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Saufnix  
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Dieses Thema hat 32 Antworten
und wurde 2.407 mal aufgerufen
 Deine eigene Alkoholkarriere
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wonder123 Offline



Beiträge: 13

22.02.2010 22:20
RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo liebe saufnixe,


Ich bin ich möchte mich bei euch gerne vorstellen. Ich bin seit langer Zeit trockene Alkoholikerin. Ich bin jung abhängig geworden, ich denke, mein Trinkverhalten war schon mit 17 abhängig. Mit 22 bin ich trocken geworden.

Das Ganze ist nun schon eine Weile her, und leider habe ich jetzt zum ersten Mal einen "Hänger" in meiner zufriedenen Trockenheit. Ich hadere damit, diese Krankheit zu haben, frage mich manchmal: war es denn wirklich sooo schlimm? (War es!). Es ist, als wolle mich das Suchtgedächtnis nach so langer Zeit wieder locken. Nicht gerade förderlich ist es, dass mich einige meiner Bekannten/Freunde, die mich aus der damaligen Zeit nicht kannten, mehrmals darauf angesprochen haben, ob "ich es nicht übertreibe, ein Glas Sekt könnte ich doch heute trinken, ich wäre doch nach so langer Trockenheit gefestigt".

Ich war sehr lange zufrieden trocken, im Gegenteil, ich dachte immer: wieso hast du so ein Glück? Mich hat auf Feiern nicht gestört, wenn andere was tranken, ich habe es eigentlich nicht wirklich wahrgenommen! Ich wusste felsenfest: ich will nicht. Ich hatte keinerlei Suchtdruck, ich weiß noch, das in unserer Gruppe etliche Rückfälle waren, und die konnten sich das oft nicht erklären. Ich habe immer versucht, das nachzuvollziehen, konnte es aber nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie in Gottes Namen man einfach so (scheinbar) wieder zu trinken anfangen konnte, nach jahrelanger Abstinenz!
Ich muss aber auch sagen, dass ich viele Jahre einfach trocken gelebt habe, ohne mich noch groß mit meiner Abhängigkeit auseinanderzusetzen. Auch in der Gruppe haben wir meist über Alltägliches gesprochen.

So seit etwa einem Jahr, vielleicht auch schon länger, hat sich irgendwie was verändert bei mir. Es fing schleichend an. Ich stellte fest, dass ich mich irgendwie mit mir alleine nicht mehr wohlfühle, ich kann mich in Ruhezeiten (die nicht oft sind) oft gar nicht entspannen, ich weiß nicht mal, was mir wirklich Spaß machen würde oder mich entspannen würde, oder woran ich einfach Freude hätte. Ich nehme mir immer sehr viel vor, obwohl es wirklich in Stress ausartet.
Mittlerweile stört es mich auch, dass auf Feiern alle anderen was trinken, wenn auch sehr gesittet. Aber ich kann ja niiiiiie einen Sekt mittrinken (völlig neu für mich, diese Jammereinstellung!). Dazu kommt, dass ich fast ein bisschen belächelt werde (denke ich), dass ich so konsequent nichts trinke. Das ist nicht mal böse gemeint, die Leute akzeptieren es auch, bieten mir nichts an. Aber ich fühle mich trotzdem aussen vor. Mir kommt das Nichttrinken dann wie ein Verlust vor, und es ist dann immer große Überzeugungskraft vom Verstand nötig, dass ich es halt nicht darf! Mein Bauch sagt mir, dass ich in einer kippligen Situation bin, und ich will auch nichts trinken, aber dennoch kreisen die Gedanken daran öfter, als mir lieb ist. Es ist dann richtig zwanghaft. Dann höre ich wieder von Leuten, die es geschafft haben, heute kontrolliert zu trinken, und frage mich, ob das was für mich wäre. Dabei habe ich Riesenangst davor. Und warum will ich das überhaupt???

Ich habe Angst, jetzt irgendwann aufgrund meiner momentanen Unzufriedenheit alles hinzuschmeißen und rede mir manchmal ein, vielleicht muß ich es jetzt ausprobieren, um für mich zu klären, wo ich stehe. Obwohl ich es im Inneren eigentlich weiß...

Ich möchte gerne wieder zufrieden trocken sein. Ich weiß, dass es geht!
Aber ich weiß nicht, wie ich die Gedankenspiele in meinem Kopf beenden soll...
Ich freue mich auf eure ehrlichen Antworten, ich habe mich auch schon eingelesen und einige Geschichten haben mich sehr an meine momentane Situation erinnert.

So, das war es erst mal,

liebe Grüße

wonder123


dry68 ( gelöscht )
Beiträge:

22.02.2010 23:00
#2 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo wonder123 und hier bei Saufnix

Zitat
Gepostet von wonder123
Ich hadere damit, diese Krankheit zu haben, frage mich manchmal: war es denn wirklich sooo schlimm? (War es!).

Diese Frage kann Dir keiner beantworten, außer Du selbst.

Jedenfalls war es so schlimm, dass Du irgendwann beschlossen hast, abstinent zu leben.

Zitat

Dann höre ich wieder von Leuten, die es geschafft haben, heute kontrolliert zu trinken, und frage mich, ob das was für mich wäre. Dabei habe ich Riesenangst davor. Und warum will ich das überhaupt???

Deine Angst ist m.E. auch völlig berechtigt.

Denn: Willst Du es denn überhaupt?
Du willst trinken, das ist amtlich. Aber das mit der "Kontrolle" ist reines Wunschdenken und kannst Du gleich vergessen, wenn Du wirklich Alkoholiker bist.

Frage dich lieber: Warum will ich jetzt auf einmal wieder trinken? Nur um Mir zu beweisen, das ich evtl. doch nicht soo schlimm dran bin? Das ist ein sehr hoher Preis, den Du für diese "erneute eigene Erkenntnis" bezahlen würdest.

Denn jemand Anderem bist Du ja keinen Beweis diesbezüglich schuldig, oder?


Denk mal drüber nach, und komm zur Besinnung, ob es das Wert ist.


Gruß
Dirk


grufti Offline




Beiträge: 3.769

22.02.2010 23:12
#3 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo wonder123,

herzlich willkommmen hier!

Gut finde ich schon mal, dass du schreibst, bevor du trinkst!

Ich weiß nicht, wie lange du schon trocken bist, aber mit 22 Jahren trocken werden und das auch "durchhalten" bei all dem Gruppenzwang, dem man in diesem Alter noch unterworfen ist (meistens jedenfalls), finde ich toll.

Ich selbst bin erst 3 Jahre trocken.

Ich besuche eine SHG, in der sich regelmäßig Entgiftungs-Patienten einer Klinik vorstellen. Da sind viele dabei, die in ähnlichen Situationen wie deiner wieder hingelangt haben.

Mir hilft der regelmäßige Blick auf diejenigen, die den trockenen Weg eben erst beginnen. Das hat bei mir solche "Gelüste" wie bei dir zur Zeit, wirksam verhindert.

Ich weiß nicht, ob du eine Therapie gemacht hast, aber ich würde, wenn mich solche Gedanken zu sehr belasten, zur Suchtberatung gehen.Was hindert dich daran, einige Therapiestunden zu nehmen?

"...und rede mir manchmal ein, vielleicht muß ich es jetzt ausprobieren, um für mich zu klären, wo ich stehe."

Ich glaube, wenn du nichts machst, wirst du es irgendwann auch ausprobieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Folgen fürchterlich sind, ist groß.

Steht das dafür, noch dazu, wenn du vom Grundsatz her zufrieden trocken bist???

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


u1953we Offline




Beiträge: 4.223

22.02.2010 23:15
#4 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

hallo wonder,

herzlich willkommen hier.
was du beschreibst, hab ich hinter mir. ich kenne die gefühle, die du hast.
ich kenne aber auch das ergebnis, wenn man sich gehen läßt, wenn man dem saufdruck nachgibt.
ich weiß nichts über dein alter, aber wahrscheinlich bist du noch unter 30. und da hat man in der regel noch das leben vor sich. du spielst mit dem gedanken endlich wieder mal trinken zu dürfen, müssen. laß es, sonst geht es dir so wie mir. ich habe nach 7 abstinenten jahren alles über bord geschmissen, und habe wieder angefangen. warum, du hast es beschrieben.
suche dir hilfe, du kennst es ja. das schreiben hier hilft auch.
bleib am ball.

lg uwe


grufti Offline




Beiträge: 3.769

22.02.2010 23:18
#5 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Noch was...

"Dann höre ich wieder von Leuten, die es geschafft haben, heute kontrolliert zu trinken,"

Kennst du einen Menschen persönlich, der schon mal süchtig getrunken hat, der heute kontrolliert trinken kann?

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


wonder123 Offline



Beiträge: 13

22.02.2010 23:40
#6 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo Dirk,Grufti und Uwe,

vielen Dank für Eure Antworten!

Ich bin seit 15 Jahren trocken, also schon eine sehr lange Zeit, und es war die beste Zeit meines Lebens!

Mir ist klar, dass mein Trinkwunsch Gründe hat. Ich empfinde mein Leben zur Zeit als belastend, obwohl ich eigentlich alles erreicht habe, was ich mir immer gewünscht habe. Mann geheiratet (trocken!), Kinder bekommen, immer nett und adrett gekleidet, in gehobener Schicht, und keiner sieht mir heute noch an, wo ich einmal stand. Was der Alkohol in kurzer Zeit aus mir gemacht hatte!

Ich fühle mich innerlich einfach leer, als wäre es nicht mein Leben, sondern das einer anderen. Ich sehe bei anderen, wie sie bei Feiern aus sich rausgehen und mit Alkohol den Alltagsstress auch mal vergessen. Und ich komme bei meinem eigenen Stress nicht mehr runter!

Ich kenne nun wirklich die zufriedene Abstinenz. Ich habe keinen Gedanken an Alkohol mehr verschwendet! Ich wollte nicht, und fertig! Und ich war ein Wrack, seelisch wie körperlich, als ich damals in die Klinik zum Entzug eingeliefert wurde. An diesen Tiefpunkt möchte ich nie mehr kommen.

Um diese Trinkwünsche zu ergründen, mache ich jetzt seit 2 Monaten eine Gesprächstherapie. Bisher habe ich für mich herausgefunden, dass ich mich sehr oft selbst entwerte und mich durch meinen Perfektionismus selber ziemlich unter Druck setze.

Diese Gedanken habe ich vor allem, seit eine eigentlich enge Freundin mich mehrmals ansprach, dass ich doch heute mal einen Sekt trinken könnte, ich wäre doch so gefestigt...

Aber das habe ich schon öfters gehört, und früher wusste ich, nein, du kannst das nicht!

Ich lasse mich viel zu sehr von aussen beeinflussen, gehe nach den Wertvorstellungen von anderen, und gerade in den gehobenen Kreisen gehört es einfach dazu, was zu trinken. Ich glaube, dieser (vermeintliche) Anspruch von aussen macht mir zu schaffen!

Lieber Uwe, ich persönlich kenne keinen Fall, der heute kontrolliert trinken will. Alles hörensagen...

Ich freue mich weiter, mit euch schreiben zu dürfen, es tut gut, sich mit "Gleichgesinnten" auszutauschen!

Gruß wonder123


grufti Offline




Beiträge: 3.769

22.02.2010 23:59
#7 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

hi,

"ich persönlich kenne keinen Fall, der heute kontrolliert trinken will."

...also Leute, die gerne wieder kontrolliert trinken wollen, da kenne ich viele.

aber kontrolliert trinken können, darum gehts...

Unser Gruppenleiter war übrigens 16 Jahre trocken und hat sich dann die nächste Runde verpasst. 3,5 Jahre hat die gedauert, bis er wieder den Absprung vom Karussel geschafft hat.

Wie auch immer, es ist Mitternacht und du hast wieder 24 Stunden trocken verbracht (und ich auch).

In diesem Sinne, alles Gute!

Liebe Grüße vom Grufti!
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)


obi68 Offline



Beiträge: 2.165

23.02.2010 00:37
#8 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo Wonder,

Zitat
Gepostet von wonder123
Ich fühle mich innerlich einfach leer, als wäre es nicht mein Leben, sondern das einer anderen.



Der Satz ist mir sofort ins Auge gesprungen.

Was hindert dich daran, dein Leben so zu leben, daß es dich ausfüllt, das zu tun, was dir Freude macht, einfach Du selbst zu sein?
Oder anders gefragt: was befürchtest du, könnte passieren, wenn du es tätest?

Sei dir bewußt, daß es DEIN Leben ist und daß du nur das Eine hast. Und nur du kannst es leben und wenn du dabei nicht zufrieden bist, welchen Sinn hat es dann? Sei dir etwas wert!


Elefantino Offline




Beiträge: 4.209

23.02.2010 07:00
#9 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von wonder123


Mir ist klar, dass mein Trinkwunsch Gründe hat. Ich empfinde mein Leben zur Zeit als belastend, obwohl ich eigentlich alles erreicht habe, was ich mir immer gewünscht habe. Mann geheiratet (trocken!), Kinder bekommen, immer nett und adrett gekleidet, in gehobener Schicht, und keiner sieht mir heute noch an, wo ich einmal stand.




Moin, wonder!

Erstmal auch von mir herzlich bei Saufnix!

Obwohl ich kein Freund davon bin, Beiträge akribisch in therapeutischer Art sprachlich auszudeuten, fällt mir das "eigentlich" gerade auf. Kann es sein, dass Du Dir vom Leben doch noch etwas anderes gewünscht hast? Dass es letzendlich gar nicht Dein Wunsch ist, nunmehr auf den Feiern der "gehobenen Schicht" mal mittrinken zu dürfen, sondern dass Dich diese Feiern schlichtweg langweilen, und Du viel lieber ein paar verschüttete Träume verwirklichen würdest?

Bei Männern würde man das wohl Midlife-Crisis nennen...

Also ich vermute, dass Du nicht schlagartig mit Deiner Trockenheit unzufrieden geworden bist, sondern vielmehr schleichend mit Deinem Leben. Da wäre dann eine Bestandsaufnahme angesagt, vielleicht machst Du die gesprächsweise ja in Deiner Therapie schon, bezüglich Lebenssituation, Ehe etc. pp.
Gerade ein Leben, das stark durch Erwartungen von außen geprägt ist ( immer adrett gekleidet usw. ) verlangt möglicherweise auch mal nach ein wenig Selbstverwirklichung ( sprich Analyse und Verwirklichung der eigenen Wünsche... )

Nur ein paar Gedanken...


LG

Christoph

Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche


F.W. Bernstein


Inessi Offline



Beiträge: 4.791

23.02.2010 07:24
#10 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo wonder,

und herzlich .

Ich denke wie Elefantino, dass eine Gesprächstherapie dir vielleicht helfen könnte, zu erkennen,
was dir fehlt in deinem Leben.
Dieses "Loch" mit Alkohol zu füllen -auch (vermeintlich) kontrolliert- wird dein Leben nicht lebenswerter machen.

Zitat
Ich sehe bei anderen, wie sie bei Feiern aus sich rausgehen und mit Alkohol den Alltagsstress auch mal vergessen.


Der Stress ist aber am nächsten Tag noch da, und der evtl. verkaterte Schädel machts noch schlimmer, und wieder "braucht´s" dann Alkohol, um den Stress zu vergessen. So funktioniert das aber nicht, im Gegenteil, da wird wieder ein kranker Kreislauf in Gang gesetzt, die Abwärtsspirale. Zumindest wäre das bei mir Süchtigen so.

Liebe Grüße.


wonder123 Offline



Beiträge: 13

23.02.2010 08:15
#11 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Guten Morgen,

hi Grufti!

"ich persönlich kenne keinen Fall, der heute kontrolliert trinken will."

...also Leute, die gerne wieder kontrolliert trinken wollen, da kenne ich viele.


Ohje, da sieht man mal, wo der Hase langläuft! Natürlich sollte es heißen: der heute kontrolliert trinken kann!

an obi68:
Wenn ich so drüber nachdenke, dann weiß ich, wenn ich denn mal Zeit für mich habe, gar nicht mehr, was mir Spaß machen würde. Das war nicht immer so, ich habe mir in den letzten Jahren nur viel zu viel angehäuft. Jetzt versuche ich das abzubauen, aber das Gefühl der Unzufriedenheit bleibt. Da bin ich jetzt dran, nur stören mich diese "Anfälle" meines Hirnes, das mit Trinken alles viel einfacher und schöner sein könnte. Obwohl es bei mir schon lange her ist, sind meine seelischen und körperlichen Reaktionen dann sofort voll da, so wie früher.
Also zwanghaftes Kreisen um Alkohol (gehts-gehts nicht?), trockener Mund, Druck im Bauch, schneller Herzschlag, Händezittern...). Ich merke also, dass ich nicht und nie damit normal werde umgehen können.
Nur einige Beispiele, was mir das längst tot geglaubte Suchtteufelchen einreden möchte:
- ist doch so lange her...
- du warst doch so jung, da kann man gar nicht abhängig werden...
- du bist doch heute gefestigt, hast dein Leben im Griff...
- wenn du merkst, es wird zuviel, dann hörst du wieder auf...(als wenn das so einfach wäre!)
- und, und, und,

Hallo Christoph,

Also ich vermute, dass Du nicht schlagartig mit Deiner Trockenheit unzufrieden geworden bist, sondern vielmehr schleichend mit Deinem Leben. Da wäre dann eine Bestandsaufnahme angesagt, vielleicht machst Du die gesprächsweise ja in Deiner Therapie schon, bezüglich Lebenssituation, Ehe etc. pp.
Gerade ein Leben, das stark durch Erwartungen von außen geprägt ist ( immer adrett gekleidet usw. ) verlangt möglicherweise auch mal nach ein wenig Selbstverwirklichung ( sprich Analyse und Verwirklichung der eigenen Wünsche... )


Jawoll, genau so isses gewesen. Wenn ich zurückblicke, dann geht diese latente Unzufriedenheit schon seit ca. 3 Jahren.
Da werde ich in der Therapie dran arbeiten müssen.

Hallo Inessi,

bei mir als Süchtiger wäre am Morgen nach dem Trinken gewaltiger Stress angesagt, allein, wenn ich mir vorstelle, ich müsste versuchen, mich ständig zu kontrollieren, wird mir ganz schlecht. Außerdem habe ich in den 15 Jahren mein Umfeld so geimpft (einmal süchtig, immer süchtig), dass alle sofort einschreiten würden, wenn ich mich hinsetze und gemütlich einen zwitschere. Vor allem mein Mann ist zur Zeit in erhöhter Alarmbereitschaft! Ich natürlich auch.

Gruß

wonder123


septembersonne Offline




Beiträge: 5.747

23.02.2010 08:31
#12 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo, Wonder und !


Danke für Deinen Eingangsbeitrag, der mich sehr berührte.

Ich bin seit über 2 Jahren zufrieden trocken und ich habe mich von Anfang an mit meiner Suchterkrankung und auch mit meinem Leben auseinandergesetzt....was ist schiefgelaufen, warum bin ich nicht so alltagstauglich wie Andere,was habe ich mit dem Alk zu deckeln versucht, welche Leere zu füllen.

Kein Suchtmittel der Welt wird je diese Leere füllen, aber ich habe etwas gefunden was mich zufrieden werden läßt jeden Tag...Freude..., Freude das ich lebe, Freude das es mir und meinen Lieben gut geht, Freude über tausend kleine Dinge im Alltag, die es zu entdecken gibt.

Alles was ich nach meinem letzten Sauftag getan habe, habe ich mit freudiger Erwartung getan und so lerne/lebe ich jeden Tag auf´s Neue mit freudiger Erwartung.

Bisher hatte ich keinen Rückfall,aber in meinem Suchtkrankenhelferlehrgang habe ich erfahren dürfen, was ich im Falle des Falles tun kann, um dem entgegenzuwirken.

1. Ich komme in eine Risikosituation und mache in Gedanken einen Schritt zur Seite,damit durchbreche ich mein automatisches Denken und Handeln.

2. Ich schaffe mir Platz/Raum zum Überlegen. Ich sage mir: nun mal langsam, du hast Zeit zum Überlegen!

3. Was ist los? Mit wem und was habe ich es zu tun? Wie nehme ich die Situation wahr und wie nehme ich mich selbst wahr?

4. Ich kann es schaffen! Ich bestärke mich und mache mir Mut.

5. Was kann ich tun? Welche Möglichkeiten habe ich?

6. Ich entscheide mich und mache mir einen Plan.

7. Ich kann mit meinen Einfällen, meinem Plan, meinem Vorgehen zufrieden sein.


Das ist bei mir theoretisch "verankert", wie es in der Praxis in einer Risikosituation aussieht,wenn meine zufriedene Trockenheit kippelt und mein Suchtgedächtnis mir "einflüstert"..."nur mit Alkohol geht es dir besser" nun, das werde ich dann sehen.

Auf jeden Fall ist es wichtig zu schauen, warum/wehalb bin ich unzufrieden, was (außer Alkohol) könnte mir helfen?

Manchmal tut ein "Tapetenwechsel" eine Auszeit gut, in der ich über mich und meine Lebenssituation nachdenken kann, was sollte ich/sich verändern... und auch Mut zur Veränderung zu haben.

Kontrolliertes Trinken ist für mich nicht möglich, ich war immer auf die Wirkung aus, wenn bei Feiern Menschen neben mir sich mit einem Glas Sekt7Wein entspannen können, oder sich volllaufen lassen, ach dann freue ich mich dies nicht mehr zu spüren.


LG

Manuela

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Das Leben ist schön, von " einfach " war nie die Rede.


Friedi Offline



Beiträge: 2.617

23.02.2010 09:17
#13 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo wonder 123,

willkommen auch von mir.

Mir scheint, deine Freundin, die sagt, du könntest doch heute mal einen Sekt trinken, du wärst doch so gefestigt, ist der Meinung, kontrolliert trinken zu können ist eine Frage des Willens.

Wie ich lese, ist dir aber vollkommen klar, dass das eine Glas ein unwiderstehliches Bedürfnis zum Weitertrinken auslösen würde, dem du über kurz oder lang nachgeben würdest.

Du willst nicht wirklich trinken, hast aber deine Freude am abstinenten Leben verloren und fühlst dich ausgegrenzt. Ich habe selbst keine Erfahrung mit Therapie, denke aber, dass du mit dieser Hilfe herausfinden kannst, was dein Lebensgefühl zur Zeit so beeinträchtigt. Sehr aufschlussreich finde ich dabei die Erkenntnis, die du schon gewonnen hast: "Bisher habe ich für mich herausgefunden, dass ich mich sehr oft selbst entwerte und mich durch meinen Perfektionismus selber ziemlich unter Druck setze."

Wenn ich von außen betrachte, was du alles geschafft hast, bin ich der Ansicht, du hast allen Grund, dich dafür zu lieben und zu loben. Perfektionismus hat etwas Zwanghaftes. Da gibt es bestimmt Methoden, wie du lernen kannst, mal fünfe gerade sein zu lassen. Ich rufe mir da oft den Gelassenheitsspruch ins Gedächtnis (u.a. Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann).
Aber warum entwertest du dich? Gibt es da einen Zusammenhang mit deiner Alkoholkrankheit?

Friedi

____________________________________________________________________________________________________
Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können.
Marc Aurel


dry68 ( gelöscht )
Beiträge:

23.02.2010 10:10
#14 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Moin wonder

Zitat
Gepostet von wonder123


Ich lasse mich viel zu sehr von aussen beeinflussen, gehe nach den Wertvorstellungen von anderen, und gerade in den gehobenen Kreisen gehört es einfach dazu, was zu trinken. Ich glaube, dieser (vermeintliche) Anspruch von aussen macht mir zu schaffen!

Ja, leider ist das so. Aber nicht nur in den "gehobenen Kreisen".

Diese allgemein eingebrannte Meinung:
ohne Alkohol = kein Spaß
Ich habe aufgegeben dies zu widerlegen. Sollen die "Anderen" doch ruhig denken, ich habe zu fortgeschrittener Stunde nicht so viel Spaß wie sie bei einer Feierlichkeit, nur weil ich jetzt nicht mehr über ein und den selben Witz 3 mal lachen muss

Spaß habe ich trotz meiner 0,0 meistens mehr wie "allgemein" vermutet wird


Gruß
Dirk


Lauralisja Offline




Beiträge: 1.674

23.02.2010 13:40
#15 RE: trocken bleiben Zitat · Antworten

Hallo wonder,

ich finde es gut, Dich hier zu lesen. Und ich glaube nicht, das Du trinken willst, da steckt was anderes dahinter.

Spannend ist, das sie nach so langer Zeit wieder da ist, die Verlockung auf eine vermeintlich einfache Lösung. Ich kenn das auch von mir und anderen langjährig trockenen.

Ich glaube auch, das Dir schon klar ist, das, selbst wenn Du anfangen könntest kontrolliert zu trinken, die Leere nicht gefüllt würde ?

Wenn ich mich so fühle wie Du es beschreibst, steckt da meist eine unangenehme Baustelle dahinter, die sich in dem Moment noch nicht offen zeigt. Wenn dann noch das Gefühl dazukommt, auf Partys nicht dazuzugehören wegen einem nich getrunkenen Sekt kann es brenzlig werden.
Im Moment habe ich dieses Problem nicht und merke während ich schreibe, wie lächerlich es scheint, nicht dazugehören zu sollen weil man ein Glas Sekt nicht mittrinkt

Aber ich kenne das Gefühl trotzdem gut, mir hilft da eine gut platzierte klare Ansage wieder für längere Zeit raus.

So ungefähr neulich:

A: na, Uta, auch ein Gläschen Sekt?
U: Nein danke.
A: och, menno, sei mal nicht so, ein Glas.
U: Du, ich trink doch gar keinen Alkohol.
A: seit wann?
U: seit 10 Jahren
A: na dann sollte ein Schlückchen heute ja nicht so schlimm sein, komm, hier.
U: Nein. Danke.

A geht ab, fühlt sich sichtlich nicht gut und hat was zum nachdenken


Die Leere ist ein größeres Problem, aber ich glaube, Du wirst weiterkommen wenn Du aufhören kannst übers trinken oder nicht trinken nachzudenken, bei mir zumindest ist das eine prima Ablenkung von Themen an die ich nicht so recht ran will oder zu träge bin, notwendige Veränderungen anzugehen. Passiert nicht bewußt, aber seitdem ich das für mich herausgefunden habe ist der Druck nicht mehr so lang und ich muss/kann schneller ins fühlen, denken, tun.

Eine Gesprächstherapie kann tatsächlich eine gute Möglichkeit sein, der Sache auf den Grund zu gehen, so eine Hilfe beim selber kennen lernen und grübeln ist nicht zu verachten.

Viele liebe Grüße
Uta

"Großer Gott, laß meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird!" Selma Lagerlöf


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