Seit nahezu zwei Monaten ist ein seit längerem rückfälliger SHG-Freund nun in diversen Kliniken, aktuell im Bezirksklinikum. Gestern durfte ich ihn mit seiner Frau zusammen besuchen. Das Gespräch vorab mit dem Oberarzt war das deprimierendste, was ich seit Jahren erlebt habe - und für seine Frau ein Weltuntergang.
Korsakov.
Lange gefürchtet, nie wollte sich einer der Ärzte festlegen, immer als Diagnose wie ein Damoklesschwert schwebend.
Korsakov. Räumlich und zeitlich nicht mehr orientiert.
Seine Frau hatte es auf die Medikamente geschoben, auf die Wahnvorstellungen durch den Alkohol, auf die Delire. Ich habe ihn seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr gesehen und gesprochen, ich bin entsetzt, ihn jetzt so gesehen zu haben. Und ich beginne zu verstehen, warum seine Frau mich bei diesem Besuch und Gespräch mit den Ärzten dabei haben wollte. Es war ihre verzweifelte Hoffnung, ich, "auch ein Alkoholiker", könnte ihr etwas anderes sagen, als die Ärzte ihr sagen. Als könne ich das beurteilen, geschweige denn, daran irgend etwas ändern! Aber es war ihre Hoffnung...
Korsakov. Ein armseliges Bündel, das stündlich gewickelt werden muss, das fünfmal täglich gefüttert werden muss, das keine Tätigkeit mehr zuordnen kann. Gehen ist zu anstrengend, sitzen funktioniert nur phasenweise.
Er hat mich nicht erkannt, wie auch. Seine Frau kennt er auch nicht mehr, wie soll er da noch jemand anders erkennen?
Korsakov. Mehr als eine handvoll "Empfehlungen" für einen Pflegeplatz konnten die Ärzte seiner Frau nicht bieten. Aber das bitte "recht zügig" in die Wege zu leiten, maximal noch zwei Wochen können sie ihn da behalten, er ist entgiftet, medikamentös gut eingestellt, mehr können sie für ihn nicht mehr tun. Warten auf das große Amen, wann auch immer das kommen mag - keine Prognose möglich.
Korsakov. Einmal mehr ist eine Familie zerstört. Seine Frau wird es heute seinen Eltern sagen, die gar nicht wissen, wie schlimm es um ihr Kind steht. Die seine Sucht bis heute als Charakterschwäche sehen.
Korsakov. Meine Dankbarkeit darüber, dass ich trocken leben darf und kann, hat seit gestern eine völlig neue Dimension erreicht.
Ich möchte Deinen Beitrag eigentlich all jenen ans Herz legen, die noch am Eiern sind und dabei angelegentlich feststellen, wie gut ihre Leberwerte doch noch sind...
Die Chefärztin in meiner ersten LZT hat uns mal einen langen Vortrag über die möglichen Folgeerkrankungen bei Alkoholismus gehalten. Quintessenz war, dass jeden irgendetwas erwischt, wenn er nicht aufhört. Und dass bei den körperlich-organisch besonders Stabilen eben eines Tages Korsakov zuschlägt.
Aus den Erfahrungen meiner eigenen Säufer-Karriere kann ich das nur bestätigen. Während bei mir die Bauchspeicheldrüse rebellierte und bei anderen die Leber, habe ich auch Menschen erlebt, die von jetzt auf bald ihr Kurzzeitgedächtnis vollständig verloren und komplett orientierungslos wurden, was dann nur noch dauerhaft stationär aufzufangen war. Diagnose: Korsakov
LG
Christoph
Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche
puh, beim Lesen hatte ich doch tatsächlich ein heftiges Angstgefühl. Und danach Erleichterung, weil ich ja trocken bin und ich keine Angst haben muss. Ich hatte keinerlei körperliche Beschwerden (ausser leicht erhöhter Leberwerte). Naja, aber mein Gedächtnis fing an, mich im Stich zu lassen. Ich musste mir Zettelchen schreiben... Klar, kann auch andere Ursachen haben, aber eben beim Lesen...Jesses, bin ich froh. Korsakov? Ich hatte und habe ja keine Ahnung.
Die Chefärztin in meiner ersten LZT hat uns mal einen langen Vortrag über die möglichen Folgeerkrankungen bei Alkoholismus gehalten. Quintessenz war, dass jeden irgendetwas erwischt, wenn er nicht aufhört. Und dass bei den körperlich-organisch besonders Stabilen eben eines Tages Korsakov zuschlägt.
Jou Chris...das kann ich nur unterstreichen.
Ich bin aus heutiger Sicht sogar etwas "froh" darüber, dass mir meine Leber (so schlimm wie´s auch ist) den letzten Warnschuss gab....und ich somit (gezwungenermaßen), und mit viel Glück die Möglichkeit bekam, meinen Körper (trotz Dauerschädigung) und meinen Geist wieder halbwegs auf Vordermann zu bringen.
...aber ich bin Mir ziemlich sicher, dass mein Kleinhirn auch schon anständig einen mitbekommen hat....sagt jedenfalls meine liebe Frau
Du musst Dir als Trockene bestimmt keine Sorgen machen. Und die Korsakov-Symptome sind auch von den kleinen "Vergesslichkeiten" des Alltags leicht zu unterscheiden. Ein Korsakov-Patient kann dir mitunter noch einen zusammenhängenden Schwank aus seiner Jugend ( Langzeitgedächtnis) erzählen, sich aber auch nach zehnmaligem Erklären nicht merken, wo sein Zimmer, die Toilette bzw. welcher Tag gerade ist. So erlebt bei einem Mitpatienten im Krankenhaus...
Allerdings hast Du Dich eben bei Luke für einen Beitrag bedankt, den Logo geschrieben hat... Was das jetzt wieder über dein Kurzzeitgedächtnis sagt....
LG
Christoph
Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche
mhm könnte man den Beitrag von Logo nicht wo anders plazieren .. hier geht er verloren ... ich seh grad so eine Verschiebungstechnisch versierte Inggrid ..die ich hier auch mal schnellgrüß Theo
Vor zwei Jahren teilte mein Arzt mir mal wieder 1 a Leberwerte mit, aber bevor ich vor lauter Erleichterung ein Freudentänzchen aufführen konnte meinte er "Ja junge Frau, sie sind wohl eher der Typ für Korsakov" Die Angst davor hat mich noch 1/2 Jahr bis zur "Trocknung" begleitet, diese Erkrankung schien mir die Schrecklichste, so unwiederruflich und hoffnungslos. Dieser lapidare Satz hat viel in mir ausgelöst und eine Menge gedanklicher Hintertüren zugemacht. Es tut mir schrecklich leid um Deinen Freund, Logo
ZitatGepostet von Theo45 mhm könnte man den Beitrag von Logo nicht wo anders plazieren .. hier geht er verloren ... ich seh grad so eine Verschiebungstechnisch versierte Inggrid ..die ich hier auch mal schnellgrüß Theo
Lieber Theo, ich habe auch spontan gedacht dass alle Beiträge ab Logos Beitrag (die #1894) einen eigenen Thread z.B. im Bereich "Nass und Trocken" verdienen und enorm wichtig sind - zu wichtig um hier in der "Müllkippe" für Alltagsärger unterzugehen.
In dieser Rubrik habe ich jedoch keine Zugriffsrechte. Ich gebe diese Bitte hiermit an die Moderatorin dieser Abteilung (die Ines) weiter.
Viele ebenso liebe Grüße zurück Ingrid
[ Editiert von Ingmarie am 30.12.09 12:46 ]
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Einfach tun. Der beste Zeitpunkt dafür: immer genau jetzt.
ich glaube mittlerweile ein ziemlich umfangreiches Wissen über Alkoholismus zu haben, dennoch wusste ich nicht, dass eher die Stabilen (?) Kandidaten für Korsakov sind..
Woher kommt das? Gibt es dafür eine Erklärung? Würd mich echt interessieren vom physischen her...
ich glaube mittlerweile ein ziemlich umfangreiches Wissen über Alkoholismus zu haben, dennoch wusste ich nicht, dass eher die Stabilen (?) Kandidaten für Korsakov sind..
Woher kommt das? Gibt es dafür eine Erklärung? Würd mich echt interessieren vom physischen her...
Hallo Honey,
ich glaube nicht, dass grundsätzlich die "Stabileren" empfänglicher für das Korsakov-Syndrom sind.
Mir ( und ich denke auch Britta ) ging es darum, deutlich zu machen, dass auch Trinker, deren innere Organe eine erstaunliche Alkohol-Toleranz aufweisen, eben nicht davor gefeit sind, auf andere Art "erwischt" zu werden. Und das es absolut nichts hilft, gute Leberwerte zu haben, wenn man von einem auf den anderen Tag ein völlig hilf- und orientierungsloses Wrack wird.
LG
Christoph
Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche