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Saufnix  
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Dieses Thema hat 64 Antworten
und wurde 6.457 mal aufgerufen
 Nass und Trocken
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vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

25.03.2008 09:02
RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Hallo Ihrs

Angeregt durch die Diskussion über Mihus Trockenwerdtagebuch habe ich mir überlegt, welchen Weg ich denn vor 11 Jahren gegangen bin und was die werten Boardis (mich eingeschlossen) dazu gesagt hätten.

Wie bereits einigemal beschrieben, war ich endlich bereit, mir Hilfe zu holen, als meine Frau mir die Pistole auf die Brust setzte und mir ein Ultimatum stellte. Ich ging also zur Suchtberatung (wichtig: es mußte die städtische sein, zu einer "kirchlichen" wie Caritas gehe ich doch nicht :sauer2, um mir von denen sagen zu lassen, wie ich an eine Therapie komme. Den Zeitpunkt meiner Trockenlegung ließ ich noch offen. Also jede Woche Termin bei Frau S., Lebenslauf, Trinkgeschichte, das übliche. Achja, ambulante Therapie sei bei mir nicht drin, stationäre ist angesagt. Sch...ße was sag' ich meinem Chef; es laufen doch gerade einige wichtige Projekte. Das war im November/Dezember '96.

In der Nacht vom 1. auf den 2.1.97 beim Chatten (ja, das tat ich auch einst - nur besoffen) war mir plötzlich klar, diese Flasche Augustiner hell ist die letzte Flasche Bier, die ich trinken werde. Drei Tage kalter Entzug (war Spiegeltrinker und ja, ich gehöre heute noch geschlagen dafür) folgten und danach ganz normal Arbeit.

Das erste Vierteljahr war grausam. Ich schottete mich ab, so gut es ging, versuchte zu überleben mit dem Nebel im Kopf, mit den allwöchentlichen Gichtanfällen. Da war nix mit Inventur, nix mit Puzzle - arbeiten und überleben. Ach ja, zur Abschreckung und "Stabilisierung" ging ich an den Tagen, an denen ich in München war, brav weiterhin in meine Stammkneipe. Ein, zwei Stünderl hielt ich aus, dann heim. Harakiri, das weiß ich heute, aber ich wurde nicht rückfällig. Irgendwann wurde es auch langweilig.

Nach einem halben Jahr machte ich dann die sog. "Kurzzeittherapie" in Bad Tönisstein. Mein Kopf war schon klarer; ich also aufnahmefähiger, als wenn ich gleich nach Trockenlegung hin wäre. Außerdem hatte ich meine Abstinenz bereits in freier Wildbahn im Hotel, auf der Bahnfahrt, beim gemeinsamen Mittagessen mit Kollegen, bei Feten bei Kunden etc. erprobt.

So - und jetzt erst kam die Inventur, in der Therapie. Da mußten wir zweimal den Jellinek rauf- und runterdeklinieren.

Nach der Therapie habe ich mich nochmal anderthalb Jahre sozusagen eingeschlossen. Saß unter Woche im Appartement an meinem Arbeitsort und scannte die Familienfotos meiner Herkunftsfamilie ein. Ganz isoliert habe mich nicht, habe mir eine selbst bezahlte Gesprächstherapie gegönnt.

Erst drei Jahre nach Trockenlegung bin ich in der Selbsthilfe aufgeschlagen.

Ich würde mich über weitere (konventionelle, wie unkonventionelle) Trockenlegungsgeschichten freuen.

Achso, bevor jetzt das Jubelgeschrei losbricht: siehste beim Viktor hats auch geklappt: heute schlage ich beide Hände überm Kopf zusammen und danke meinem Schutzengel, daß das damals gut gegangen ist.

Gruß
Viktor

PS Auch bei den AAs kömmt die Inventur erst an 4. Stelle. Punkt 2+3 habe ich ausgelassen - zum Trockenwerden brauchte ich keine höhere Macht.


mihu ( gelöscht )
Beiträge:

25.03.2008 09:07
#2 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

moin vicco55,

interessante geschichte und interessanter weg.

lg mihu


Grosser Bruder Offline




Beiträge: 5.070

25.03.2008 09:36
#3 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Moin Viktor ,

Zitat
PS Auch bei den AAs kömmt die Inventur erst an 4. Stelle. Punkt 2+3 habe ich ausgelassen - zum Trockenwerden brauchte ich keine höhere Macht.



Hähä - und was mit (dem Druck durch) deine(r) Frau ??
Ich lach' jetzt auch ein wenig über mich, ich brauchte diesen Druck auch.
Und dass ich selber viel Glück hatte, trocken geblieben zu sein, das hab' ich erst auf diesem Forum gemerkt.


Schönen Tag noch
Werner

----------------------------------------------------------------
It's nice to be a Preiss, it's higher to be a Bayer


funkelsternchen Offline



Beiträge: 3.824

25.03.2008 09:38
#4 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

tja, und bei mir hätte druck von aussen genau das gegenteil bewirkt. ich wäre bockig geworden, trotzig. ich wollte nicht mehr trinken und das ist bis heute meine motivation.

funkelsternchen


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

25.03.2008 09:41
#5 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Hi zusammen,

bei mir war es ein Bisschen anders, aber auch wohl nicht der Standardweg.

Ich hatte in der letzten Saufnacht ein Schockerlebnis. Ich lies mich vergewaltigen. Ich wähle diese Formulierung, um klar zu machen, dass ich mich 1. in die Situation begeben hatte, ich bin zu diesem Mann mit nach Hause und 2. mich nicht mehr wehren konnte. Ich war zu besoffen.
Nachdem ich anfing zu schreien, schreien und schreien, dann lies er mich gehen.
Mein erster Gang war in die nächste Kneipe. Und ich bestellte mir ein COLA (ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich vorher in einer Kneipe ein nichtalkoholisches Getränk zu mir nahm) und ein Schinkenbrot. Ich hatte saumäßig Hunger (Seitdem weiß ich auch, dass es nach einer Vergewaltigung keine "normale" Reaktion gibt). Dann bin ich nach Hause und schlief zwei Stunden.

Beim Aufwachen waren die Erinnerungen an die Nacht verschwunden (sie kamen etwa 3 Jahre später wieder). Ich wusste nur noch, dass ich entweder aufhöre zu saufen oder mich vor die U-Bahn werfe. Am Bahnhof Zoo hatte ich mich dann entschieden - kein Alk mehr, ich ging von der U-Bahn zum Bahnschalter. Leider nahm man damals keine Schecks und Bargeld hatte ich nicht genug, um die Fahrkarte zu meiner Mutter zu kaufen. Dann war der Zug weg und ich bin schreiend durch den Bahnhof Zoo gelaufen. Irgendeine mitleidige Seele hat mich aufgesammelt und nach Hause gefahren. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihm meine Adresse gesagt habe. Ich glaube es war einer meiner vielen Schutzengel.

Mit dem Nachtzug ging es dann zu Muttern. Das war Mittwoch.
Einen Tag darauf zu unserem alten Hausarzt, mit dem ich eine gute Stunde rumdiskutierte, dass ich nicht in eine Klinik möchte (die psychatrischen Kliniken/Abteilungen waren vor fast 25 Jahren noch etwas anders als heute) - und irgendwann lies er sich breitschlagen. Nicht ohne den Hinweis, dass er mich beim nächsten Mal Zwangseinweisen lassen würde und dies jetzt auch schon dürfte.

Am nächsten Tag ging ich mit meinem ältesten Bruder und meinem Vater essen. Mein Bruder sagte mir vorher: Ich sage Dir nur ein einziges Mal, dass Du nichts trinken sollst. Dann kannst Du machen, was Du willst. Mein Vater trank wie immer sein Bier. Mein Bruder musste mich nicht darauf aufmerksam machen.

Die ersten Tage war ich irgendwie total im Jumm. Ich hatte ja vorher schon immer Entzugserscheinungen bekommen, wenn mein Alkoholpegel gegen 0 absank. Vor allem das Ameisenrennen auf den Extremitäten. Daran kann ich mich heute noch erinnern, als ob es gestern gewesen wäre.
Am nächsten Tag - Sonntag - fuhr ich zurück nach Berlin und ging Montag wieder zu meiner Lehrstelle, um zu arbeiten.
Nachts konnte ich maximal 3 Stunden schlafen im nächsten Monat, gerade nachts tanzten die Bierflaschen vor meinem Kopf herum und soviel wie mir in diesem Monat kaputt gegangen und aus der Hand gefalles ist, habe ich sonst in meinem ganzen Leben nicht zerdeppert - und ich bin eh schon eher der Grobmotoriker.

Nach drei Wochen ging ich wieder mit meinen Freunden in meine Stammkneipe, nach 5 Wochen wieder allein. Ich habe sofort jedem immer gesagt, dass ich Alkoholiker bin. In meiner Stammkneipe waren sie sehr davon angetan, dass ich nichts mehr trank. Die Wirtin und Köchin hat sogar, wenn sie neue Gerichte ausprobierte, die eigentlich mit Alkohol waren für mich immer eine Versuchsportion ohne gemacht.

In eine Gruppe bin ich 6 Wochen gegangen. Ich konnte nicht mehr hin, weil Gruppen mich überfordern. Allerdings profitiere ich heute noch - über 24 Jahre später - von diesen 6 Wochen.

Heute würde ich es nicht mehr so machen. Ich hatte definitiv deutlich mehr Glück als Verstand.

Suse


armin Offline




Beiträge: 387

25.03.2008 09:41
#6 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

druck hatte ich auch keinen, bzw. der kam garnicht mehr an mich ran. bei mir was der reine überlebnstrieb. so wie ich war konnte ich nicht mehr


vicco55 Offline




Beiträge: 2.649

25.03.2008 09:45
#7 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von funkelsternchen
tja, und bei mir hätte druck von aussen genau das gegenteil bewirkt. ich wäre bockig geworden, trotzig. ich wollte nicht mehr trinken und das ist bis heute meine motivation.

funkelsternchen



Hi funkelsternchen,

das wäre bei mir zuvor auch gewesen. Aber zu dem Zeitpunkt des Ultimatums war ich schon so weichgekocht, daß ich nur dankbar war für den Anstoß von außen.

Gruß
Viktor


Inessi Offline



Beiträge: 4.791

25.03.2008 11:44
#8 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Hallo Viktor,

den Königsweg in die Trockenheit? Nein!
Wenn es diesen gäbe, wäre es doch um einiges leichter, den Alkoholismus zu stoppen.
Auch wenn die Wege sich manchmal ähneln, so verschieden die Menschen sind, so verschieden sind doch letztendlich die Wege in eine zufriedene Trockenheit.

Ich wurde erst einmal fremdbestimmt trocken. Wie funkelsternchen meint, reagierte ich bockig und trotzig und empört. Nur die Angst und ein vages, unbewusstes Gefühl der Notwendigkeit, etwas ändern zu müssen in meinem Leben, brachten mich dazu, mich einzulassen.

Ein Nervenzusammenbruch brachte mich in die Kriseninterventionsstation eines Krankenhauses, mit erst 0,5 Promille. Trotz Bockigkeit und Trotzigkeit, aber auch wegen meines Entsetzens vor einer bestimmten Station (die der ganz harten Fälle :licht liess ich mich ein. Ich hätte jederzeit gehen können und bin doch eine Woche geblieben. Erst als eine Beratungs- und Behandlungsstelle für süchtige Frauen mich aufnahm, verliess ich das Krk. Von dieser wurde ich ein knappes halbes Jahr durch ein wöchentliches Gespräch betreut, bis ich emotional stabil war. Dann begann die ambulante Suchttherapie (Frühjahr 2003 bis Dezember 2004), die mich in meinem Alltag begleitete. Das find ich für mich auch im nachhinein immer noch besser als eine LZT in einer Klinik. Nahtlos, weil im Vorfeld gekümmert, begann ich im Jan. 05 eine Psychotherapie. Diese wollte ich unbedingt, weil ich mich immer noch "unfertig" und unstabil fühlte, und mir selber nicht traute. Denn lange trug ich den Plan in mir, wenn Tochter 18 Jahre wird, feiere ich wieder Party. Ich brauchte ja dann keine Verantwortung für sie zu tragen. Ja, so abstrus und absurd das klingt, ich bin nicht wegen mir trocken geworden, sondern für meine Tochter. Durch die jahrelange Begleitung der Therapeutinnen erst reifte in mir die Erkenntnis, dass ich ja auch die Verantwortung für mich trage. Außerdem erkannte ich, daß ich mich wohl fühlte, so mit klarem Kopf und klarem Blick und ohne dicke Mauern um mich herum.

Eines weiss ich mit Bestimmtheit, ohne ein Aufdröseln, Bearbeiten, Verarbeiten meines bisherigen Lebens (hauptsächlich und tatsächlich meiner Kindheit) und die dadurch stattgefundene Veränderung durch viele wieder gefundener Erinnerungen und gewonnener Erkenntnisse wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

Liebe Grüße.


Ruby Offline



Beiträge: 2.697

25.03.2008 11:47
#9 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

moin Vicco ,
danke für diesen Fred
bin mir sicher, ihr alle hättet mich hier in der Luft zerflückt, wenn ich damals auch nur ansatzweise geschrieben hätte wie ich trocken werden wollte.
Bei mir sollte alles heimlich sein, bloß nichts nach Aussen dringen, bloß niemand etwas mitbekommen.
Ich habe nach Monaten der Angst auch alleine aufgehört. Mit allen Entzugserscheinungen die dazu gehörten.(würde ich ganz bewusst nie jemandem zu raten!!!)
Mir war allerdings klar, dass ich mir Hilfe holen muss. Bin in eine Suchtberatung zwei Orte weiter gefahren um niemanden zu treffen
Bin nach 14 Tagen das erste Mal in eine Selbsthilfegruppe gegangen (auch weit von meinem Wohnort entfernt) und weiß noch genau, wie gut es sich anfühlte als mir alle sagten, ich könnte stolz auf meine zwei Wochen Abstinenz sein.
Hatte nach diesem ersten Besuch einen massiven Tiefpunkt. Habe tagelang nur geheult...aber nicht getrunken.
Erst nach zwei Monaten habe ich meinem damaligen Mann erzählt was ich vor habe. Nie mehr zu trinken...
Bis dahin habe ich echt gebraucht, mich mal wieder zu fühlen. Ohne Alkohol....
nach nicht ganz drei Monaten bin ich in die Suchtberatung für Frauen (in den Räumen war auch die Selbsthilfegruppen) und habe meine ambulante Therapie gemacht und natürlich erfahren, was ich alles falsch gemacht habe...

Es war für mich eine wirklich anstrengende Zeit, allerdings beflügelt von dem Gedanken, nicht mehr trinken zu müssen Dafür bin ich bis heute so dankbar...
Gruß Ruby

es sind die kleinen Dinge im Leben...


malo Offline




Beiträge: 1.799

25.03.2008 13:32
#10 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

hi vicco...

Zitat
Aber zu dem Zeitpunkt des Ultimatums war ich schon so weichgekocht, daß ich nur dankbar war für den Anstoß von außen.



jo...das triffts bei mir wohl auch...schon lange war mir klar
dass ich so nicht weiter machen konnte...zumal ich ja auch
erlebt habe wie mein vater sich unweigerlich zu tode gesoffen
hatte...aber weder die immer häufigeren drohungen meiner frau
noch das im besoffenen kopp immer wieder kehrende gedankenkarrusel
was machen zu müssen...brachten mich nicht auf den weg...

erst mein neuer abteilungsleiter -ein stasischärge der auch
im kapitalismuss kariere machte- hatte das wohl einzige mal
in seinem leben was gutes für einen menschen gemacht...

als abteilungsbetriebsrat war ich ihm sowieso ein dorn im auge...
da kam es ihn natürlich gerade recht...das ich öfter mit einer
fahne zur arbeit kam...irgendwann bemerkte er diese während
eines gespräches und liess mich über den meinen direkten
vorgesetzten nach hause schicken...ich wusste natürlich um
die abmahnung die für diesen vorfall fällig wurde...das hielt
mich aber nicht davon ab am nächsten vormittag wieder meinen
pegel zu ersaufen bevor ich zur spätschicht sollte...

erst meine frau, die mich zur arbeit fahren wollte öffnete mir
die augen...wenn ich in dem zustand in der firma auftauchen
würde...erstrecht nach dem vorfall einen tag zuvor...würde
unweigerlich eine zweite abmahnung und somit die fristlose
kündigung folgen...

das war für mich der knackpunkt...ich hatte keine ausreden mehr...

ich meldete mich in der firma ab und sagte meinem vorgesetzten
gleich dass ich eine therapie machen würde...als nächstes
machte ich einen termin bei der suchberaterin im gesundheitsamt...
die verschaffte mir für drei tage später einen platz in der
fachklinik um eine 14-tägige motivationstherapie anzutreten...
um von dort aus einen antrag für eine entwöhnungstherapie
zu stellen...

die nächsten tage schaffte ich es nichts zu trinken...ich wollte
unbedingt nüchtern dort aufschlagen...auf keinen fall wollte
ich in die entgiftung...ich kam dann auch auf die "normalstation"...
in die entgiftungsstation mussten wir immer zum essen weil dort
der speiseraum war...alter schwede...was ich dort sah und erlebte...
liess mich dankbar dafür werden... für meinen entschluss
dort nüchtern aufzuschlagen...

die folgenden zwei wochen waren geprägt von einzel-und gruppengesprächen...
ergotherapie...sport und nicht zuletzt vom erfahrungsaustausch
unter den mitpatienten...das ich in den zwei wochen seit
jahren das erste mal so lange ohne alkohol auskam war ein
zwar gutes gefühl...aber doch nicht so einschneidend...dass
jetzt endgültig schluss damit war...

ich wurde also nach den zwei wochen entlassen und hatte den
termin für meine therapie 6 wochen später in der tasche...
bis dahin konnte ich tagsüber weiter in der fachklinik
verbringen...dass dumme dabei war nur...ich fing wieder an
abends zu trinken...ich hatte ja wieder eine ausrede
für mich parat...in sechs wochen gehts zur therapie...ab da
ist's vorbei mit der sauferei...

aber tatsächlich...es kam so...schon nach ca. einer woche
wurde mir bewusst...wo für mich der weg längsgehen würde...
nach sieben wochen war dann auch genug ohne zu verlängern...
eine halbjährliche nachsorge und meine shg die ich schon während der
therapie besuchte waren für mich das weitere programm...

jo...so wars bei mir...bis heute über 5 jahre danach hab ich
keinen relevanten suchtdruck verspürt...mit einer längeren
pause wegen meiner umschulung geh ich heute zwar nicht
wöchentlich aber doch regelmäßig in meine gruppe und lese
regelmäßig hier mit...

am wichtigsten ist für mich aber das regelmäßige gespräch
mit meiner frau...sie hat mich über die schwere zeit immer
intensiv begleitet und auch für sich viel dazu gelernt...
so können wir glaube ich beide und auch unsere tochter
aus der familienkrankheit alkoholismus ein ganz wichtiges
fazit ziehen...

wir sind als familie und auch in den zwischenmenschlichen
beziehungen untereinander gemeinsam gewachsen...und das macht
uns alle zufrieden...

lg malo

wer jeden tag kämpft
muss eines tages verlieren


Magusa ( gelöscht )
Beiträge:

25.03.2008 14:48
#11 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Hallo Viktor,

mein Weg in die Trockenheit war sicher auch ungewöhnlich.

Im Jahr 87/88 wurde ich von meinem Arbeitgeber aufgefordert, etwas gegen meinen Alkoholkomsum zu tun. ( öffentlicher Dienst, genauer: Beamter im gehobenen Dienst)
Dies habe ich dann auch getan, und den sozialen Dienst
in Anspruch genommen. Brav bin ich Ende 1987 in die Entgiftung gegangen. Aber hielt nicht lange. Ich fühlte mich überall beobachtet und ausgestossen, aus Frust habe ich wieder getrunken. Mitte 1988 habe ich dann aus eigenen
Antrieb eine weitere Entgiftung organisiert, ohne Druck meiner Frau, die war nämlich schon weg. Nur 2 Wochen
später konnte ich eine LZT in Bad Essen antreten.
Ich wollte nur raus aus meinem Leben. Ich weis es noch wie
heute, am 13.7.1988 habe ich noch eine Flasche Asbach
getrunken und am 14.7. wurde ich von meiner Bereuerin
nach Bad Essen gebracht. Dort behauptet ich frech, ich sei
nüchtern. Ein Alkotest - die Fahne hat mich selbstvertändlich verraten - ergab einen Wert von 1,6 Prom.
Nach heutigen Standart hätte man mich sofort wieder nach
Hause geschickt. Aber nein, ich musste nur 3 Tage auf die
Krankenstation.

In dieser Therapie - nach anfänglichen Unsicherheiten -
habe ich mich sehr wohl gefüllt. Mein Therapeut hat mich in vielen Einzelsprächen - klar ich war Privatpatient -
aufgefordert hinzusehen was gewesen war. Wenn ich
mit meinem Leben nicht zufrieden gewesen bin ,sollte ich es ändern. Noch heute habe ich die damaligen Sätze im Kopf:
hinsehen, festmachen , ändern.

Nach der Entlassung habe ich dann doch wieder rumgeeiert,
nochmal 1990 in Bad Zwesten eine phychosomatische Therapie
genossen. Dort wurde ich mit der Diagnose entlassen :
Depressionen.

Zurück in den Job und schon bald schon bald merkte ich,
da man mich loswerden wollte. Na gut, wie wird man
einem Lebenszeitbeamten los ? durch pensionierung.
Das ist mir dann auch geschehen.

Mit den Worten " hinsehen, festmachen, ändern " im Kopf
sah ich die Chance wirklich etwas zu ändern.

Ich bewarb mich als Möbelpacker, und bekam den Job. Dies
habe ich 2,5 Jahre gemacht, eine sehr glückliche Zeit.

Dann wurde ich von meinen Chef in die Geschäftsleitung
berufen und das Karriererennen ging weiter.

Nach kurzer Zeit habe ich eine eigene Möbelspedition gegründet ( 30 Mitarbeiter ) und viel Geld verdient.
Aber ich wollte weiter, habe die Spedition verkauft und
ein riesiges Küchenstudio eröffnet. Ging auch zunächst gut.

Bis hierhin könnte man annehmen, es sei der Königsweg gewesen.
Aber Pustekuchen, ich musste Insolvenz anmelden ( privat natürlich auch ) und nach 13 Jahren Trockenheit kam der Alkohol wieder zurück. Zwar mäßig, aber regelmäßig. Heute
weis ich, ich habe nicht richtig hingesehen, nicht richtig festgemacht und nicht richtig was geändert. Ich bin jetzt seit 2,5 Monaten wieder ohne Alkohol. Ich hoffe das es mir gelingt, herauszufinden was wirklich gut für mich ist.

Ich glaube auch einige Ansatzpunkte gefunden zu haben, aber das würde jetzt zu weit führen. Viellecht
später.

Also einen Königsweg, da bin ich sehr sicher, gibt es nicht.

LG Manfred

[ Editiert von Magusa am 25.03.08 16:00 ]


ulliulli Offline



Beiträge: 1.026

25.03.2008 17:38
#12 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

ich denke ebenfalls, dass es kein allgemeinverbindlichen königsweg gibt.

was jedoch jeder braucht, meiner meinung nach, ist der absolute wille, vom alk wegzukommen.

ich wusste, dass ich viel zu viel alkohol trank (soff) und sagte mir mehrfach, dass es so nicht weitergehen kann, wollte damals auf der anderen seite aber auch nicht aufhören.

ich schreibe bewusst. wollte nicht, denn richtig versucht, hatte ich es nicht.

dann fuhr ich gegen einen baum mit 2,3 promille und nun musste ich handeln.
freundin, gesundheit und beruf standen auf der kippe - und nun wollte ich aufhören und tat aus meiner sicht alles dafür.

zwischen krankenhausaufenthalt und therapiebeginn waren drei wochen, die ich alleine verbrachte - ohne alkohol und dies, obwohl ich alle möglichkeiten gehabt hatte, mir welchen zu besorgen. ich wollte nicht mehr.

auch sonst habe ich seither (10.01.2007) nicht mehr getrunken.

ich habe wohl einen ziemlich dickkopf und dieser baum hat ihn geknackt.

seitdem arbeite ich an mir und meiner sucht, sie nimmt fast ein platz ein wie meine hobbies (sorry, klingt ein bischen sarkastisch, ist aber so).

durch das beschäftigen mit der sucht lerne ich viel von mir. das macht mir freude und deshalb mache ich auf diesem weg weiter (mein königsweg).

grüsse, ulli

"Wenn du laufen willst, lauf eine Meile.
Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, lauf einen Marathon" (Emil Zatopek)


theodor Offline




Beiträge: 420

25.03.2008 18:12
#13 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

hallo Victor
Mein Weg aus dem Teufelskreis beginnt eigentlich 1988.Damals habe ich nach jahre langem Drogen(kokain,lsd usw
und Alkoholsucht eine 1jährige LGZ (damals noch möglich)gemacht.nach dieser Therapie ging ich in regelmäßig in eine selbsthilfe und dann 1jahr später halt nicht mehr.Ich war gefestigt genug hatte eine liebe Partnerin und festen job und konnte ,wollte nicht immer wieder von anderen hören sehen wie sie Rumeiern.meine Partnerin kam dann bei einem Autounfall ums Leben und ich ging Statt mir Hilfe zu holen
in die nächste Kneipe und ließ mich volllaufenDas war94 also 6Jahre ohne alles,absolut clean.3-4 Monate habe ich mich so der Maßen weggeschossen das ich alles verlor.Meine Freunde damals wollten mir helfen hatten aber keine Geduld waren es leid immer nur meine Trauermine zu sehen,bis auf meinen besten Kumpel aus der Jugendzeit.Der packte mich Sterngranatenvoll ins sein Auto und nahm mich mit zu seinem in der Eifel liegendem Bauernhof .als ich wieder nüchtern war gab er mir eine Axt in die eine und meinte ich solle Holz hacken.Wenn ich dies nicht wolle soll ich die Bäume anschreien gehen mich abreagieren oder mich vom Acker machen ,dann aber Richtig. Keiner hätte mehr lust zuzusehen wie ich mich mit dem Alk langsam aber sicher umbringe.
Ich bin dann Holzhacken gegangen und im Wechsel die Bäume anschreien.Es gab Momente da wollte ich nicht mehr Leben aber dort auf dem Hof wurde mir wieder Bewust was ich will
Leben.4monate bin ich bei meinem Freund und seiner Familie geblieben,4monate ,wo ich im Schweine/Kuhstall half bei geburten von ebensolchen dabei war und so ein Gefühl für mein Eigenes wieder fand. es folgten wieder Jahre der Trockenheit und Abstinenz in denen ich keiner Gruppe oder so
zugehörte sondern mein Problem einfach Ausblendete.Irgenwann im Sommer 2000 bei ner Fete trank ich mein erstes Bier ,dann 1-2 wochen später wieder.diese ersten kontakte gaben Geschmack auf mehr (dumm ,dachte ich hab es im Griff)halbes jahr später meine 1Entgiftung es folgen Monate der trockenheit immer wieder Rückfälle .ich war seit 2000 5mal in der Entgiftung ,5mal mit sehr viel Motivation rausgegangen ,im anschluß ein paar wochen selbsthilfegruppe besucht dann nichts mehr.Im letzten Jahr
stand ich am 8.10.dann auf einer der Rheinbrücken und wollte Springen.3wochen ununterbrochennes Trinken/Saufen dazu noch allerlei anderes Zeug hintermir.ich sprang nicht
stieg stattdessen in ein Taxi und fuhr in die Klinik machte Entgiftung 3wochen im Anschluß daran 20 Wochen Teilstationnäre-Therapie in Bergich-Gladbach.Letzten Donnerstag war mein Letzter Tag in der Klinik ,heute war ich beim ersten von 20 einzelgesprächen die ich als Nachsorge paket noch mitbekommen habe. Außerdem besuche ich einmal in der Woche eine Gruppe vom Kreuzbund.Ich weiß jetzt das ich konstant in die Gruppe und dort an mir Arbeiten will.Es immer wieder zu lassen ,Meinen es sei nun wieder mal genug mit Therapie ,mit Gruppe ,den Leuten ;der Auseinandersetzung ,dem Spiegel dem Erkennen;war immer auch ein erster Schritt in den Rückfall
Uff,und jetzt ... die zeit wirds zeigen.
Mein Wille ist da,...genauso wie die Angst...

Wer heute den Kopf in den Sand steckt-
Wird morgen mit den Zähnen knirschen :gruebel:


theodor Offline




Beiträge: 420

25.03.2008 18:14
#14 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Ach ja ,Danke für den Thread
gruß Theo

Wer heute den Kopf in den Sand steckt-
Wird morgen mit den Zähnen knirschen :gruebel:


Grigori Offline




Beiträge: 432

25.03.2008 18:27
#15 RE: Gibt es den Königsweg in die Trockenheit? Zitat · Antworten

Ich bin ja noch nicht so lange trocken, kann aber gerne mal hinzufuegen, wie es bei mir so war. Ich war kein Spiegeltrinker, sondern habe mich so alle drei bis vier Tage – meist alleine – vollaufen lassen. Das waren dann meist erst sieben Bier und dann noch fast eine Flasche Wein hinterher, weil Bier passte keins mehr rein. Ich bin eigentlich all die Jahre in denen ich krankhaft trank, so von 1998 an, immer nur auf der Stelle getreten, bruflich und im Studium das so nebenher laeuft sowieso, sozial usw.

Ich bekam so vor vier Jahren massive psychische Probleme mit Panikattacken. Beonders schlimm wurde es vor drei Jahren – „ausgerechnet“ als ich aufhoerte zu trinken, wegen eines bevorstehenden groesseren Ereignisses. Dass ich Alkoholiker bin, dass die Panikattacken davon kommen koennten, hatte ich mir nicht eingestanden. Ich trat eine Psychotherapie an, in der ich aber nicht ueber Alk sprach. Ich bekam auch ADs, die ich noch heute nehme. Ich trank 10 Wochen keinen Alkohol, rauchte nicht, nahm 15 Kilo mit viel Sport ab, es ging mir wieder gut. Dann koennte ich ja auch mal wieder trinken... Jep, das fuehrte dann dazu, dass das Spiel bis 2007 weiter ging. Zwei oder dreimal die Woche voll wie eine Strandhaubitze, das Pensum war gleich.

Inzwischen hatte ich eine Freundin, der mein Alkkonsum maechtig stank, im wahrsten Sinne des Wortes. Im Job war ich unzuverlaessig, was dort zu massiven Problemen fuehrte. Ich begann 2007 rumzueiern: Koennte es vielleicht tatsaechlich alles am Alk liegen? Ich trank mal weniger mal nichts, hoerte mal mit Rauchen auf, mal mit diesem und mal jenem. Ich setzte mich aber nicht mit dem Thema Sucht auseinander. Das erlaubte ich mir dann so Weihnachten letzten Jahres und nach einem Absturz war fuer mich klar: Ich bin definitiv Alkoholiker.

Also krank. Was tun? Infomieren.

Nach kurzem Weitersaufen dann Anfang Januar, der Entschluss endgueltig mit dem Alk Schluss zu machen. Ich begann Literatur zu lesen und trank einfach nicht mehr. In meiner ersten abstinenten Woche meldete ich mich hier im Forum an, nachdem ich vorher in anderen Foren gestoebert hatte, die mir aber so gar nicht zugesagt hatten.

Eine Woche sass ich zu Hause und hielt dem Saufdruck stand (war stellenweise heftig, aber die Panikattacken blieben diesmal aus, wohl wegen ADs). Dann habe ich mir ein neues Hobby gesucht (Mannschaftssport), angefangen raus zu gehen und wieder begonnen zu arbeiten. Ich bin dank Saufnix nach einer Woche auch zu AA, da gehe ich heute noch hin. Ja ich wusste, dass ich einen qualifizierten Entzug machen konnte, wollte das aber partout nicht. Ich hatte ja schon oft mal fuer eine Woche oder so nichts getrunken, also so what? Waehrend des Selbstentzuges las ich dann hier viel und wusste dass das falsch und gefaehrlich war. Ich bekam Angst, dass mich doch noch ein Turkey ereilt, das legte sich erst so nach zwei Wochen.

Ich bin nun 10 Wochen trocken.

Es geht mir gut, mein Alltag ist komplett anders, anfaengliche Schlafstoerungen sind weg. Ich schwitze auch nicht mehr so schnell und viel wie zu nassen Zeiten, da war ich nach zehn Minuten Radfahren pitschenass.

Jetzt soll es weiter gehen. Naechste Woche, wenn ich wieder zu Hause bin (bin gerade im Ausland), moechte ich mal zur Suchtberatung. Vielleicht komme ich da irgendwie an eine Therapie ran. Keine LZT, aber es gibt ja andere Moeglichkeiten, wie ich hier erfahren habe. Zu den AAs moechte ich weiterhin gehen, auch wenn ich jedesmal guter Stimmung hingehe und geknickt wieder nach Hause komme, wegen all den Geschichten und der Stimmung dort. Darueber will ich demnaechst ohnehin mal mit Euch hier diskutieren.

Privat: Mit meiner Freundin bin ich noch zusammen und es laeuft recht gut. Beruflich hatte ich auch schon Erfolge und ab 1. April beginne ich einen zusaetzlichen Job, auf den ich mich schon freue. Das Studium ist noch eine Baustelle, die wohl nicht mehr fertig werden wird. Wie ich das abwickle und was dann, das ist die grosse mittelfristige Herausforderung neben dem Alk. Besonders das „Was-dann?“. Finanziell komme ich mit meinen zwei Jobs bis dahin gut zurecht. Sauffreunde hatte ich keine mehr, da die mir sowieso laengst ueber waren, weil sie ja nicht zu der zuverlaessigsten Sorte gehoerten. Ich auch nicht, deshalb sind mir nur wenige normale Freunde geblieben, mit denen ich nun wieder mehr untenehme und die auch wissen inzwischen, was los ist. Neue sind hinzugekommen durch den Sport, den ich immer noch betreibe und der mir viel Spass macht.

Ich denke, ich habe mich in den letzten 10 Wochen weiter entwickelt, als in den letzten 10 (nassen) Jahren.

Grigori

[ Editiert von Grigori am 25.03.08 18:32 ]

[ Editiert von Grigori am 25.03.08 18:37 ]


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