ich bin soeben auf dieses Forum gestossen und hoffe, unter gleichgesinnten Hilfe beim Umgang mit meinem Problem zu finden.
Ich bin 22 Jahre alt, werde in 2 Tagen 23, und studiere derzeit. Mein Name ist zwar nicht wirklich John Barleycorn, aber ich fand doch, dass der Originaltitel von Jack Londons "König Alkohol" die Sache ganz gut trifft .
Warum ich mich an euch wende können sich die meisten wohl denken: ich glaube - ich weiß - dass ich Alkoholiker bin.
Nachdem ich mit 15 Jahren das erste mal auf einer Party ein paar Bier getrunken hatte, habe ich meine Liebe zu diesem Dreckszeug entdeckt. Alkohol gehörte von da an zu jeder Feier dazu - zwar nur ca. 2mal im Monat, aber dann auch exzessiv.
Nachdem ich Abitur gemacht habe, bin ich zunächst mal in ein tiefes Loch gefallen: Wie gehts weiter? Ich habe dann meinen Zivildienst absolviert - und jede Minute davon gehasst. In diese Zeit fielen dann auch die ersten Experimente mit harten Drogen wie Kokain und Heroin. Später habe ich ein Studium angefangen, welches mir jedoch absolut nicht zugesagt hat. Als sich abzeichnete, dass ich dieses Studium wohl abbrechen würde, fing ich schließlich an, für mich allein allabendlich exzessiv Alkohol zu trinken. Das war etwa Ende des Jahres 2008. Darüber hinaus fing ich an, regelmäßig Benzodiazepine (Valium etc.) in wachsender Menge zu mir zu nehmen. Seit Ende 2007 verletzte ich mich zudem selbst, indem ich mir mit einem Messer die Arme aufschnitt, bis Blut floss.
Im Sommer 2009 kam es dann zum Eklat: nachdem ich mich das letzte halbe Jahr nur mit Drogen, Medikamenten und Alkohol betäubt, nächtelang exzessive Parties gefeiert hatte und im ständigen Clinch mit meinen Eltern lag, wurde ich nach einem heftigen Streit eines Abends von der Polizei aufgegriffen. Die Wunden, die ich mir an diesem Abend zugefügt hatte, benötigten ca. 12 Stiche. Anschließend Psychiatrie.
Diese Zeit war extrem schwer. Aber sie tat mir gut. Nach einem epileptischen Krampfanfall aufgrund meiner Benzodiazepinsucht und einer (vorübergehenden?) Stabilisierung entließ man mich. Diagnose: Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung (auch bekannt als Borderline).
Ich habe es danach nicht geschafft, allein vom Alkohol wegzukommen, musste immernoch jeden Abend trinken. Danach dann der Wechsel des Studienfachs. Es wurde besser. Ich trank garnichts mehr. Dafür jeden Tag Sport, suchtartig, mindestens 75 Minuten.
Die nächste Zeit war relativ ereignislos. Dann der Umzug. Ich fühlte mich allein. Von da an 1Liter Wein pro Abend, ausnahmslos. Irgendwann musste ich in der Uni einen Vortrag halten. Ich war extrem nervös und erinnerte mich an diese beruhigende, sedierende Wirkung... Danach zwei Gläser Wodka, und dann ging es mir gut, und das war der Anfang vom Ende.
Das ist jetzt etwa 8 Wochen her, und ich bin heute nicht mehr in der Lage, das Haus ohne Wodka in Blut und Rucksack zu verlassen. Es ist jetzt eine Flasche am Tag.
Am Wochenende war ich für einen Tag zu Besuch bei meinen Eltern. Unglücklicherweise hatte ich vergessen, etwas Alkohol mitzunehmen. Um etwa 18 Uhr begannen die Schweißausbrüche, danach das Zittern. Ich ging an die Minibar und schüttete rein, was da war. Das half mir, bis ca. 3 Uhr zu schlafen. Danach das obligatorische Wachliegen,und dann diese ekelhaften, verängstigenden Träume, die hab ich im Moment jeden Morgen.
Die Minibar förderte leider nur klägliche Bestände zutage... der nächste Morgen begann mit Gereiztheit und einer unheimlichen Gier danach, endlich die beruhigende Wirkung, den euphorisierenden und zugleich bitteren Kuss des Alkohol schmecken zu dürfen. Ich zitterte am ganzen Leib, habe geschwitzt wie ein Stier.
Ich konnte es kaum erwarten, dass meine Eltern mich endlich zum Bahnhof brachten. Am Zielort angekommen bin ich schwitzend und am ganzen Körper bebend in die U-Bahn umgestiegen, auf dem schnellsten Wege nach HAuse. Der Weg kam mir vor wie eine Ewigkeit.
Spätestens seit diesem Moment konnte ich nicht mehr verdrängen, dass ich nicht nur psychisch, sondern auch physisch vom Alkohol abhängig bin. Ich habe viel über Alkoholismus gelesen und auch mit Gedangen wie "runtertrinken" etc. gespielt... Ich habe heute versucht meinen Alkoholkonsum auf das absolute Minimum zu beschränken, habe mir 200ml Wodka abgefüllt und mir gesagt: "Das ist alles, was du heute trinkst"... bisher war es etwa ein halber Liter...
Ich habe allerdings etwas gelernt: alleine schaffe ich es nicht. Ich will einen stationären Entzug machen.
Mir scheint, dass es in diesem Forum einege Menschen gibt, die den steinigen Weg vom Alkoholismus in die Nüchternheit geschafft haben. Nachdem ich euch jetzt ausführlich von mir erzählt habe, möchte ich euch einige Fragen stellen:
1.) Was ist der erste Schritt? An wen wende ich mich? Sozialpsychatrischer Dienst? Suchtberatung? Sonstirgendwer?
2.) Woher kriege ich einen Therapieplatz? Muss ich mich direkt an Kliniken wenden oder überweist mich ein Arzt?
3.) Sollte ich zu einem Arzt gehen müssen... welcher Arzt? Allgemenarzt, Psychiater o.ä.?
4.) Ich würde mein Alkoholproblem gern vor meiner Familie verheimlichen und den Entzug als Urlaub etc. tarnen. Realistisch gesehen weiß ich, dass das schwachsinnig ist. Aber vielleicht könnte mir jemand einfach ein paar gute Gründe aufzählen, meine Familie zu informieren Sollte ich meinen Entschluss aufrechterhalten können (-> ich bin da sehr wankelmütig... Borderline)würde ich zumindest meine Mutter am Mittwoch informieren
5.) Dauert es lang, einen Therapieplatz zu bekommen? Ich bin wie gesagt Student und habe ab Mitte Juli Ferien, bis Anfang Oktober... meint ihr, ich könnte da was finden?
Es tat gut mir, das alles mal von der Selle zu schreiben. Ichwürde mich freuen, wenn irgendjemand das liest... und nochmehr würde ich mich über eine Antwort freuen
manno, du bist noch so jung, aber schon soweit, wie ich mit 53 war. aus meiner sicht hilft dir nur ne lzt. du mußt weg von dem dreck, es geht auch ohne. deine eltern solltest du schon einweihen können. das ist wichtig. alles andere findet sich.
lg uwe
dry68
(
gelöscht
)
Beiträge:
19.06.2011 21:41
#5 RE: Meine Vorstellung - Ich will den Entzug wagen
Zu Deinen Fragen: Gehe zur Suchtberatungsstelle, oder am Besten gleich erstmal zum Arzt (egal welcher). Erzähle da genauso offen, wie´s Dir gerade geht.
Die werden Dir helfen. Alles andere ergibt sich dann ganz von selbst.
Mein Gott, ich habe eine Stunde hier gesessen und getippt, und am Ende war ich mir nicht mal sicher, ob ich diesen Beitrag überhaupt abschicke... aber nachdem mir jezt schon drei Leute geschrieben habe muss ich es einfach probieren
Wohin soll ich gehn, was meint ihr? Arzt oder Suchtberatung?
Hi John, ich kann deine Fragen zwar nicht gut beantworten (deshalb lass' ich es auch), wollte dich nur wissen lassen, dass mich deine Geschichte sehr berührt hat.
Wohin soll ich gehn, was meint ihr? Arzt oder Suchtberatung?
du kannst zu beiden gehen. sie werden dich beraten. nur gehen mußte schon alleine. ich für meinen teil würde lieber zum hausarzt gehen. der kennt dich und wird sich freuen.
Ich bin erst zum Hausarzt und hab ihm gesagt,daß ich ein Alkproblem hab und was dagegen tun möchte,der fand das schon mal klasse und hat alles weitere für mich in die Wege geleitet.Zur Suchtberatung mußt Du dann sowieso,wenn Du was professionelles (Therapie) unternehmen willst.
Alle glaubten es geht nicht,bis einer kam und es einfach tat!
Gleich als ich Deinen Beitrag zu lesen begann dachte ich, o.m.G. hätte ich mal in dem Alter mir solche berechtigten Gedanken gemacht und sie natürlich in die Tat umgesetzt, wie anders wäre mein Leben verlaufen......
Hausarzt ist die erste Anlaufstelle, morgen kannst Du auch schon Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle aufnehmen und einen zeitnahen Termin vereinbaren. Natürlich auch Deinem behandelnden Psychologen die Karten auf den Tisch legen. Ohne die Alkoholsucht zu bekämpfen, hat psych. Behandlung wenig Sinn. Kenne ich aus eigenem Erleben( wurde aus der Tiefenpsych. Klinik, auf deren Termin ich ewig warten musste, sofort wieder entlassen, als sich mein Alkproblem durch Laborwerte offenbarte). Jetzt geht die Suchtbehandlung und die psych. Behandlung Hand in Hand.
Bei der Suche einer Lzt hilft Dir dann mit Sicherheit der Suchtberater, eine Klinik zu finden, die beide Krankheiten behandelt.
Für den spontanen Entschluss, Tasche packen, an der Notaufnahme sagen, ich brauche Hilfe.
Krieg Du morgen früh gleich den Popo hoch und handele, Du wirst sehen, das ist schon der erste Anschub.
LG von crissy
Man fällt nicht über seine Fehler, man fällt immer über seine Feinde, die diese Fehler ausnutzen.
Entschuldigt, dass ich euch immernoch mit meinen Problemen belästige, aber ich frage mich grad folgendes:
Wie bzw. wo kann ich mir so schnell wie möglich Hilfe holen?
Ich habe bisher niemanden kontaktiert... Ich könnte jetzt natürlich zur Suchthilfe und zum Hausarzt gehen, meine Frage bezieht sich nur darauf, ob (sofern ihr das überhaupt wisst ) irgendjemand von denen eine Art "Akutsprechstunde" hat, oder ob ich lieber anrufen und bis zum vereinbarten Termin weitersaufen sollte?
Ich frage das im speziellen aus dem Grund, da ich in meinem Benzodiazepinentzug wie gesagt einen Krampfanfall hatte.... und ich habe ziemlich Angst, dass sowas erneut passieren könnte. Ich habe heute schon versucht, mich "runterzusaufen", d.h. die Dosis zu reduzieren... aber als ich irgendwann vor meinem Kühlschrank gekniet habe, um mir etwas zu kochen (übrigens, ich esse in letzter Zeit sehr, sehr wenig... ging/geht euch das auch so?) habe ich furchtbare Krämpfe in den Waden bekommen.... seitdem habe ich mich von dieser Idee verabschiedet.
Hallo John, während ich auf dem Weg ins Krkhs. zur Entgiftung war, hat mein Mann den Hausarzt informiert. Nach 2 Tg. hab ich meinen Suchtberater angerufen u. ihn gebeten, zu mir zu kommen. Er hat sich schnellstens um meine LZ bemüht.
Ich will Dir damit sagen, ich habe soviele Türen geöffnet, da konnte ich nicht mehr zurück - wollte ich auch nicht.
lG Gina Herzlich willkommen
Jeder Tag ist ein kleines Stück Glück
dry68
(
gelöscht
)
Beiträge:
19.06.2011 22:06
#14 RE: Meine Vorstellung - Ich will den Entzug wagen
Nachtrag: Das ganze Prozedere, Suchtberatung, Arzt, qualifizierte Entgiftung....und was da noch so auf Dich zu kommt, geht natürlich auch absolut anonym von statten, falls Du dann noch den Wunsch hast, es Deinem Umfeld (Eltern) nicht mitzuteilen!
Meistens ändert sich diese Einstellung aber, wenn "man" erst mal klar im Kopf ist...und es dann auch wirklich noch ernst meint