein Empfinden ist).
Dann kann ich wohl auch nicht einfach mal so ein paar Wochen weg. ABer das müsste ich definitiv. Ich bin allerdings nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und weiß gar nicht wie das läuft... Fragen über Fragen. Ich bin total konfus... Sorry dafür! Muss mal eine kleine Pause einlegen, weil mich das alles wieder so aufwühlt...
Aber wenigstens er ist gemacht: der erste Minischritt...
Liebe Grüße an Alle!
Menschen lügen aus vielerlei Gründen, aber niemals ohne Grund
ZitatIn meinem Beruf darf ich mir eigentlich nicht ansatzweise erlauben, ein Alk-Problem einzugestehen (wobei das mein Empfinden ist).
Willkommen hier und danke für deinen Beitrag. Ich habe obiges Zitat mal herausgehoben, weil ich das auch immer dachte. Ich war immer gut auf der Arbeit, hatte zwar alkbedingte Ausfälle, konnte aber nach nem Absturz dann auch wieder beruflich richtig Gas geben. Ich dachte aber oft daran, wenn ich mal richtig drauf bin und alle merken, dass ich Alki bin. Was sollen die dann denken ? Und ausgerechnet derjenige, der wiedermal ne Prämie abgesahnt hat, ist süchtig. Nun, es ist im Laufe der Jahre so gekommen, dass der Alk mich soweit eingenommen hatte, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Ich war entweder mit Saufen oder meinem Entzug beschäftigt und konnte nur noch an den Sprit und alles was dazugehört denken. Ich unternahm die notwendigen Schritte und jeder weiß, was mit mir los ist. Mir geht es mittlerweile sehr gut dabei. Ich trinke nicht und das Kollegium und der engere Bekanntenkreis wissen auch, warum ich nicht trinke.
herzlich willkommen "was wird aus mir"....ich kann diesen gedanken sehr gut nachvollziehen. habe genau darüber lange nachgedacht und bin zur überzeugung gekommen, dass egal was aus mir werden wird, es wird mit sicher BESSER sein als "davor".
die vorstellung alleine, dass es nach feierabend noch ein leben "neben alkohol" gibt und vor allem ohne...ist das nicht ein schöner gedanke? wobei wohl die nächste frage auftaucht: was um himmels willen soll ich denn machen...ausser trinken? hab mal irgendwo gelesen, man solle sich einen hund zulegen...den hab ich schon (seit 3 jahren) und ich muss sagen: da gibt es immer was schönes zu machen, ausser saufen. ist klar, nicht jeder kann wirklich einen hund halten (berufliche umstände, etc.) aber es wäre eine idee...wenn du das wollen und können würdest...
dein umfeld? hast du dich schon mal gefragt, wieviele leute, rein statistisch gesehen, in deinem umfeld ebenfalls ein (sucht)problem haben? jeder mensch hat probleme. die eine diese, die anderen jene. über das umfeld würd ich mir nicht so grosse gedanken machen. du bist nicht besser und nicht schlechter als die anderen - du kämpfst nur gegen ein problem, und mit diesem ersten schritt, dich damit zu konfrontieren, bist du auf dem rechten weg.
jetzt bin ich echt zu neugierig. Welchen Beruf hast du denn,wenn du ein Alkproblem nicht zugeben darfst? Die Alternative ist einfach, du trinkst weiter!
Glaubst du nicht, das einige Leute aus deinem näheren Umfeld sowieso schon Bescheid wissen und nur nichts sagen? Ich hab mir auch jahrelang eingeredet, dass keiner was mitkriegt. Pustekuchen!!
Soweit ich weiß, übernimmt auch die Krankenkasse die Kosten für eine Therapie, wenn die Rentenversicherung nicht zuständig ist.
Ich wünsch dir auf alle Fälle alles Gute und dass du den Mut findest, die Krankheit anzugehen. Die Alternative ist nämlich endgültig.
na dann erstmal: GLÜCKWUNSCH zu deinem sehr mutigen Entschluss dich hier anzumelden! Ich finde, dass das ein großer erster Schritt ist. Toll!
Ich habe "ewig" rumgeiert bis ich mich getraut habe über mein Alkoholproblem mit anderen zu reden. Mein erster Schritt war auch mich in einem Online-Alkohol-Forum anzumelden und von mir zu schreiben und von anderen zu lesen.
Du schreibst:
Dann kann ich wohl auch nicht einfach mal so ein paar Wochen weg. ABer das müsste ich definitiv.
Nun bleib doch erst mal bei dem ersten Schritt und gehe dann den zweiten. Du brauchst heute doch noch nicht alle Probleme lösen ;-)
Der zweite Schritt war für mich, einen Termin bei der Suchtberatung zu machen. Der dritte Schritt war dann, zu dem Termin auch hinzugehen. Du denkst ja auch in diese Richtung. Gehs ruhig an!
Ich weiß, ich sollte step by step die Dinge angehen. Aber irgendwie komme ich aus dem Grübeln nicht mehr raus. Denke immer, das wird niemals klappen... Der Gedanke daran, nicht mehr von dem Zeug gefangen zu sein ist ein wunderschöner Gedanke, aber dann kommt wieder die Ernüchterung. Ich wünsche mir, mal endlich raus aus dem Trott. Am liebsten würd ich mich einfach fallen lassen und sagen: BITTE HELFT MIR - ICH KANN NICHT MEHR. Es überwiegt aber die Panik, dass ich dann nicht mehr hoch komme. Irgendwie bin ich sicher, wäre ich irgendwo angestellt, dann hätte ich längst was unternommen und eine LZT hinter mich gebracht. Ich existiere als Freiberufler aber nur so lange, wie ich auch arbeite. Und ich merke, dass ich mich einem Punkt nähere oder den schon überschritten habe, wo ich nicht mehr funktioniere.
Menschen lügen aus vielerlei Gründen, aber niemals ohne Grund
und: du funktionierst wohl noch, sonst könntest du nicht hier endmal den dampf ablassen. somit bist du durchaus in der lage, deine lage zu erkennen und auch zu erkennen, dass du an einem punkt angelangt bist, wo es so nicht weitergehen kann.
ergo: du funktionierst. wobei, funktionieren ist ja eigentlich nicht genug....ich habe auch nur noch funktioniert, den schein gewahrt, viel zu viel zeit damit verbracht zu überlegen, wie ich anstellen soll, dass ich funktioniere.
der nächste schritt ist, dein leben in eigenregie zu führen. du bestimmst, was passiert, nicht der alk. und in dem moment wo du ja erkannt hast, dass es SO nicht weitergehst, übernimmst du schon wieder ein stück eigenregie.
ZitatDann kann ich wohl auch nicht einfach mal so ein paar Wochen weg. ABer das müsste ich definitiv.
es gibt heute viel Angebote. Bei einer ambulanten Therapie kannst du relativ normal weiterarbeiten. In einer Suchtberatung können sie dir sicherlich genaueres, auch wegen der Finanzierung, sagen. Dort sitzen die Profis.
ZitatIrgendwie bin ich sicher, wäre ich irgendwo angestellt, dann hätte ich längst was unternommen und eine LZT hinter mich gebracht.
Ich dachte früher auch immer wen das oder jenes anderst wäre hätte ich schon lange aufgehört bzw. gar nie angefangen. Ein Grund so weiterzumachen hat sich immer gefunden.
Zitateinem Punkt nähere oder den schon überschritten habe, wo ich nicht mehr funktioniere.
Mein Ziel ist nicht zu funktionieren sondern zu leben.
Gruß Ralf
Zufriedenheit hängt nicht davon ab, wer du bist oder was du hast; es hängt nur davon ab, was du denkst.
Mein Ziel ist nicht zu funktionieren sondern zu leben.
Gruß Ralf
genau ralf, aber bis dahin ist es für manche ein weiter weg und andere scheuen ihn ein leben lang.
lg uwe
Ja, das stelle ich auch immer wieder fest, wie viele Menschen in ihrer "Rolle" total feststecken, anstatt einfach mal IHR Leben zu leben.
Total traurig finde ich das, aber die meisten schauen dich total verwundert an und scheinen gar nicht zu wissen, was man meint, wenn man das Thema anschneidet.
Ein Gutes hatte meine Suchterkrankung mit Sicherheit: seit meiner Trocknung habe ich eine komplett andere Sicht auf viele Dinge des Lebens.
ZitatGepostet von noelie ja, sich fallen lassen und rufen "helft mir doch endlich"...bloss, da kommt keiner. oder vielleicht ein notarzt. und der geht dann wieder.
als freiberuflicher könntest du aber einen hund haben
Hi noetlie findest du nicht bevor ich Verantwortung für ein Lebewesen übernehme sollte ich erstmal mit meinem eigenen Leben Verantwortungsvoll umgehen und dafür sorgen das es mir gut geht zumal ein Hund zusätzliche Verpflichtung bedeutet. Nicht selten das unter dem Vorwand ich weiß nicht wohin mit meinem Hund nicht zur Therapie gegangen wird.
[quote]Gepostet von noelie [b]und: du funktionierst wohl noch, sonst könntest du nicht hier endmal den dampf ablassen. somit bist du durchaus in der lage, deine lage zu erkennen und auch zu erkennen, dass du an einem punkt angelangt bist, wo es so nicht weitergehen kann.