wenn ich hier so poste und darin eine Selbsthilfegruppe verkaufen will, dann komm ich mir gaaaanz leicht vor, wie bei den Zeugen, sonst natürlich nicht. Und was mich von den brav gekleideten Hausbesuchern auch noch unterscheidet ist: ich bin belehrbar und durchaus zugänglich für andere Meinungen. Ganz klar, dass jeder seinen eigenen Weg gehen muss und darf. Ich dachte nur, dass der Alleingang nicht der einfachste Weg ist. Meine Hochachtung gilt JEDEM Weg und jeder Person, die ihn geht.
Mit den "abgewrackten Typen" habe ich das so gemeint, dass ich einfach meine Gruppe vor Augen habe und wie sich eventuell Vorstellung und Tatsachen unterscheiden können, wenn man/frau/alki eine lebhafte Phantasie hat. Alle Typen sind mir hochwillkommen in meiner Gruppe. Ich gehe von meiner Phantasie aus und die hat mir früher in der Zeit "vor der Gruppe" ein sehr ulkiges Bild vermittelt. Unter Alkoholiker verstand ich die Leute, die auf Bahnhöfen rumlungern, auf Parkbänken schlafen, abgetakelte Hollywood-Größen hatte ich vor Augen usw. Aber ich kam für diese Bezeichnung absolut nicht infrage. Das habe ich ganz energisch von mir gewiesen. Ich, mit meinen teuren Klamotten und meinem Make-up im Gesicht. Ich bin eines sehr viel besseren belehrt worden. JAJA. Ich bin heute noch sehr dankbar, dass ich mich belehren liess, dass ich offen für alles war und alles was ich zum Guten für mich verwenden konnte auch angenommen habe. Da sassen die Profis und sie hatten ihre Geschichte, und ich sass da und war 4 Tage trocken und schämte mich und war ratlos und mit meiner Weisheit am Ende. Und ich habe bis heute nie wieder trinken müssen. Der Kobold, der böse Geist Alkohol, ist in seiner Flasche gebannt geblieben, wie ein Dschinni. Und wenn ich heute den Korken aufmache und probiere, ob es vielleicht nicht doch .. usw.usf. und nur ein bisschen usw.... dann befreie ich den Dschinni und ich bin wieder genau da, wo ich angefangen habe und wenn ich Pech habe, sogar noch ein Stück drunter. Liebe Scary Lady, ich wünsche dir einen ganz festen Willen durchzuhalten und viele Leute, die dir dann zur Seite stehen, wenn der Wille mal brökelt. Wir sind alle Menschen und jeder hat irgendwann und besonders ganz am Anfang schwache Minuten, schwache Stunden oder Tage. Und dann brauchst du die anderen. Und in deren schwachen Momenten darfst du stark sein und für sie da sein. Das ist Selbsthilfe.
Ihr Lieben, das war mein Wort zum Dienstag Nachmittag, bis morgen hab ichs nicht mehr ausgehalten.
lassen wir mal die Zeugen in Frieden ruhen, oder? Ich glaube nicht, dass du gross was versäumt hast, wenn bei dir nur der Postmann 2 mal klingelte....
Du sprichst die Überheblichkeit an, die einen trockenen Alkoholiker vielleicht manchmal am Wickel hat, wenn er einem "Nassen" (ich mag das Wort auch nicht) begegnet. Auch was dieses betrifft, fühle ich mich in meiner Gruppe sehr aufgehoben. Dadurch, dass immer wieder ein noch trinkender, ein noch kämpfender Mensch zu uns kommt, werde ich damit konfrontiert, wie es bei mir am Anfang war. Ich vergesse meine Geschichte nicht und sehe, wohin ich gerate, wenn ich vergesse, wer und was ich bin. Das hat mit Herabblicken oder Überheblichkeit - bei mir wenigstens - überhaupt nichts zu tun. Ich fühle mich allen verbunden. Den Leuten, die zu uns kommen, den virtuellen Leuten hier im Netz, den Menschen, die mir begegnen. Ich habe Mitgefühl - kein Mitleid, wenn ich eine Begegnung in einem Supermarkt habe, die mir zu denken gibt oder wenn mir auf der Strasse eine schwankende Gestalt entgegen kommt. Was ich grundsätzlich meide, sind sogenannte Volksfeste, Bierzelte, Kneipen und sonstige Festivitäten, die im Alkoholdunst vernebeln. Da fühle ich mich nicht wohl, das ist nicht mehr meine Welt. Da ich sowieso eher heimlich zuhause getrunken habe, war es eigentlich auch früher nicht meine Welt. Aber das bier- oder weinseelige Getue, die sinnlosen Gespräche und die "Fahnen", die mir entgegenkommen, das ist absolut nichts für mich. Ich bin aber nicht überheblich und sehe das ganz nüchtern, im wahrsten Sinn des Wortes. Ich stehe keinen cm weiter oben als alle anderen Menschen. Allerdings auch keinen cm weiter unten, das muss ich mir immer klar machen. Nur "der Wille, mit dem Trinken aufzuhören" zählt. Nicht leiden kann ich fadenscheinige Argumente, Schuldzuweisungen an Dritte und wehleidiges Getue. Da muss ich mich manchmal dann daran erinnern, dass auch ich wehleidig war, auch ich herumgejammert habe und alles und jeden für mein Leid verantwortlich machte. Und aufhören zu trinken wollte ich jahrelang nicht. Ich wollte wissen, wie es geht, so zu sein wie die anderen, die keine Schwierigkeiten damit haben. Ich wollte das berühmte 3. oder 4. Glas stehenlassen können, nicht das 1. und das 2. Aber das klappt bei unsereinem nicht. Wir sind einfach "anders gestrickt" und wir sitzen alle in einem, im gleichen Boot. Das ist ein schöner Vergleich, besonders weil er mit Trockensein (im Boot) und ausserhalb des Bootes mit Ertrinken zu tun hat.
In wünsche uns allen einen Platz in diesem Boot.
In diesem Sinne einen sehr schönen Abend, eine gute Nacht und ein frohes Aufwachen!!
Reiner: Infos über die Zeugen habe ich unter "Kuddelmuddel" gepostet. (Endlich fragt mich mal jemand nach sowas !!)
Mietzekatz: Es ist schon erstaunlich- Du hast zu diesem Thema hier glaube ich noch kein einziges Wort gesagt, das ich nicht eindeutig unterschreiben könnte, ehrlich !
So, nach einigen Tagen ohne Netz bin ich wieder da. Wollte nur noch was zu dem Kobold sagen: den kenne ich leider auch sehr gut. Und leider ist es auch so, dass seine Stimme nicht im laufe der Zeit kontinuierlich leiser wird, sondern dass die Lautstaerke unregelmaessig schwankt. Natuerlich hat mir von Beginn an jeder gesagt, dass es nicht von Tag zu Tag besser wird, und dass nie der Zeitpunkt kommt, an dem man sich bequem zuruecklehnen kann und sagen kann "jetzt hab ich's geschafft", aber irgendwie hab ich's mir unbewusst wohl doch so vorgestellt. Des langen Geschwafels kurzer Sinn: ich muss (leider) feststellen, dass (abgesehen von den allerersten Tagen der koerperlichen Entzugssymptome) mir das Nicht-Trinken in den ersten Monaten viel leichter fiel als jetzt.
ZitatGepostet von Reiner Genau sokündigen sich Rückfälle an.
Ja, das weiss ich auch - ich hab ja im Moment auch Angst vor mir selbst....
ZitatGepostet von Reiner Nachgefragt: Warum fällt Dir das Nicht-Trinken auf einmal schwerer?
Warum ? Weiss ich selbst nicht so genau.
Vielleicht weil im Laufe der Zeit die Verdraengung einsetzt (?) (an sich ja ein sinnvolles Verhalten der Psyche, sonst koennte man nach traumatischen Erlebnissen (Kriege, etc....) kaum mehr weiterleben - im Zusammenhang mit Alkoholismus aber verdammt gefaehrlich).
Vielleicht weil ich am Anfang total euphorisch war und Tage, Wochen, Monate gezaehlt habe. - Mittlerweile ist das Nicht-Trinken aber zur "Gewohnheit" verkommen. (?)
Der Kobold schleicht sich auch immer dann an, wenn (kurzfristig) keine Folgen waeren, also wenn ich z.B. am naechsten Tag frei hab und mich ausschlafen koennte...
Ich weiss auch nicht so recht, was im Moment mit mir los ist - ich hoffe nur, das vergeht wieder...
du schreibst, dass du gerade an einem kritischen Punkt angekommen bist, an dem das Nichttrinken zur Gewohnheit geworden ist. Und dann guckt da öfter ein Geist aus der Gedankenschublade und raunt einem ins Ohr, ach so ein Glas und das wärs doch und danach wieder aufhören und warum nicht und so....JAJA. Hau diesem Geist eins auf's Maul (sorry) und schreib hier und geh in deine Gruppe oder telefoniere mit irgendjemanden. Mich hat heute morgen eine liebe Freundin aus meiner Gruppe angerufen. Sie ist krank, liegt im Bett und dachte einfach, jetzt ruft sie mich mal an. Und ich sass zuhause rum, wir haben Handwerker, konnte nicht viel nebenher machen aber auch nicht weggehen. Wir haben 40 Minuten sehr schön miteinander telefoniert. Und ich hatte hinterher ein sehr gutes, aufgeräumtes Gefühl. Vorher war ich kribbelig und müde und schlecht gelaunt. Aber ich hatte das Glück, angerufen worden zu sein. Selbst hätte ich nicht unbedingt zum Hörer gegriffen. Ich bin ein Telefon-Muffel...
Es ist überhaupt kein Unterschied, ob einer eine Woche, einen Monat, ein Jahr oder 10 Jahre trocken ist. Das erste Glas ist schnell wieder getrunken, wenn man nicht aufpasst. Wenn man eine gewisse Zeit nichts mehr trinkt, ist es etwas albern noch die Tage und Monate zu zählen. Ich habe das ganz klar auch getan, und war schrecklich stolz als ein Jahr herum war. Aber irgendwann wirds zur Gewohnheit, ist es nicht mehr DAS Thema. Aber genau diesen Wunsch hatte ich am Anfang meines Trockenseins auch. Das der Alkohol irgendwann für mich nicht mehr DAS Thema sein möge. Ich kann an seine Stelle unendlich viel packen. Die Energie dazu habe ich, das habe ich in der Zeit, als ich noch getrunken habe, bewiesen. Ich kann unheimlich viel Kraft aufwenden, wenn ich etwas ganz besonders möchte. Ich hoffe, du kannst diese Kraft aufwecken, damit sie dich aus der momentanen Krise herausholt. Dieses unsichere Gefühl geht vorbei, so sicher wie das Amen in der Kirche.
danke fuer Euren Zuspruch. Heute geht's mir auch schon wieder besser. Aber ich muss sagen, irgendwie aergert es mich zur Zeit schon ziemlich, wie ich merke, dass ich diese Krankheit den Rest meines Lebens mit mir herumschleppen muss.
Ich glaube eher Du versuchst im Moment vor Dir selbst
davon zu laufen. Die Gründe weißt nurDu.
Davonlaufen funktioniert aber nicht. Haben wir alle
schon probiert.
ZitatAber ich muss sagen, irgendwie aergert es mich zur Zeit schon ziemlich, wie ich merke, dass ich diese Krankheit den Rest meines Lebens mit mir herumschleppen muss.
Auch das glaub ich Dir nicht!!!!
Warum?:
Wieso ärgert es Dich gerade jetzt?
Du bist ja nun schon eine ganze Zeit trocken und weißt
auch schon seit Deiner SelbsteinsichtIch bin Alkoholiker
das die Krankheit nicht heilbar ist sondern nur durch
unseren Willen zum Stillstand gebracht werden kann.
Ich glaube zu wissen daß Du diese Fomulierung selbst schon
einmal gepostest.( ich lese übrigens auch in anderen Foren)
Also frage ich Dich warum geradeJetzt?
Wenn Du mir, was sag ich, wenn Du Dirdiese Frage
ehrlich beantwortest kommst Du auch hinter die Gründe
Deiner Stimmungsschwankungen oder mal hart gesagt Deines
Saufdruckes.
Und diese Gründe musst Du versuchen auszuräumen ( gelingt
nicht immer auf Anhieb).Sonst läufst Du Dein ganzes Leben
vor Dir selbst davon. Und diese Belastung so glaube ich
wird so stark sein dass Du dran zerbrichst.
Sorry Richie ich will Dir auf keinen Fall zu nahe treten.
Ist nur meine Ehrliche Meinung. Denn es bringt keinem von
es gibt was zwischen "Honig ums Maul schmieren" und ständiger Selbstanalyse, warum und wieso ich nun grad schlecht drauf bin, unzufrieden bin, warum dies und jenes so abläuft und nicht anders usw. Es gibt meiner Meinung nach gewisse Tatsachen im Leben, die man einfach akzeptieren muss, und da gehört u.a. unsere Krankheit dazu. Wenn ich - einmal trocken und einsichtig geworden - die Garantie hätte für ein Leben ohne Stimmungsschwankungen, wäre ich ja praktisch geheilt und eine Heilung gibt es für mich nicht. Nur ein "zum Stillstand bringen". Mir reicht das und ich nehme ein Leben mit Hochs und Tiefs gerne hin. Ich muss nur sehr achtsam auf mich sein, ich muss mir immer wieder klarmachen, wer und was ich bin, ich darf z.B. nie zu hungrig, zu durstig, zu erschöpft sein. Ich muss auf meine Körpersignale achten und sorgsam mit mir umgehen. Das warum-wieso-wieso ich habe ich für mich längst abgehakt. Ich versuche, meine Gedanken-Karussells, wenn sie halt mal kommen und sie kommen, ob ich will oder nicht, zu bändigen und zu beruhigen. Dafür gibt es Lösungen, ich glaube, da muss jeder seine eigene Methode finden. Hier fiel schon der Hinweis auf Sport, es geht auch mit Spaziergängen, Musik, Meditation, Gebet, Gespräche.... es geht sogar mit Wohnung putzen!! ach da gibt es unendlich viele Möglichkeiten.Und ich versuche gute Laune und Lebensfreude zu erhalten und zu hegen und zu pflegen. Ich möchte ein optimistisches Leben führen, ein heiteres, lichtvolles und nicht im Dunkeln herumschleichen. Ich will mich nicht bestrafen, weil ich an einer Krankheit leide, für die ich nichts kann. Ich kann nur etwas dafür, wenn ich nichts für mich tue. Diese Erfahrungen habe ich für mich gemacht. Ich muss sie mir auch immer wieder ins Bewußtsein rufen, und das tue ich, indem ich in meine Gruppe gehe und den Kontakt zu den Menschen pflege, die in meinem Boot sitzen. Zusammen gehts irgendwie. Für mich.