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Saufnix  
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Dieses Thema hat 130 Antworten
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 Nass und Trocken
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Juma63 Offline




Beiträge: 2.638

01.11.2007 20:25
#31 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Hi Thomas!

Das kann ich zu 100% unterschreiben!

LG
Sabine

Liebe bedeutet, jemanden zu haben, der unsere Vergangenheit versteht, an unsere Zukunft glaubt und uns heute so annimmt wie wir sind. :love3:




Komm auf die Hufe, die ersten Hände, die helfen können, stecken in den eigenen Hosentaschen! Zitat Nonick


Kleinerfuchs Offline



Beiträge: 3.729

01.11.2007 21:38
#32 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Die Ursache für meinen eigenen Alkoholkonsum herauszufinden, war für mich sehr wichtig.

Das, worauf ich am Ende kam, war relativ unwahrscheinlich, da ich ziemlich im sytemischen Denken verhaftet bin und zudem komplett unspirituell, obwohl Christ. Ich glaub an Gott, Elektrizität und Radiowellen und an das was ich sehe, sonst an nix.

Das "Poblem meines Lebens" war ganz einfach, daß ich immer der Meinung war, meine Eltern hätten mich verlassen, weil ich nicht liebenswert genug war. Sie starben beide an Folgen von Alkoholismus, als ich noch klein war, und waren auch vorher lange schon nicht mehr präsent. Ich wuchs mit dem Gedanken auf, daß, hätte ich "genügt", sie sich sicher zusammengerissen hätten und nicht getrunken hätten. Ich bin selbst Alkoholiker geworden, um mir zu beweisen, daß Alk noch stärker ist als Liebe und ich nichts dafür konnte, daß sie gingen. Ich bin den Weg meiner Eltern nachgegangen, um sie endlich zu verstehen. Hat mich fast mein Leben gekostet und ist natürlich nicht empfehlenswert, für niemanden, aber ich weiß heute, daß sie mich sehr wohl lieben und trotzdem nicht vom Alk loskommen konnten. eine Psychoanalyse hätte mich bestimmt weniger Leberzellen gekostet und wäre vermutlich ein sichererer Weg gewesen.

Vor einem 3/4 Jahr kam mir der Gedanke, daß das mit ein Grund für meinen 20 Jährigen Alk-konsum sein könnte, und da konnte ich auch meine Mutter loslassen, deren Schatten immer über meinem Leben lag. Und der spirituelle Teil für mich vollkommen unspirituellen Menschen war, daß ich einmal, ganz kurz, das Gefühl hatte, jetzt ist auch ihre Seele frei.

Ich bitte darum, den letzten Satz nicht zu zitieren oder zumindest nicht zu zerlegen, ist einfach so.

Meine Ursachenforschung ging auch über mehrere Therapien, aber darauf kam ich alleine, das hätte vielleicht auch kein Therapeut zugelassen. Für mich wars der "Knackpunkt".

Allerdings denke ich, daß es auch Menschen gibt, die die Beantwortung der Frage nach dem "warum" tatsächlich nicht brauchen, die einfach ganz verhaltenstherapeutisch an die Sache herangehen können. Für die ist das dann eben der richtige Weg, meiner war ein anderer.

LG, Britta


Angsthäsin Offline




Beiträge: 2.029

01.11.2007 21:55
#33 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Hallo ,

ich denke, es kommt auch entscheidend auf den Zeitpunkt an. Ich nehme mal meine jetzige Situation als Beispiel - ich bin seit 8 Wochen abstinent und genauso lang ist es her, dass mein Mann sich von mir getrennt an. In beiden Fällen hilft mir Ursachenforschung im Moment kein bischen. Im Gegenteil, sie würde mich von meinem Ziel allein ein zufriedenes Leben zu führen abhalten. Ich würde mich oder andere zerfleischen, wozu sollte das gut sein?!

Ich muss die Vergangenheit als das betrachten was sie ist - eine Zeit, die ich nicht mehr ändern kann. Und ich muss nach vorn schauen, zumindest solang bis ich stabil genug bin mich mit der Vergangenheit zu befassen.
Natürlich wird es auch wichtig sein, dann, wenn Stabilität erreicht ist den Blick auf das zu lenken, was da abgelaufen ist. Nur wird sich dann auch zeigen, was mir überhaupt noch wichtig genug ist um es zu analysieren .

Grüßlis - Tina

Interpunktion und Orthographie dieses Beitrages sind frei erfunden.
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. :zwinker1:


tapfer Offline




Beiträge: 138

01.11.2007 22:10
#34 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Angsthäsin

Natürlich wird es auch wichtig sein, dann, wenn Stabilität erreicht ist den Blick auf das zu lenken, was da abgelaufen ist. Nur wird sich dann auch zeigen, was mir überhaupt noch wichtig genug ist um es zu analysieren .




Hallo Häsin,

ich kann Dir nur zustimmen. Ich brauchte auch erst mal etwas Stabilität, um zu analysieren, wie ich alles habe so weit kommen lassen, dass ich "plötzlich" nicht mehr konnte.

Aber für meine jetztige Stabilität war und ist es wichtig, genau zu gucken, was war denn da los. Natürlich ist vieles schon lange Vergangenheit, aber es kommt in abgewandelter Form täglich neu auf mich zu. Heute bin ich selbstbewusst im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kenne mich, und das kommt daher, dass ich mich damit beschäftige, was mich geprägt hat.

LG Chris

Loslassen, immer wieder loslassen.
Das ist alles!


Angsthäsin Offline




Beiträge: 2.029

01.11.2007 22:40
#35 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Ich verstehe, was Du meinst Chris, aber ich weiß nicht, ob es nicht gerade in Bezug auf den Alkoholismus effektiver ist zu sagen "Ok, ich bin AlkoholikerIn und trinke deshalb nicht mehr" statt nach dem "Warum bin ich AlkoholikerIn" zu suchen?
Sicher ist es wichtig zu gucken wo und wann man getrunken hat, auch, ob man getrunken hat um sich Selbstwertgefühl anzusaufen, weil man Party machen toll fand oder weil man seelischen Schmerz unterdrücken wollte usw. usw.. Aber damit könnte man es doch gut sein lassen. Oftmals geht es aber weiter "Wieso hatte ich kein Selbstwertgefühl, wieso hatte ich seelischen Schmerz etc." und solche Analysen halte ich eher für destruktiv.
Statt da noch weiter zu wühlen ist es doch besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Ändern kann sie eh niemand.

Interpunktion und Orthographie dieses Beitrages sind frei erfunden.
Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. :zwinker1:


abimopectore ( gelöscht )
Beiträge:

01.11.2007 22:49
#36 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten


Moin Moin @ al

Ich kann mich erst jetzt mit Zeit melden, da ich den ganzen Tag unterwegs war, wollte mich nicht der Diskussion entziehen!

Nun möchte ich versuchen zu antworten.
In vielen Post´s erkenne auch ich mich wieder, soll heißen, auch mir ist so einiges von Euren Schilderungen wiederfahren. Nach der Ursachenforschung von meiner Seite aus und vielen Hilfestellungen von den Psychologen, war für mich der Punkt erreicht, an dem ich mir sicher war, genug geforscht zu haben und es machte den berühmten "Klick" im Kopf. Danach sah ich mein ganzes tun und Handel in einem ganz anderem Licht und stellte mir die Frage, musstest Du das wirklich erst alles wissen, um mit dem Saufen zu brechen?
Die Antwort war: scheinbar, ja! Du musstest es erst erfahren, sonst wäre der "Klick" ja ausgeblieben. Insofern sage ich jein zur Ursachenforschung, da es stellenweise sehr ermüdend sein kann.
Nun wurde mir in den Post´s unterstellt, ich sei der Meinung jeder solle meinen weg gehen, dem ist nicht so, da sage ich ganz klar: Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen!
Jetzt wird der- oder diejenige sagen, siehste, der Abi hat ja auch Ursachenforschung betrieben! Stimmt, habe ich! Aber mein Schnitt danach, war ein ganz radikaler.
Ich habe den Suff abgelegt, wie die von mir beschriebene Hose und ne neue gekauft (sinngemäß)
Einige male wurde hier postuliert, Ursachenforschung und die ganze Rederei ist Tagesformabhängig, dem stimme ich zu.

Was ich noch anmerken möchte, da dies hier ein sehr spannendes Thema geworden ist, ich habe gerade heute in meiner SHG mit einen Teilnehmer über meinen Ursprünglichen Thread gesprochen, weil ich darauf angesprochen wurde! Erst wurde meine getroffene Aussage nicht verstanden, aber ein ganz kurzes Gespräch klärte dann den Sachverhalt auf.

Aber was mir bei der ganzen "Schreiberei" hier gefällt, das ist die Diskussion und man beschäftigt sich, wieder mit dem Thema Alkohol und verliert seine "Gefährlichkeit" nicht aus den Augen!

Für den Augenblick erst einmal soviel aus meiner Sichtweise, ob die nun die Richtigste ist ? Für mich JA--Für andere--NEIN Da muss jeder für sich ein Modell finden mit dem er klar kommt.


LG Abi


Adriana2 Offline



Beiträge: 2.442

01.11.2007 22:53
#37 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Zitat
Gepostet von Kleinerfuchs

Das, worauf ich am Ende kam, war relativ unwahrscheinlich, da ich ziemlich im sytemischen Denken verhaftet bin und zudem komplett unspirituell, obwohl Christ. Ich glaub an Gott, Elektrizität und Radiowellen und an das was ich sehe, sonst an nix.

Das "Poblem meines Lebens" war ganz einfach, daß ich immer der Meinung war, meine Eltern hätten mich verlassen, weil ich nicht liebenswert genug war.

Vor einem 3/4 Jahr kam mir der Gedanke, daß das mit ein Grund für meinen 20 Jährigen Alk-konsum sein könnte, und da konnte ich auch meine Mutter loslassen, deren Schatten immer über meinem Leben lag. Und der spirituelle Teil für mich vollkommen unspirituellen Menschen war, daß ich einmal, ganz kurz, das Gefühl hatte, jetzt ist auch ihre Seele frei.

Meine Ursachenforschung ging auch über mehrere Therapien, aber darauf kam ich alleine, das hätte vielleicht auch kein Therapeut zugelassen. Für mich wars der "Knackpunkt".




Hi Britta,

wieder das Thema "Eltern", scheint doch ein zentraler Punkt zu sein.
Deine Geschichte ist in einem Punkt meiner ähnlich. Auch ich dachte, meine Eltern liebten mich nicht, weil ich nicht gut genug bin, sie waren sehr streng und gaben mich mit 9 Jahren in ein Internat. Dazu bin ich Einzelkind, also lastete alles auf mir noch verschärft.

Dass ich nicht die Liebe erfahren hatte, die ich gebraucht hätte, habe ich in meiner 1. Therapie "erfahren". Das hatte ich aber auch so gewusst, ich bekam es nur deutlicher vor Augen. Zeitweise hatte ich einen Hass auf meine Eltern, das empfand ich als eine sehr destruktive Zeit, auch für mich.

Dass sie sich aber nicht so verhielten, weil ich "schlecht" bin, das hat mich befreit von viel schwerem Ballast. Sie haben so gehandelt, weil sie es selbst nicht anders kannten. Und sie wollten das Beste für mich - auf die Art, von der sie glaubten, dass es richtig wäre. Ziemlich klar wurde mir das bei Familienaufstellungen, die ich eine Zeit lang besuchte.

Heute begegnen wir uns auf einer anderen Ebene als damals. Die Zeit hat dazu auch das ihrige getan, wir haben uns alle drei weiter entwickelt.
Dass ich das noch erleben darf, betrachte ich auch als eine Gnade. Woher sie auch kommt, ich bin auf dankbar dafür, wem auch immer.

Edit: du sprichst an, dass du das Gefühl hattest, auch ihre Seele sei frei geworden, als du sie los liessest, ein denkwürdiger Satz.
Hätte ich heute noch den Eindruck, meine Eltern wären wegen mir unglücklich, wäre ich glaube ich auch nicht frei, das fiel mir dazu ein. Ist nur meine persönliche Übezeugung, andere mögen anders damit umgehen und klar kommen, also ich erhebe keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Ich finde es erhellend, wie viele Beiträge und wie viele verschiedene Wege hier zu lesen sind.

LG Adriana

[ Editiert von Adriana2 am 01.11.07 23:03 ]


natter Offline




Beiträge: 1.277

02.11.2007 00:13
#38 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Huhu Tina ,

Zitat
Gepostet von Angsthäsin
... Aber damit könnte man es doch gut sein lassen. Oftmals geht es aber weiter "Wieso hatte ich kein Selbstwertgefühl, wieso hatte ich seelischen Schmerz etc." und solche Analysen halte ich eher für destruktiv.
Statt da noch weiter zu wühlen ist es doch besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Ändern kann sie eh niemand.



das hätte jetzt unisono auch von mir kommen können.
Allerdings auch vor dem Background, dass ich heute seit einem Jahr trocken und mittlerweile auch in mir gefestigt bin.

Ich kenne meine Gründe und Anlässe von früher und weiss, wie ich sie heute vermeiden kann.
Somit hat mir eine gewisse Ursachenforschung die Grundlage gegeben, dieses eine Jahr immer besser zu meistern. Sprich: Damit bei Bedarf auch was anzufangen, so ähnlich wie ein Rettungsring.

Den brauche ich zwar auch mittlerweile seit mehreren Wochen nicht mehr, um frei schwimmen zu können. Es gibt mir jedoch ein gutes Gefühl, dass ich ihn zwischen den Ohren immer bei mir habe, sollte ich ihn mal brauchen.

LG
Thomas

Das Leben ist keine Generalprobe; Es ist die Uraufführung!


Peregrine Offline



Beiträge: 1.056

02.11.2007 07:16
#39 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Für mich war das Thema "Ursachenforschung" schon wichtig. Vieles von dem was ich heute bin, kam auch von meinen Eltern (ja, leidiges Thema. ). Und ich mußte erst erkennen, das ich etwas wert bin und vieles eben nicht meine Unzuläglichkeit ist.

Ich denke aber auch, das man nicht nur bei der Ursachenforschung stehenbleiben darf. Es müssen den Ergnebnissen auch Taten folgen. Sei es Abgrenzung von den Eltern (wie in meinem Fall) und was auch sonst bei der Ursachenforschung aufgetaucht ist. Sonst dreht sich das Leben doch irgendwie im Kreis.

Liebe Grüße
Peregrine


Inessi Offline



Beiträge: 4.791

02.11.2007 07:46
#40 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

im 2. drittel meiner suchttherapie (nachdem ich stabil abstinent genug war) stellte sich mir nicht die frage "warum bin ich alkoholikerin?", sondern eher "warum bin ich die inessi geworden, die ich grad bin?".
für mich war es unbedingt wichtig, zu analysieren, in die vergangenheit (bes. kindheit) zu schauen. um zu erkennen, dass ich keine andere chance hatte, mich anders zu entwickeln. ich hatte, um zu "überleben" von frühester kindheit gelernt, gefühle abzukoppeln, mich in eine scheinwelt zu flüchten. ich hatte keine chance, "normal" die pubertät zu durchleben, zwischenmenschliche gefühle und beziehungen als normalität anzuerkennen und zu zulassen (dicke mauern). ich habe als erwachsene meine ersten 20 lebensjahre auf dieser welt verdrängt, verscharrt, ignoriert. nicht dass ich nur immer mehr alkohol brauchte, sondern meine kranke psyche liess meinen körper erkranken, sendete mir schon lange signale um aufmerksamkeit zu erhalten. was tat ich "dumme nuss", ich trank immer mehr und öfter, um die auswirkungen zu verdrängen.
erst durch die "wühlerei" in dieser konnte ich meine vergangenheit erstmal wieder erkennen und dann anzunehmen. die nächsten schritte in den vielen gesprächstunden waren mich zu entwickeln, zu verändern mit allem was dazu gehört.

stimmt, vergangenheit kann nicht verändert werden. für die zukunft konnte ich aber lernen, etwas zu verändern. und dazu brauchte ich den blick in die vergangenheit.

in meiner SHG erzähl ich ab und an (wenn es passt) von mir und meiner vergangenheit. das ist dann aber kein wühlen mehr darin, kein analysieren, sondern "nur" ein erzählen.

liebe grüße.


Adda Offline




Beiträge: 850

02.11.2007 08:25
#41 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Ursachenforschung – jau – hab ich lang und gern betrieben, gern und intensiv analysiert. Oft mit Freunden, die gleiche Fragen bewegten. Und Fragen hatte ich viiieeele, und das gemeinsame Rumkramen lenkt ja auch so schön ab...
Ich wollt halt wissen, wie die Welt sich dreht, bevor ich mich auf sie einlasse...

Später dann gings mir darum, warum ich selbst so ticke, wie ich ticke. Diesmal mit professioneller Hilfe (analytische Gesprächstherapie). Das gefundene Wissen über mich und meine Geschichte war mir anfangs mehr Last als Hilfe. Betraf ja in erster Linie meine Kindheit und ich hatte echte Probleme, mich gegenüber meinen Eltern zu verhalten. Leben ging äußerlich „wie gehabt“ weiter, nur in mir drin hatte sich was gedreht, womit ich erst mal nix anfangen konnte, was ich zuerst nicht leben konnte. Da prallte meine „bestätigte“ Wahrheit auf die gelebte Wahrheit meiner Eltern.

Nach drei Jahren Therapie gings mir soweit erst mal ganz gut und ich fand, ich wüsste nun genug, und ich wollte nur noch eins: „leben“, so wie ich den Begriff verstand, im Gegensatz zum Eingesperrt-Abhängig-Begrenzt-Gefühl all der Jahre davor. Und... ich hatte einfach keine Lust mehr in dem alten Kram zu wühlen, wollte ihn zu den Akten legen und Deckel druff. Ich fühlte mich einigermaßen sicher und fand, daß es nun Zeit wäre, auf meinen eigenen Füßen zu stehen.

Zu der Zeit gabs viel Neues in meinem Leben und das wollte ich auch: neu anfangen und das Alte ruhen lassen.

Doch manche Probleme kamen wieder und ich weiß noch, wie ich hier am Rechner saß – ich hatte mich gerade wegen meiner wiedergekehrten Ängste in einem anderen Forum angemeldet – und wie ich mir verzweifelt die Haare raufte, daß ich trotz sorgfältigster Analyse, Therapie, usw. in manchen Dingen scheinbar in einer Endlos-Schleife hing.

Ich hatte es so satt, so zu sein wie ich bin, mit den Altlasten auf dem Buckel, daß ich es so nie schaffen würde, zu „leben“. Ich war wütend, selbstmitleidig, verzweifelt-ausweglos, und ich hing zum X-ten Mal an meiner Kindheitsgeschichte, und ... trank.

Ich schrieb recht intensiv mit einem Forumsmitglied dort, der ähnliches zu erzählen hatte. Erstmal ellenlanges Berichten über das, was war, also wieder Kramen in der alten Kiste, später dann über die empfundene Begrenztheit – was hält mich ab? – und wieder Analyse (mir hings ja ehrlich schon zum Hals raus...).

...und habe was Wesentliches grfunden: Ein Stück Klarheit, z.B. daß ich meine empfundene Gespaltenheit kultiviere, dabei mich selbst ablehne, das „innere Kind“ (das ich in Therapie schon mal kurz „kennengelernt“ hatte) vernachlässigt, verwaist im Dunkeln wie in einem Kerker gehalten wird, ich die Symptome abwehre, immer noch. Uff...

Von da an klackerte es nur noch so, zu dem bisherigen gedachten Wissen gesellte sich sowas wie Begreifen/Erfühlen/Erkennen.
Daß sich nix ändert, solange ich trink, z.B., weder das Vergangene, noch mich, noch die Welt.

Kurz danach fing das Coaching an und wiederum kurz danach hörte ich mit dem Trinken auf.

Jo, und jetzt.... Irgendwie „habe ich fertig“, ist jetzt was abgeschlossen, ich fühle mich unglaublich befreit, trotz und mit meiner Vergangenheit, und das ist einfach sau-gut! Und ich bin mir sicher: ich muß nicht alles wissen, um zu sein, noch nicht mal alle Warums, die mich betreffen, aber ohne mein hartnäckiges Kramen und Suchen wär ich nicht da, wo ich jetzt bin. Das Lernen, mit dem Wissen was anzufangen, Konsequenzen zu ziehen, danach zu leben, fand ich am schwierigsten und das „Fühlen/Begreifen“ statt des reinen „Denkens“ am wichtigsten.

Gruß von Adda

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Lass Dich nicht gehen - geh selbst. (M. Bentrup)


zai-feh ( gelöscht )
Beiträge:

02.11.2007 08:46
#42 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Ich finde es gerade spannend zu lesen, dass viele hier trocken wurden NACH der Ursachenforschung.
Die begann bei mir (vielleicht vom Alter her schon fast zwingend) erst geraume Zeit nach der Trockenlegung.
Ursachenforschung und -erkenntnis haben bei mir so gar nichts mit dem Trocknungsprozess zu tun.


minitiger2 ( gelöscht )
Beiträge:

02.11.2007 09:00
#43 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Es gibt da noch den Punkt, daß die meisten Leute um die 40, 45 eine Zwischenbilanz ihres Lebens ziehen und sich die Frage stellen, ob sie das Leben führen, das zu ihnen passt.

Für Leute, die glücklich und zufrieden sind, ist die Antwort relativ einfach. Aber die meisten nassen Alkis sind eben nicht glücklich und zufrieden.

Ich war auch trocken erst mal nicht glücklich und zufrieden. Das Trockenwerden war zwar gleich eine Verbesserung, aber ich fand mich im Job eingesperrt, und irgendwas fehlte mir nach wie vor. Nur hatte das nix mit dem Trinken zu tun, denn saufend war ich genauso unzufrieden. Insofern war ich zufrieden trocken, aber der große Rest stand immer noch zur Disposition.

Die Frage "warum bin ich Alki geworden" fand ich nicht lange wichtig..schon allein, weil ich aus ganz anderen Gründen damit aufgehört als angefangen habe.

Aber ich musste mir die Frage beantworten, wie ich mein weiteres Leben gestalten möchte, und dazu musste ich erst mal wissen, wer ich bin und was ich will und wo meine Prioritäten sind, wenn ich zufrieden leben möchte.

Das fand ich überaus schwierig, denn ich hatte/habe so viele unterschiedliche Interessen etwa gleicher Wichtigkeit, daß ich lange gar keine Chance sah, die einigermassen unter einen Hut zu kriegen. Da war ich erst mal ganz schön frustriert, bis ich dann mal Schrittchen für Schrittchen dran gegangen bin, mir meine Möglichkeiten zu skizzieren.



[ Editiert von minitiger2 am 02.11.07 9:10 ]


Friesenvolker Offline




Beiträge: 2.911

02.11.2007 16:16
#44 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Hallo, Ihrs,

mir hat die "Ursachenforschung" etwas gebracht. Mit 44/45 Jahren wurde mir klar, so gehts nicht mehr weiter. Suff, kaputte Ehe und dann wechselsende Bekanntschaften, beruflicher Tiefpunkt und gesundheitliche Probleme stellten mich vor der Zäsur, weitermachen oder rigiros verändern. Ich habe mich für letzeres entschieden mit der Maßgabe, mich darüberhinaus in der Suchtkrankenhilfe zu engagieren. Das mag jetzt nach "Helfersyndrom" und was auch immer klingen. Ich hab's gemacht und dabei das Glück gehabt, viel über mich, meinen "Baustellen" und Hintergründe des "wieso" und "warum" meiner eigenen Biografie erfahren und erarbeiten zu dürfen. Ich verstehe mich - und bin über keine Sekunde meines früheren "nassen" Lebens
traurig, denn gerade dieses frühere Leben hat mich zu dem gemacht, der ich heute im hier und jetzt bin. Und: Ich mag mich.

"Am meisten schaden wir uns dadurch, dass wir uns zu wichtig nehmen. Genau betrachtet sind es die Taten und Missetaten - unserer Mitmenschen, die uns zu schaffen machen. Dadurch, das wir uns zu wichtig nehmen, so scheint es, verbringen wir den größen Teil unseres Lebens damit, uns von jemanden verletzt zu fühlen."
Carlos Castenada

LG
Fv

Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.


Peregrine Offline



Beiträge: 1.056

02.11.2007 18:21
#45 RE: Bringt mich 'Ursachenforschung' weiter Zitat · Antworten

Ursachenforschung, warum ich Alkoholikerin geworden bin und Ursachenforschung warum ich so bin wie ich bin gehören für mich zusammen. Die Alkoholikerin ist ein Teil von mir. Von daher unterscheide ich nicht. Nur das ich erkennen will, warum ich bin wie ich bin.

Zitat
Gepostet von minitiger2
Es gibt da noch den Punkt, daß die meisten Leute um die 40, 45 eine Zwischenbilanz ihres Lebens ziehen und sich die Frage stellen, ob sie das Leben führen, das zu ihnen passt.

Für Leute, die glücklich und zufrieden sind, ist die Antwort relativ einfach. Aber die meisten nassen Alkis sind eben nicht glücklich und zufrieden.




Stimmt bei mir genauso. Letztendlich hat mich das Saufen angekotzt, ich war damit nicht zufrieden. Aber auch das war (und ist immer noch) nur ein Teil des Ganzen. Es gibt noch mehr, woran ich arbeiten muß.

Liebe Grüße
Peregrine


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