ich habe ja schon ein wenig unter akuter Hilfe geschrieben, vielleicht hat es der ein oder andere gelesen.
ZitatSeit meinem Studium 1985-89 trinke ich mal mehr, mal weniger (meist mehr, manchmal weniger). Das heißt: im Normalfall eine Flasche Wein pro Tag, wenn ich mich einschränke, was weniger, beim Ausgehen bis zu 2 Flaschen Wein. Es gab einige Trinkpausen, mehr aber auch nicht. Jetzt bin ich aber an einem Punkt angelangt, an dem ich für mich den Schlussstrich gezogen habe.
Damit ich keinen Rückfall erleide, möchte ich für mich die Gründe, die mich zum Trinken geführt haben, doch mal genauer untersuchen, damit ich nicht wieder darauf "reinfalle". Ich habe da grundsätzlich zwei Bereiche gefunden:
1. Ich trinke, weil ich mich allein und einsam fühle. Das ist bisher ziemlich häufig der Fall gewesen, und zwar auch schon lange (oder immer?). Von meinem 15. Lebensjahr an habe ich dieses Gefühl auch mit einer Sucht "zugeschüttet", und zwar dem Rauchen, erst im Studium bin ich dann verstärkt zum Alkohol übergegangen, bis 1994 habe ich auch gleichzeitig noch geraucht.
Das Einsamkeitsgefühl ist durch das Trinken natürlich nicht besser geworden, das grundsätzliche Problem ist bestehen geblieben, aber ich habe es halt zwischendurch mal nicht gemerkt.
2. Problematisch ist es bei mir auch, wenn ich unter Leuten bin. Bis gerade eben habe ich gedacht, das dieses ein ganz anderes Problem ist als das unter 1 geschilderte, hatte aber gerade den Geistesblitz, dass die beiden sich gar nicht so sehr unterscheiden. Auch unter Menschen fühle ich mich oft alleine, weiss nicht, was ich sagen, wie ich mich verhalten soll. Um hier das daraus folgende Unsicherheitsgefühl wegzubekommen, habe ich dann halt getrunken. Ich war dann zwar trotzdem immer noch allein, habe es aber zwischendurch auch nicht so sehr gemerkt.
Wenn ich mir die beiden Punkte mal so auf der Zunge zergehen lasse, werde ich noch einiges für mich tun müssen, um meine Krankheit dauerhaft zum Stillstand zu bringen. Bevor ich diese Einsamkeitsgefühle nicht auflösen kann, bin ich wahrscheinlich weiterhin gefährdet, wieder zur Flasche zu greifen.
ich glaube, dass du Gründe für eine Sucht, und somit auch für Alkoholismus extrem komplex sind, und sehr viele Faktoren zusammen kommen.
Die Hauptgründe waren bei mir aber den von dir beschriebenen sehr ähnlich. Unsicherheit, Leere, mangelndes Selbstwertgefühlt - ales einfacg wegtrinken.
Du schriebst, dass die Einsamkeit dadurch besser wurde? War das wirklich der Fall? Fühlt man sich nicht z. B. in dem Moment, in dem man verkatert aufwacht verlorener und einsamer denn je?
Und ja, du wirst sicher viel an dir arbeiten müssen, um daueraft trocken zu sein. Und du musst lernen, wie du es schaffst, mit deinen Problemen und Ängsten anders umzugehen als sie zuzuschütten. Aber nur wenn du anfängst es zu probieren, kannst du auch Erfolge sehen
vielleicht musst Du da mit professioneller Beglleitung tiefer ran.
Oft liegen Gründe in der pubertären Phase, da war z.B. bei mir viel passiert. Ja, nicht nur bei mir. Hinzu kam Stress in der Familie und mein Bedürfnis schon stark genug sein zu wollen für das was selbst erfahrene und erwachsene Menschen nur mit Bedacht schaffen.
Leider hat mich diese Masche sehr weit gebracht, ich habe mich selbst und viele andere gut belogen, ohne es zu dem Zeitpunkt zu wissen.
Damit Du Dich selbst verstehen lernst, must Du Dir Zeit geben. Den Blick zurück auf Dich wirst Du sicher finden.
Egal was war, es ist gut jetzt nicht mehr zu trinken.
ZitatGepostet von katha82 Du schriebst, dass die Einsamkeit dadurch besser wurde? War das wirklich der Fall? Fühlt man sich nicht z. B. in dem Moment, in dem man verkatert aufwacht verlorener und einsamer denn je?
Und ja, du wirst sicher viel an dir arbeiten müssen, um daueraft trocken zu sein. Und du musst lernen, wie du es schaffst, mit deinen Problemen und Ängsten anders umzugehen als sie zuzuschütten. Aber nur wenn du anfängst es zu probieren, kannst du auch Erfolge sehen
Liebe Katha,
nein, nichts ist besser geworden, im Gegenteil. Zu den Einsamkeitsgefühlen kommen noch ganz viele andere Baustellen dazu: Minderwertigkeitsgefühle, mangelndes Selbstbewußtsein, Schuldgefühle, Scham und was sonst noch alles. Nur zugeschüttet durch Alkohol, nicht, und zwar überhaupt nicht ein kleines bißchen besser
und ja, ich muss sehen, dass ich mit meinen Problemen anders umgehen. Einfach nur nicht Trinken reicht einfach nicht, das macht mich auf Dauer zu anfällig für einen Rückfall und ich werde mich wahrscheinlich nie 100 %ig sicher fühlen können, wenn ich meine Probleme nicht in Angriff nehme.
vielleicht musst Du da mit professioneller Beglleitung tiefer ran.
Hallo Agua,
ja, da sprichst Du meine momentanen Überlegungen an. Allerdings habe ich gerade eine absolute Therapiemüdigkeit... was schon Jahre in Therapie wg. Depressionen... Aber wenn ich merke, dass es anders nicht geht, werde ich es auf jeden Fall in Angriff nehmen. Bei meinem letzten Therapeuten (dem ich bisher mein Alkoholproblem aber verschwiegen habe) kann ich mich aber melden und bekomme dann auch kurzfristig einen Termin. Das ist ein Gefühl, was mir jetzt in dieser Situation auch den Rücken stärkt...
Na ja, wenn du dein Alkoholproblem verschwiegen hast konnte das natürlich auch nicht therapiert werden. Und ist es nicht auch Sinn, oder zumindest unabdingbarer Teil einer Therapie ehrlich zu dem Therapeuten zu sein?
Warum hast du denn deine Sucht überhaupt verschwiegen? Und wäre es nicht sinnvoll der Therapie dann noch mal eine neue Chance mit neuer Ausgangsbasis zu geben?
als ich damals bei der Suchtberatung war und der Arzt mich fragte, warum bzw. wann ich denn trinke, war ich ganz stolz, dass ich ihm im Telegrammstil mal eben 135 Gründe nennen konnte. Er blickte mich ernst an und meinte: "Falsch - es gibt überhaupt keinen Grund zu trinken!"
Natürlich habe ich mich insgeheim über diesen Idioten total empört. Heute, ein paar trockene Monate später, weiß ich, dass es tatsächlich so simpel ist.
Ich weiß heute, dass ich damals getrunken habe, weil ich nicht gelernt hatte, auf problematische (oder wenigstens außergewöhnliche) Situationen angemessen zu reagieren. Seit ich das gelernt habe, gibt es für mich keinen Grund mehr zu trinken.
deine Ursachen decken sich ziemlich exakt mit meinen. Ist nicht leicht, aber trocken leben geht trotzdem. Es ist besser, als sich vor lauter Suff und Nachwirkungen nicht mehr vor die Tür zu trauen.
Meine LZT würde ich selbst nicht als Erfolg werten, da sind andere trockene Alkoholiker doch mitunter ganz anders drauf, als ich es bin. Trotzdem bleibt mir aber mein körperliches Wohlbefinden und das ist ein hohes Gut, was ich zu schätzen weiß.
Mich sehen auch viele jetzt schon wieder saufen. Und ob du es glaubst oder nicht, da waren andere schon vor mir wieder dran. Mir hilft der Alkohol bestimmt nicht weiter. Die letzten Monate waren grausam. Da will ich nicht mehr hin.
ZitatGepostet von katha82 Warum hast du denn deine Sucht überhaupt verschwiegen? Und wäre es nicht sinnvoll der Therapie dann noch mal eine neue Chance mit neuer Ausgangsbasis zu geben?
Hallo Katha,
ich habe es tatsächlich geschafft, mir relativ lange einzureden, dass ich doch gar nicht süchtig bin: "Es gibt doch immer noch andere, die noch mehr trinken." Und: "Ich trinke doch immer nur abends und meistens nicht mal mehr als eine Flasche Wein." Hat ziemlich lange geklappt, zumindest oberflächlich, aber irgendwann hat sich der Nebel doch glücklicherweise gelichtet...
Ja, ich denke auch stark daran, einer neuen Therapie nochmals eine Chance zu geben. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich dann recht schnell Erfolg haben werde, therapieerfahren bin ich schließlich schon und wenn dann jetzt meine Ehrlichkeit dazukommt, kann es nur gut werden.
Ich weiß heute, dass ich damals getrunken habe, weil ich nicht gelernt hatte, auf problematische (oder wenigstens außergewöhnliche) Situationen angemessen zu reagieren.
Hallo Ave,
yep, genau mein Problem. Auch bei Belastungen geht es mir echt schlecht. Ich könnte dann oft um mich schlagen, weiss nicht, wie ich den inneren Druck abbauen soll.
Ich werd's mal Montag abend mit in die SHG nehmen, vielleicht bekomme ich aus dem Erfahrungsfundus eines anderen den ein oder anderen wertvollen Tipp...
ZitatGepostet von katha82 Warum hast du denn deine Sucht überhaupt verschwiegen? Und wäre es nicht sinnvoll der Therapie dann noch mal eine neue Chance mit neuer Ausgangsbasis zu geben?
Hallo Katha,
ich habe es tatsächlich geschafft, mir relativ lange einzureden, dass ich doch gar nicht süchtig bin: "Es gibt doch immer noch andere, die noch mehr trinken." Und: "Ich trinke doch immer nur abends und meistens nicht mal mehr als eine Flasche Wein." Hat ziemlich lange geklappt, zumindest oberflächlich, aber irgendwann hat sich der Nebel doch glücklicherweise gelichtet...
Ja, ich denke auch stark daran, einer neuen Therapie nochmals eine Chance zu geben. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich dann recht schnell Erfolg haben werde, therapieerfahren bin ich schließlich schon und wenn dann jetzt meine Ehrlichkeit dazukommt, kann es nur gut werden.
Liebe Grüße
Hallo Yulia. Habe zu Deiner Ursachenforschung mal meine Erfahrungen geschrieben. Ich fühlte mich oft auch nur mit Stoff in der Blutbahn mutig genug, zu reden, zu flirten, eeinfach lustig und unterhaltsam sein. Kannst ja mal lesen, viellicht passt etwas auf Dich
Ich weiß heute, dass ich damals getrunken habe, weil ich nicht gelernt hatte, auf problematische (oder wenigstens außergewöhnliche) Situationen angemessen zu reagieren. Seit ich das gelernt habe, gibt es für mich keinen Grund mehr zu trinken.
Hallo AVE!
Ich glaube, mein Reaktionsmuster auf schwierige Situationen ist immer noch krank. Ich rauche und trinke zwar seit geraumer Zeit nicht mehr, aber als gesund würde ich meine Reaktionen auf Belastung, Stess, Kummer oder wie auch immer ich das nennen mag, nicht bezeichnen.
Was ist denn für Dich angemessen, AVE? Was hast Du gelernt, um mit Problemen anders, bzw. richtig umzugehen?
LG,
Sabine
Liebe bedeutet, jemanden zu haben, der unsere Vergangenheit versteht, an unsere Zukunft glaubt und uns heute so annimmt wie wir sind. :love3:
Komm auf die Hufe, die ersten Hände, die helfen können, stecken in den eigenen Hosentaschen! Zitat Nonick
für mich persönlich ist ein möglicher Rückfall tatsächlich der Super-GAU, die Wurzel allen Übels. Denn wenn ich auch nur den geringsten Alkohol trinken würde - und damit über kurz oder lang wieder bei meiner alten Trinkmenge angelangt wäre - verbaue ich mich alles.
Ich merke das jetzt gerade wieder, wo mir dank meiner privaten Situation schlicht und ergreifend der Arsch auf Grundeis geht und ich von ganz, ganz vielen fürchterlichen Ängsten geplagt werde. Ich fühle mich klein und elend, in dem einen Moment bin ich sicher, dass es richtig ist, was ich tue, und dann wieder schießen mir die Tränen in die Augen und halte mich für eine Vollidiotin. So schmerzhaft das alles ist, ich halte es aus, so gut es eben geht. Und "gesund" ist für mich im Moment alles, was nix mit Alkohol zu tun hat, sei es * Schokolade - auch wenn da das böse Cholesterin auf mich wartet und ich mir meine Figur ruiniere * sprechen, sprechen, sprechen - am besten mit ganz unterschiedlichen Menschen, um unterschiedliche Meinungen bzw. Denk- und Handlungsmuster kennenzulernen * Ablenkung - ganz gleich, wie geartet, das hängt von jedermanns persönlichen Interessen ab.
Da gäbe es natürlich noch viel mehr, nimm allein das Thema Sport, zu dem ich faule Socke mich einfach nicht durchringen kann , immer wieder lasse ich mich mitreißen von der Begeisterung, wenn mir jemand von seinem Sport erzählt - und ich gebe die Hoffnung einfach nicht auf, dass ich mich auch irgendwann einmal dazu durchringen kann.
Ich halte mich "einfach" an die Empfehlung von soulstorm , der mir damals geraten hatte, zu versuchen das nachzuahmen, was gesunde Menschen tun würden. So viele Menschen müssen soviel Leid aushalten - und trinken trotzdem nicht.
Natürlich ist das leichter gesagt als getan, und bekanntlich habe ich es auch nicht auf Anhieb geschafft. Aber wenn ich jetzt, nach zweidreiviertel Jahren Abstinenz, Bilanz ziehe, gehe ich doch wesentlich vernünftiger mit meinem Körper und meiner Seele um, als ich es noch zu Trinkerzeiten getan habe.
als ich damals bei der Suchtberatung war und der Arzt mich fragte, warum bzw. wann ich denn trinke, war ich ganz stolz, dass ich ihm im Telegrammstil mal eben 135 Gründe nennen konnte. Er blickte mich ernst an und meinte: "Falsch - es gibt überhaupt keinen Grund zu trinken!"
Natürlich habe ich mich insgeheim über diesen Idioten total empört. Heute, ein paar trockene Monate später, weiß ich, dass es tatsächlich so simpel ist.
Ich weiß heute, dass ich damals getrunken habe, weil ich nicht gelernt hatte, auf problematische (oder wenigstens außergewöhnliche) Situationen angemessen zu reagieren. Seit ich das gelernt habe, gibt es für mich keinen Grund mehr zu trinken.
LG Ave
Hi! Ich möchte mich Ave anschließen. Vor kurzem (trinke erst seit ca. 3 Monaten keinen Alk mehr) hätte ich auch noch tausende von Gründen aufzählen können, warum ich mich zuschütte. Die habe ich auch voll vertreten (Kindheit, aktuelle belastungen usw., usw.)und mich dabei immer bedauert. Was bin ich doch für ein armer Mensch, da muss ich ja ab und zu... Hier habe ich das erstmals relativieren können. Anderen geht es auch schlecht, vermutlich einigen sehr viel schlechter und sie trinken nicht (mehr). Den Umgang mit Problemen habe ich auch so gelernt, dass ich mich am besten betäube. Für mich setzt die Bearbeitung der Abhängigkeit hier an: andere Formen des Umgangs mit Belastung zu lernen (ist vielleicht auch ein bisschen die Differenz von Analyse und Verhaltenstherapie). Heißt ja nicht, auch da hinzuschauen, was an Ursachen für die belastungen da ist.... Ulli
ZitatGepostet von Jetzisabergut Ich fühlte mich oft auch nur mit Stoff in der Blutbahn mutig genug, zu reden, zu flirten, eeinfach lustig und unterhaltsam sein. Kannst ja mal lesen, viellicht passt etwas auf Dich
Und wenn ich mir hier die Alkoholgeschichten durchlese, wird mir ganz bewusst, dass wir alle in unserer Kindheit nicht das Zuckerschlecken hatten. Da kann hier wahrscheinlich einer den anderen toppen. Und es ist für jeden einzelnen ein Hauptgewinn, trotz seines schweren Erbes trocken geworden zu sein. Viele schaffen es halt auch nicht...
Jetzt bin ich persönlich aber mal gespannt, welche Probleme sich nach all den Jahren wirklich herausstellen, da das eine große weg ist. Und wenn ich das dann weiss, nehme ich mich mal des Rests an...