Ich bin heute aus der Klinik entlassen worden. Die ersten drei Tage habe ich auf einer geschlossenen Station verbracht, und es war wirklich die Hölle. Zittern, Schwitzen, Angst, Unruhe... am ersten Tag habe ich kurzzeitig sogar Stimmen gehört. Irgendjemand hier schrieb mir, dass ich viel Elend sehen werde... und hatte damit absolut Recht. Menschen, die alles - seien es materieller Besitz, zwischenmenschliche Beziehungen oder das Recht, über sich selbst zu bestimmen - verloren haben. Menschen, die mit 30 - 40 Jahren bereits unheilbar krank sind. Menschen, die sich sprichwörtlich um den Verstand gesoffen haben. Und das Schlimmste war: die meisten kannten sich. Manche von der Straße, die meisten aber von früheren Entgiftungen. Es fanden richtige Insider-Gespräche statt: was macht x, in welcher Einrichtung lebt y, wann war z das letzte mal hier? Eine Gemeinschaft, dren Teil man wirklich nicht sein will.
Nach einigen Tagen im offenen Therapiebereich hat man mich dann zunächst testweise zuhause übernachten lassen und schließlich entlassen.
Hatte heute meine erste ambulante Therapiesitzung, morgen die Zweite.
Zusätzlich nehme ich jetzt für die erste trockene Zeit Antabus zur Unterstützung.
Ich habe das Gefühl, dass mir die schwerste Zeit noch bevorsteht.
Danke John, das Du das so hautnah berichtest, berichten kannst. Ich hoffe, der Besuch der Einrichtung bleibt Dir ewig in Erinnerung und Du arbeitest weiter auch in einer Gruppe.
ja john, der war ich, der dir das elend prophezeit hat, das du sehen wirst. ob ich da hingekommen wäre, steht auf einem anderen blatt, aber erschreckend ist es allemal. es ist schon heilsam, wenn man sieht, was alkohol so alles anrichten kann. ich wünsche dir alles gute auf deinem trockenen weg.
lg uwe
newlife
(
gelöscht
)
Beiträge:
01.07.2011 11:23
#96 RE: Meine Vorstellung - Ich will den Entzug wagen
es ist leider normal für viele, zwischen Vollsuff und Entgiftung ihr Leben zu leben. Die interessieren sich auch nicht mehr dafür, ob es ihnen gut oder schlecht geht, weils ihnen sowieso nur scheisse geht. Denen brauchste auch nichts mehr von SHGs zu erzählen.
Ja, John, so wie Dir gings mir in der ersten Entgiftung auch: pures Entsetzen und der glasklare Vorsatz " Da will ich nie wieder hin". Wenige Wochen später war ich ein zweites (und bislang letztes) Mal da. Weil ich beim ersten-trotz qualifizierter Entgiftung = 20 Tage- nicht gerafft habe,dass zur Abstinenz auch die Veränderung von Strukturen und Verhaltensweisen dazugehört. So holten mich sehr schnell meine Probleme(Beziehung, Arbeit, Finanzen und 1000 Kleinigkeiten) zu Hause wieder ein und zack -war der Alk wieder da. Ein- eher zufälliges - Gespräch mit der Vertretungsärztin meines Hausarztes, überzeugte mich schließlich, eine LZT zu beantragen. In den Gesprächen in der Suchtberatung, die den Antrag dann stellte, wurden mir die Augen noch ein Stück weiter geöffnet, als ich meinen "Suchtlebenslauf" verfasst habe. Die 15 Wochen Therapie schließlich- räumlich und mental durch die "Käseglocke" von zu Hause getrennt - konnte ich an meinen Baustellen arbeiten, dies in der Nachsorge weiter führen und habe dann eine SHG gefunden, wo auch noch alles passt
Dies ist mein Weg - im Sinne der meisten Suchtberater der klassische- aber es gibt natürlich x-verschiedene .
Ich wünsche Dir, dass Du Deinen eigenen finden mögest
Gruss
Michael
Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel: Es löst Familien, Ehen, Freundschaften, Arbeitsverhältnisse, Bankkonten, Leber- und Gehirnzellen auf. - Es löst nur keine Probleme.
… unsere Narben haben die Angewohnheit uns daran zu erinnern, daß die Vergangenheit einmal Realität war … :sly: H.L. "Roter Drache"
Das ist wirklich eine beeindruckende Geschichte. Ich habe das alles gelesen und muss schon sagen, dass mich Deine Entschlossenheit und Mut extrem beeindruckt hat. Irgendwo in diesem Forum habe ich mal geschrieben, dass sich der Tag ganz anders strukturiert, wenn man keinen Alkohol mehr trinken muss. Denn es ist ja ein müssen nicht ein wollen und darum entsteht ja der Stress immer wieder sicher zu stellen, dass man genug dabei hat. Das ich erst jetzt schreibe liegt daran, dass ich keine kompetenten Ratschläge geben kann, da ich den Alkoholiker in mir früher entdeckt habe und selber aufhören konnte. Vor all denen Menschen hier im Forum, welche hier um die trockenheit kämpfen, sei es trocken zu bleiben oder zu werden habe ich den allergrössten RESPEKT. John der Weg ist der richtige gehe ihn weiter und ich wünsche Dir nur das Beste
ich bin jetzt seit 16 Tagen aus dem Entzug raus und habe seit 24 Tagen nicht mehr getrunken.
Nehme momentan immer noch Antabus und gehe 1-2 mal wöchentlich zu therapeutischen Einzelsitzungen (CRA/Community Reinforcement Approach, falls das jemandem was sagt:gruebel in die Klinik.
Nächste Woche werde ich zusätzlich wieder zur Suchtberatung gehen, über SHG's habe ich mich auch bereits informiert.
Ich kann nicht leugnen, dass der Gedanke an den Alkohol mich quasi täglich beschäftigt. Die Sehnsucht nach diesem angenehmen Gefühl ist immer präsent.
Es ist einerseits ein schönes Gefühl, die Dinge wieder klar sehen zu können und zu merken, wie sehr ich bereits von der Realität entfernt war, zu spüren, wie sich alles - seien Gedächtnis, Konzentration, Gefühle - langsam normalissiert und verbessert.
Andereseits sehe ich mich jetzt einer schwierigen Zeit gegenüber: es müssen neue Strukturen geschaffen werden, neue Ziele gesetzt werden. Der Alkohol hat mich herrlich von allem abgeschnitten und betäubt, ich brauchte nichts dergleichen, konnte in den Tag hineinleben. Jetzt fühle ich mich oft leer und gelangweilt.
Ich dachte zu Anfang, mit der Entgiftung ist alles getan. Jetzt weiss ich, dass das nur der erste Schritt war.
das ist es ja, warum ich nach meiner ersten entgiftung weiter gesoffen habe. du beschreibst diese gefühl gut. nur hast du keine andere wahl. du mußt die krankheit akzeptieren. das geht nicht von heute auf morgen, das brauch seine zeit. gib sie dir.
ich bin jetzt seit 16 Tagen aus dem Entzug raus und habe seit 24 Tagen nicht mehr getrunken.
Nehme momentan immer noch Antabus und gehe 1-2 mal wöchentlich zu therapeutischen Einzelsitzungen (CRA/Community Reinforcement Approach, falls das jemandem was sagt:gruebel in die Klinik.
Nächste Woche werde ich zusätzlich wieder zur Suchtberatung gehen, über SHG's habe ich mich auch bereits informiert.
Ich kann nicht leugnen, dass der Gedanke an den Alkohol mich quasi täglich beschäftigt. Die Sehnsucht nach diesem angenehmen Gefühl ist immer präsent.
Es ist einerseits ein schönes Gefühl, die Dinge wieder klar sehen zu können und zu merken, wie sehr ich bereits von der Realität entfernt war, zu spüren, wie sich alles - seien Gedächtnis, Konzentration, Gefühle - langsam normalissiert und verbessert.
Andereseits sehe ich mich jetzt einer schwierigen Zeit gegenüber: es müssen neue Strukturen geschaffen werden, neue Ziele gesetzt werden. Der Alkohol hat mich herrlich von allem abgeschnitten und betäubt, ich brauchte nichts dergleichen, konnte in den Tag hineinleben. Jetzt fühle ich mich oft leer und gelangweilt.
Ich dachte zu Anfang, mit der Entgiftung ist alles getan. Jetzt weiss ich, dass das nur der erste Schritt war.
Danke an alle
Euer John
Hallo John.
Das ist eines der grossen "Geheimnisse" die man -meist mit therap. Hilfe und SHG und Nachsorge und Forum etc.- herausfinden muss,
denn Trockenwerden ist nicht so schwer, aber Trockenbleiben in diesem,einen Leben,welches wir haben und aus deren Mitte die meisten wohl auch nicht einfach "ausbrechen" können und wollen.
Ist wie mit dem Spruch: Vaterwerden ist nicht schwer,Vatersein dagegen sehr!
Ich habe Vieles in meinem Leben verändern müssen, Liebgewonnes aber nicht unbedingt Förderliches abstellen,mir Strukturen schaffen und lernen, meine Schwächen ,vor allem meine Stärken, zu realisieren.
Mit hat 1 Jahr Nachsorge und weiterhin Besuch der SHG sehr geholfen, die Nachsorge mit einer Therapeutin,die mein volles Vertrauen hatte und gegenseitige Sympathie auch da war.
Noch heute, 6 Wochen nach Ende der Therapie, schreibt sie mir und ich ihr,wie es so geht,bla,bla. (Leider ist sie verheiratet )
Bin nun im 19.Monat trocken und clean von anderen Substanzen,es geht mir sehr gut damit, aber es ist eben jetzt hauptsächlich eine Sache der Kognition, nicht und/oder nie wieder rückfällig werden zu wollen/müssen.
Gedanken an Alkohol+Wirkung gibt es auch oft,aber eher mit Ekel behaftet!
Ich stelle mir den "Morgen" danach vor...zittern,Geschmack im Mund,Körpergeruch nach Alk, der Spiegel lauert, Verpflichtungen, Übelkeit.
Ein wahrscheinlich vom scharfen Schnaps,Medis,wenig essen entstandener Tumor in meinem Bauch , und Hautkrebs, also Warnungen meines Körpers gab es auch nachdrücklich.
Einige Suchtfolge-Erkrankungen sind auch hängengeblieben, leichte PNP,PAVK...
Bei mir ist der Ekel,mit dem ich heute volle Schapsregale ansehe- wissend wie nahezu alles,was da steht, schmeckt- so gross, es mit anderen Augen/Gedanken zu betrachten.
Insofern brauche ich es auch nicht mehr auszuprobieren.
Und sei sicher,je länger Deine Abstinenz anhält, je besser lässt sich sogar das ertragen, was man glaubte, mit dem Alk betäuben zu müssen.
Ich bist auf dem richtigen Weg
_______________________________________________ Ich bin,wie ich bin,die Einen kennen mich,die Anderen können mich.... C.Adenauer
ZitatIch kann nicht leugnen, dass der Gedanke an den Alkohol mich quasi täglich beschäftigt. Die Sehnsucht nach diesem angenehmen Gefühl ist immer präsent.
Leugnen wäre hier der falsche Weg. Das tägliche Beschäftigen damit ist der richtige Weg .. ... und das Eingeständnis der Sehnsucht nach dem angenehmen Gefühl (des Wegdriftens/Chillens?).
Bei mir blitzt das auch immer mal wieder in belastenden Situatioen auf, meist nur für Sekunden. Ich sage mir dann, dass ich den Alkohol nicht mehr in mein Leben lasse, da er dann sofort wieder die Macht über mich hätte.
Und fremdbestimmt will ich nie wieder sein!
Ich kann mich gut in dich einfühlen und kann dir Mut zusprechen: je länger die Abstinenz, desto weniger und kürzer diese Momente der Sehnsucht nach Alk.
Auf CRA bin ich neulich mal gestoßen. Liest sich interessant. Hier der link dazu: CRA ->
Du machst das super! Weitermachen...
LG acqua
- sprudeln statt plätschern -
Nichts existiert, das von Dauer ist. Das einzig Dauerhafte ist die Veränderung. (Buddha)
ZitatIch kann nicht leugnen, dass der Gedanke an den Alkohol mich quasi täglich beschäftigt. Die Sehnsucht nach diesem angenehmen Gefühl ist immer präsent.
Leugnen wäre hier der falsche Weg. Das tägliche Beschäftigen damit ist der richtige Weg .. ... und das Eingeständnis der Sehnsucht nach dem angenehmen Gefühl (des Wegdriftens/Chillens?).
Bei mir blitzt das auch immer mal wieder in belastenden Situatioen auf, meist nur für Sekunden. Ich sage mir dann, dass ich den Alkohol nicht mehr in mein Leben lasse, da er dann sofort wieder die Macht über mich hätte.
Und fremdbestimmt will ich nie wieder sein!
Ich kann mich gut in dich einfühlen und kann dir Mut zusprechen: je länger die Abstinenz, desto weniger und kürzer diese Momente der Sehnsucht nach Alk.
Auf CRA bin ich neulich mal gestoßen. Liest sich interessant. Hier der link dazu: CRA ->
Du machst das super! Weitermachen...
LG acqua
Hey Acqua
CRA, das Konzept hört sich gut an, Schade,dass das für mich zu weit ist.
Obwohl versuchen wir das irgendwie nicht alle?
Ich muss doch jeden Tag,wirklich jeden Tag, auch meine positiven Verstärker erkennen -fängt doch schon morgens beim Blick in den Spiegel an- und benutzen, um mir den Tag "schön" einzurichten.
Andererseits ,wenn man darauf Aufmerksam gemacht wird-wie jetzt auf dieses Konzept CRA- bemerke ich doch, wenn ich es mir überlege, wieviele Menschen es gibt,die genau anders herum agieren.
Hätte ich gerne besucht,diese Veranstaltung. Ist leider zu weit und wohl auch für mich nicht erschwinglich,aber das Buch ,mal sehen,ob man es bestellen kann. (Hab gerdae bei Amazon nachgesehen-kostet E 35.-)
LG Peter
[ Editiert von Jetzisabergut am 16.07.11 10:09 ]
_______________________________________________ Ich bin,wie ich bin,die Einen kennen mich,die Anderen können mich.... C.Adenauer
ich bin ja eine langjährige Gemeinwesenarbeits-und Netzwerks-Anhängerin.
Community Reinforcement Approach (CRA) = gemeinwesenorientierte Suchttherapie funktioniert jedoch nur dann, wenn es gewisse Struturen im Gemeinwesen gibt, sonst läuft es mMn ins Leere .
Da können noch soviele Suchttherapeuten diese Fortbildung Ausbildung zum CRA-Counseler und Supervisor absolviert haben - es bringt nix, wenn dieser Ansatz nicht im Gemeinwesen verankert wird - und das leisten die Suchttherapeuten nicht-können sie nicht leisten!.
Meine weiteren Überlegungen würden den thread von John sprengen ...
@ John: Für mich hört sich CRA sehr gut an und ich wünsche dir, dass du die von dort mitgenommenen Übungen und Anregungen zur Veränderung auch in deinem Wohn- und Lebensumfeld umsetzen kannst
LG acqua
- sprudeln statt plätschern -
Nichts existiert, das von Dauer ist. Das einzig Dauerhafte ist die Veränderung. (Buddha)