Nachdem in vielen von mir gelesenen Threads das Thema „sich outen“ immer wieder vorkommt, möchte ich ein paar Takte dazu loswerden. In diesem Forum wird es als sehr wichtig angesehen, dass die ganze Welt wissen soll, dass man Alki ist, damit alle schön Rücksicht nehmen oder einen in Ruhe lassen.(Ok, das war übertrieben, aber in die Richtung geht es…) Die Welt hat aber eben auch ein paar Schattenseiten. Ein sich bekennender Alkoholiker, auch wenn er noch so lange trocken ist, kann von den richtigen Leuten sicher bewundert und unterstützt werden, von den falschen aber verachtet und eventuelle Schwächen als Auswirkung seiner ohnehin gezeigten labilen Persönlichkeit ausgelegt werden. Die falschen Leute können aber die Chefs, Kollegen, die Erzieherin oder der Lehrer der eigenen Kinder sein. Da ist man dann eben nur der Ex-Alki und das kann verheerende Folgen haben. Sich im prvaten Umfeld zu outen hat auch so seine Tücken, habe ich selbst bei einem Fall von Ärger mit den Nachbarn erfahren. Vor 20 Jahren haben mich meine Nachbarn wegen Ruhestörung angezeigt. Bei meinen Spieleabenden ging es auch nach 22.00 Uhr noch mit viel Gelächter zu, was diese gestört hat.Also zeigten sie mich ohne Vorwarnung an –soweit, sogut.Kann ich aus deren Sicht ja verstehen, das Ganze ging bis vors Gericht. Ich hatte Freunden mal erzählt, dass ich vorher Streit mit einem Vermieter wegen Renovierungsarbeiten hatte. Bei der Zeugenvernehmung wurden meine Freunde gefragt, ob ich schon öfter Ärger in einer Wohnung hatte, was diese bejahten. Sie wurden nicht gefragt warum. Also stand ich da wie der letzte Rüpel… Im übrigen wurde das Verfahren mangels Beweisen eingestellt… Diese Geschichte aus einem ganz anderen Zusammenhang mal als Beispiel dafür, dass Informationen über die eigene Person auch nach hinten losgehen können, besonders bei einer solch brisanten Sache wie Sucht. Viele Trockene in diesem Forum haben zu diesem Thema geschrieben, dass das Umfeld vorher auch das Saufen mitbekommen hätte und man sich deshalb ruhig outen könne. Es gibt aber auch viele Trinker, wie z.B.mich, wo das Umfeld nix mitgekriegt hat, es fast sogar ausgeschlossen hat. Das habe ich am Gespräch mit meinen engsten Bezugspersonen festgestellt. Wenn ich mich also outen würde, würde ich einen Makel zugeben, den keiner vorher bemerkt hat. Wozu soll das gut sein?Während meiner Trinkerei habe ich alle Kraft und Disziplin aufgebracht mein Leben in völlig geordneten Bahnen verlaufen zu lassen. Bis hin zur Berechnung was und wieviel ich abends trinken kann, um 7.00Uhr Morgens wieder fahrtüchtig zu sein. Und nun soll der ganze Aufwand sinnlos gewesen sein, um jetzt zu den stolzen Trockenen zu gehören, von denen alle Welt nun weiß, dass sie ein Problem hatten/haben? Nein, für mich soll das nicht gelten. Vielleicht kann das für Leute gelten, die durch die Trinkerei alles verloren haben (Job, Führerschein, Familie) und da ist es sicher auch hilfreich, zu zeigen wie stark man nun ist. Aber es kommt eben immer auf die persönliche Situation an. Auch die Vorwürfe der Hintertür halte ich für unangemessen, denn ganz ehrlich –ich habe vorher daheim gesoffen und wenn ich das will tue ich das wieder so, dass keiner was mitkriegt. Gruß Shara
Auch die Vorwürfe der Hintertür halte ich für unangemessen, denn ganz ehrlich –ich habe vorher daheim gesoffen und wenn ich das will tue ich das wieder so, dass keiner was mitkriegt. Gruß Shara[/b]
hallo shara,
ich muß dir ehrlich sagen, du kannst machen was du willst. es ist mir egal. ich habe dir keinen vorwurf machen wollen, das geschriebene sagt nur aus, was mich in meiner vergangenheit betraf. ich kann mir auch vorstellen, dass man abstinent leben kann, ohne sich zu outen. da ich beide wege kenne, ist es für mich besser gewesen die flucht nach vorn anzutreten. und wenn ich mich dabei wohl fühle, dann muß das nicht auf alle anderen zutreffen. so viel tolleranz habe ich und für mich bleibt die hintertür die hintertür, weil mich das outen freier meinem gegenüber macht. ich brauch nicht zu saufen und ich kann auch sagen, warum das so ist. ich lebe nur einmal auf dieser welt(hoffen tue ich was anderes),und da ist es mir schnuppe, welche vorurteile andere haben.
genau das wollte ich ja auch sagen.Es ist die Toleranz und die persönliche Situation.Doch manchmal liest man bei verschiedenen Beiträgen eher ein "es ist so" als ein "bei mir ist es so"
ich stehe auch auf dem Standpunkt das ich nicht jedem mitteilen muss(ob er will oder nicht:grins2 das ich Alkoholiker bin (von anderen Krankheiten erzähle ich auch nicht) die meine Sauferei mitbekommen haben bekommen jetzt mit das ich nichts trinke und bei allen anderen trinke ich keinen Alkohol ohne lange Erklärungen Basta. Für mich gehört es zu Normalität mittlerweile kein Alkohol zu trinken und ich kenne viele die auch kein Alk. trinken(weil sie es nicht mögen) ohne sich zu rechtfertigen nur wer mit Alkohol ein Problem hat macht sich darüber Gedanken was ist wenn ich Alkohol ab lehne. Ich hatte ein Problem und hätte wieder eins wenn ich Alkohol trinken würde ich hätte auch ein Problem mit Gift wenn ich es ein nehmen würde. Wichtig ist das ich weiß das ich Alkoholikerin bin und bleibe daher trinke ich kein Alkohol mehr und deswegen geht es mir gut.
Wichtig ist das ich weiß das ich Alkoholikerin bin und bleibe daher trinke ich kein Alkohol mehr und deswegen geht es mir gut.
LG Rodine
Ich danke auch, das ist entscheidend. Und wenn man das wirklich verinnerlicht hat, strahlt man das auch aus.
Wem man was in welcher Situation erzählt ist davon abhängig, wie man "gestrickt ist" und natürlich auch vom Umfeld.
Unakzeptebel sind die "Hintertürchen", habe schon trockene Alkis gehört mit Sprüchen wie "heut ist mir nicht nach Wein, nächstesmal wieder, danke" Das grenzt an Lüge und Verleugnung der eigenen Krankheit.
Ich mache das immer situativ abhängig
LG LOTTA
Ohne meine Umwege wäre ich prompt an mir vorbeigelaufen....
ZitatGepostet von Magdalena42 In diesem Forum wird es als sehr wichtig angesehen, dass die ganze Welt wissen soll, dass man Alki ist, damit alle schön Rücksicht nehmen oder einen in Ruhe lassen.(Ok, das war übertrieben, aber in die Richtung geht es…)
Hallo Shara,
also DAS glaub ich nicht. Es geht mehr um "so oft wie nötig". Und nötig ist das einfach manchmal. Nicht nur Arzt und Zahnarzt sollten bzw. müssen das wissen(die geben dir sonst guten gewissens Zeuch...halelulia). Je nachdem auch der direkte Vorgesetzte. Freunde, die einem zum essen und trinken einladen evtl auch.
Und es gibt auch jede Menge Gegenbeispiele: Einer aus meiner Therapiegruppe(ambulante thera...ab 18:30 Abends) musste sich hundert verschiedene Ausreden einfallen lassen, warum er dreimal die Woche keine Überstunden machen kann, nur weil er sich nicht outen wollte. Und das war ganz mies: ständig das Gefühl sich entschuldigen zu müssen für...für was eigendlich? ach ja das durfte er ja auch nicht sagen. Den Job hat er dann trotzdem verloren
Ich mach das, weil es mich schützt. Regelmäßige Therapiestunden lassen sich nicht einfach verheimlichen und warum sollte ich meinen Vorgesetzten permanent anlügen?(das habe ich übrigens während ich getrunken habe gemacht..ist wie ein altes Schema). Wenn ich mit ihm rede und ich sag, ich mach die Kur oder was weiß ich um weiter an mir zu arbeiten und gesund und arbeitsfähig zu bleiben, was will er denn da meckern(und wenn, es geht um MEINE Gesundheit)? ICH hab auch immer die Erfahrung gemacht, dass die dann sagen: jou, mach das! Find isch joot! oder so ähnlich
Aber natürlich liegt es an dir zu entscheiden WEM du das sagst. Du musst es dir nicht an die Haustür heften
Und es gibt auch jede Menge Gegenbeispiele: Einer aus meiner Therapiegruppe(ambulante thera...ab 18:30 Abends) musste sich hundert verschiedene Ausreden einfallen lassen, warum er dreimal die Woche keine Überstunden machen kann, nur weil er sich nicht outen wollte. Und das war ganz mies: ständig das Gefühl sich entschuldigen zu müssen für...für was eigendlich? ach ja das durfte er ja auch nicht sagen. Den Job hat er dann trotzdem verloren
Grüße Axel[/b]
Hallo Axel, also da hätte ich aber meinem Arbeitgeber gegenüber kein Problem. Ich hätte einen Arzttermin. Das wäre dann so. Ich habe mal eine Hypnosetherapie gemacht und musste regelmäßig dort hin und auch relativ früh vom Arbeitsplatz weg. Ich habe einen Arzttermin, habe ich gesagt und mit meinem Chef habe ich ein gutes Vertrauensverhältnis und es war ok.
Viele von uns leiden darunter, dass unsere Krankheit nicht als solche anerkannt wird,obwohl es seit 1968 in der WHO Verordnung als hirnstoffwechselkrankheit anerkannt ist.
Auf der anderen Seite, wenn wir uns so verhalten, dass wir uns den Stiefel anzeihen, haben wir auch einen Anteil daran.
Es geht hier NICHT darum, es auf die Stirn tätowieren zu lassen, aber wenn ich direkt drauf angesprochen werde und druckse herum, oder ich gebe vor wegen Depressionen behandelt zu werden - und jeder weiss das es der Alk ist-
dann impliziert ja meine eigene Reaktion, dass ich mit der Meinung der Gesellschaft konform gehe und etwas habe wofür ich mich schämen mmuss.
Ich habe Kontakte zu Alkis in Kanada und USA, dort wird selbstverständlicher damit umgegangen,, wenn Du dort erzählst Du bist Alki wird das nicht abwertender aufgenommen als wenn Du erzählst Du leidest an Rheuma.
Davon sind wir hier leider sehr weit entfern, eine gesunde Öffentlichkeitsarbeit halte ich deswegen für wichtig.
LG LOTTA
Ohne meine Umwege wäre ich prompt an mir vorbeigelaufen....
ZitatIn diesem Forum wird es als sehr wichtig angesehen, dass die ganze Welt wissen soll, dass man Alki ist, damit alle schön Rücksicht nehmen oder einen in Ruhe lassen.(Ok, das war übertrieben, aber in die Richtung geht es…)
ich glaube das hängt mit meiner eigenen akzeptanz für meine erkrankung zusammen...es muss wirklich nicht die ganze welt wissen, dass ich süchtig bin...aaaber...meinetwegen kann es ruhig die ganze welt wissen...es interessiert mich nicht...wichtig ist für mich nur,dass ich mir meiner sucht und der problemattik die damit einhergeht bewusst bin...solange das gegeben ist... gehe ich sorgsam mit mir um und nur das zählt für mich...
so ganz nebenbei habe ich bis heute nicht einmal eine negative rückmeldung bekommen wenn ich offen darüber gesprochen habe...sogar in dem bewerbungsgespräch für meinen jetzigen job hab ich es nicht verheimlicht und bin trotzdem eingestellt worden... das geht sogar soweit...dass ich in einer supervision schonmal gefragt wurde wie ich in bestimmten konfliktsituationen aufgrund meiner therapie- und abstinenzerfahrung reagieren würde... meine anwort auf diese frage wurde von dem supervisor als beispielhaft auch für nicht süchtige kollegen/innen bewertet...
"In diesem Forum wird es als sehr wichtig angesehen, dass die ganze Welt wissen soll, dass man Alki ist, damit alle schön Rücksicht nehmen oder einen in Ruhe lassen.(Ok, das war übertrieben, aber in die Richtung geht es…)"
Also "DAS FORUM" an sich gibt es ja gar nicht, nur die Leute, die hier posten. Und wenn sehr viele der Leute hier schreiben, ihnen tut es gut, sich zu outen, ist das doch ok.
Ich muss selbst für mich entscheiden, wie ich damit umgehe und kann diese Tatsache ja in meine Entscheidung mit einbeziehen.
Bei mir ist es inzwischen so, dass ich es gar nicht mehr als "outen" empfinde, wenn ich bei irgendeinem Anlaß alkoholische Getränke ablehne mit dem einfachen Satz "Danke, ich hätte gerne lieber einen Orangensaft". Manchmal sage ich auch "Danke, ich trinke keinen Alkohol", das klingt dann ein bissel mehr nach "Outen".
Was ich mir nach wie vor gut überlege, sind Sätze wie "Danke, für mich bitte keinen Alkohol, ich bin trockener Alkoholiker". Ich finde, das muss nicht sein, und ein gewisses Risiko, dass der Schuß nach hinten losgeht, besteht glaube ich schon.
Ein Ausnahme sind übrigens für mein Empfinden Anlässe wie z.B. Silvester. Da ist es in der Gesellschaft sowas von üblich, das Glas Sekt zum Neujahr zu trinken, dass man irgendwie "auffällt", wenn man das nicht macht. Heuer z.B. war ich wieder in einer größeren Gesellschaft, und zu Mitternacht hat der Wirt allen das Glas Sekt eingeschenkt, nur ich hatte als einziger (glaub ich...:grins2 Orangensaft getrunken. So empfinde ich es, muss aber sagen, dass mir auch diese Situation inzwischen (fast) nix mehr ausmacht. Wenn ich ein größeres Problem damit hätte, würde ich zu Silvester eben daheim bleiben. Nachgefragt hat übrigens auch niemand.
Grundsätzlich glaube ich, dass das Thema "Outen" mit zunehmender Dauer der Trockenheit an Bedeutung verliert, zumindest bei mir ist das so.
[ Editiert von grufti am 09.01.10 17:09 ]
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)
Grundsätzlich glaube ich, dass das Thema "Outen" mit zunehmender Dauer der Trockenheit an Bedeutung verliert, zumindest bei mir ist das so.
[ Editiert von grufti am 09.01.10 17:09 ][/b]
genauso isses bei Mir auch (nach nicht mal 2 Jahren) eigentlich schon...So viele neue Leute lerne (ich jedenfalls) ja nun auch nicht kennen, dass ich Mir ständig um´s Outen irgendwelche Gedanken machen müsste.
Die Aufklärung hat sich mehr oder weniger alles im ersten Jahr meiner Abstinenz erledigt....und bei dem kläglichen Rest ergibt sich das meistens ganz von selbst, "ohne extra outing," weil die merken, dass ich mich bei Feierlichkeiten auf einmal bis zu später Stunde mit denen vernünftig unterhalten kann...was ja früher unmöglich war...
oder es interessiert die Beteiligten ganz einfach nicht...wenn ich´s für mich behalte...
das was Du geschrieben hast seh ich auch so. Wir können nicht auf der einen Seite jammern, unsere Krankheit wird nicht anerkannt, und auf der anderen Seite es verbergen.
Das heisst NICHT, dass man es allen erzählen muss! Aber ich habe es nicht nötig, Magenprobleme vorzutäuschen, aus Angst, es kommt raus, was ich habe. Damit giess ich ja denjenigen Öl ins Feuer, die Alkoholismus für Charakterschwäche halten.
LG LOTTA
Ohne meine Umwege wäre ich prompt an mir vorbeigelaufen....
da ich in der letzten zeit ja mehr in irgendwelchen krankenhäusern und irgendwelchen arztpraxen zubringe (bin gestern erst wieder aus dem kh entlassen worden :sauer2, gehört es schon zu meiner "geschichte", die jeder arzt anfangs zu hören kriegt. hatte ich da vor einiger zeit schon noch so ein bissle ein komisches gefühl bei diesem "outen", gehts mir mittlerweile sehr locker über die lippen. bei irgendwelchen anderen anlässen, sag ich auch einfach "nein, danke", wenn mir alk angeboten wird, oder ich hab schon öfter in gesprächen gesagt, dass ich nie alk trink. meisst kommt dann "ECHT????" und das wars dann.
Als mein Entschluß feststand,eine LZT zu machen habe ich allen näheren Bekannten und auch Nachbarn davon erzählt,schon um Frau und Tochter die Fragerei zu ersparen,wo ich den sei,oder,den Hans hab ich schon lang nicht mehr gesehen usw.Auch jetzt gehe ich sehr offen damit um,zB.Wenn ich mal zum Essen in ein Lokal geh,frag ich nach ob da Alkohol drin ist,daß gleiche wenn ich mir wo ein Stück Kuchen zum Kaffee bestelle.Ich bin was mich anbelangt sehr vorsichtig damit,hab aber kein Problem,wenn ich irgendwo hinkomm und es wird Alkohol getrunken.Mich würde es eher furchtbar aufregen,bei jedem Schluck Wasser den sie trinken,mit dem Hintergedanken,daß sie das nur wegen mir tun.Es wird mir jetzt keiner glauben hier,aber ich hatte seit meiner LZT bis jetzt noch nicht einmal das Verlangen nach Alkohol(worüber ich sehr froh bin).Es war mein eigener Entschluss,die Thera zu machen und es ist mein Ding wie ich im Nachhinein damit umgehe und so lange es mir mit dieser Methode gutgeht,sehe ich keinen Grund etwas daran zu ändern.
Alle glaubten es geht nicht,bis einer kam und es einfach tat!