ZitatGepostet von Max mX ich lüge sowieso nicht. Max
jemandem, des das von sich behauptet, würde ich nie über den Weg trauen
danke, geht mir bei deiner Konsequenz umgekehrt genauso
bei welcher Konsequenz?
Ich halte mich nicht für konsequent, sondern für hedonistisch. Ich bin ja nicht mal aus Konsequenz trocken geworden, sondern weil ich so lange gesoffen habe, bis der Spass unwiderbringlich vorbei und das Aufhören schöner war.
Und selbst im Hedonismus bin ich nicht konsequent, sondern opfere den langfristigen Nutzen öfter mal für nen kurzfristigen Spass, wenn ich meine, es mir leisten zu können. Was beim Alk zufällig nicht der Fall ist.
Und ansonsten versuche ich, Verstand und Einsicht zu benutzen, um mir möglichst viel Freude am Leben zu verschaffen.
Typisch menschlich eben, Du militanter Zwangsneurotiker
minitiger2
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.12.2010 07:36
#19 RE: Lügen und Lügengerüste - verinnerlichtes Verhalten
ZitatGepostet von drosera und ob ich je vertrauen zu ihm fassen kann und er wirklich lernen kann konsequent ehrlich zu sein.
konsequente Ehrlichkeit ist eine Sache. Da wo sie von Nutzen ist. Es gibt Untersuchungen, das jeder Mensch im Schnitt 200 Mal am Tag lügt - meist sind es kleine Zwecklügen aus Bequemlichkeit. Aber warum soll die Bequemlichkeit nicht manchmal auch sein? Was nützt es, alles bis ins Detail zu wissen?
Was mich auf Deine Seite bringt. Vertrauen ist gut, Kontrollfreak ist unerträglich.
als ich mit der Therapie angefangen habe, ist mir erst langsam aber sicher bewusst geworden, wie gut ich in den ganzen Jahren im Belügen Anderer und vor allen Dingen eine Meisterin im Selbstbetrug war.
Der Vorsatz weder meine Umwelt und auch mich nicht mehr zu belügen war sofort da....
....aber ich bin ein Mensch und keine Maschine....
Ich begab mich auf den Weg, aber dieser war nicht eben und bequem.... und ich habe erlebt, dass Vorsatz und Umsetzung nicht das Gleiche sind...
...nur durch Geduld und immer wieder Hinschauen bei mir, habe ich mich von meinem Selbstbetrug entfernt...
Ich kann und will nicht wie Max mx behaupten, ich lüge nicht mehr (wäre wirklich eine Lüge, aber ich vertraue mir jetzt wieder selber und die Notwendigkeit mich oder andere bewusst zu belügen ist ja nicht mehr gegeben.... ich muss nix mehr vertuschen.... nix mehr verheimlichen..... ich trinke nicht mehr....
Wie an anderer Stelle schon geschrieben wurde, nur wenn ich selber im ersten Schritt zu mir offen und ehrlich bin (mit allen Konsequenzen), dann beginnt der Weg in die Trockenheit....
Gruß
Heizer
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ein neues Leben kann ich nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag...
ZitatGepostet von drosera was ich mich jetzt also frage: kann sich ein mensch wirklich von grund auf ändern? kann man die alltägliche gewohnheit zu lügen tatsächlich aufgeben oder steckt es in einem drin?
ich habe ihm schonmal eher gefragt ob er sich eine psychotherapie vorstellen kann - in dem zusammenhang ohne hauptaugenmerk sucht, sondern weil er sehr viel aufzuarbeiten hat und sein selbstwert eben völlig am boden ist - da ist er fast ausgeflippt, wie ich so was sagen könne, er sei doch nicht verrückt.
daher weiß ich nicht ob ihm so recht klar ist, dass es bei einer suchttherapie nicht nur darum geht, wie man vordergründig sein trinkverhalten ändert bzw das saufen abstellt - sondern letztendlich den ursachen auf den grund geht und gewillt sein muss, sein eigenes verhalten zu reflektieren und einen ehrlichen blick auf sich selber zu richten.
ich frage mich für mich einfach, ob sowas überhaupt möglich ist - und ob ich je vertrauen zu ihm fassen kann und er wirklich lernen kann konsequent ehrlich zu sein.
würde mich mal sehr interessieren wie das bei euch so war... wenn einst lügen und verheimlichen zum alltag gehörte (und dann sicherlich auch über den alkohol hinaus, weil eben alles ineinander greift). kann man so ein muster wirklich ablegen und komplett umdenken?
[ Editiert von drosera am 28.12.10 11:17 ]
Hallo, Drosera und
Ich habe jetzt nicht gelesen, ob Du Deinen Freund kennengelernt hast als er schon suchtkrank war.
Suchtmittel verändern einen Menschen, psychisch und auch physisch.
Aber ich will von mir berichten:
Mein Mann und ich sind fast 32 Jahre verheiratet und angefangen zu trinken habe ich mit etwa 38 Jahren.
Vorher war Alkohol keine Option für mich.
Aber im Zuge der Selbstständigkeit meines Mannes übernahm ich viele Aufgaben und Pflichten, zu viel, wie sich später herausstellte....eine Folge meines nicht Nein-Sagen-Könnens und meines selbstgesteckten Perfektionismus.
Meine Suchtkarriere hat dann etwa 13-14 Jahre gedauert.
Ich habe den Alk mißbraucht, um mein Bewußtsein zu verändern, also Ruhe zu finden, entspannen zu können,neuen Antrieb zu erhalten,schlafen zu können, um zu vergessen,....und jeder neue Tag lieferte neue Anlässe und Gründe....
Wenn ich einmal in der Sucht gefangen bin,laufen Krankheitsprozesse ab, die ich auch erst verstehen lernte, als ich meine Langzeittherapie machte.
Als Suchtkranke habe ich etwas verloren, meine Unversehrtheit, mein Selbstwertgefühl, meine Selbstachtung und meine Würde.
In meiner nassen Phase war ich moralisch tot, alles wurde sinnlos, leer und qualvoll. Ich war lebendig tot.
Habe mich selbst und andere belogen,um zu konsumieren und für einige Stunden diesen Schmerz zu vergessen.
Wenn ich andere Suchtkranke sah, die "noch weiter unten waren als ich", die verunfallten oder starben.....Neeein, so weit unten bin ich doch nicht...ich hab alles unter Kontrolle,seht her, ich kann doch mal 2-3 Tage nichts trinken.
Es war aber auch pure Unwissenheit dabei.
Ich hätte alles in Kauf genommen, sogar meinen Tod, so sehr verändert der Alk die Psyche.
Die Wahrheit tut weh,sich einzugestehen, das ich alkoholkrank bin und die Kontrolle verloren habe.
Der Appell an die Willenskraft bei Alkoholkranken, ist etwa so sinnvoll wie der Appell an einen Kurzsichtigen, sich doch gefälligst beim Sehen mehr anzustengen.
Willenskraft ist ein Mittel, was in beiden Fällen nicht mehr hilft.
...und das zu erkennen tut verdammt weh.
Mein Mann hat in all den Jahren zu mir gehalten, diese Achterbahnfahrt der Gefühle durchgehalten, obwohl Enttäuschung und Traurigkeit Dauergäste waren.
Ich weiß nicht, ob ich das ausgehalten hätte...
Wenn ich Dir raten darf, so würde ich mich umfassend über die Krankheit "Alkoholismus" informieren, es gibt da gute Bücher für Co-Abhängige und Angehörige.
....und lieber Hilfe für Dich in Anspruch nehmen.
LG
Manuela
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Das Leben ist schön, von " einfach " war nie die Rede.
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel
Ha ha, meine Frau war ja früher gestandene Co. Und seit sie mich kannte, fiel sie zuerst in einige Ohnmächte, weil ich (insbesondere was ihre Family betraf), meine eigene Sicht hatte. Das war völlig unerschrocken, weil diese ganze Harmonie-Soße krass hervortrat. Und genau diese war letztlich die Basis für auch ihr Co-sein. Nun haben wir das so beibehalten mit der Konsequenz, d.h. jedes noch so winziges Ding wird nicht weggefegt, sondern sogleich mal umgedreht. Und in 98 % aller Fälle war es ein Fehlverständnis. Missverständnisse kommen eigentlich gar nicht mehr vor. Das spart auch unheimlich viel Kraft und falsche Phantasie, weil ich da nichts mutmaßen muss oder herum-zweifeln (was dann zum zer-zweifeln führt).
Auf der anderen Seite heißt das ja nicht, dass ich immer auf der Seite von irgendeiner Wahrheit stünde (die es so gar nicht gibt). Es reicht die Redlichkeit aus. Ich trete einem Freund oder Bekannten gegenüber immer von vorne entgegen (so wie die Sumo-Ringer zum Anfang ihre nackten Handflächen vorzeigen), damit der in mir lesen kann. Und bezweifeln kann, oder sich freuen kann usw. Das führt dazu, dass wir debattieren, aber nicht einfach ordinär behaupten und basta. Andere Freunde und Bekannte haben wir gar nicht. Nur so kann man gemeinsam musizieren, dass es auch klingt!
Auch denke ich, dass die sture und steife Behauptung dass der Zaun grün ist (wo er doch blau ist) nicht gelogen sein muss, sondern einen Irrtum darstellt. Es muss nur redlich sein. Keinesfalls darf der andere getäuscht werden, auch nicht in winzigen Kleinigkeiten. Nun ja, Grüßle Max
ZitatGepostet von Adriana2 Lügen tut doch jeder Meine ganz persöhnliche Überzeugung, basierend auf Erfahrung und Beobachtung. Für Fortgeschrittene: hier ein Satz von Max Frisch
Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke Wahrheit. Die glaubt niemand!
Der "Gantenbein" kam etwa 1962 heraus. Den haben wir verschlungen, ein herrliches Werk! Aber Gantenbein hat sich eigentlich bloß selber inszeniert. Das lag an seiner exzentrischen Frau namens Lila. Und so lebten sie beide im Miteinander, und zwar gerade deswegen, weil nicht die platte Wahrheit ihnen permanent im Wege stand. (Ich könnte sowas gar nicht, aber beide waren lieb zueinander.)
Schlimm hätte ich bloß gefunden, wenn einer oder gar beide sich durch sein Verhalten permanent Vorteile zu verschaffen gedacht hätte. Dann wäre die Geschichte platt und vermutlich die Beschreibung "ganz normaler" Verhältnisse.
Ich habe gelogen und lüge auch heute noch, aber ich denke mal weniger. Seit meinem 18. Lebensjahr war der Alk ständig präsent, aber das war auch der Zeitpunkt, wo ich meine Heimatstadt verlassen habe. Ich habe mir mein Leben so aufgebaut, dass ich immer genügend Raum hatte um saufen zu können. Ich verhielt mich zu Personen, mit denen ich nichts anfangen konnte immer sehr reserviert. Ich sprach zwar mit ihnen, aber das geschah auf einer eher sachlichen Ebene, so dass diese erst gar nicht auf die Idee kamen zu fragen, was ich denn so am Wochenende mache. Mit anderen, die auch gerne feuchtfröhlich (oder auch nass) unterwegs waren, war ich gerne zusammen. Ich fiel halt oft aus dem Rahmen, weil ich nicht mehr aufhören konnte zu trinken. Damit fiel ich öfter mal auf, aber viele meiner normal trinkenden Freunde waren ja schon vorher nach Hause gegangen und bekamen das nicht mehr mit. Ich musste Lügen, wenn ich was geplant hatte und aufgrund meiner Sauferei nicht konnte. Was blieb mir auch anderes übrig. Zuletzt ging mir das auch wahnsinnig gegen den Strich und ich konnte nicht mehr in zwei Welten leben. Die Suchtwelt hat Überhand genommen. Das merkte man an meinem Verhalten. Ich hatte keine Interessen mehr, sondern wollte nur in Ruhe gelassen werden. Am liebsten hätte ich es gehabt, wenn der Alk von alleine in meine Bude gekommen wäre. Mir ist alles zuviel geworden.
Dei allerschlimmsten aller Lügen sind sowieso jene Wahrheiten, wo der finstere Lügner zwar die volle Wahrheit formal sagt, jedoch die entscheidenden 10 % (bitte jetzt nicht festnageln über %) mit Absicht weglässt, wonach er ganz genau weiß, dass der Belogene nun in die falsche Fährte gelenkt wird. (Und daran hatte meine Adoptivmutter sich auch noch zynisch ergötzen können.)
[ Editiert von Max mX am 29.12.10 14:29 ]
newlife
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.12.2010 15:32
#30 RE: Lügen und Lügengerüste - verinnerlichtes Verhalten
Es ist Vergangenheit und bleibt es hoffentlich auch.
Ich schrieb, dass ich auch heute noch lüge. Ich kann dir gerade kein Beispiel nennen, aber immer und überall die Wahrheit sage ich sicherlich nicht. Auch sind einige Verhaltensweisen aus der Saufzeit nicht urplötzlich verschwunden.