Auf mich machst Du den Eindruck, als ob Du dir zu einem Zeitpunkt das trinken verboten hättest, als Du im Grunde noch sehr viel Lust zum weitertrinken hattest.
Es kann schon sein, daß es was ausmacht, daß ich solange getrunken habe, bis es mir gereicht hat, und zwar ohne daß ich nun unmittelbar zum Aufhören gezwungen gewesen wäre.
ZitatGepostet von minitiger2 Mir fällt da was auf, zai-feh...
Auf mich machst Du den Eindruck, als ob Du dir zu einem Zeitpunkt das trinken verboten hättest, als Du im Grunde noch sehr viel Lust zum weitertrinken hattest.
Es kann schon sein, daß es was ausmacht, daß ich solange getrunken habe, bis es mir gereicht hat, und zwar ohne daß ich nun unmittelbar zum Aufhören gezwungen gewesen wäre.
Hallo MT,
keineswegs: Bei stand nicht die Frage weitersaufen oder nicht, sondern weiterLEBEN oder nicht. Saufen war bereits nicht mehr in der Disposition. Die Frage des damaligen Tages war: Höre ich auf zu saufen oder schmeiß ich mich vor die U-Bahn. Ich stand schon dort - habe mich dann aber zu ersterem entschlossen. Das war am 5. Oktober 1983.
Ich meinerseits habe sehr häufig den Eindruck, dass die länger trockenen mit Gewalt auf ihre Unfehlbarkeit hinweisen müssen, um sich selber ihre beständigen Trockenheit zu bestätigen.
ME gehört zur Trockenheit mehr als Wille. Für mich ist es auch immer eine Form von Gnade gewesen. Denn es ist sicherlich nicht allein mein "Wille", der mich trocken hält. Warum werden sonst andere rückfällig und ich nicht. Die sind auch nicht glücklicher in ihrem Suff gewesen als ich. Warum bleiben so wenige wider besseren Wissens trocken? Sicherlich nicht, weil es an "Willen" fehlt. Wie gesagt, ich bin auch sehr wohl der Ansicht, dass er der Mitarbeit und des Willens bedarf. Das alleine reicht aber nicht.
ACHTUNG!!! Hier folgt eine rein persönliche Einstellung: Ich komme mir mit meiner Haltung einfach ehrlicher vor, als die Leute, die permanent etwas von Willen erzählen. Für mich klingt dieses, "ich wollte halt richtig" nach massiver Selbstüberschätzung.
Aber, so hat jeder eine anderen Blickwinkel darauf.
ZitatGepostet von zai-feh Für mich klingt dieses, "ich wollte halt richtig" nach massiver Selbstüberschätzung.
Aber, so hat jeder eine anderen Blickwinkel darauf.
Gruß Suse
zu mir gehörte zum "ich wollte halt richtig", daß ich erst mal jedes Rumgezicke aufgehört habe und mir einig war, daß ich alles mitnehmen würde, was sich als notwendig erweisen würde. Also ich hatte durchaus sowas wie Demut, und meine Arroganz hatte ich vollständig abgelegt.
Ich hatte aber auch jede Angst verloren, irgendwo mein Gesicht zu verlieren, denn auf der Intensivstion hätten sie mir ja auch den Arsch geputzt. Also sah ich auch keinen Grund, irgendwo nicht mit offenen Karten zu spielen.
Aber irgendwas da dran war offensichtlich so richtig, daß es halt gefunzt hat. Und ich war nun mal auch daran beteiligt.
Zitatminitiger2:"Und wenns mich nach 20 Jahren drückt, dann kann ich - noch nüchtern - eine Entscheidung fällen, und ich behaupte einfach mal so frech und nach ein paar Gesprächen mit Leuten, denen das "passiert" ist, daß sich da jeder bewusst drauf einlässt. Und zwar dann, wenn es soweit ist...10 Jahre, bevor ich das Saufen aufgehört habe, hatte ich ja auch noch nicht die Absicht dazu.
sehe ich das auch so und habe das ebenfalls aus Gesprächen mit Betroffenen so erfahren.
Nun bin ich auch schon wieder weg hier ...
LG Fv
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
Aber irgendwas da dran war offensichtlich so richtig, daß es halt gefunzt hat. Und ich war nun mal auch daran beteiligt.
Genau das ist für mich der springende Punkt. Das "auch". Wie hieß der schöne Kaffee-Werbung-Spruch:
"Wille alleine genügt nicht, Frau Sommer"
Ich habe nirgendwo geschrieben, dass es KEINEN Willen braucht. Nur zum Willen müssen noch andere Punkte dazu kommen. Ich nenne diese für mich Gnade. Obwohl der Anlass meiner Trockenheit alles andere als gnädig war.
Zitatzai fee:"Nur zum Willen müssen noch andere Punkte dazu kommen. Ich nenne diese für mich Gnade."
und ist das nicht auch das Eingeständnis seiner eigenen Ohnmacht, seiner Aufgabe, Kapitulation gegenüber dem Alk, das bewußte "Nadelohr", so wie es Max mX gerne beschreibt?
Nun bin ich aber wirklich jetzt weg ...
LG Fv
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
ZitatFür mich ist es auch immer eine Form von Gnade gewesen.
... für mich nicht. Für mich ist das trockene Leben eine einzige Bereicherung, und --- das habe ich mir selbst erarbeitet. Und darauf bin ich auch nicht unstolz. Ich bin über meinen eigenen selbstmitleidigen Schatten gesprungen und hab mal geschaut, wie denn die - nun nüchterne - Realität eigendlich aussieht und das war bitter. Und das war: eine 36-jährige Frau, die ihrer Vergangenheit die Schuld gibt, das sie heute säuft. Rein realistisch eigendlich nur traurig. Denn mit 36 war ich für mein Leben selbst verantwortlich, und auch dafür, wie es mir geht.
Irgendwie gefällt mir das Wort Mitarbeit auch nicht wirklich. Fakt ist doch, das Therapeuten einem nur einen Weg zeigen können, gehen muß man ihn ganz alleine. Jeden Tag leben mit mir muß ich ganz alleine. Das Wort "Mitarbeit" impliziert mir, wenn ich auch schön brav mitmache, wird alles gut. Und kapiert hab ich dabei nix. Nämlich das der Therapeut nicht für mich verantwortlich ist.
Alkoholismus ist eine Krankheit, klar. Aber eine der ganz wenigen Krankheiten die ich kenne, wo der Betreffende selbst in der Hand hat, wie es einem geht.
ZitatGepostet von zai-feh Nur zum Willen müssen noch andere Punkte dazu kommen. Ich nenne diese für mich Gnade. Obwohl der Anlass meiner Trockenheit alles andere als gnädig war.
vielleicht wars doch keine Gnade
Ich hab 1984 versucht, mich umzubringen, fast hätte ich es auch geschafft. Dieses Nahtoderlebnis verschaffte mir seltsamerweise nach ner Woche einen Einblick, wie schön das Leben eigentlich sein kann.
Damals hatte ich weder Kraft noch Wissen, mir das irgendwie zu bewahren, ich brauchte erst noch ein paar Hektoliter Schnaps, um zu überleben.
Aber komischerweise, als ich 41 war und mir bewusst wurde, daß mein halbes Leben nun vermutlich wirklich rum ist, da wollte ich für meine zweite Lebenshälfte noch mal was von diesem Gefühl haben. Und das wäre saufend nicht gegangen.
ich glaub die Bereitschaft kommt zum Teil schon aus der Einsicht, was notwendig ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ich seh ja meine Katze, wie sie sich zum Sprung auf den Schrank bereit macht. Erst plant sie, dann nimmt sie Maß, also sie bereitet sich vor, und dann springt sie.
ZitatGepostet von Beachen Irgendwie gefällt mir das Wort Mitarbeit auch nicht wirklich. Fakt ist doch, das Therapeuten einem nur einen Weg zeigen können, gehen muß man ihn ganz alleine.
Huhu zusammen
erstmal lautes Echo! Genau das erlebe ich gerade. ICH bin die, die arbeitet, nicht meine Therapeuten. Die zeigen mir nur, wie es funktionieren könnte. Ob ich die mir gezeigten Wege gehe und was ich daraus mache liegt ganz allein bei mir, das kann kein anderer Mensch der Welt mir abnehmen.
Grüßlis - Tina
Interpunktion und Orthographie dieses Beitrages sind frei erfunden. Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. :zwinker1:
ZitatGepostet von zai-feh @Lissy. Das Wort Bereitschaft gefällt mir dafür besser. Gruß Suse
Ich würde lieber bei Gnade bleiben. Bereitschaft kann der Mensch selber erarbeiten. Gnade bekommt er geschenkt. Bekommt er aber nur, wenn er wirklich losgelassen hat und seine eigene Ohnmacht zugibt, na wenigstens sich selbst gegenüber im Spiegel. Und für mich ist der Begriff 'Gnade' nichts frommes, sondern eher etwas handfestes. Danach kann es nämlich unerschrocken weiter gehen, mit dem Leben, davor gar nicht. Max
ich meinte das Wort Bereitschaft statt Wollen. Die Gnade (wie ich es nenne) muss dazu kommen. Beides zusammen ist mE nötig, um (dauerhaft?!) trocken zu werden/bleiben.