dieses eine Jahr, von dem Michael spricht, ist ein ganz guter Zeitrahmen. Dirk sprach schon davon, daß Dein Gehirn sich neu sortieren muß; das dauert eben abhängig von der Länge und der Intensität des Konsums ca. ein Jahr. Mit einem Jahr Abstinenz hast Du auch Deinen ersten Geburtstag, Dein erstes Silvester, den ersten Todestag Deines Mannes und und abstinent erlebt. Du hast erfahren, das Du dies alles ohne Alkohol schaffst. Ganz einfach, Deine Abstinenz wird so langsam zur Normalität.
Bei mir in der Gruppe ist eine Frau, die vor einigen Jahren als Frisch-Abstinente auftauchte und die mich immer wieder fragte, wann denn sie nun endlich diese berühmte "zufriedene Abstinenz" (wie der Zustand auch heißt) erreicht hätte, von der ich und andere immer wieder sprachen. Ich antwortete, wie hier im Thread meine Vorschreiber, das Zauberwort heißt Geduld. Sich freuen an den kleinen Fortschritten, stolz sein auf jeden Tag ohne Sprit und siehe da, über kurz oder lang ist das Gefühl da - genauso 'überraschend' und schleichend wie zuvor die Abhängigkeit.
Bei mir wars eben dann so weit, als mich andere Dinge mehr interessierten als der Stoff. Und ist mal irgendwas kacke, dann ändere ich das eben. Ich denke in ganz anderen Bahnen. So einiges was nicht mehr händelbar war, ist mir heute wichtig. Ein ausgewogener Tagesablauf, mein Berufsleben... Gut, mit Family kann ich halt nicht dienen. Ich brauche aber Kohle für viel Urlaub. Ist schon schade von wie vielen Jahren ich kaum noch was mitbekommen hab, wenn ich mir das heute mal so überlege. Was dein Umfeld hinsichtlich Sucht bemerkt ist ne ganze Menge. Ist das aber vorbei, vergisst es das auch schnell wieder, oder tut zumindest so. Ich bin schon ewig nicht mehr drauf angesprochen worden, aber ich vermittele das auch nicht. Würde auch kein Mensch drauf kommen, dass ich mal Suchti war.
das mit dem Job musst Du machen, wie es gut für Dich ist, hauptsache, Du verrätst Dich selbst nicht dabei, das wäre Gift.
Ich war während meiner Entgiftung noch in der Probezeit und saß eines Nachmittags mit meiner Lieblingskollegin, die sich partout nicht abwimmeln ließ, auf einer Parkbank der Klinik. Wir brüteten darüber, was ich nun dem Chef erzählen könnte - und der Personalabteilung und und und. Irgendein Frauenleiden sollte her, das den plötzlichen KHs-Aufenthalt rechtfertigen sollte, aber bei all den Medizinern in unserem Institut hätte das wohl nicht lange Bestand gehabt. Nach ewigem Hin und Her entschied ich mich für die Wahrheit. Gelogen und mich durchgeschummelt hatte ich mich lange genug, das wollte ich nicht mehr.
Ich hatte großes Glück, das weiß ich, mein Chef schätzte meine Ehrlichkeit, gab mir die Zeit, die ich brauchte um wieder auf die Beine zu bekommen (das waren aufgrund abgesoffener Traumata etwa 30 Wochen Krankheit innerhalb von 3 Jahren) und ich konnte genau so arbeiten, wie Du es beschreibst. Autonom und eigenverantwortlich. Und ich fühlte mich frei weil ich keine Angst haben musste, dass irgenwas rauskommt. Wäre ich aufgrund der Entgiftung entlassen worden, wäre das für mich auch in Ordnung gewesen, hätte ich was anderes gefunden, wäre einen anderen Weg gegangen. Lügen und verbiegen will ich mich einfach nicht mehr.
Heute würde ich es bei einem Vorstellungsgespräch nicht mehr sagen, weil es für mich und meine Arbeitsleistung keine Rolle mehr spielt im Moment.
Liebe Grüße Uta
"Großer Gott, laß meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird!"Selma Lagerlöf
Nun hatte ich ganz vergessen, wie schön und tröstlich ich Deinen Traum finde. Und wie schön ich finde, dass Du in der Lage bist, den Traum als Botschaft zu interpretieren und wieder loslegst. Dazu gehört eine Menge Mut und Liebe.
LG Uta
"Großer Gott, laß meine Seele zur Reife kommen, ehe sie geerntet wird!"Selma Lagerlöf
ja, ein Jahr - das erste Jahr - von etwas Neuem ist sehr bedeutend. Und in meinem Alter auch ein überschaubarer Zeitraum. Alles das erste Mal ohne oder mit etwas - das will ich schaffen.
Ich bleibe dran. Viele Grüße, Susanne
----------------------------------------- Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und »Scheiß Götter!« zu rufen. (Terry Pratchett)
finde ich gut, wie Du das s/deinerzeit geregelt hast.
Eine Personaltrainerin sagte mal, wir seien im Beruf nicht zuletzt aus Selbstschutzgründen "partiell authentisch". Auf mich trifft das zu. Das heißt nicht, dass ich mich verbiege, aber ich kann zum Beispiel meinen Sympathien und vor allen meinen Antipathien bezüglich der vielen Menschen, mit denen ich beruflich in Kontakt kommen, nicht frei die Zügel schießen lassen. Das geht ja auch vielen anderen so. Manchmal muss ich schon ein wenig mäandern zwischen Professionalität und Authentizität, aber in aller Regel klappt das. Und ich fühle mich schon immer wohl mit einer sehr strikten Grenzziehung zwischen "privat" und "beruflich". Mein Alkoholkonsum gehört für mich ins Private. Da ich aber jetzt in einer Phase der Veränderung bin, schauen wir mal, wie ich die Sache in einigen Wochen oder gar Monaten sehe. Dank auch für Dein weiteres Feedback zu meinem Traum :-)
Viele Grüße, Iris
----------------------------------------- Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und »Scheiß Götter!« zu rufen. (Terry Pratchett)
[quote="newlife"|p3629223] Ich brauche aber Kohle für viel Urlaub.quote]
Hallo newlife,
okay, die Zitierfunktion übe ich noch mal. Es bleibt aber inhaltlich dabei, dass ich verstehe, dass Du Kohle für viel Urlaub brauchst.
Kann ich toppen: Ich brauche viel Kohle für viel Urlaub. ;-)
Viele Grüße, Susanne
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So. Heute ist ein besonderer Tag. Heute ist Sommerfest/Grillnachmittag. 14-17 Uhr. Natürlich auch mit Bier und Wein. Ich bin Gastgeberin. Angemeldet haben sich 72 Gäste. Ich habe super Mitarbeiter, aber keiner von uns kommt aus der Gastronomie und ich bin immer total erleichtert, wenn diese Chose mal wieder gut gegangen und vorbei ist. Ich trage auch die Tabletts rum, grillen und zapfen machen die anderen. Ich trinke meine private Cola light 14 bis 17 Uhr. Das schaffe ich. Es gibt nur 2 Tage im Jahr, wo es Alkohol bei der Arbeit gibt: Neujahrsempfang und eben den sommerlichen Grillnachmittag.
Heute muss ich danach aufpassen, denn der Freitagnachmittag, nach Arbeitsschluss, hat sich schon so oft als Tag des neuerlich ersten Glases herausgestellt. Die Arbeitswoche liegt dann hinter mir, das Wochenende vor mir und ich finde den richtigen, den alkoholfreien Übergang so schwer oder gar nicht. Jetzt hat es schon ein paar Mal gut geklappt. Heute muss ich auf mich aufpassen, weil ich zwar in der Lage bin, eine Zeitlang anderen beim Alkohol trinken zuzusehen, ich oft dann aber meinen temporären Verzicht abends allein zu Hause nachgeholt habe. Das will ich nicht mehr!
Wenn es nicht mein "eigenes" Grillfest wäre, würde ich momentan zu so einer Veranstaltung eher gar nicht hingehen. Muss ja nicht sein, kann ich später, stabiler, immer noch. Aber "krank melden" ist echt keine Option.
So, was habe ich jetzt vor, um gut, also ohne Alkohol, nach 17 Uhr durch den Abend zu kommen:
1.) Ich gönne mir puren Luxus, nämlich ein Taxi, das mich nach Hause fahren wird. 2.) Ich habe gestern schon meinen Kühlschrank mit 7up "free" gefüllt. Da steht wirklich "free" und nicht "light" oder so etwas auf der Flasche. Finde ich Klasse! Ich trinke sonst momentan nur Wasser. Das wird also ein wunderbares Geschmackserlebnis. 7up free: Gebraut nach dem chemischen Reinheitsgebot! 3.) Außerdem, da ich selbst auch nichts vorher essen werde (zu angespannt; ich esse sehr gern, aber nur wenn ich entspannt bin. Gesellschaftliches "Essen-müssen" ist mir ein Graus und ich kann heute frei entscheiden), habe ich lauter Delikatessen eingelagert: Shrimps in Cocktailsauce, kernlose Weintrauben, eine Ananas, Manchego (Käse) zum letzten Rest dulce de membrillo (aus Quitten und den ich selbst im Oktober 2016 geköchelt habe) und zum Schluss eine kleine Toblerone.
So, das alles werde ich mir im gemütlichen Gammellook heute Abend in meiner alkfreien Wohnung als Selbstbelohnung angedeihen lassen. Füße hoch, Kopf hoch, ich werde mich gut fühlen!
Mir selbst die Daumen drückend, Susanne
----------------------------------------- Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und »Scheiß Götter!« zu rufen. (Terry Pratchett)
ich sitze hier mit meinem 7up, aua was tun mir die hochgelegten Beine weh. So viel Herumgerenne. Das mit dem Taxi war Klasse. Echter Luxus.
Und ich bin sehr, sehr froh, dass ich nach dem heutigen Tag frei entscheiden werde, ob ich irgendwo hin gehe, wo es Alkohol gibt, oder ob nicht und falls ja, dass ich dann gehen kann, wenn und wann ich will.
Schönes Wochenende, viele Grüße, Iris.
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das sind die Hoch-Risiko Situationen, explizit im 1ten Jahr prädestiniert um einen Rückfall zu bauen, schlussendlich musst Du wissen was Du tust, zu oft herausfordern würde ich solche events nicht, später wird das relativiert, weil das Nicht-Trinken quasi der Normalzustand ist, aber das geht nur über eine gewisse Zeit der Trockenheit. Ich war nach 6 Monaten ohne Stoff am Gardasee mit der Partnerin, zwar mit Respekt vor dem Alkohol, doch in guter Umgebung, d. h. die Partnerin trägt die Trockenheit mit und vor allem am Anfang war das eine sehr große Unterstützung. Mittlerweile gehe ich auf alle möglichen events, da ist einfach kein Gedanke an Saufen, vorsichtig bin ich trotzdem, die Interessen haben sich auch bei mir verschoben, zu viele trinkende Menschen sind auf Dauer weder amüsant noch gibt die Diskussion was her, noch kann ich damit irgendwas anfangen. Ich kann mir das durchaus ansehen, weil's n Spiegel aus meinen nassen Zeiten ist, nur dahin zurück möchte ich nicht mehr.
Grüße, Bodhi
Einfach SEIN- genügt völlig und mehr geht auch nicht. Das ist das volle Glück.
na ja, Bodhi. Ich bin sofort raus und hab mich gezeigt. Ab und weg. Alleine in der Bude rumgrollen wären aber solche "Hochrückfallsituationen" gewesen. Das ist mit Sicherheit von Person zu Person sowie von den Beweggründen abhängig, weshalb man überhaupt gesoffen hat.
wenn ich dich richtig gelesen habe warst Du nach 3 Wochen ohne Sprit und Benzos noch in der Klinik? Habe ich irgendwas verpasst? Nach den 3 Wochen ohne Spirt den großen Gastgeber mit Alk spielen, klaro.
Mit alleine in der Bude hocken ohne diesen event etc. hat das nunmal gar nix zu tuen, keine Ahnung wo Du das herzgezaubert hast.
Greetz, Bodhi
Einfach SEIN- genügt völlig und mehr geht auch nicht. Das ist das volle Glück.
Ich meine natürlich nach der Entgiftung... Bin ja dann in die Reha und der dortige Therapeut hat uns bereits dort schon immer 'raus in die Welt' geschickt. So das wir erst gar nicht damit anfangen uns zu Hause zu verstecken.
ZitatBin ja dann in die Reha und der dortige Therapeut hat uns bereits dort schon immer 'raus in die Welt' geschickt.
Es ist glaub ich mal ein Unterschied, ob ich in der Thera unter Aufsicht in fremder Umgebung, frisch entgiftet, rausgehe oder alleine aufgehört habe und dann nach 3 Wochen Abstinenz schon den ersten alkoholischen Stolperstein vor die Füße bekomme.
Ich denk mal Dirk meinte bei ihm wäre nicht die Veranstaltung eine Gefahr sondern das verkriechen zu Hause.Einsam und Allein in der Wohnung wäre er eher rückfällig geworden, als auf einer Veranstaltung mit viel Alk.
Ich hab viele Veranstaltungen und Partys abgesagt in den ersten Monaten , teilweise hab ich dafür gelogen nur um nicht mit der Wahrheit rauszurücken. Heute schüttel ich darüber nur mit dem Kopf,keine Ahnung wovor ich Angst hatte, das alle mit dem Finger auf mich zeigen? Hat bis heute niemand gemacht.
Aber jeder muss das für sich selbst rausfinden.
Sie hat es ohne saufen gemeistert und es war eine Erfahrung die ihr niemand nehmen kann. Es werden hoffentlich noch viele andere neue Erfahrungen dieser Art dazukommen, das baut auf und stärkt ,das meistens ohnehin verkümmerte, Sebstbewusstsein.