Du hast die Frage richtig verstanden: Ich will mein Problem etwas zu präzisieren versuchen: Ich kann an den Beiträgen von Margot nichts böses entdecken, - trotzdem hatte auch ich immer wieder den Impuls zu `tadeln´.
Wie kann es kommen, dass die katastrophale Außenwirkung so anders ist, als die im Grunde doch löbliche innere Motivation?
Bei mir ist das konkret so: ich habe meinen Entschluß, dem bürgerlichen Leben zu entsagen, auch nach meiner Trockenwerdung, aufrecht erhalten. Das war so schwer nicht, weil ich keine Berufsausbildung hatte, trotzdem ist es mir lange Jahre gelungen, die Konsequenzen dieses Entschluses (nämlich zunehmende Vereinsamung) zu ignorieren.
Nachdem ich studiert habe, und einen Akademischen Abschluß erreicht, besteht zur Zeit zumindest die theoretische Chance zum Eintritt in diese glänzende Welt. Was nun mein konkretes Problem ist, woher weiß ich, was war damals richtig: Der Entfremdung der kapitalistischen Warenfeld zu entgehen.... oder ... mich in diese Welt e i nzupassen. Und meinen Kindern möchte ich eigentlich meinen bisherigen Spinnerstatus auch nicht (mehr) antun. Aber meinen eigentlichen Lebenstraum (selbstbestimmt zu leben) möchte ich auch nicht verraten.
Warum ich das hier auf diesem Forum schreibe: Walter Lechler hat mal geschrieben: Süchtige sind dumm, sie müssen das Leben erst noch lernen. Und das stimmt - zumindest für mich. Und Lernen kann ich aus den Erfahrungen und (manchmal auch schlechten) Beispielen der anderen
Was mir an der Causa Margot so zu denken gibt: Wieviel Realität gibt es um mich herum, die ich gar nicht in meine eigene Wirklichkeit lasse. Süchtig daran ist: Zumindest ich habe es gut gelernt mich abzuschotten, es mir egal sein zu lassen, was andere über mich denken und sagen ...aber nicht wirklich ... das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit - Anerkennung - Zuneigung (in dieser Reihenfolge), bestimmt letztendlich doch mein Handeln.
Wie werde ich realitätstauglich ohne meine (innere) Wirklichkeit aufzugeben oder gar zu verraten. Wie weiß ich was stimmt? Gemerkt habe ich mein Problem an der Diskussion über über die weiße Zunft der Entgifter: Es hat schon gestimmt, was ich geschrieben habe, aber es war nicht richtig... und darüber bin ich erschrocken, weil das so fürchte ich passiert mir in meinem Leben einfach immer noch zu oft.
Vielen Dank für die Geduld allen die mir lesend gefolgt sind und einen wunderschönen Tag wünscht
Ich glaub ich komm mit dem Verstehen dir jetzt ein bißchen näher. Einiges davon, was du schreibst kann ich sehr gut nachvollziehen, hatte doch auch ich eine eher "non-konforme" Einstellung zu meiner Umwelt, unerer Gesellschaft. War ich doch geprägt von meiner Kindheit (Vater Alkoholiker)in der Lügen und Scheinheiligkeit, "heile Welt" Denken und "nach außen hin schöner Schein" vorherrschten, was mich in meiner Pubertät an den Rand dessen brachte, was ich verstehen kann und mich zerriss. Außerdem waren es die 80ger damals, mit dem neuaufblühendem Umweltbewußtsein, die Friedensbewegung die meine Sympathien hatte, war es doch eine Möglichkeit all dem Verlogenem den Spiegel vorzuhalten. Ich fühlte mich in Kreisen in denen links gedacht, entprechende Musik gehört - machmal gekifft - und über Politik geredet wurde, wohl. Ich tat mich auch schwer, mich in der Gesellschaft (sich nirgendwo richtig zugehörig fühlen) irgendwo einzuordnen und einem geregeltem Beruf nachzugehen. Was ich dann allerdings auch wieder nicht verstehen konnte, war eben dieses "gleichförmige, uniformierte" der entsprechenden Menschen, auch langhaarige oder Punker sehen "alle" irgendwie gleich aus. Und daran gefiel mir nicht das auch solche Gruppen keine Toreranz außerhalb ihres Kreises üben und ihre Meinung als die heilbringende überhaupt betrachten. Und die Gesellschaft als schlecht und spießig sehen, also etwas angreifen, was sie selbst nicht geben, nämlich Toleranz. Auch wurde da viel getrunken, so verstehe ich deinen Spinnerstatus, weil aussteigen und sei es nur sich die Birne ab und an wegzubeamen, gehörte dazu. Heute denke ich, wirkliche Zufriedenheit findet man nur in sich selbst, und da gehört Ehrlichkeit unbedingt dazu. Mit Ehrlichkeit meine ich nun nicht, seine Umwelt oder seinen Partner zu belügen sondern das man wegkommt von diesem Denken, was andere von einem denken könnten wenn man dieses oder jenes tut oder eben auch nicht. Wir können eben nicht in andere Leute Köpfe schauen. Also diese sich-selbst-bestätigende Vorhersagen, auch das läßt einen trinken. Oder eine show spielen, handeln trotz besseren Wissens. Weil man sich und seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat, und sich so zwischen alle Fronten setzt.
Weitergeholfen hat mir eigendlich nur eine Art innere Einkehr, es ist meine innere Einstellung. Ich muß nicht nach außen gegen alles kämpfen - weil ja niemand gegen mich kämpft, ich das nur so sah - ich muß nur ich sein. Und wenn ich andere Menschen akzeptieren kann, mit ihren sicher auch eigenen Fehlern, bin ich doch schon einen großen Schritt weiter. Weil ich dazu zuallererst einmal mich akzeptieren muß. Klingt vielleich jetzt blöd, aber mir hilft da auch der Humor, sich selbst nicht immer so ernst und sich selbst auch mal auf die Schippe nehmen und über sich lachen.
Zitat Aufmerksamkeit - Anerkennung - Zuneigung
... das ist ja nur alzu menschlich, oder ? Auch für jemanden mit "Spinnerstatus".
Und das ganze Geschriebene über "löblicher inneren Motivation" empfinde ich als Suche nach seinem Platz im Leben, und hat vielleicht nicht mal etwas mit dem Alkoholproblem zu tun. Das Alkoholproblem drückt einen schon wegen der Tatsache allein das man trinkt irgendwie an den Rand der "doch so gut funktionierenden, schönen Gesellschaft". Und so hast du doch deine Außenseiterrolle. Das du nun nicht mehr trinkend damit anfangen mußt, auch trocken zu leben, das ist die Umsetzung, denke ich. Die innere Einstellung. Ich schreibe das so, weil ich das gut kenne.
Ich hoffe das war nun nicht zu lang und verwirrend ???
Walter H. Lechler war Gründer und langjähriger Leiter der Suchtklinik Bad Herrenalb. Er hat dort die 12 Schritte der AA's zur Grundlage der Therapie gemacht. (Sein Konzept wird in Groenenbach fortgeführt) und war entsprechend Guru bei den Anonymen
Auf dem Büchermarkt ist ein Buch "Von mir aus nennt es Wahnsinn" von ihm als Ko-autor. Er hat darüberhinaus eine Vielzahl von kleinen Schriften (eher in Traktatform bei kleinen Verlagen) publiziert, da muß man dann schon in den einschlägigen Uni Katalogen suchen.