mit 6 seiten ist mein alter threat wohl doch ein bischen zu lang und außerdem ist´s ja auch ein neuer abschnitt für mich. Also nun eine zusammenfassung, auch für mich, wie es seit august mit mir weiterging (und geht...)
damals hatte ich vom kopf her – auch dank der hilfe hier – vieles sortiert, aber keinerlei abwehrmechanismen, um mit diesem scheiss saufdruck zurechtzukommen. Und wenns dann mal wieder soweit war, war die nächste tanke, der nächste supermarkt nicht weit. Immerhin hatte ich es geschafft, bis zum beginn der LZT am 4. Oktober nicht körperlich „drauf“ zu kommen, hatte am abend vorher die letzte flasche bier geleert und bin morgens mit 0,00 angekommen.
Schon nach der ersten gruppenstunde dachte ich: „boahh, hier werden keine deiner ausreden akzeptiert, hier wird auf den punkt nachgebohrt“ (nicht sehr angenehm, da ich in meiner ganzen anderen klinik-odysee erstmal haupsächlich mitleid mir mir „armen“ mitbekommen hatte). Aber es wurde immer wieder wohlwollen vermittelt, das gefühl der handlungsfähigkeit. Schuldzuweisungen an andere wurden nicht akzeptiert, immer wieder wurde man mit der nase auf die eigene verantwortung gestoßen. Natürlich bekommt man sowas in gruppenstunden am besten mit, wenn dies bei anderen passiert – aber so allmählich fangen dann auch bei einem selbst – zunächst zaghaft – die lämpchen an, zu brennen.
Während in den gruppenstunden 3 mal die woche jeweils 100 minuten eher das „hier und jetzt“ beredet wurde, habe ich in den einzelgesprächen das „warum“ zusammen mit meiner therapeutin beleuchtet.
Drumherum gab es natürlich noch anderes: die ergotherapie, in der ebenfalls mein zerschmettertes ego aufgebaut wurde, sport- und entspannungsübungen für den körper, küchen- und putzdienste gegen arbeitsunlust, verschiedene indikationsgruppen wie depression, partnerschaft, körperwahrnehmung ect.
Natürlich haben diese therapeutischen maßnahmen viel in mir angestoßen, aber ganz wichtig fand ich auch das miteinander unter uns patientinnen. In unserer raucherhütte draußen (bibber...) konnte ich mich austauschen, vergleichen, erproben, disskutieren, vieles, was in den jahren meiner sauf-zeit im eigenen kopf immer wieder einsam vor sich hingeköchelt hat, in einen anderen rahmen stellen. Gemeinsamkeiten und unterschiede feststellen. Die erkenntnis: ja, ich bin die leona, die alkoholikerin, weder meine probleme, noch der alkoholismus sind einzigartig, aber außerdem bin ich noch vieles mehr und deshalb einzigartig....
16 wochen ohne alk, diese vielen selbsterkenntnisse – auch die schmerzhaften - nüchtern auszuhalten, haben meine muckies gegen den saufdruck trainiert. Natürlich kam er auch dort ab und zu angeschlichen, aber ich konnte darüber reden, habe hingeschaut warum und wieso gerade jetzt und irgendwann schlich er sich wieder davon.... hähäää!
Meine erkenntnisse aus der zeit sind im grunde genommen plattheiten, die hier schon zur genüge stehen: probleme anzugehen, statt zuschütten, gefühle, gute wie schlechte, zulassen und aussprechen, verantwortung für das eigene handeln übernehmen.
Aber im nassen zustand war das reine kopfwixerei, wenns nämlich dann gar zu unbequem wurde, hatte ich ja immer noch das hintertürchen „rausch“. Will meinen: viele dinge, die man in der sauf-zeit schlicht und ergreifend verlernt hat, müssen neu eingeübt werden. Aber das kann man nur trocken.
Wenn man eine Reise machen will, kann man soviele Reisebeschreibungen lesen, wie man will, man kann sich den Weg von anderen beschreiben lassen, man kann sich landkarten und kompass besorgen, man kann sich solange mit den vorbereitungen befassen, dass man die blütenzahl der gänseblümchen am wegrand auswendig kennt, aber irgendwann muss man auch aufbrechen....
Und jetzt gehe ich mit geschultertem rucksack weiter und lasse mich auch nicht von neuen gänseblümchen aus dem konzept bringen, gell?
toll, das du so viel mitnehmen konntest in der LZT und dich so drauf eingelassen hast!
Das Konzept hört sich sehr ähnlich an, wie von meiner LZT - auch nur für Frauen und mit Mutter-Kind-Plätzen.
Ich habe dort auch riesige Entwicklungsschritte gemacht, finde ich - und bin seither trocken - auch wenn ich mich im Moment mit dem Aushalten von schlechten Gefühlen ziemmlich rumquäle.
Es ist wichtig hartnäckig dran zu bleiben, das neu erlernte auch in den Alltag zu integrieren. Ist nicht ganz so einfach - aber mit dem Board hier und meiner Nachsorgegruppe habe ich bisher alle Klippen umschiffen können.
DAs schaffst du auch!
Ich habe auch sehr viel mitgenommen aus der Gemeinschaft und den Gesprächen unter den Frauen. Ich fühle mich heute manchmal noch ein bißchen eisam, da mir diese vertrauten Kontakte fehlen.
menno, das trockene leben ist nicht einfach.... in der klinik konnte ich vor meine zimmertür gehen, leute waren da mit denen ich reden konnte, der alltag war weit weg da, unter der käseglocke.
Tja, und und nun... hocke ich hier zuhause, mittwochs shg, donnerstags nachsorge, briefe, unheimliche, stapeln sich wieder ungeöffnet auf dem schreibtisch. WO ist die tolle, selbstbestimmte, klarsichtige abstinenz?
Hatte soooo viele gute vorsätze. Die steuer machen, den schadensersatzprozess weiterführen, wieder in den chor gehen, mich bei leuten melden.... und was mache ich?? ich hocke – trocken - mit dem bademantel vor dem fernseher und die guten vorsätze stehen knüppelschwingend und auf den fußspitzen wippend um mich herum. WÄÄÄH!
Jaja, ich spiele auch mit meiner katze, knete ton-skulpturen und male mandalas, versuche viel spazieren zu gehen und koche mir (manchmal/öfters) lecker essen. Aber dieses stellenweise gut-fühlen wird baldigst von den guten vorsätzen erschlagen.. und von den ungeöffneten briefen.
ZitatGepostet von Leona M Aber dieses stellenweise gut-fühlen wird baldigst von den guten vorsätzen erschlagen.. und von den ungeöffneten briefen.
Ääähhh.... geht sowas IRGENDWANN vorbei??
die leona
Klar geht das vorbei. Aber nicht von selbst. Du musst es schon machen. Wie wäre es wenn du einfach mal damit anfängst, das naheliegende zu tun und z.B. mal die Briefe zu öffnen?
Heute habe ich nach vierzehn Wochen Abwesenheit (LZT) eine ganze Klappkiste Altpapier produziert - termingebundene Sachen natürlich zwischendurch erledigt - und nun zieht langsam, aber sicher, Ordnung ein.
hi leona, ich glaube heute morgen etwas ganz verdächtig ähnliches geschrieben zu haben wie du ....,...bin als antwortgeber also denkbar ungeeignet, ...aber es tut so schrecklich gut, die klappe nicht halten zu können.
wenn ich mal eben inventur mache, was mir denn alles an schönen und glücklichen im leben so zugestossen ist, dann stelle ich fest, dass mich das glück nie im bademantel vor dem fernseher erwischt hat. nein, stets musste ich den arsch zum glück bewegen und nicht umgekehrt. abgesehen davon, habe ich gar keinen bademantel.
...tjoa, der arsch muss wohl hoch, auch wenn der sessel gerade so schön warm ist...... und gruss
jaja, einfach den arsch hoch bekommen... das sage ich mir tag für tag und komme mir wie das allerletzte weichei vor, weil es nur partiell klappt. Für mich ist es eine absolute gratwanderung im moment zwischen anspruch, überforderung und dem damoklesschwert „siehste-alles-klappt-nich-kannstebensogut-wieder-saufen“...
vielleicht auch kein schwert, sondern eine sirene - hmm. Im moment scheint mir diese stufe „im-normalen-leben-stehen“ nach fast 2 jahren rumeiern in therapien, reha-maßnahmen, tagesklinik und gruppen als mindestens 50 meter hoch. Tja, und nirgendwo den ansatz einer rampe.
Die kleinen schritte sehe ich nirgendwo. Nur den riesigen berg, der da in form von briefen vor mir steht. Leute, ich HABE immer wieder briefe geöffnet, war erleichtert, wenn ich dann alles erledigt hatte. Und dann laufen wieder 6 wochen die mahnungen auf.... ich habe da wohl wirklich eine schwerwiegende schacke weg – keine ahnung..
Tja, kann es wohl nicht aushalten, mal OHNE unerledigte dinge unbeschwert meines weges zu gehen. (....WELCHER weg wäre es dann wohl???)
Na- das wäre der Weg, auf dem du dich von aussen nicht mehr "ermahnt" sehen würdest *lach*
Nettes Wortspiel- an was sollst du denn ständig und allüberall ermahnt werden...?
Ich glaube dein ganz innerer Selbstwert bzw. deine Eigenliebe, die hat noch net so nun "neu" und trocken die richtigen Muckies antrainiert gegen dieses selbstgebaute Hinfallen-Aufstehn-Hinfallen-Aufstehn-Muster ( sich selber treten- abschlaffen- sich wieder treten- wieder noch erschöpfter abschlaffen= es fehlt eine positive Grundspannung sozusagen)+ dem von dir benannten Damokles-Hintertürchen-Dingens...
Hab mal bissel Geduld mit dir, ja! Immerhin haste mittlerweile einen 6-Wochen-Turnus - vielleicht wird der mit der Zeit auch wie ebay- 3,2,1...deins
Müder Gruss, da nun ab in die Federn entfleuche- und ich gammel manchen Tag auch furchtbar gerne im Pyjama hier vor TV oder PC herum; dann können mich Briefe und auch Telefon mal kreuzweise... - solange, bis ich davon halt "satt" bin und es mich ankäst und ich wieder mehr "Grundspannung" will Aber das sind einzelne Tage- ich nenn die meine Inseltage - und auf die mag ich auch net verzichten! Für meine Freunde heissen die U-Boot-TAge- bin da abgetaucht
hi Leona, du triffst mit deiner Schilderung auch ganz gut meine Therapie. Besonders aber die Vorsätze, erstmalig von mir für mich selber, und dann klemmt es und es quietscht in sämtlichen Angeln. Ober-Haupt-undnichtwiederumkippVorsatz: heute trinke ich nicht. Wichtigste Sache: Ich! Was will ich, wer bin ich eigentlich, und nie wieder Bevormundung - weder durch einen anderen Menschen noch durch Umstände und schon gar nicht durch den Alk. Wie mache ich das? Erstmal frei vom Alk, d.h. viele Winzigkeiten wie kein Alk im Hause, keine Feier mit Alk oder tschüs liebe Leute, aber ohne jede Erklärung. Gefühle durchforsten, was war denn das früher, Gefühle aushalten. Leute sortieren wie Aschenputtel, die schlechten in die Wüste! Und feststellen dass meine Geduld mangelhaft ist, stimmts? Und feststellen dass mein Selbstwertgefühl stark anbesserungsbedürftig ist. Daher nach etwa einem halben Jahr beginnend: frei wofür! Und dafür muss ich jetzt ganz alleine wissen was ich will. Und jeden Tag einzeln. Aber wenn du das angefangen hast, dann wirst du auch merken dass es sehr schön ist, ohne Krücken zu gehen. ich grüße dich, Max
danke für die aufbauenden antworten. Im laufe der letzten woche habe ich nun beschlossen, mich wg. diesem sch...-papierkram nicht fertigmachen zu lassen. Da ich es aber weder erledigen, noch liegenlassen kann (einige sachen fangen jetzt WIRKLICH an zu brennen), werde ich mir hilfe bei der sozialarbeiterzunft holen. in der nachsorge fand man das auch eine gute idee. Denke, dass es leute gibt, die schlimmere schacken haben und irgendwann werde ich es auch wieder alleine schaffen. So.
Was ich mir ebenfalls vorgenommen habe, ist, mir eine andere SHG-Gruppe zu suchen. Die leute in der jetzigen kennen sich wohl schon seit jahren, haben jetzt zum wiederholten mal den ganzen abend von gemeinsamen urlauben, nicht anwesenden leuten oder vergangenen feiern geredet. Naja, ist ja nicht schlimm, mal woanders rumzuschnuppern.
Jo, und außerdem habe ich zu 98 %iger wahrscheinlichkeit einen job! Ist zwar nur halbtags bei einer zeitarbeitsfirma aber für den wiedereinstieg nach 2 jahren krankheit wohl gerade richtig. Und finanziell muss ich gaaaanz klitztekleine brötchen backen.... Spatzen in der hand sind trotzdem nicht zu verachten, gell?
hatte jetzt zum allerersten mal ein probe-wochenende mit leuten, die nix von meinen letzten 2 jahren mitbekommen haben. war so ein wochenend-seminar. und mir ging es so richtig gut! auch mal aus diesem ganzen krankheits-selbsthilfegruppen-therapie-wust herauszukommen. ich konnte auch ohne sehnsucht beim italiener zuschauen, wenn die anderen ihr viertele getrunken haben. vor 3 wochen wäre ich mir noch wie die letzte arme wutz vorgekommen.
muss nämlich gestehen, dass ich einen ausrutscher hatte, vorletzte woche. nachdem ich diese job-zusage hatte, wollte ich mal "nur-so" ein glas wein zum feiern trinken. das ergebnis war, dass -zapp- die flasche leer war und ich nochmal los bin, um eine 2. zu holen. ich habe mich richtig erschrocken hinterher. neneee, diese allerletzte lehre brauchte ich wohl noch einmal... jetzt weiß ich, dass es für mich wesentlich einfacher ist, das 1. glas stehen zu lassen, als das 2. - und dass ich wohl im moment eher bei freudigen, als bei schlechten ereignissen aufpassen muss.
so. und morgen abend werde ich mal eine andere SHG ausprobieren - bei den guttemplern. jaja, mühsam nährt sich das eichhörnchen....
hei max, ben, tiger, schneeflocke und die anderen...
so, gestern mit der sozialarbeiterin telefoniert, sie kommt dann nächste woche zum sichten des papierberges.... heute habe ich dann mal ganz mutig meinen kontostand abgerufen. ich bin ja nicht mehr krankgeschrieben, kein krankengeld und auch kein arbeitslosengeld, da ich selbstständig war. das heißt, dass es zimlich mau auf dem konto aussieht. und bevor ich die ausstehende steuerrückzahlung verbraten habe, gibts auch keine soz.-hilfe... dafür müsste ich aber erstmal die steuererklärung machen und die bösen briefe vom finanzamt aufmachen am liebsten würde ich mir die decke übern kopf ziehen und das ganze dann in den sand stecken - aber hilft ja auch nichts sooo, jetzt habe ich genug gequengelt, tut ja auch mal gut.
das mit der sozarbeiterin klingt doch schon mal gar nicht so übel, vielleicht kannst du mit ihrer hilfe diesen unglückseeligen briefberg ja endlich einmal beikommen, zumindest aber das wichtige vom nebensächlichen trennen....oder wenn sie richtig gut ist , mit ihr zusammen einen gangbaren weg erarbeiten, bei dem du deinen in decke und sand verbuddelten kopf, auch wieder auf den schultern tragen kannst.
also ich wünsche dir vorerst mal nur eine portion gutes,...vonwegen der flasche...