ZitatGepostet von Adriana2 Aber als ich hier von Betroffenene las, deren Kinder/Ehepartner schwer unter dem Alkoholkonsum ihres Elternteils gelitten haben, da verstand ich es. Es ist also nicht einfach ausschliesslich unter ethisch/moralischen Kategorien zu betrachten.
Ich habe aufgehört, weil das Kosten-Nutzen-Verhältnis für mich nicht mehr gestimmt hat.
Hi Bernd,
ich kann aus obigem mitnichten eine Fixierung auf Wirtschaft rauslesen. Ich kann auch nix für die Hackelei zwischen Dir und Adriana. Wenn Du meinst, über die Bande spielen zu wollen, mei - machs hoit.
Gruß Viktor Ausschließlich für die Galerie: soweit ich mitbekommen habe, wird inzwischen in den Suchtberatungen nicht mehr mit 'moralischen' Kategorien gearbeitet, sondern mit der sog. 'motivierenden Gesprächsführung' (war schon mal die Rede von). D.h. der Ratsuchende soll selber herausfinden, was ihm das Trinken noch bringt, bzw. welchen Nachteilen wegen er aufhören will. Sprich: 'ne stinknormale Kosten-Nutzen-Analyse. Wos kost's, wos bringt's Wenn mir damals beim Aufhören jemand mit moralischen Kategorien gekommen wäre, warum es für 'mein Seelenheil' z.B. unabdingbar wäre aufzuhören, wäre ich schreiend davon gelaufen. Nachträgliches Überhöhen meiner Motivation geht nie nicht, ich habe schlichtweg aufgehört, weil ich a) Druck von außen bekam und b) ich gesundheitlich so derhaut war, daß mir nicht mal mehr ein 'Unertl' geschmeckt hat.
Zitat Denn wer kapituliert kann auch vor dem Kampf gegen den Alkohol kapitulieren und sich zu Tode saufen.
Grüß dich, Magdalena: so habe ich es noch gar ich betrachtet. Aber - das ist genau das kleine Stück Logik, das mir da immer fehlte. Und das hat auch etwas mit eigener Entscheidung zu tun, mir ist das wichtig. Ein Friedensvertrag, ja, so wird es sein. Ich muss Alk nicht verteufeln. Und es kann auch sein, dass, und hier hat Fitti das Wort geliefert, wesentliche Bausteine in meinem Leben wegfallen, dann würde ich mir auch die Freiheit nehmen, meine Entscheidung wieder zu überdenken.
Wesentlich: in meinem Leben gab es auch ein paar glückliche Umstände, die mit Sicherheit auch dazu beigetragen haben, dass ich mich gegen meine Sucht entscheiden konnte."Trocken sein um des Trockenseins willen" wie hier mal jemand erwähnte, käme für mich nicht in Frage. Ich habe auch Achtung vor Menschen, die es nicht geschafft haben. Wie gesagt, nicht alles habe ich alleine gemacht. Stichwort "Signalkaskaden" (trifft es nicht genau, vllt. "Kennenreaktionen") waren es auch, die mir halfen, mich so, wie ich heute da stehe, aufzubauen. Das ist erhellend gerade für mich, ich habe das alles schon gedacht, aber so klar formuliert noch nie.
Was mir auch noch wichtig ist zu sagen ist, dass die Bemühung, sich über seine Sucht klar zu werden, auch Hilfe anzunehmen, wenn gewollt, nicht umsonst ist. Manches trägt erst später Früchte, so habe ich es erlebt. Das hätte vllt. auch so rüberkommen können glaube ich, dass, wenn man nicht an seinem "Punkt" ankommt jede Hilfe umsonst ist. Was ich schreibe kann ja auch nur meine Beobachtung und das daraus erlernte (und umgekehrt) sein.
.............................................
Zitat Das Stereotyp "Sucht als entgleiste Selbstmedikation" trifft also auf mich zu
Hallo NL
Hier dasselbe. Und den Rest deines Beitrages find ich klar und treffend. Nase voll :-) Die hatte ich im wahrsten Sinnse des Wortes auch oft genug.
Liebe Grüße Adriana
@Faust: dass du dich als Kommunist nicht mit Wirtschaftsfragen auseinandersetzen magst ist allzu verständlich und - deine Sache. Aber Worte wie "geseiere" ist wenig respektvoll und trägt keine Information zu dem Gespräch bei. Du respektierst nur deine eigenen Ansichten. Wer politisch anders denkt und dies, wie ich, auch klar mache, den greifst du unsachlich an. Hab ich noch bei keinem Kommunisten anders erlebt. Machst richtig Werbung für deine Sache... Dass der Staat für mein Wohl und Weh, für das Gelingen bzw. Scheitern meines Lebens verantwortlich sein soll - kommt für mich nicht in Frage. Ich bin ein freier Mensch und lege Wert auf Eigenständigkeit und Eigenverantwortung. Das ist für mich Freiheit. Wenn es dir drüben so gut gefiel - ich kann nix dafür, dass die Mauer gefallen ist
Zitat Gepostet von Faust Du wirst es kaum glauben, schon seit mehr als 20 Jahren bestimmt die Beantwortung von 'Wirtschaftsfragen' mein Berufsleben erheblich.
Aha. deshalb siehts hier im Land so aus, wie es gerade aussieht. Sehr aufschlussreich
Faust: ich habe die mich ungemein beruhigende Freiheit, auswandern zu können, falls deine politischen Vorstellungen hierzulande jemals Realität werden sollten
ZitatGepostet von Adriana2 ... Faust: ich habe die mich ungemein beruhigende Freiheit, auswandern zu können, falls deine politischen Vorstellungen hierzulande jemals Realität werden sollten
Dann hast Du das, was Du mir unterstellst, aber nicht verstanden. Wenn Du es merkst, ist es zu spät.
LG Bernd
"Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. "(Bertrand Russell)
ZitatIch habe aufgehört, weil das Kosten-Nutzen-Verhältnis für mich nicht mehr gestimmt hat.
ZitatIch schaffte den Ausstieg erst, als die möglichen Schäden so groß waren, daß die Ungewißheit der Abstinenz das geringere Übel war und ich es schaffte, Hilfe anzunehmen.
Diese Sätze hören sich vernünftig und wohlüberlegt an. Wenn ich an meinen Ausstieg denke, so war das damals ganz anders. Nach einem bis dahin nie erlebten Trinkgelage von 10 Tagen Dauer war ich am Tiefpunkt angelangt (gefühlt, von außen gesehen war alles gut und richtig).
Ich hatte keine Gedanken an Kosten-/Nutzenverhältnis oder Abwägung von Schäden und Ungewissheit des Neuen. Ich war "nur" zutiefst verzweifelt und wusste, "so kann’s nicht weitergehen". Deshalb staune ich immer über die, die aus reinen Vernunftgründen aufhören können.
Friedi
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel
ich hatte ja auch geschrieben, daß sich diese Kosten-Nutzen-Abwägung erst aus der heutigen abstinenten Sicht so darstellt. Kurz vor dem Ausstieg war da auch nur Kampf, Krampf und Katastrophe.
auch von mir: das ist rückblickend, also reflektiert geschrieben.
Ich habe aufgehört, als es unerträglich wurde - und dann noch ein Stück weit darüber hinaus. Vernunftgründe waren es auch, aber sie waren nicht der Grund. Ich war seelisch in, vor allem aber nach solchen Rausch-Tagen ganz unten, als ich erwog, aufzuhören.
Gersundheitlich hatte die Sache durchaus ihren Preis Es hätte auch mein Leben noch sein können - dazu war ich dann nicht mehr bereit. Wie gesagt - rückblickend.
Ich führe jetzt hier einfach mal mein Tagebuch weiter, auch wenn das Gespräch mittlerweile andere Wendungen genommen hat. Aber wo soll ich sonst hin damit?
Chronik eines angekündigten Absturzes Wie gesagt wurde am Samstag abend gefeiert. Und nachdem die Gäste mit Speis und Trank versorgt waren, habe auch ich nicht allzu lange gezögert, mich an einem Glas Wein zu laben, und selbstverständlich blieb es nicht bei einem. Es wurde geredet bis spät in die Nacht, aber für meine bisherigen Verhältnisse habe ich dabei durchaus maßvoll gezecht, und als ich - wie immer als letzter - zu Bett ging, hatte ich nicht das Gefühl, einem anderen Willen als meinem eigenen ausgesetzt gewesen zu sein. Am nächsten Tag dann, dem Sonntag, hatte ich einen Kater. Das war mir schon seit langem nicht mehr passiert. Ob es am wenigen Schlaf lag, am Schnarchen meiner Frau (normalerweise haben wir getrennte Schlafzimmer, aber das Haus war voller Gäste), am unsauberen Verschnitt oder an einer schon durch wenige Tage Abstinenz reduzierten Alkoholtoleranz, weiss ich nicht. Das fand ich allerdings gar nicht weiter tragisch, da ich weiterhin das Gefühl hatte und habe, auf dem richtigen Wege zu sein. Am Sonntagabend dann blieb es bei Tee (und früh zu Bett), und auch heute labe ich mich an Heißgetränken statt an Suchtmitteln - zumindest jetzt gerade. Kühlschrank und Keller sind voller Stoff. Da kam mir die Idee für eine neue Kampfsportart: ein Bier aufmachen, auf den Tisch stellen und nach 5 Minuten wegschütten. Aber so weit bin ich noch nicht und lasse es lieber zu. Für mich ist wohl die wesentliche Erkenntnis der letzten Woche, dass es mir recht leicht fällt, auf allein konsumierten Alkohol zu verzichten, wenn ich denn darüber reden kann. Insofern bin ich sehr dankbar für dieses Forum, weil es das für mich genau passende Maß an sozialer Kontrolle bereitstellt, eine Kontrolle, die ich selbst unter Kontrolle habe, weil ich mich ihr jederzeit entziehen kann (ist diese Entziehung dann das Gegenteil eines Entzugs?). Also andererseits ziemlich unverbindlich und daher wohl auch anfällig für Anfechtungen. Ein bißchen mentales Training gehört auch dazu. Wenn ich auf dem Heimweg bin und an das kühle Bier im Kühlschrank denke, muss ich mich dazu zwingen, lieber an den heissen Tee und die frischen Erdnüsse zu denken. Das wird schnell zur Gewohnheit, und darauf kommt es wohl an bei Gewohnheitstrinken, wie ich einer bin.
____________________________________________________________________________________________________ Wenn du am Morgen erwachst, denke daran, was für ein köstlicher Schatz es ist, zu leben, zu atmen und sich freuen zu können. Marc Aurel