ZitatWenn man sich für Menschen einsetzt, die süchtig sind, ihnen versucht zu helfen, hat man durch diese Aufgabe auch nicht mehr dieses Verlangen, noch mal dort hinzukommen, wo die sich befinden.
Das folgende fiel mir wirklich ganz spontan ein, als ich deinen Satz gelesen habe:
Ich saß noch in der Motivationsgruppe der Suchtberatung. Diese Gruppe wurde von zwei "Freiwilligen" geleitet. Einer Frau und einem Mann. Beides also Betroffene - die Frau sogar mehrfachabhängig (Tabletten - aber ü20 Jahre trocken). Der Mann (6 Jahre trocken) kam eines Tages nicht mehr. Wir haben ihn vermisst und gefragt, wo er ist. Nun, er war abgetaucht. Zum Saufen. Selbst seine Frau (mit 2 kl. Kindern) wusste nicht, wo er sich aufhielt. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Obwohl er an der Front saß, hat er keine Hilfe angenommen, als der Saufdruck kam. Meine Trockenheit war damals vergleichbar mit einem ganz zarten Pflänzchen. Ich war fassungslos und (tod)traurig gleichzeitig - weil ich es einfach nicht verstehen konnte.
An deinem Satz finde ich grundsätzlich gar nichts verkehrtes - und ist es wohl auch gar nicht - dennoch dümpelt in meinem Hinterkopf der Spruch von Maxe, der sagt, 51% für mich und nur 49% für andere. Die Arbeit von Suchtkrankenhelfern ist unbezahlbar, aber achtsam auf sich selbst schauen, ist auch für sie unabdingbar.
Ich weiß nun gar nicht, ob du damit überhaupt was anfangen kannst/willst - wollte nur meinen, das es leider nicht ganz so ist, wie es manchmal scheint.
ZitatGepostet von ViP Ich glaube das Umfeld, die Freunde und Bekannten, die Trinken als normal ansehen, sorgen dafür, dass man nicht standhalten kann.
Hallo Victoria,
wenn du schon mal erlebt hast, dass du nach dem ersten Glas weiter trinken m u s s t e s t, bis nichts mehr ging und sich dies wiederholt hat, dann bist du m. E. Alkoholikerin, auch wenn das für Außenstehende nicht erkennbar ist.
In diesem Fall muss dir klar sein, dass du auf die Meinungen deiner Freunde und Bekannten in Bezug auf Trinken nichts geben darfst, denn als Nicht-Betroffene können sie in keiner Weise nachvollziehen, was mit dir nach dem ersten Glas passiert. Es bringt auch nichts, ihnen das vermitteln zu wollen.
Ich habe damals auch Ansichten gehört wie 'da musst du halt bisschen weniger trinken, wieso kannst du das nicht, du bist doch sonst so stark' oder 'jetzt hast du so lange nicht getrunken, du bist also keine Alkoholikerin, da kann doch ein Glas nicht schaden' und 'jetzt bin ich aber beleidigt, wenn du nicht mit anstößt' u.s.w.
Ich bin einfach stur bei meinem "nein danke" geblieben. Ich muss nicht 'standhalten', denn ich weiß, was mir meine Trockenheit wert ist.
Liebe Grüße
Friedi
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel
Ich muss überhaupt gar nichts! auch nicht standhalten. Standhalten wäre ohnehin viel zu mühevoll, weil ich mich dann permanent andauernd immer nur mit dem Trunk ja oder nein beschäftige. Was soll das?! Ein nicht-Alkoholiker kann die Sucht nicht begreifen. Bei mir gab es nur einen einzigen Unterschied von "früher" zu "heute": mein jahrelanger Anlauf bis zur Abstinenz scheiterte immer daran, dass ich bei jedem "Rückfall" immer nur froh war noch einmal davongekommen zu sein (nach Ernüchterung). Dabei waren das gar keine Rückfälle, sondern krankheitsbedingte Trinkpausen. Erst beim allerletzten Mal war ich nicht froh, sondern dankbar nicht mehr trinken zu müssen. Es hatte auch überhaupt gar keinen noch so lächerlichen Hilfsgrund mehr zum Saufen gegeben. Und das war es dann! Es hält auch bis heute vor! Max
ZitatMax mX:"...beim allerletzten Mal war ich nicht froh, sondern dankbar nicht mehr trinken zu müssen. Es hatte auch überhaupt gar keinen noch so lächerlichen Hilfsgrund mehr zum Saufen gegeben. Und das war es dann! Es hält auch bis heute vor!"
geeenaaauuuuuuu das ist es - die gleich Erfahrung habe ich auch gemacht. Die Vorphase habe ich schon öfter hier als Abnabelphase bezeichnet, diese ist geprägt von dem "wohl wollen ... aber nicht gerade heute" mit den Trinkpausen und Abstürzen. Ich wußte derzeit vom Kopf her, was richtig war, aber ich wollte eben noch nicht so ganz richtig - gierig suchend nach Wegen, der mir das "vielleicht-doch-mal-ab-und-zu" ermöglichen. Ist wie vom Zug abspringen - aber sich noch mit einer Hand festhalten. Bis dann tatsächlich der Punkt kam, den Max da so gut in Worte gefaßt hat. Ich glaube, dieser bestimmte Punkt findet sich in vielen Biografien wieder.
LG Volker
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
deine jetzige (nasse) Definition für "mein Bestes geben" wird sich mit längerer Trockenheit garantiert ändern. Weil sich dein Anspruch, dein Denken ändern wird.
Ich hab früher auch immer mein Bestes gegeben, aber ohne Rücksicht auf mich und meine Befindlichkeiten, han eben nur funktioniert.
hallo FF, "Ich glaube, dieser bestimmte Punkt findet sich in vielen Biografien wieder." // Das schon, aber leider lange nicht in den meisten. Ich konnte immer wieder feststellen, dass das "aber schön war's ja doch", also leider, überwiegt. Dazu ein 'negatives' Beispiel von olle Kurt Tucholsky (Alkoholiker): "wenn der Mensch alt wird und merkt dass er hinten nicht mehr hoch kann, dann wird er weise. Er verzichtet dann auf die sauren Trauben der Welt. Dieses nennt man innere Einkehr." Naja, Kurtchen, hast es ja auch nicht gerafft. Und wir dankbaren sollen nach meiner Auffassung niemals auf die immer noch kämpfenden herabsehen! Das wäre der Anfang vom Ende. Gruß Max
ZitatMax mX:"...er hinten nicht mehr hoch kann, dann wird er weise. Er verzichtet dann auf die sauren Trauben der Welt."
erinnert mich an:
"In Hamburg lebten zwei Ameisen, die wollten nach Australien reisen. Bei Altona auf der Chaussee, da taten ihnen die Beine weh, und da verzichteten sie weise dann auf den letzten Teil der Reise."J. Ringelnatz
Und arrogante "Lehrmeisterei" von oben herab ist da wahrlich fehl am Platz - obwohl, als Provokationsmittel kann ich's mir nicht immer verkneifen und ich hoffe, daß es dann auch verstanden wird.
Ist schon ein Crux - mit dem Suff!
und da fällt mir noch ein dümmlicher, aber wahrer Spruch dazu ein:
"Der Suff und der Puff - der reibt den Menschen uff!"
LG Volker
[ Editiert von Friesenvolker am 24.07.07 14:59 ]
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
Hallo Burton, ja es geht mir gut, vor allem, weil ich mich endlich überwinden konnte, hier auch mal was zu schreiben @ Adriana Nein, das kam gar nicht unhöflich rüber, ich brauch momentan selbst immer noch 10 Anläufe zum schreiben, weil ich hier immer nur kurz schauen kann, wenn meine Kinder gerade weit weg sind. Gestern hatte ich mal kurz vergessen, daß sie inzwischen lesen können ( sie kommen in die 2. Klasse)und mein Sohn fragte mich, "was`n Saufnix, Mama?" Da hab ich jahrelang drauf geachtet, nur zu trinken, wenn sie wirklich schon schlafen und dann erwischen sie mich im "Saufnix"- Forum.
Ulrike Ich verstehe, was du meinst. +++ Die Arbeit von Suchtkrankenhelfern ist unbezahlbar, aber achtsam auf sich selbst schauen, ist auch für sie unabdingbar. ++++++ Das in jedem Fall. Ich kann nur von meinen Gedanken ausgehen und es mir auch nur vorstellen, weil ich ja noch nie in der Situation eines Suchtkrankenhelfers war. Also wenn ich aufhören könnte/würde/hoffemal, und mich mit Suchtkranken auseinandersetzen müsste, wäre es für mich immer wieder, wie eine Stille Mahnung, da nie wieder hin zu kommen. Also wäre es für mich, wie eine Selbstbehandlung. Es hätte nicht nur für die Suchtkranken Vorteile, sondern auch für mich.
Es ist besser, als z. B. mit Leuten zusammen zu sein, die es nicht schlimm finden, da und dort mal ein Gläschen zu trinken einem das Gefühl vermitteln, im Weine liege die Kraft usw... Wie z. B. Friedi schreibt. +++++++++++++++ Ich habe damals auch Ansichten gehört wie 'da musst du halt bisschen weniger trinken, wieso kannst du das nicht, du bist doch sonst so stark' oder 'jetzt hast du so lange nicht getrunken, du bist also keine Alkoholikerin, da kann doch ein Glas nicht schaden' und 'jetzt bin ich aber beleidigt, wenn du nicht mit anstößt' u.s.w. +++++++++++++++++ Das sind die schwierigen Situationen, die immer wieder auf einem zukommen. Weil diese Situationen sind die normalsten in unserer Gesellschaft.
Und da sehe ich die große Gefahr, wieder rückfällig zu werden.
Ja, und das „für immer aufhören“, das muss man auch erst einmal richtig begreifen. Wenn das Gewissen schlecht ist, dann möchte man es für immer, und das mit aller Inbrunst, aber nach einer gewissen Zeit, wenn man merkt, wie gut es ohne geht, denkt man nicht mehr daran, es für IMMER zu lassen. Dann kommt das Denken, man könne es kontrollieren. Das Beispiel gefällt mir gut. +++++++++++++++++++ Ist wie vom Zug abspringen - aber sich noch mit einer Hand festhalten. +++++ Den Absprung ganz zu schaffen, loszulassen, das ist bestimmt ganz schön schwer LG
Mut ist nicht, keine Angst zu haben, sondern die eigene Angst zu überwinden
ViPDas in jedem Fall. Ich kann nur von meinen Gedanken ausgehen und es mir auch nur vorstellen, weil ich ja noch nie in der Situation eines Suchtkrankenhelfers war. Also wenn ich aufhören könnte/würde/hoffemal, und mich mit Suchtkranken auseinandersetzen müsste, wäre es für mich immer wieder, wie eine Stille Mahnung, da nie wieder hin zu kommen. Also wäre es für mich, wie eine Selbstbehandlung. Es hätte nicht nur für die Suchtkranken Vorteile, sondern auch für mich.
Es gibt aber auch suchtkranke die dich selbst mit runter ziehen und dies ist eine große gefahr für den suchthelfer. Du mußt den abstand halten und darfst deine gefühle nicht mit einbringen,sonst rutscht du schnell in die co abhängigkeit. War ein punkt meiner ausbildung LG FITTI
Liebe Grüße Friedhelm:Ich bin ein Mensch und nicht der Alkoholiker:gut: :grins2:und schreibfehler bei eby versteigern:sly:
es gibt auch 'ne Menge (freiw.) Suchtkrankenhelfer (mit den Streifen auf der Schulter) mit entsprechender Ausbildung, die vor lauter Helferei sich selbst vergessen. Die durch die Abstinenz entstandene Leere wird dann durch diese Helfereuphorie gefüllt und diese Spezies Mensch kann es kaum erwarten, die germanischen Niederungen trockenzulegen. Ich will hoffen, daß diese Menschen das saufnix Forum noch nicht entdeckt haben!
LG Volker
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
Zitatkb:"Suchtkrankenhelfer (mit den Streifen auf der Schulter) meinst du die heilsarmee oder wen?"
nee, nee, Karlbernd, die Heilsarmee hatte ich da nicht im Auge. Es gibt Menschen, die meinen, weil sie gerade eine bestimmte Ausbildung gemacht haben, müßten sie sich besser von den Normalos unterscheiden und lassen das dann entsprechend mit ihrem ganzen Gehabe auch "heraushängen". Sie tun so, als trügen sie Schulterklappen mit besonderen Offizierslitzen oder Sternen. Die Redewendung "Streifen auf den Schultern" sagt das aus.
LG Volker
Ein Zuviel an Intellekt ist durchaus geeignet, die Freude am Leben zu trüben.
hi volker, die gibts aber hier auch. und die haben noch nicht mal eine bestimmt ausbildung sondern sind einfach schon ein paar tage länger trocken als andere. solche schulterstreifenträger gibts wohl überall.