sicherlich kann ich nicht sagen, dass ich aufgrund des "Outens" nicht mehr rückfällig werde, aber es sorgt für Klarheit und mehr Wohlbefinden in der Gesellschaft. Was ich jetzt bei meinem Kollegium dadurch als hilfreich empfinde, ist jetzt bei unseren Chefs nicht so. Die halten nix von Therapie und den damit verbundenen vielen Fehlzeiten. Ich soll kommen und meine Arbeit machen. Die interessiert nicht mehr und denen ist es auch wurscht, ob ich jetzt was nehme, saufe oder sonst was mache, solange ich komme. Aber das gibts eben auch und dennoch können die nix machen. Es gibt Menschen, die sind suchtkrank, andere sind wieder herzkrank und ich selbst mag da keine Lügengeschichten, nur weil ich eine psychische Krankheit habe und das nicht so gut "ankommt". Da müssen aber meineserachtens andere noch viel lernen, ich hingegen habe einiges begriffen und verstanden.
Nee, brauchst nicht antworten. Ich erinnere mich. Du warst doch derjenige, der die Hälfte seines Geldes jeden Monat an seine Frau abgibt, damit sie -ja was eigentlich- da ist?! Oder?! Das fand ich schon schräg. Also wir werden nicht auf einen Nenner kommen. Ist ja auch in Ordnung. Die Welt ist bunt und nicht S/W.
Aber: Ich find solche Ratschläge für Neue gefährlich und vor allen Dingen unnütz: Kein Outing hält Dich trocken.
"ich habe bis heute keinen trockenen Alkoholiker kennen persönlich gelernt, der wegen des Outens seinen Job verloren hätte oder echte Benachteiligung im Arbeitsleben erdulden musste."
Das würde ja auch kein Chef als Kündigungsgrund schreiben.
Ich weiss jedoch aus persönlichen Berichten aus meiner SHG dass, der Stempel des Alkoholikers den man aufgedrückt bekommt wenn man sich erstmal vor den Kollegen und Vorgesetzten geoutet hat, nie verschwinden wird.
Da kann er 10 Jahre nicht saufen das spielt überhaupt keine Rolle.
Das hängt vielleicht mit der Vorstellung der Menschen von Alkoholiker gleich Schwäche, Willenlos und unzuverlässig zusammen.
So ist das in der Gesellschaft und wenn man noch nicht in der Firma angezählt wurde wegen Alk und gut funktioniert hat würde ich es bestimmt niemanden auf die Nase binden.
Mir hat auch die Offenheit geholfen. Kunststück, arbeitete ich doch in einer damals 10-Personen-Firma mit einem sehr persönichen Verhältnis zum Chef. Da war es zwangsläufig, daß ich mich outete. Aber das ist meine Geschichte und das passte auch so für mich und meine damaligen Verhältnisse. Was Biene oben schreibt, kann ich bestätigen. Dazu ein Fall in meiner Gruppe: Mann, im Betrieb wg. Suffs nicht aufgefallen, macht Therapie. Weil er in einem Konzern arbeitet, der als einer der ersten eine betriebliche Suchtarbeit nebst Betriebsvereinbarung installiert hatte, offenbart er sich seinem Vorgesetzten und dem betrieblichen Suchthelfer. Soweit, so gut. Er hat auch unmittelbar keine Nachteile. Einige Jahre später, er ist ohne Rückfall, will er sich in einen anderen Werksteil versetzen lassen. Drei mal darf man raten, was ihm nun neben seinem Alter zum Hindernis wird: genau: eben die der Personalabteilung bekannte Krankheit. Originalton Personaler-Schnepfe: solche Leute wie sie können wir nicht brauchen.
Fazit: Sicher ist im Leben nur der Tod. Ansonsten gibt es immer ein sowohl-als auch - außer bei den Stalingrad-Trockenen
dennoch seit ihr weiterhin Sklaven, wenn ihr was anderes erzählt, weil es eben im Betrieb besser "ankommt". Kann ich etwa was dafür, dass andere Probleme haben Suchtkrankheiten zu verstehen? Bestimmt nicht, also unterstütze ich das nicht auch noch.
Keine Ahnung, ob man mich in einer anderen Abteilug nehmen würde, aber ich bewerbe mich ja auch nicht. Hab ja ne brauchbare Position. Wenn ich aber so wie ich bin nicht erwünscht bin, wird man mir das sicherlich mitteilen und ich werde dann auch gucken, dass ich gehe. Das hat aber bislang niemand getan. Ich habe eher den Eindruck, dass sie froh sind, dass ich hier arbeite.
ich empfinde Deine Aussage sehr überheblich, "ihr Sklaven, weil ...", es ist doch jedem Menschen selbst überlassen wie er mit seinen Problemen umgeht und wem er es erzählt, Vicco hat's meiner Meinung nach sehr treffend beschreiben. Wenn Du schreibst, ich würde mich als Sklave fühlen wenn ich nicht gesagt hätte das ich Alkoholiker bin, passt es doch, eben für Dich.
In antagonistischen Situationen der freien Wirtschaft könnte eine Bekanntmachung der Sucht zu gravierenden Nachteilen führen, bis hin zur mittelfristigen Kündigung, Mobbing usf., selbstverständlich unter dem Deckmantel einer anderen Begründung.
Ich denke manchmal, Du beziehst die relative heile Welt deiner Rathaus - Umgebung auf die Situation der freien Wirtschaft und die siehst meines Empfindens ganz ganz anders aus, nämlich Ellenbogen raus und Schwächen ausnutzen. Und das sind jetzt meine Erfahrungen, die ich wiederum eventuell auch wieder verallgemeinere. In meinem Freundeskreis (bunt gemischt, aber fast alle in der freien Wirtschaft tätig) ist die Denke ähnlich. Jo, auch öffentlich-rechtlich wird es ein Hauen und Stechen geben, nur habe ich in diesem Bereich schon wesentlich positivere Dinge gehört.
Grüße, Bodhi
Einfach SEIN- genügt völlig und mehr geht auch nicht. Das ist das volle Glück.
Zitat "dennoch seit ihr weiterhin Sklaven, wenn ihr was anderes erzählt, weil es eben im Betrieb besser "ankommt". Kann ich etwa was dafür, dass andere Probleme haben Suchtkrankheiten zu verstehen? Bestimmt nicht, also unterstütze ich das nicht auch noch."
newlife das ist doch Blödsinn. Du kannst doch nicht von Dir und deiner Firma auf alle anderen schließen. Es gibt bestimmt noch mehr Krankheiten mit denen man in der Firma nicht hausieren gehen würde ... Geschlechtskrankheiten zum Beispiel.
Das sollte jeder wirklich für sich allein entscheiden.
Wenn sich dann jemand geoutet hat und anschließend gemobbt wird wegen dem Alk und sich nicht mehr wohlfühlt auf Arbeit ist der Schuss wohl nach hinten losgegangen.
Das sollte man alles bedenken bevor man diesen Schritt geht.
Zitat von Logo im Beitrag #15 ich habe bis heute keinen trockenen Alkoholiker kennen persönlich gelernt, der wegen des Outens seinen Job verloren hätte oder echte Benachteiligung im Arbeitsleben erdulden musste.
Ich schon. Und nicht nur einen.
Heute bin ich gottfroh, dass ich mich nie zum Outen habe hinreißen lassen. Die Vorbehalte und Etikettierungen von Suchtkranken reichen auch in den öffentlichen Dienst und sogar bis in die Fachkreise (Sozialarbeiter!) und natürlich auch in die Personalabteilungen. Kaum ist der suchtkranke Kollege ein paar Tage krank geschrieben, wird schon über einen möglichen Rückfall spekuliert. Nein danke, das brauch ich nicht.
Mein Lebensgefährte, ebenfalls trockener Alki, arbeitet seit vier Jahren in einer kleinen Firma mit viel persönlichem Kontakt zum Chef, dem er gleich bei der Einstellung seine Erkrankung offen gemacht hat. Der Chef hat kein Problem damit, hat ihn aber darum gebeten, sich den anderen Mitarbeitern gegenüber nicht zu outen - um Nachteile für ihn zu vermeiden. Er wird wissen, warum.
----------------------------------------------- when in doubt: go to the water and swim
Zitat von newlife im Beitrag #21dennoch seit ihr weiterhin Sklaven, wenn ihr was anderes erzählt, weil es eben im Betrieb besser "ankommt". Kann ich etwa was dafür, dass andere Probleme haben Suchtkrankheiten zu verstehen? Bestimmt nicht, also unterstütze ich das nicht auch noch.
Keine Ahnung, ob man mich in einer anderen Abteilug nehmen würde, aber ich bewerbe mich ja auch nicht. Hab ja ne brauchbare Position. Wenn ich aber so wie ich bin nicht erwünscht bin, wird man mir das sicherlich mitteilen und ich werde dann auch gucken, dass ich gehe. Das hat aber bislang niemand getan. Ich habe eher den Eindruck, dass sie froh sind, dass ich hier arbeite.
Dirk, Du hast aber auch das Privileg bei Hofe zu sein. Am Tisch der Mächtigen. In der Parallelwelt des Öffentlichen Dienstes.
Ich habe heute mit unserer Personalerin gesprochen. Ich habe ihr gesagt, dass ich eine Gruppentherapie machen möchte, allerdings habe ich einen anderen Grund genannt. Das ging völlig in Ordnung und es wurde auch nicht weiter nachgefragt. Punkt.
Ich mache mich nicht zu einem Sklaven, wenn ich mich nicht vor Menschen oute, mit denen ich nur arbeite und keine persönlichen Beziehungen habe. Auch in meinem Bekanntenkreis wissen nur wenige davon. Ich muss keinen Seelenstriptease vor allen möglichen Menschen machen, nur um trocken zu bleiben. Ich habe allerdings in meinem Bekanntenkreis klar und deutlich gesagt, dass ich keinen Alkohol mehr trinke. Und zwar ohne Erklärung. Und die Menschen, die mir sehr nahe stehen, wissen Bescheid. Das sind Menschen, die mich kennen und auch sehen, wenn es mir nicht gut geht.
Ich danke Euch für Eure vielen Meinungen und ich bin sehr erleichtert, dass ich diese Hürde heute nehmen konnte.
finde ich gut wie Du das gemacht hastMache das was dir dein Gefühl sagt, denn ausbaden musst du es und kein anderer wenn etwas schief läuft, da hift dir dann keiner.
danke Dir! Genau, ich habe auf mein Bauchgefühl gehört, das war viel zu lange vom Alkohol betäubt und so langsam aber sicher traue ich mich wieder, darauf zu hören.