Wenn ich heute über meine nasse Abwehrhaltung zu trinkenden Zeiten berichte, schwingt da immer eine Interpretation mit, gewonnen aus meiner abstinenten Zeit. Ob motivierende, ob konfrontative Gesprächsführung - egal, so lange ich nicht kapituliere und keine Bedingungen mehr stelle, bin ich nicht fähig, Hilfe anzunehmen. Das klingt jetzt sehr nach B&B, nach 1935, und das von mir, dem bekennenden Anti-AAler
Meine Erfahrung, sowie ich sie nach 20 Jahren noch zusammenbringe: trotz ständiger Gichtanfällen, trotz ständigem Knatsch in der Famlile, trotz permant schlechten Gewissens, war es für mich undenkbar, keinen Alkohol mehr zu trinken. Mein Spruch damals: Alkohol ist ein Menschenrecht. Es gab Risse in dieser Mauer; ich wußte durch Beispiele, daß es durchaus möglich ist, auch ohne Alk zu überleben (klingt blöd, war für mich aber wichtig), in meiner Umgebung starben nach und nach meine Saufkumpels weg, die nur ein paar Jahre älter waren und ganz wichtig, ich wußte, ich schaffe meinen Job im Suff höchstens noch ein/zwei Jahre. Das Ultimatum meine (Ex-)Frau brachte die Entscheidung: ich ergriff den Strohhalm und ging zur Suchtberatung. Jetzt war der Würfel gefallen, ich höre auf; wann genau und wie ließ ich mir erst mal offen - das Ziel war aber klar. Es verging noch ein knappes Vierteljahr bis ich endlich meine letzte Flasche Bier trank. Nachträglich bin ich froh, daß ich mir Zeit mit dem Aufhören nehmen konnte, mich an den Gedanken des Nichttrinkens gewöhnen konnte. Ob aber schnell oder langsam, ob konfrontativ oder begleitend (wie bei mir) durch die Suchtberatung- egal, wichtig war der Klick, die Erkenntnis, ich höre auf. Trotz anfänglichem Sträubens habe ich mich dann auch an den Gedanken gewöhnt, daß nicht ich es bin, der sich die Therapie aussucht, sondern daß das meine Beraterin bei der Suchtberatung macht und vor allem, daß ich es hinnehmen muß, während der Therapie in einem 2-Mann-Zimmer zu nächtigen.
Noch was zu Therapeuten und Therapie: Göttin sei Dank durfte ich ca. 10 jahre vorher bei einer Ehekrisen-Intervention bei pro familia erleben, daß der 'pöse', so dachte ich zunächst, Therapeut mich nicht manipulieren, ja nicht mal mich interpretieren wollte, sondern schlicht und einfach mir und meiner (Ex-)Frau Hilfestellung dabei gab, daß wir wieder miteinander reden konnten. Er tat eigentlich nichts anderes, als uns einen geschützten Raum zu geben und unsere Aussagen zu spiegeln, so daß wir selber erkennen konnten, wo es lang ging. Das hatte ich im Kopf, als ich nach Tönisstein ging. Ich erwartete nicht, daß ich dort 'geheilt' würde, ich erwartete mir Hilfestellung dabei, mich und meine Geschichte klarer zu sehen und mir Werkzeug zu erarbeiten, die ersten Jahre abstinent zu überstehen, damit mein Hirn 'trocknen' kann, sprich die Gehirnchemie sich nach so langem Mißbrauch wieder einrenkt. Mit der Liba als Therapeutin hatte ich Glück, aber ich wäre wohl auch mit dem Uwe(*), mit dem ich so meine Probleme in der Arbeitsgruppe hatte, zurecht gekommen.
Soweit meine Geschichte, schon des öfteren hier erzählt. Ich behaupte jedoch, bevor es 'klick' gemacht hat, bevor ich mich darauf einlassen kann, auch andere Sichtweisen für mich zu zulassen, als mein krankes Suchthirn mir vorerzählt, dringt wenig an Argumenten durch meine nasse Schutzmauer. Auf jedes Argument pro Abstinenz kommt mindestens ein 'ja, aaaaber'. Mei, die Diskussion, wie schaffe ich es, einen noch trinkenden Menschen argumentativ zu erreichen, ist hierzuboard so alt wie das Bord selber. Meiner Erfahrung nach erreicht man die einen besser mit Argumenten und die anderen besser mit dem Holzhammer. Ja, und daß sich ein 'Nasser' wehrt und um sich schlägt, ist auch nichts Neues. Damit sollte, bzw. hat das Bord gelernt zu leben.
Just my 2ct
(*) damals 1998 war es in Tönisstein noch üblich, sich mit den Therapeuten zu duzen
ZitatMein Ex-Mann war heftiger Alkoholiker und ist seit 21 Jahren trocken. Er hat weder eine SHG besucht, noch eine Therapie gemacht. Er hat "einfach" aufgehört und das Thema war für ihn erledigt. Ich glaube, so wie man seine eigene Trocknung in den Anfängen gestaltet, so zieht sich dann der gesamte Prozess durch. Einer holt Hilfe, wo immer es geht, andere erledigen das im stillen Kämmerlein.
dank dir, Sadgirl. Mal was ganz anderes. Hebe ich deshalb mal heraus.
Es gibt auch genügend, die noch heute in ihre Stammkneipe rennen und mit den Suffis dort labern, weil sie die Geselligkeit brauchen. Von denen sind auch einige trocken und das schon Jahrzehnte.
Vielen dank, vicco, für deinen Beitrag. Ich hab mich vor Jahren z.B. gegen Gesprächs-Therapie gesperrt. Du hast damals argumentiert, man könne sich nicht selbst spiegeln. Schaden tue es ja wohl nicht. Letzteres hat mich überzeugt und so ist zumindest die Verhaltenstherapie zu einem Werkzeug meiner Abstinenz geworden. So einen ruhigen sachlichen Austausch wünsche ich mir für -und im Interesse- aller Teilnehmer hier. Alleine schafft man es nicht.
da kenne ich auch einige von , die nie etwas gemacht haben ,ausser : einfach aufgehört.
ob das aus ärztlicher sicht gesehen ,immer richtig war ,lasse ich mal einfach so dahingestellt.
ich selber suchte mir die hilfe einer shg ,dann dieses forum später suchtberatung. ambulante therapie ,die ich aber abbrechen musste .
und ich habe aufgehört ,und dabei literfreies alkoholfreies weizen gesoffen. in einem anderem forum ,bekam ich schreibverbot ,aus diesem grund.
das kann ja gar nicht gut gehen usw und bla bla bla .
ich wusste jedoch genau was ich für mich machte und wie ich es machte. ich spürte das ,das es diesmal klappt.
ob es für den rest meines lebens so bleibt ,weiss ich eben nicht . doch da wo ich mal war ,möchte ich nicht mehr hin.
so sind mittlerweile etwas über 6 jahre ins land gegangen.
allerdings muss ich dabei sagen ,das ich heutzutage, einige tips schneller beherzigt hätte . dazu gehört aber nicht das alk-freie weitzen zu saufen, sondern zb eine stationäre therapie zu beginnen .
___________________________________________________ muss es immer erst zappenduster werden,bevor uns ein licht aufgeht
schöne Beiträge hier. Ich habe an mir nach den ersten guten trockenen Jährchen ganz gravierende Veränderungen festgestellt. Aus mir ist ein richtig fittes Kerlchen geworden.
Insbesondere möchte ich das mal in Bezug auf Wachheit und Klarheit beziehen. Ich denke wohl einfach schneller, weil die Zellen wieder sprießen.
Ich habe aber auch ein offenes Ohr und zeige mich hilfsbereit, wobei ich da ein wenig selektiere. Manche Menschen bedeuten mir halt mehr, wie andere.
Ansonsten fühle ich mich einfach gesund. Ich denke, dass ist ein Ausdruck der es am besten trifft und so verhalte ich mich auch. Am besten komme ich in aller Regel mit den Menschen klar, die keine Sucht haben, für die Alkohol unbedeutend ist und sich über gängige Themen unterhalten.