ich werde den heutigen Tag mal genießen und mein gerade überschäumendes Temperament etwas besänftigen. Hat grad sowas unverschämt Himmelhochjauchzendes.
Nachdem ich gestern mit einem Kick in den Morgen gestartet bin unterstützt von strahlendem Sonnenschein und das Ganze hier auch noch überschwänglich kundgetan hatte war ich ja plötzlich sowas von vorsichtig.
Bei der Arbeitsbesprechung in der Küche saß ich vor meinem Kaffee, rauchte meine Zigarette und hatte nur eins im Kopf: 'Marianne, du bist Alkoholikerin, du wirst diesen Tag gut verbringen, wirst sagen, wenn dich was nervt und dein Bestes geben bei der Arbeit!' und dann dachte ich noch 'Mensch, wenn die anderen jetzt wüßten, was grad in meinem Kopf vorgeht; worauf ich so aufpassen muß und dass ich alkoholkrank bin und dass es mir eine Aufgabe ist, auf meine Grenzen zu achten, dass ich aufpassen muß, wenn mir der Chef mit einer schrägen Anmache kommt. Denn wenn ich was runterschlucke, bin ich ganz schnell da, wo ich nicht hin will: in der Selbstverleugnung. Und ich lerne jeden Tag, auf genau das aufzupassen.
Ich bin so froh, dass ich diese anstrengende und auch schöne Arbeit jetzt habe, in der ich mein Selbstbewußtsein wieder erlernen kann. Und es machen sich leise Fortschritte bemerkbar, die ich auch im Alltag umsetzen kann.
Am Nachmittag, als ich nach der Arbeit völlig platt die Kinder bei meinen Eltern abholen wollte, bin ich schier vom Glauben abgefallen, als mein Großer mir entgegenrief: 'Da bist du ja endlich, wir wollen doch aufs Grillfest von meiner Klasse'... ich dachte nur: 'oh nein, ich will jetzt Feierabend, Füße hochlegen, Ruhe.... stattdessen hab ich ihm unsere Hausschlüssel in die Hand gedrückt und bin noch schnell Tomaten und Mozzarella für den annoncierten Salat holen gegangen, hab das ganze in Windeseile zurechtgeschnippelt und angerichtet, sämtliche Picknickutensilien zusammengesucht, noch unter die Dusche, den Kleinen abholen und ab in die Hölle... dachte ich. Ich kenne die anderen Eltern alle nicht, da ich diesen Elternstammtisch gemieden habe wie die Pest. Ich hasse Laberveranstaltungen, bzw. habe sie gehasst.
Gestern hatte ich dann so einen wundervollen Abend. Hab mit den Vätern am Grill geklönt, einer Mutter ihren wuselnden Anderthalbjährigen abgenommen, damit sie mit ihrem Mann in Ruhe essen kann.(Woraufhin ich doch glatt ne Bionade Orange-Ingwer spendiert bekam:love3 Hab lange mit der Elternsprecherin über Hausaufgaben parliert. Kein Fluchtgedanke, kein Unwohlsein, kein Wunsch, die Szene vorzeitig zu verlassen, kein Saufdruck.
Wir waren um halb zehn zuhause und es gab noch nicht mal Stress beim Zubettgehen.
So ein Tag wie gestern war prädestiniert für Rückfälle. Gestern habe ich jeden Augenblick genommen, wie er gerade kam und ihn gut gelebt ohne dass ich glaubte mir würde etwas fehlen. Ich wünsche mir, dass ich das zukünftig öfter so toll hinbekomme.