Hallo Zusammen. Lange habe ich überlegt, ob ich das berichten soll, kann, darf und will. Es arbeitet in mir und drängt an die Oberfläche. Vor 5 Wochen habe ich begonnen, einer Freundin von mir zu helfen. Sie lebt jetzt in Trennung, hat kleine Kinder und betreibt selbstständig eine Trinkhalle. Ihr Partner ist ausgezogen und sie muss sich natürlich um die Kids kümmern. Für ihre Trinkhalle bleibt wenig Zeit. Ich habe sofort zugesagt und bin nun 1 bis 3 mal pro Woche dort und übernehme quasi alle anfallenden Aufgaben. Die Trinkhalle hat sehr viele Stammkunden und ist bis Nachts geöffnet. Liegt in einem sozialen Brennpunkt und bürgt natürlich für reichlich Zündstoff..... Die Ersten Tage war ich fix und fertig; die Konfrontation mit Alkohol jeder Sorte und der Kontakt mit nassen Alkoholikern, von denen fast alle buchstäblich am Ende sind, hat mich sehr mitgenommen. Oftmals wurde mir wirklich körperlich übel; der Gestank von Schnaps und Bier und die Art und Weise des Umgangs waren erschreckend! Ich habe zu keiner Zeit daran gedacht, mitzusaufen. Interessanterweise fungieren die Kunden für mich als Abschreckung. Das klingt sicher hart, ist aber der Wahrheit geschuldet. Mein Freund hat mich gewarnt, mich auf derlei riskante Unternehmung einzulassen, aber Neugier und mein stoischer Willen hat mich dazu gebracht, dieses Wagnis einzugehen. Mir tun die Menschen tief empfunden schrecklich leid! Ich habe mich dabei ertappt, wie ich versucht habe, dem einen oder anderen den Alk "auszureden". Die Kunden mögen mich und ich habe für jeden dort ein offenes Ohr. Viele unschöne Schicksale wurden mir berichtet, die Sauferei damit erklärt. Ich kann es nur schlecht abschütteln, ich nehme es mit in den Schlaf, kenne jeden beim Namen und verkaufe als trockene Alkoholikerin den nassen Alki's ihre Drogen. Fühle mich nicht gut dabei. Obgleich ich selbst einen schrecklichen Spiegel vorgehalten bekomme und mich nun noch sicherer fühle, weiß ich nicht, ob das was ich tue, wirklich richtig ist. An und für sich, und das möchte ich betonen, macht es mir Spaß hinzugehen; es gibt sehr viele schöne und humorvolle Momente und ich habe als Rentnerin eine neue Aufgabe. Was denkt ihr? Freue mich auf Euer Feedaback. GrüßE in die Runde Happygirl
Was ist, ist. Was nicht ist, ist möglich. (Blixa Bargeld)
Was würdest du einer Freundin raten, die eine Bienen-Allergie hat und bei einem Stich höchste körperliche Schäden davon tragen würde, wenn diese dich um Rat fragt, ob es Sinn macht auf einem Bauernhof Urlaub zu machen, der als Haupterwerb eine Imkerei betreibt?
DAS was du ihr rätst, setzt du bitte für dich selber um!!
LG Uwe
_____________________________________________________________________________________ Auf MEINEM eigenen Weg kann mich keiner überholen.
Danke, Uwe. Ich sehe MICH nicht als dort im Gefahrenbereich. Es ist eher eine Gewissensfrage, die mich umtreibt. Ich muss wohl nich eine Weile darüber nachdenken. Grenzwertige Situation. Liebe Grüße Happygirl
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Mir hat es auch nichts ausgemacht., Von aktiven Alkoholikern umgeben zu sein , Und das bin ich heute auch noch. Jedenfalls nicht selten.
Mich stösst das ab und zeigt mir, Das ich so nicht mehr sein möchte.
Zu deiner Arbeit:solange du klar kommst. ist die Arbeit völlig ok, Finde ich . Achte eben sehr gut auf dich , Und höre dann auf wenn es dir psychisch zu viel werden sollte.
Bei dir zwar ein anderer Fall, Doch es gibt genug trockene Wirte, Kellner Köche ect. Ein Trockener Seemann hat es auf seinem Schiff, auch nicht einfach. Ich selber habe, als ich aufhörte zukaufen, Abends in der Kneipe gesessen. War damals noch auf montage.
Also ich selber würde sehr achtsam weiter machen , Solange ich es mit mir selber vereinbaren kann .
___________________________________________________ muss es immer erst zappenduster werden,bevor uns ein licht aufgeht
Auch für mich wäre es eine Gewissensfrage, auf der einen Seite möchte ich meiner Freundin helfen und dann dieses ganze "Elend" dort sehen.
Sich selbst entscheiden den abstinenten Weg zu gehen und dann Alki`s Alkohol servieren,eine brisante Mischung... sehen wie tief Mensch in der Sucht gefangen sein kann und spüren , das es doch gar nicht so schwer ist , dort heraus zu kommen ,das es machbar ist....man möchte helfen, so, oder so und wer weiß ob diese Balance gut ausgeht?
Wird Deine Freundin diese Trinkhalle später auch weiterführen , oder plant sie auf längere Sicht anderes?
So als ganz Außenstehende würde ich mich dazu entscheiden, diese Arbeit dort aufzugeben...ist nur so ein Gefühl.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Das Leben ist schön, von " einfach " war nie die Rede.
Liebe Septembersonne. Nein, sie wird den Laden weiterführen. Ja. Es ist wirklich schwierig! Eigentlich müsste ich es aufgeben, aber ich will helfen. Sie sagt, dass man den Menschen dort nicht helfen kann auszusteigen. Sie müssen es selbst tun. Damit hat sie Recht. Nur das gerade ich nun helfe die Sucht auszuleben, ist moralisch kaum vertretbar. Schätze, dass wird mich noch länger beschäftigen.....
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Hi, also ich hätte da keine moralischen Bedenken. Deine Kunden sind erwachsen und für sich selbst verantwortlich. Grenzen gäbe es für mich allerdings, wenn jemand erkenntlich betrunken ist und sich und andere gefährdet. Ob ich das Elend allerdings länger mit ansehen könnte, bezweifle ich.
Ich hätte das wohl abgelehnt. Ich kenns schließlich hinreichend aus eigener Erfahrung und unterstütze Alkoholgaben eunfach nicht. Mag mich auch nicht permanent mit dem Thema beschäftigen. Ich mache da auch gerne mal ne klare Ansage. Mir sagen Trinkhallen einfach nicht zu. Passt nimmer zu mir. Da kann ich dann niemandem einen Gefallen tun. Bin eben die falsche Person dafür. Ich mag auch im allgemeinen nimmer so viel im Suchttopf rumrühren.
Mit Moral ist wirklich so eine Sache. Jeder der im Supermarkt an der Kasse sitzt sieht auch was los ist . Jeder Kassierer an der tanke , die oft zitternden Hände seiner Kunden.
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Das Elend.... Ja, dass fällt mir echt schwer anzusehen. Meine Grenze beim "Ausschank" ist absolut klar und ich musste auch schon ablehnen. Es kam auch schon zu Handgreiflichkeiten und mir gegenüber zu übergriffigen Handlungen. Das habe ich gut regeln können. Die Trinkhallen an sich sind absolut nicht meine Welt und auch nie gewesen; und doch bin ich jetzt konfrontiert. Vllt ist Moral fehl am Platz, wenn ich mir vor Augen führe, dass dies außerhalb meines Verantwortungsbereichs liegt und ich keinen "retten" kann. Das ich diesen inneren Konflikt habe, ist sicher meiner eigenen Sucht geschuldet und ich bin erst seit 6,5 Wochen trocken. Zu kurz, um den maßvollen Abstand zu wahren.
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@Pueblo. Achtsam, ohja, dass bin ich!!!! Hatte auch damit gerechnet, dass mein Sucht-Ich erwacht und umgeben von all' den Spirituosen etc anfängt zu gieren und mich zu quälen. Nichts dergleichen. Das Gegenteil war und ist der Fall: Der Ekel von dem ich oft sprach, ist gewachsen. Eine regelrechte Ablehnungshaltung hat sich in mir durchgesetzt und ich denke täglich nur noch daran, wer ich nicht mehr sein will, was ich nicht mehr erleben und fühlen will. Meine Abstinenz ist mein wohl gehüteter Schatz. Ich empfinde die Trockenheit als das Beste, was ich din letzten 10 Jahre erlebt habe. Sich selbst wieder anzunehmen, zu mögen und zu schätzen ist mehr, als ich erhofft hatte. Ich glaube, dass meine Bedenken ganz simpel lösbar sein könnten- innere Distanz.
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ZitatIch glaube, dass meine Bedenken ganz simpel lösbar sein könnten- innere Distanz.
Ja, liebes Happy-Girl, das ist so eine Sache mit der inneren Distanz.
Ich täte mir meinen Plan zurecht legen:
- nicht mehr als 1-3 mal dort aushelfen, 3 mal wäre das Maximum
Sobald die Situation kippt und ich das Gefühl habe es entsteht Druck und Unzufriedenheit macht sich in mir breit...verlasse ich die Trinkhalle.
Alles Gute Dir und hüte Deinen Schatz ...es lohnt sich so!
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Hallo Sadgirl, ich persönlich würde mich (mir) nicht trauen in so einer Umgebung zu arbeiten. Aber nur weil ich was das Thema Alkohol angeht nicht so sicher bin wie du es offensichtlich bist. Du und andere schreiben, dass sie im laufe der Abstinenz ein ekelgefühl gegen Alkohol empfinden. Das ist bei mir nicht der Fall. Deshalb bin ich da sehr vorsichtig.
Was die "Moral" angeht ist es doch egal ob man im Supermarkt, an der Tanke oder eben in der Trinkhalle verkauft. Die Kunden entscheiden.
Dass du allerdings auch übergriffen ausgesetzt bist finde ich extrem schlimm!!! Pass bitte gut auf dich auf. In jeder Hinsicht.
Liebe Septembersonne. Ja, dass ist so eine Sache; ich versuche mir halt auch die Situation "zurechtzubiegen"-gelingt nicht wirklich gut. 3 Tage a Woche ist sowieso das Maximum, weil es belastend und stressig ist und ich auch defacto regelrechte Erholungspausen brauche. Es ist nicht nur "elend". Es gibt dort auch sehr viele freundiche und offene Menschen ohne Suchtproblem, mit denen gute Gespräche entstehen und eine Art "soziales Gefüge", dass mir wirklich Freude bereitet. Ich muss auch gestehen, dass ich dort jemanden kennengelernt habe, der mich interessiert und das alles reisst vieles wieder raus. Übrig bleibt einfach das schale Gefühl, Unrechtes zu tun. Ich höre auf meine innere Stimme; die Erfahrung hat mich gelehrt, dass sie meist schlauer ist als ich. ;-) Und meinen Schatz hüte ich, bewache ihn, gebe ihn nicht mehr her!
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@Brulara. Ja? Die Sache mit der Entwicklung von Ekel ist wirklich nützlich. ( wenn es sich auch merkwürdig anhört) Der beste Schutz vor dem Rückfall. Bei meinen voran gegangen Entzünden hat sich das leider nicht so verhalten; der Suchtdruck war exorbitant und länger als 6 Monate konnte ich nicht standhalten. Heute denke ich, dass ich vielleicht einfach noch "nicht so weit" war. Klingt banal, aber das Maß an Leidensdruck und Ekel muss schon hoch sein. Das ist bei MIR so-will damit keineswegs ausdrücken, dass es so in Stein gemeisselt ist! Vielleicht ist es auch so, dass ich mich gewöhnen und einsehen muss, dass mein Weg nicht der Weg aller ist. Übergriffe habe ich leider schon viele erlebt-nicht nur dort! Erbärmlich. Ich weiß mich zu wehren; verbal und wenn es sein muss auch via Polizei. Ich passe sehe gut auf mich auf. Ich bemerke doch gerade erst, wie wertvoll und schön das Leben ist.
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