ZitatStell dich nicht so an,Du Heulsuse ...oder so?!?
Roswitha!
Natürlich das Gegenteil! Stell, dich möglichst immer an, wenn du was nicht willst, wenn es dir nicht gut geht!
Eigentlich meinte ich es schon mutmachend, dahingehend, dass dein Problem eben nicht unbewältigbar ist, eben "normaler Alltag vieler Alkoholiker". Das war keinesfalls bagatellisierend gemeint.
deinen Link finde ich sehr interessant. Genau in diesem "Fahrwasser" war ich auch drin. Ich bin aber alleine rausgeschwommen und habe herausgefunden, dass meine Mutter fast die gesamte Palette dieser Störungen aufweist.Ergo hat sie mich in diesem Sinn erzogen. Das widersprach jedoch meiner inneren Einstellung und um es auszuhalten, weil ich nie lernte mich zu wehren, war Alkohol die beste "Medizin". Mein Vater hatte nicht die Möglichkeiten um mich vor dem beherrschenden Einfluss meiner Mutter komplett zu schützen. Das, was er früher oft sagte, konnte ich nicht verstehen und ich wagte nicht zu fragen, weil mir meine Mutter selbst das Fragen geschickt untersagte. Erst in der Trockenheit begriff ich, dass ich die Tochter meines Vaters bin und nie die Tochter meiner Mutter war. Ich kann heute mit Problemen, Ängsten, Risiken, Freude und Spaß umgehen, ohne schuldbeladen und unsicher in meiner Wahrnehmung und den Bedürfnissen zu sein. Und ich kann mich wehren. Als mein Vater vor 15 Jahren starb, wurde meine Mutter erst recht "allmächtig", was meinen Alkoholkonsum geradezu förderte. Da meine Mutter aber nicht belastbar ist, kann sie nur existieren, wenn sie sich in absoluter Sicherheit wiegt. Indem sie andere hinterlistig vampyrartig ihrer Persönlichkeit und des Eigentums beraubt wirkt sie nach außen stark und ist aber innen hohl. Diese innere Leere hat sie aufgefüllt, in dem sie andere herabwürdigt, um sich aufzuwerten. Das machte sie so geschickt, indem sie durch pathologisches Lügen, die tollsten Sachen über andere erzählte, die aber bei genauerer Betrachtung völlig normal waren, und ihren Senf immer mit vorwurfsvollen Aussagen unterstrich "wer macht denn sowas" oder "dass die sich nicht schämt/schämen" "wie kann man nur so schlecht sein" usw. Damit lenkte sie von ihrer Unzulänglichkeit und nie erreichbaren Zielen (Neid fördernd) ab. Mit diesem Müll auf meiner Seele habe ich natürlich vieles in Frage gestellt bei mir, zweifelte an den normalsten Dingen und wurde immer ängstlicher und unsicherer. Gleichzeitg fraßen mich Verlustängste auf und ich entwickelte ein regelrechtes Klammeraffensyndrom. Wenn mein Mann mit anderen Frauen chattete, glaubte ich, er sucht meine Nachfolgerin. Das entwickelte sich aber erst so drastisch, als mir die Folgen einer schweren Erkrankung immer mehr zu schaffen machten. Anstatt sie richtig anzugehen, goß ich Alkohol drauf und suhlte mich im Selbstmitleid, wo meine Mutter es wunderbar verstand, mir meine Krankheitsfolgen als "Elend" zu verdeutlichen. Zur Krönung sagte sie dann mal in einem anderen Zusammenhang, aber so, dass ich wusste sie meint mich :"Männer wollen sowieso nur junge und gesunde Frauen". Kannst du dir vorstellen, wie dieser Satz in meinem Kopf festgebrannt war? Und mein Mann gab mir überhaupt keinen Anlass so denken zu müssen. Auch wenn er chattete, so war alles was er mit mir sprach und wie er mit mir umging, ein Zeichen großer Liebe. Und ich habs nicht gesehen oder bemerkt, weil ja der Alkohol alles verdrehte. Was glaubst du Roswitha, wie lange ich gebraucht habe, um das alles aufzudröseln und letztendlich waren mir die saufnixer dabei eine ganz große Hilfe. Ohne dass es vordergründig darum ging bei mir, den Alkohol stehen zu lassen, denn der war ja längst begraben, sondern einfach um dahinter zu kommen, warum der Alkohol überhaupt so mächtig werden konnte bei mir.
Ich bezeichne mich heute als ganz normale Frau, mit allen Ecken und Kanten, die auch Fehler macht und dazu steht. Weil ich nicht perfekt bin oder glaube perfekt sein zu müssen, sind es logischerweise andere auch nicht. Deshalb stelle ich niemand in Frage oder versuche seine Eigenheiten, seine Wünsche, Bedürfnisse als gegen mich gerichtet zu sehen. Was mir gegen den Strich geht, sage ich direkt. Dadurch kommt es zu einer Kommunikation, wo der andere seinen Standpunkt, der mich ja stört, klar machen kann. Wenn dann nochmal (später) Zweifel aufkommen, muss ich wieder drüber reden, aber ganz bestimmt keinen Alkohol trinken. Würde ich es tun, hätte ich immer noch nicht begriffen, dass das (runter-)schlucken ein gefährlicher Weg ist, um sich selber zu verlieren.
Ich habe andere Möglichkeiten für mich gefunden, um Frust zu ertragen oder Freude zu belohnen. Auf keinen Fall dürfen sie mein Denken und Fühlen betäuben. Dieser Prozess der Selbstfindung-und akzeptanz läuft (bei meiner Vorgeschichte) nicht in ein Paar Monaten ab. Den größten Schub habe ich in den letzten 6 Monaten erlebt und fertig bin ich immer noch nicht. Das Leben ist Veränderung und ich muss es bewusst zulassen und aushalten können. Anderfalls wäre ich immer wieder anfällig in eine "watteverpackte Dunkelkammer auf Moorboden" - sprich Alkohol - zurückzugehen.
Du schaffst das auch, Roswitha, deine seelischen Altlasten zu entsorgen. Jedenfalls scheinst du jetzt auf einem guten Weg zu sein.