Ich (40) hab mich lang durchgelesen, durch eure Seiten und jetzt den Entschluss gefasst, selber was zu schreiben.
Ich trinke seit 2018. Damals, als mein Partner gegangen ist und ich alleine auf das Mitleid meiner Flasche Bier vertrauen konnte. Ironischerweise hab ich bis zu meinem 35.LJ Alkohol regelrecht verabscheut. Ich war die, die nie trinkt.
Aus dem Bier am Abend sind in all der Zeit drei Bier geworden. Täglich. Und am Wochenende natürlich um einiges mehr. Allerdings nur Bier.
Nach etlichen Filmrissen und peinlichen Momenten hab ich nun Ende letzten Jahres gesagt, ich möchte es nicht mehr. Und bis jetzt auch durchgehalten.
Zu Beginn war es sehr schwer, die Gewohnheit hat gelockt und es erschien mir wie ein verlorener Tag ohne Bier. Ich hab wirklich geglaubt, ich kann nie wieder fröhlich sein oder Dinge gerne tun, die ich früher geliebt habe. Mit Bier natürlich. Mittlerweile fühle ich mich anders. Anders wohl. Ich stehe jeden Tag auf und schaue in den Spiegel und könnte platzen vor Stolz. Denn vorherige Versuche sind meistens nach einer Woche gescheitert. Dementsprechend war die Schuld riesig.
Ich weiß, man darf die Anfangseuphorie nicht unterschätzen. Ich habe großen Respekt davor. Aber in erster Linie stehe ich früh auf und fühle mich wie 20. Das ist momentan das Schönste an der Nüchternheit und ich genieße es.
Ich freue mich, hier sein zu dürfen und mal alles aufzuarbeiten.
Hi, Willkommen hier auf Saufnix. Zur Zeit ist es etwas sehr ruhig hier aber ich hoffe du bekommst noch mehr Antworten. In der Zwischenzeit kannst du ja mal in alten Beiträgen rumschmökern. Glaub mir nüchtern sein lohnt sich auf jeden Fall. atze
meinen Glückwunsch zu deiner Entscheidung, dem Alkohol Lebewohl zu sagen.
Die euphorische Zeit in den Anfängen kenne ich nur zu gut. Klar kann das unbemerkt auf das Glatteis des Leichtsinns führen, muss aber nicht sein.
Ich hab diese Hochstimmung immer geliebt, war sie doch ein Synonym für mich, auf dem richtigen Pfad zu sein. Ich erinnere mich an das Jahr 2000, Millenium - das war für mich damals ein magisches Datum, und ich wollte es dazu nutzen, in ein alkoholfreies Leben zu starten. Es sollte die finale Krönung sein, hatte ich doch schon viele Jahre zuvor geübt - meine 40 Tage in der Wüste - zu absolvieren, eine Strategie zu jedem Jahresbeginn.
Nun, es lief auch sehr gut ein halbes Jahr lang. Seinerzeit hab ich meine Suchtkarriere gar nicht reflektiert, wusste nichts von diesem Board hier. Und dann folgte etwas, das mich sehr erstaunt hat: ich trank also zwei Flaschen Bier und gut war. Und ein oder zwei Wochen später wieder 1 - 2 Bier. Dann wieder nach 14 Tagen dieselbe Menge.
Und ich dachte mir:" Hey, wie geil ist das denn? Das ist es doch was ich eigentlich will!"
Um es abzukürzen: die Abstände wurden kürzer, die Mengen steigerten sich - und nach zwei Jahren war ich auf dem tiefsten Punkt angelangt, den ich bislang erlebt habe... Erst dann kam der finale Exit. So verschwendet diese zwei Jahre auch waren, so nützlich waren sie zur Desillusionierung. Ich habe an eigenem Leibe ein Bilderbuchbeispiel erlebt, das mir gnadenlos sein verheerendes Gesicht zeigte, das unanfechtbar gegen jegliche Argumentation die Wahrheit über meine Sucht preisgab.
Ich schreibe das nicht, um dir eine kalte Dusche zu verpassen, eher um dir mitzuteilen was sich vielleicht noch hinter dem Gebüsch verbergen kann. Auch bei meinem finalen Cut gab es die von mir so geliebte Euphorie und ich habe sie sehr ausgekostet - aber eingedenk meines erlebten zweijährigem Skyfalls..
Wie ich es sehe, bewirkt ein Brechen mit einer - hier sehr tiefgehenden - Gewohnheit, innerlich starke Veränderungen, die dem Probanden zunächst verborgen sind. Man könnte sagen, es werden Kräfte freigesetzt, die in unvorhersehbarer Art und Weise 'ausschlagen'. Das kann dann zu einem Rückfall führen, der so schnell vor sich geht, dass du es gar nicht richtig registrierst.
Vielleicht kannst du an deiner Motivation noch weiter arbeiten, z.B. dich fragen, wie stark diese noch sein wird im Falle eines worst case. Wenn die Enttäuschung groß ist, sagt alles in mir: 'zum Teufel damit' und ich werde von den Wogen fortgespült, bis....!
Was hast du in deinem Scheitern, den bisherigen Versuchen gelernt? Konntest du etwas beobachten? Z.B. wie dein Selbstmitleid agiert? Oder was ein tiefer Wesens-Wunsch von dir ist ?
Ein Lernprozess beginnt auf jeden Fall bei einem solchen Vorhaben, ob ich es bemerke oder nicht.
Wünsche dir ein gutes Gelingen.
Randolf
"Wenn du ein Problem hast und es nicht haben willst, hast du bereits zwei. "
Hallo Mausezahn, herzlich willkommen auch von mir hier im Forum. Ich bin seit 2005 dabei und seit September 2006 trocken.
Eine gefühlt ewige Zeit und doch möchte ich die schlimme Zeit vorher nie vergessen, auch sie gehört zu meinem Leben dazu.
Ich wünsche dir sehr, dass du nach (relativ) kurzer Zeit die Kurve wieder kriegst, falls nicht, lauf nicht davon (aus dem Forum, meine ich), sondern bleibe hier und schreibe oder suche dir professionelle Hilfe und schäme dich nicht deswegen.
Auch ich würde mich freuen, wenn wieder etwas mehr Leben in das Forum käme. Als ich hier ankam, hat das Forum vor Leben gestrotzt, wir haben nächtelang gechattet und zumindest mir hat es geholfen beim trocken werden, auch wenn es etwas gedauert hat, bis ich soweit war. Kannst du wenn du magst, alles hier nachlesen, auch die ältesten Beiträge bleiben erhalten, das ist das Gute an diesen Forum
Alles Gute wünsch ich dir!
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)
Mein bisheriges Scheitern war immer in Momenten, wo ich entweder superhappy war oder super unglücklich. Und es begann tatsächlich auch immer mit einem "naaaaa, meine Güte, so schlimm war es ja nicht" Auf das EINE EINZIGE Bier folgten wieder die nächsten. Und ich bilde mir auch ein, die Abstürze wurden nach jeder Abstinenz schlimmer.
Ich glaube, meine Versuche der Abstinenz waren deshalb zum Scheitern verurteilt, weil ich damals immer ganz spontan aufhören wollte. Nämlich dann, wenn mich mein schlechtes Gewissen wieder aufgefressen hat.
Ich hab bei meinem jetzigen Aufhören sehr lange darüber nachgedacht, hab während des Plans noch getrunken. Hab mich beobachtet dabei. Und mich belesen überall. Hab Abstürze soweit wie möglich vermieden. Und eben in jenem Silvesterabend feierlich auf mein kommendes, neues Leben die Flasche erhoben und Lebewohl gesagt zu meinem vergangenen Leben und das neue begrüßt.
Ich hab jedem auch lange vorher eingeweiht und offen darüber gesprochen, das ich Probleme habe mit dem Alkohol, das ich nicht mehr trinken möchte und größeren Parties erst einmal fern bleibe. Es haben fast alle akzeptiert und akzeptiert. Wenige Menschen habe ich verabschieden müssen, weil sie der Meinung waren, das ich doch völlig über reagiere und es doch immer so lustig war..
Nein, zu diesen wenigen Menschen hab ich komplett den Draht verloren und es ist in Ordnung für mich. Es waren Wegbegleiter, die man immer mal wieder hat.
Wichtig war für mich wirklich, daß ich laut aussprechen darf, das ich kein normales Verhältnis habe zum Suff. Das ich offen sein darf. Hauptsächlich mir gegenüber. Das war wichtig für mich.
Zitat von Mausezahn im Beitrag #5Mein bisheriges Scheitern war immer in Momenten, wo ich entweder superhappy war oder super unglücklich. Und es begann tatsächlich auch immer mit einem "naaaaa, meine Güte, so schlimm war es ja nicht"
Hallo Mausezahn (süsser Name)
Das oben zitierte war bei mir auch immer so. Wenn etwas schön war musste ich einen draufsezten und wenn etwas Sche... war konnte nur Bier helfen. Ein zwei Tage nach dem lezten Absturz habe ich das relativiert und für mich festgelegt, dass es doch nicht so schlimm war. Auf Arbeit hat keiner gemerkt das ich völlig verkatert war und meinen Führerschein hab ich auch behalten. Aber irgendwann wollte ich, so wie du jetzt, das alles nicht mehr und hab mich auf den Weg gemacht. Ich wünsche dir gutes Gelingen und du wirst sehen es lohnt sich nüchtern und mit klarer Birne durchs Leben zu gehen.
Hallo Biene, ich hab tatsächlich niemals getrunken, wenn ich Auto gefahren bin. Ich hab auch am Abend akribisch ausgerechnet, wieviel ich in der Woche trinken "darf" damit ich keinen Restalkohol habe.
Meine Güte, für was man sich so Mühe gemacht hat.. Wäre es nicht so fatal, wäre es fast komisch.
Ihr Lieben, ich wollte mal wieder hallo in die Runde rufen. Es ist Frühling, endlich. Der Garten wird schon ordentlich hergerichtet und es ist so verdammt schön, nicht ständig Pausen zu machen um saufen können.
Man macht viele Dinge bewusster. Auch die ersten Treffen mit trinkenden Freunden hab ich ohne Verlangen gemeistert. Ich finde es toll, wie das alles ist.
Hallo Mausezahn , Schön das du so gut zurecht kommst. Außerdem wollte ich dir alles Liebe und Gute zum Geburtstag wünschen. Hab einen schönen Tag. LG Ilo 😊
Der Tag strahlt in den schönsten Farben, es duftet nach Leben, und die Luft schmeckt nach Glück.
Leider hab ich es nicht geschafft. Es ging mit einem "ach egal, heute genieße ich mal ein Bier" los und hat mit drei bis vier Flaschen Bier geendet am Wochenende.
Unter der Woche trinke ich abends ein bis zwei Bier. Es kotzt mich so dermaßen an, ich spüre diese Traurigkeit wieder in mir.
Acht Monate hab ich es geschafft, nicht zu trinken. Und jetzt stehe ich wieder genau da, wo ich nie hin wollte.
hallo mausezahn unser gruppenleiter sagt uns immer wieder,daß alkoholismus eine krankheit ist. nichts mit willenstärke und verstand,eine fehlsteuerung im gehirn. ich habe fast 40 jahre eigentlich nur trinkpausen gemacht und hoffentlich jetzt gegriffen,daß ich nicht mehr trinken kann und möchte um schlimmeres vor meinem tod zu erleben. denk mit stolz an deine trockene zeit und mach dir keine vorwürfe wegen dem (vor)-rückfall. wir sind tausende die halt länger brauchen,um stabil zu werden versuche es dir gutgehen zu lassen,weiter im kampf immer wieder 24 stunden neu
bisher war mein aufhören oder kapitulieren immer halbherzig nicht ehrlich zu mir selber, was das "nicht verstehen" anbelangt. wort für wort versuche ich das blaue buch von den AA neu zu verstehen, gehe wieder in eine gruppe. das erste glas stehen lassen,das kapitulieren,die 24 stunden, den alltag neu gestalten,trockenbleiben,im heute zu leben, ist ein guter "vollzeitjob"
Was hat sich denn in den acht Monaten verändert bei dir, oder besser gefragt, was war in den Tagen/Wochen vor diesem: "ach egal, ein Bier.." - wer war das?
Du hattest ein schönes Frühjahr, was ich so las, dir ging es gut und du warst froh, dass der Scheiß endlich zu Ende war. Wenn du nicht über Sucht reflektiert hast und in dieser Zeit auch sonst keine großen Turbulenzen stattfanden, dann könnte man fast in den Glauben verfallen, durch bloße Stärke das Ding gemacht zu haben.
Bloß irgendwie war da jemand nicht gänzlich zufrieden. Was ich von meinem Scheitern her kenne, ist - dass ich ein Vorhaben oder eine Disziplin, immer in den 'besten Absichten' ins Auge gefasst habe. Aber nach einiger Zeit lief das nicht mehr gut, obwohl ich es ja so gut geplant habe. Irgendwas, irgendwer war nicht einverstanden mit der Sache und hat seine Mitarbeit gekündigt; es ging immer in den emotionalen Bereich rein, dort war die Ursache. Verstehen konnte ich da nie etwas.
Und dann hab ich auf das Verstehen gewartet. Und weiter gemacht mit der Dröhnung. Das Warten auf so einen entscheidenden Punkt, der alles ändern soll.
Und den gibt es - aber nicht umsonst. Und wenn er als Geschenk kommt, dann wird irgendwann später der Preis sichtbar(m.M.)
Hast du eine Ahnung, wo vielleicht ein Mangel war oder sowas? Oder was ging da so vor in dir - kurz bevor du zum Glas/Flasche gegriffen hast.
bis denne
"Wenn du ein Problem hast und es nicht haben willst, hast du bereits zwei. "
ich habe auch mehrere Anläufe gebraucht, bis es dauerhaft geklappt hat mit der Abstinenz. Im Jahr 2000 hatte ich auch mal ein ganzes Jahr nichts getrunken. Dann das übliche, ein Bier kann ja nicht schaden... Das hat mir eine weitere Runde bestehend aus 5 Jahren Leid eingebracht.
2006 war ich dann so weit, dass ich ohne Wenn und Aber jede Hilfe angenmmen habe, die man erhalten kann. Ich habe eine über ein Jahr dauernde intensive ambulante Therapie gemacht und das Wichtigste, ich habe mich darauf eingelassen und die vielen Stunden nicht nur abgesessen.
Wer weiß, ob ich ohne den damaligen Entschluß überhaupt noch leben würde.
Soweit ich in deinem Thread gelesen habe, hast du bisher außer "nichts trinken" nichts unternommen. Selbsthilfegruppe und Therapie wären so meine nächsten Ideen, dann dass du es alleine nicht schaffst, weißt du ja jetzt.
Wie meine Vorredner schon geschrieben haben: Nur mit dem Verstand und Willenskraft schaffen es die wenigsten. Bei mir hat sich auch die Persönlichkeit verändert ("Nachreifung" war der Begriff, der in der Therapie verwendet wurde), ob zum Guten oder Schlechten mögen andere entscheiden, aber auf jeden Fall so, dass es mir gut tut:-)
Was meinst du diesem Vorschlag?
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)