Ich habe mich lange nicht hier gemeldet. Nicht, weil ich einen Rückfall in den Alkohol gehabt hätte, sondern weil ich mich selbst verstehen musste, bevor ich mir das Leid anderer antue. Nach erfolgreichen Schaffensphasen (Beendigung des Studiums mit Auszeichnung, Preis für besonderes soziales Engagement, Preis der besten wissenschaftlichen Arbeit) war ich trotzdem nicht glücklich - und hab mich gefragt, warum? Was muss ich denn noch alles machen, um endlich zufrieden zu sein? - trocken, erfolgreich, in einer festen Beziehung, 20 kg abgenommen und wieder gutaussehend, finanziell halbwegs auf dem Dampfer, gut ins Referendariat gestartet... Und dann das Chaos - an einer Brennpunktschule mit schlechter Stimmung im Kollegium gelandet, Millionen verschiedene Meinungen gehört, wie was zu laufen habe, tausende Theorien, mein riesiger Theorie-Praxis-Konflikt, viele (wie ich es wahrgenommen habe) überforderte Menschen, eine manisch-depressive Mentorin usw.. Am Mittwoch letzter Woche kam dann der Zusammenbruch, auf einmal hatte ich eine riesige Angstattacke, wollte alles hinschmeißen und fühlte mich total überfordert - der alte Hass auf die Menschheit, auf das System - und gleichzeitig das Wissen, das Verständnis, dass dieses System für so viele Menschen funktioniert und eben für mich nicht - das alles war wieder da und ich hab mich endlich mal NICHT zugemacht, so wie ich das früher getan habe, sondern wollte das Problem lösen. Fazit: Mein Doc hat mir einen Begriff gegeben - Hypersensibilität - und auf einmal macht alles Sinn, ICH mache Sinn, mein Handeln, mein Weltschmerz, meine Ängste, meine Stärken und meine Schwächen. Die Ansprüche, die an mich gestellt werden und die ich an mich Stelle, wie mich das alles überfordert und wie ich das und mich "wegmache", mich selbst schütze und dabei gleichzeitig so unglaublich selbstzerstörerisch bin - alles das machte Sinn. Diese Erkenntnis war der erste Schritt auf dem Weg, mein Leben zu meistern. Diese tausend Puzzleteilchen haben einen Rahmen bekommen - und dieses Forum hier hat mir die ersten Teilchen gegeben. Nur musste ich erkennen, dass ich sie selbst zusammensetzen muss, weil mir das nun mal keiner abnimmt. Euch allen hier möchte ich danken - dafür, dass Ihr mir den Anstoss gegeben habt, dass ich hier so viel Energie rausziehen durfte in Zeiten der Krisen... Alles weitere werde ich jetzt angehen, weil ich mir die Zeit dafür nehme... Und ich werde Euch, die Ihr daran Teil haben wollt, berichten, wie es von Statten geht, in den gewohnten kleinen, unregelmäßigen Schritten...
Danke fürs Lesen... Und alles, alles Gute...
"How much can you really know about yourself if you've never been in a fight?" Tyler Durden
lass Dich von dem Gequasche schon gar nicht kaputt machen... ...besinn Dich wie mir angeraten auf die Realität.... ... Und ja, schweres Unterfangen... vieles... emotional zu vieles blieb aus..warum wieso auch immer... jetzt kannst aber... wenn nicht, musst Dich auch nicht schämen, bist dann halt auch nur nicht der 'Erretter', gibts den? und wer will das schon freiwillig sein???
Ein interessanter Begriff "Hypersensibilität". Die Symptome sind mir auch nicht fremd.
Komisch jedoch, dass sich diese auf ein Minimum reduziert haben, seitdem ich längere Zeit trocken bin.
Der Alk hatte bei mir den größten Anteil daran, dass es mir nur noch kacke ging. Ich stand ja unter Dauerstress, weil ich neben einer starken Abhängigkeit, die ich ja nicht wahrhaben wollte auch gleichzeitig noch auf der Arbeit den Perfekten raushängen lassen wollte. Die zahlreichen Selbstentzüge zwangen mich dann zum Stillstand.
Heute bin ich wieder belastbar und fühle mich weitestgehend wohl. Ich hab sicher ne Psychoklatsche abbekommen von dem ständigen zwanghaften Rauf- und Runterfahren. Macht aber nix, wir sind sowieso alle ein bisschen bluna hier im Kollegenkreis und ich bin von mir aus auch noch "hypersensibel".
ZitatGepostet von Tom188 gleichzeitig das Wissen, das Verständnis, dass dieses System für so viele Menschen funktioniert und eben für mich nicht
Tante Wiki beschreibt das auch recht schön:
ZitatAls Quelle der wahrgenommenen Andersartigkeit wird maßgeblich die Unverträglichkeit der eigenen Belastungsgrenzen mit dem für Zeitgenossen typischen Lebensstil genannt. Quelle Wikipedia
ZitatGepostet von Tom188 Hypersensibilität - und auf einmal macht alles Sinn, ICH mache Sinn, mein Handeln, mein Weltschmerz, meine Ängste, meine Stärken und meine Schwächen. Die Ansprüche, die an mich gestellt werden und die ich an mich Stelle, wie mich das alles überfordert und wie ich das und mich "wegmache", mich selbst schütze und dabei gleichzeitig so unglaublich selbstzerstörerisch bin - alles das machte Sinn. Diese Erkenntnis war der erste Schritt auf dem Weg, mein Leben zu meistern. Diese tausend Puzzleteilchen haben einen Rahmen bekommen - und dieses Forum hier hat mir die ersten Teilchen gegeben.
Den Rahmen hab' ich auch, das Problem ist, dass ich mir nach wie vor die Zähne daran ausbeiße, dass die Welt auf "Sensibelchen" nun mal keine Rücksicht nimmt. Die Sensibilität selbst ist ja in weiten Teilen eine neuronale Geschichte und mein hauseigenes vegetatives Nervenkostüm interessiert sich nicht die Bohne für all die wertvollen Erkenntnisse, das peakt immer noch zu den möglichsten und unmöglichsten Zeiten. Falls du da 'nen Griff dran kriegst, sag mir doch bitte Bescheid
ZitatGepostet von Tom188 Und ich werde Euch, die Ihr daran Teil haben wollt, berichten, wie es von Statten geht, in den gewohnten kleinen, unregelmäßigen Schritten
Yes please
It is no measure of health to be well adjusted to a profoundly sick society. J. Krishnamurti
Hypersensibilität im Schuldienst klingt erstmal schwierig
Von der Ausbildung her bin ich Gruppenerzieher, das ging aber auch von jeher nie wirklich gut, jedenfalls keine direkte Gruppenarbeit.
Ich krieg einfach nie genug mit, weil ich vorher "dicht" machen muss, es stürmt einfach alles ungebremst und ungefiltert auf mich ein, immer und überall. Irgendwie so, als müsste ich ständig ohne Sonnenbrille in die Sonne gucken, oder als existiere neben mir ein Presslufthammer im Dauerbetrieb.
Neben der Wahrnehmung ist Informationsverarbeitung da auch so eine Sache. Als ich im Kino die Mumie gesehen hab bin ich mit der Panikattacke meines Lebens aus dem Saal gestürzt- im aus Kinosäälen rennen hab ich Übung- als der Priester lebendig begraben wurde und der Sakrophag über ihm zuklappte. Da sass Frau Fuchs praktisch mit in der Kiste, ich kann mich da leider etwas zu sehr einfühlen
Letztlich ist es wohl wie beim "Trockensein" allgemein. Auf eigene Grenzen achten, die eigenen Emotionen möglichst bewusst haben, und Nischen suchen, im Zweifelsfall auch beruflich.
Eine -absichtlich herbeigeführte - Auswirkung bei mir ist auch ein ewiges Informationsdefizit, wer schon im Kino zusammenklappt kommt mit dem realen Horror der Welt echt schlecht zurecht. Anders siehts aber bei Dingen aus auf die ich Einfluss nehmen kann. Ist ja nicht so, daß in der Erlebniswelt eines ehemaligen Heimerziehers der "reale Horror" keine Rolle spielte. Wobei ich den Beweis, daß das auch ohne Alkfilter gehen wird noch irgendwann nachlegen muss.
Um mir ein wenig die Wartetzeit auf einen Tagesklinikplatz zu verkürzen (und vor allem auch um meinen guten Willen zu zeigen) mach ich seit letzter Woche ein "gruppenbasierendes ambulantes Intensivprogramm zur Verbesserung der Stress-Selbstwert- und Emotionsregulation" (TEK) Ob das was bringt- werde ich sehen. Auf jeden Fall hab ich jetzt Gelegenheit meine Vorurteile gegenüber jeder Form von Gruppen mal zu prüfen. Ist ja auch schon was
ZitatGepostet von Tom188 -der alte Hass auf die Menschheit, auf das System - und gleichzeitig das Wissen, das Verständnis, dass dieses System für so viele Menschen funktioniert und eben für mich nicht -
Schon mal die Waldorfschulen näher angeguckt? Erziehung zur Freiheit und so? Anthroprosophische Schulen brauchen dringend mehr guter Lehrer, find ich
Den Rahmen hab' ich auch, das Problem ist, dass ich mir nach wie vor die Zähne daran ausbeiße, dass die Welt auf "Sensibelchen" nun mal keine Rücksicht nimmt. Die Sensibilität selbst ist ja in weiten Teilen eine neuronale Geschichte und mein hauseigenes vegetatives Nervenkostüm interessiert sich nicht die Bohne für all die wertvollen Erkenntnisse, das peakt immer noch zu den möglichsten und unmöglichsten Zeiten. Falls du da 'nen Griff dran kriegst, sag mir doch bitte Bescheid
Den ersten "Griff", der sich so langsam auch bemerkbar macht, hab ich mit TZI und viel Sport angepackt - das grundsätzliche Problem ist ja dieses abartig verwirrende, aber eigentlich auch tolle Sich-Einfühlen-Können... Mein prägnanter Satz dazu: Wenn ich mit meinem Autochen mit 100 km/h einen LKW überhole und der Typ im Sportwagen hinter mir mit 240 Sachen angeblasen kommt und mich von der Straße schiebt, dann kann ich seinen Ärger spüren... Mit TZI kann ich das auf das Ich, das Du und die Sache auftröseln und vor allem zu strukturieren! Das hilft mir schon - für den Anfang - ganz gut... Selbststärke daraus zu entwickeln ist eine zweite Geschichte - aber der Teil wartet nächste Woche auf mich... Hier mal mein Lit.-Tip für TZI: Klick hier
Meine bisherigen "Studien" ergeben für mich folgendes Bild: Soooo ungewöhnlich ist das nicht, selbst im Tierreich gibt es 15-20% High-sensitive-animals (High-Sensitive gefällt mir besser, da Sensibilität in unseren Breitengeraden negativ konnotiert ist) - und ne "Psycho-Klatsche" ist das erst recht nicht, weil es verdammt wertvoll ist - wenn mensch denn weiß, damit umzugehen und das System (nach Luhmann) nicht als "Nicht-zu-verändernde-Gegebenheit" annimmt. Hört sich leicht an, ist aber - und Greens, ich weiß (und fühl:zwinker1 das, ein beschissen schwerer Weg...In den letzten Tagen hör ich mir in den Momenten des Verzweifelns "meinen" persönlichen Psychohygienisten an:
ZitatGepostet von Tom188 -der alte Hass auf die Menschheit, auf das System - und gleichzeitig das Wissen, das Verständnis, dass dieses System für so viele Menschen funktioniert und eben für mich nicht -
Schon mal die Waldorfschulen näher angeguckt? Erziehung zur Freiheit und so? Anthroprosophische Schulen brauchen dringend mehr guter Lehrer, find ich
Na, ich glaub, das ist auch nicht der richtige Platz für mich... Ich erprob mich lieber in der gesellschaftlichen Realität - aber es wäre jetzt echt zu viel verlangt, das, was ich darunter verstehe, hier niederzuschreiben... Ich hab eben einen Forscherdrang, und daran halt ich mich, weil ich mich ja an irgendetwas halten muss...
"How much can you really know about yourself if you've never been in a fight?" Tyler Durden
ZitatGepostet von Tom188- wenn mensch denn weiß, damit umzugehen und das System (nach Luhmann) nicht als "Nicht-zu-verändernde-Gegebenheit" annimmt.
Ich habe das "systemisches Denken" (auch auf L. aufbauend) so verstanden, dass ein System (und das ist auch der Mensch, ein sich selbst organisierendes sogenanntes "autopoietisches System ") sich durchaus verändern kann. Allerdings - *ausschliesslich* von innen heraus. Von aussen aus kann es nur lediglich Impulse bekommen und, wenn bereit, empfangen.
Und dann dann greift zur Veranschaulichkeit der Vergleich mit dem Mobilé.
Ich hab ne Zeitlang gebraucht, um das nicht nur kognitiv zu verstehen.
Wahnsinn, welch ein Ventil sich da geöffnet hat. Ich muss das alles noch in saubere Strukturen bringen, aber ich bin endlich glücklich und verstehe mich im Bezug auf die Welt annähernd - einfach toll... Sorry, aber das musste ich jetzt mal loswerden... @Adriana: So ist es! Deswegen bin ich auch kein Aussteiger, weil ich nämlich von der Veranlagung her der Typ dafür wäre (hach, meine Surferzeiten)... Für mich war das wichtige, meine Belastbarkeitsgrenzen und die Ursachen klarzukriegen, bisher funktionierts Und da ich ein guter Schauspieler bin (immerhin hat mir das die Oma der Fallers gesagt), glaub ich dran, dass ich ein kleines Schräubchen sein kann, falls Du verstehst, was ich meine...
Euch allen alles Gute...passt auf Euch auf...
"How much can you really know about yourself if you've never been in a fight?" Tyler Durden
ZitatGepostet von Tom188 Wahnsinn, welch ein Ventil sich da geöffnet hat. Ich muss das alles noch in saubere Strukturen bringen, aber ich bin endlich glücklich und verstehe mich im Bezug auf die Welt annähernd - einfach toll... Sorry, aber das musste ich jetzt mal loswerden... @Adriana: So ist es! Deswegen bin ich auch kein Aussteiger, weil ich nämlich von der Veranlagung her der Typ dafür wäre (hach, meine Surferzeiten)... Für mich war das wichtige, meine Belastbarkeitsgrenzen und die Ursachen klarzukriegen, bisher funktionierts Und da ich ein guter Schauspieler bin (immerhin hat mir das die Oma der Fallers gesagt), glaub ich dran, dass ich ein kleines Schräubchen sein kann, falls Du verstehst, was ich meine...
Euch allen alles Gute...passt auf Euch auf...
Hey Tom kann es denn sein, dass Du Dir aus Deinem ganzen theoretischen Wissen eine Realität zusammenbaust, die genau auf Dich niemals passen wird? Sei mir nicht böse,aber was Du als "Sensibelchen" bezeichnest, könnte auch eine Form von Selbstmitleid und Märtyrertum sein, Du hast offenbar den Wunsch, etwas Grosses zu vollbringen und stösst gerade an die Grenzen, die die Gesellschaft Dir beruflich aufzeigt.Du bist erst 31 J. und denkst,Du hast schon genug Erfahrung,Dich in die Gefühle anderer Menschen hineinversetzen zu können? Ich bin zwar kein Diagnostiker, aber ich würde grob mal auf eine Tendenz zur manischen Depression tippen.Mir fallen noch 1 Dutzend anderer Dinge ein, wenn ich Dich so lese, fühlst Du Dich alleingelassen, unverstanden, abgewürgt vom Leben? Ich denke, Du solltest Dich mit Deinen "kleinen" Schritten beschäftigen und zufriedengeben,wenn Du sie erreichst, nicht sooft nach Höherem streben.Dein Forscherdrang!Dein Wunsch nach höherem Ansehen Deiner Person und Deinens Könnens,wwerden Dich, bei weitere Unerfüllbarkeit, immer unzufriedener machen. Schaue auf Deine Gefühle und nicht auf die vermeintlichen Gefühle Anderer! LG Peter
[ Editiert von Jetzisabergut am 25.03.11 1:33 ]
_______________________________________________ Ich bin,wie ich bin,die Einen kennen mich,die Anderen können mich.... C.Adenauer
Den Rahmen hab' ich auch, das Problem ist, dass ich mir nach wie vor die Zähne daran ausbeiße, dass die Welt auf "Sensibelchen" nun mal keine Rücksicht nimmt. Die Sensibilität selbst ist ja in weiten Teilen eine neuronale Geschichte und mein hauseigenes vegetatives Nervenkostüm interessiert sich nicht die Bohne für all die wertvollen Erkenntnisse, das peakt immer noch zu den möglichsten und unmöglichsten Zeiten. Falls du da 'nen Griff dran kriegst, sag mir doch bitte Bescheid
Den ersten "Griff", der sich so langsam auch bemerkbar macht, hab ich mit TZI und viel Sport angepackt - das grundsätzliche Problem ist ja dieses abartig verwirrende, aber eigentlich auch tolle Sich-Einfühlen-Können... Mein prägnanter Satz dazu: Wenn ich mit meinem Autochen mit 100 km/h einen LKW überhole und der Typ im Sportwagen hinter mir mit 240 Sachen angeblasen kommt und mich von der Straße schiebt, dann kann ich seinen Ärger spüren... Mit TZI kann ich das auf das Ich, das Du und die Sache auftröseln und vor allem zu strukturieren! Das hilft mir schon - für den Anfang - ganz gut... Selbststärke daraus zu entwickeln ist eine zweite Geschichte - aber der Teil wartet nächste Woche auf mich... Hier mal mein Lit.-Tip für TZI: Klick hier
Meine bisherigen "Studien" ergeben für mich folgendes Bild: Soooo ungewöhnlich ist das nicht, selbst im Tierreich gibt es 15-20% High-sensitive-animals (High-Sensitive gefällt mir besser, da Sensibilität in unseren Breitengeraden negativ konnotiert ist) - und ne "Psycho-Klatsche" ist das erst recht nicht, weil es verdammt wertvoll ist - wenn mensch denn weiß, damit umzugehen und das System (nach Luhmann) nicht als "Nicht-zu-verändernde-Gegebenheit" annimmt. Hört sich leicht an, ist aber - und Greens, ich weiß (und fühl:zwinker1 das, ein beschissen schwerer Weg...In den letzten Tagen hör ich mir in den Momenten des Verzweifelns "meinen" persönlichen Psychohygienisten an: