Ich überlege nun schon eine ganze Weile, wie ich eigentlich aus diesen Depressionen rausgekommen bin... So richtig finde ich keine Antwort... Ich kann Deine Beschreibungen ganz gut nachempfinden, ich hab auch mal ganze Papiercontainer mit solchem Zeug an Gedanken vollgeschrieben, hab sie dann irgendwann aus politischen Gründen verbrannt...
Eine Freundin von mir hat mir vor ein paar Jahren mal Briefe geschenkt, die ich ihr mit 15, 16, 17 Jahren geschickt habe... Ich war ganz erstaunt, dass diese Briefe aus ganz vielen Fragen bestanden... Mir fiel dann auch auf, dass ich ganz viele Fragen habe, und ganz viele Antworten, aber irgendwie nicht die "richtigen" oder zu viele... Ich habe nie eine Psychotherapie gemacht, allerdings hab ich mir mal Antidepressiva verschreiben lassen, weil ich nicht mehr weiterwusste. Das Einnehmen der Antidepressiva endete in einer Überdosis/Selbstmordversuch. an der ich fast krepiert wäre... Danach hab ich ganz schnell von dem Zeug die Finger gelassen...
Nunja, ich bin ja zum Glück noch hier und kann hier kräftig rumsülzen...
Wenn ich so überlege, hatte ich glaube ich irgendwann das Nachdenken satt, weil ich dadurch keinen Schritt aus der Depression rausgekommen bin... Eigentlich glaub ich, hab ich irgendwann gehandelt und das Nachdenken einfach abgeschaltet, mich einfach aufs Leben konzentriert und die Dinge und die Realität um mich herum betrachtet, ohne diese ständig auf mich selbst zu beziehen, andere Menschen von mir selbst losgelöst betrachtet...die Natur, viel gelesen...und vor allem mich viel bewegt und Sport gemacht... Dann hab ich mich irgendwann so sehr auf andere Menschen konzentriert und nicht mehr auf mich, dass ich dann das Lösen des Alkoholproblems meines Partners mir zur Lebensaufgabe gemacht habe
Das war auch irgendwie nicht so das gelbe vom Ei.
Du hast recht, weil ich das alles so erlebt habe, bin ich da, wo ich heute bin.
Eine Sache noch, die mir sehr geholfen hat aus den Depressionen rauszukommen, vor allem aus der letzten. Dies ist übrigens der Verdienst meines alkoholabhängigen Mannes! Was ich ihm heute noch hoch anrechne!
Er sagte irgendwann mal zu mir: Mann kann so oder so nachdenken. Man kann im Kreis denken oder in eine Richtung denken... Ich habe bestimmt 1 Jahr darüber nachgedacht, was er damit meint... Dann hatte ich die Lösung gefunden: Ich begann darüber nachzudenken, was Worte eigentlich für mich als Mensch für eine Bedeutung haben, ungefähr so:
Was ist für mich Ehrlichkeit? Was ist für mich Feigheit? Wann ist ein anderer Mensch in meinen Augen mutig? Was hat für mich in meinem Leben Priorität? 1.,2.,3. usw. Was ist für mich Lebensqualität? In welchen Momenten in meinem Leben war ich glücklich? Was spielt Religion für mich für eine Rolle? Was heisst für mich Respekt? Welche Menschen achte ich und welche nicht? Was spielt Schuld für eine Rolle in meinem Leben? Wann bin oder war ich wütend, traurig, fröhlich, faul, sinnlich, sensibel, nachlässig, verletzbar und warum? Was mag ich an mir und was mag ich an mir nicht?
Naja und so weiter... Jeden Begriff, den ich verwendete, versuchte ich für mich erstmal zu definieren. Das habe ich so ca. 2 Jahre betrieben. Das hat mir viel Klarheit in meinen Geist gebracht, als ich begann für die Begriffe Antworten zu finden, mit denen ich mich identifizieren konnte. Plötzlich konnte ich meinen Verstand und meinen Bauch zusammenbringen. Vorher hatte ich oft A gedacht und B gefühlt und wusste nicht, ob ich jetzt meinen Verstand oder mein gefühl entscheiden lassen sollte. Manchmal habe ich mich dann lieber gar nicht entschieden... was erst recht scheisse war...
Irgendwann stimmten dann Verstand und Gefühl oftmals überein und waren immer mehr in Balance... Ich lernte meine eigenen Gefühle zu verstehen... Das war überwältigent! Ich begann mich selbst viel mehr zu spüren. Ich begann meine Gefühle zu akzeptieren und sie zuzulassen und sie auch anderen zu zeigen und sie nicht zu unterdrücken oder runterzuschlucken. Ich lernte besser mit Worten umzugehen und meine Gefühle anderen Menschen verständlicher auszudrücken ohne sie zu verletzen, indem ich einfach nicht wie vorher einfach rausplautzte und etwas zu sagen, was ich nicht so meinte, sondern eigentlich ganz anders... Das gelingt mir auch nicht immer, aber immer öfter...
@Lisl, die Art Depression, die Du beschreibst, nennt sich "exogene Depression" - durch äußere Umstände verursacht.
Im Gegensatz dazu gibt es auch eine "endogene Depression", das ist eine Entgleisung des Hirnstoffwechsels, für die sich oft überhaupt keine Ursachen finden lassen, und da sind moderne Antidepresiva äußerst hilfreich.
Ohne diese Medikamente sind die Patienten einer psychotherapeutischen Behandlung oft gar nicht zugänglich, sie verfallen in eine sogenannte "Depressive Starre", die auch ohne jedes weitere Zutun die Lebenserwartung um Jahrzehnte verkürzen kann. Zum Beispiel steigt das Herzinfarktrisiko auf ein mehrfaches an. Es wird vermutet, daß es teilweise genetisch bedingt ist, oder auf Stress und Mangelerscheinungen im Mutterleib zurückgeführt weerden kann. Aber auch manche Nahrungsgifte führen dazu. Es wird noch viel dran geforscht.
ich habe mal auch in anderen Nexus-Boards gestöbert, nicht nur bei Saufnix. Dabei habe ich festgestellt, daß es auch extra ein Board für Depressionen gibt.
Vielleicht wäre es für Dich eine Hilfe, wenn Du da auch mal guckst?
Dies ist meine Form des Humors: Ironie ... JA! Zynismus und Sarkasmus ... NEIN!
Auf KEINEN Fall wollte ich dir auf den Schlips treten ... und mein abschließender Gruß an dich "Danke für deine besorgten Zeilen an mich ... und Danke für deine Gedanken und Gefühle" war durchaus echt und ehrlich gemeint.
Es bleibt dabei ... Jeder liest und versteht nur das, was er selber lesen und verstehen will ... Dies ist die Basis für Missverständnisse und Verständnislosigkeit!
Folgendes habe ich schon häufiger in meinen Beiträgen erwähnt:
- Zu Beginn war es meine abgrundtiefe Verzweiflung, die mich hier hat schreiben lassen ... ohne jegliche Erwartungen und Hoffnungen habe ich vor genau zwei Monaten in diesem Forum meine ersten Zeilen getippt ... aus purer Verzweiflung. - Ich empfinde dieses Board als EINE(!) Form der Hilfe und Stütze für mich.
Nur möchte ich diese beiden Feststellungen nicht bei jedem meiner Beiträge als Anhang hinzufügen.
Ja!... Ich suche Hilfe ... und ich finde auch Hilfe. Dabei steht in meiner realen Welt der äußere Rahmen: Psychotherapie - SHG - und ... nach dem Durchlaufen des bürokratischen Schlauches ... auch die Ambulante Rehabilitation Sucht. Dieses Board hier zähle ich mit zu meinen Hilfen-und-Stützen.
Zu einer meiner momentanen Motivationen des Schreibens ... und damit auch gleichzeitig eine kleine Korrektur deiner Worte: Ich versuche NICHT euch das Suchtproblem zu erklären! - sondern ich versuche es mir SELBER(!) zu erklären!!!
FRAGEN:
- Wie kommt es, dass in meiner realen Welt KEINER die stationäre Therapie bei mir in Betracht zieht? Psychiater und Psychologen - Suchtberater und SHG ... im direkten Gespräch ... von Angesicht zu Angesicht ... Warum teilt jeder dieser "Profis" meine Ansicht über "meinen neuen Weg"? ... Stümper? ... Ignoranten? ... oder haben sie einfach nur resigniert bei meinem Fall? Oder glaubst du, dass ich in diesen direkten Gesprächen VERHEIMLICHE? ... meine SHOW und MASKE aufsetze? ... und zwar sooooo geschickt und gekonnt, dass KEINER die "Wahrheit" bemerkt???
- Wo und wann habe ich geschrieben, dass ich die "Welt-da-draußen" nach meinen Spielregeln zum Drehen bringen will???
- Zuhören ... Zulesen ... Hast du nicht den Eindruck, dass ICH es VERSUCHE ... ??? ... genau so, wie DU es VERSUCHST ... ??? ... Zumindest versuche ich auf jeden Beitrag an mich zu antworten ... und es kommt dabei vor, dass ich nicht verstanden werde ... genau so, wie es dabei vorkommt, dass ich anscheinend andere nicht verstehe ... Verstimmungen? ... auf beiden Seiten! ... DIALOG!!!
Demut? ... Ja ... Demut ist immer gut!!! ... Hoffnung
"Das mit der Kapitulation haste nämlich nicht kapiert, da hat Max ganz recht."
May be ... vermutlich ist es so ... Dennoch gelten für die meisten Menschen bei Entwicklungsprozessen die "Stufen der Änderung": Änderung des Denkens - folgt - Änderung des Handelns - folgt - Änderung des Fühlens ...
Gruß ... Hoffnung
PS: "So wird das nichts ... und ich möchte das in einem Alkoholikerforum nicht durchgehen lassen."
Nun kann ich deine Worte so verstehen, dass nur Beiträge von trockenen Alkoholikern auf diesem Board erwünscht sind, die die "wirkliche" Kapitulation durchlebt haben ... Ich verstehe aber deine Worte nicht so ... wenn du verstehst, was ich meine ...
Minitiger hat mit seinem obigen Beitrag bei der Definitionsfrage Depression ja schon Aufklärungsarbeit geleistet.
Ja ... genau ... Das ist die klassische Einteilung: 1. Die endogene Depression ... als eine zentralnervöse "angeborene" Transmitterstörung. 2. Die exogene Depression ... Hierbei wird noch zwischen einer "Reaktiven Depression" und einer "Psychogenen Depression" unterschieden. - "Reaktive Depression" ... als eine einmalige(!) Reaktion auf ein(!) "traumatisches" Ereignis ... Standardbeispiel: Der plötzliche Verlust eines nahen Menschen. - "Psychogene Depression" ... deren Wurzel in der "Jugend - Kindheit - Säuglingsalter - oder noch früher" zu finden ist. Dabei ist zu beachten, dass diese klassische Einteilung bei den Spezialisten mittlerweile umstritten ist. Auf die "Organisch-bedingten-Depressionen" möchte ich hier nicht eingehen.
Beim Prinzip "Hoffnung" wurde die "Endogene Depression" mehrmals diagnostisch abgecheckt ... und verworfen. Für eine Diagnose "Reaktive Depression" lasse ich die Einmaligkeit vermissen. Bleibt also "Psychogene Depression" für mich ... und von meiner Anamnese her passe ich gerade zu wunderbar in diese diagnostische Schublade.
Rosalie beschreibt das Phänomen "Depression" in ihrem obigen Beitrag vom 06.09. schon sehr gut ...
Trauer und Traurigkeit - Enttäuschungen - Einsamkeit - Der innere Schmerz ... und die krankhaften Mechanismen von Schutz-und-Flucht ... Depressionen sind - wie der Alkoholismus - eine Gefühlserkrankung ... Beide dienen dem Ziel, die eigenen Gefühle zu betäuben ... oder um es mit meinem momentanen Lieblingsausdruck zu umschreiben: Alkohol und Depressionen dienen dazu, die eigenen Gefühle der vermeindlichen Unerträglichkeit WEG-ZU-MACHEN!!!
OZL: "Das Ausmaß der Depression entspricht der Stärke der Unterdrückung, so dass man sagen kann, dass gerade die depressivsten Menschen potentiell zur intensivsten LebensFREUDE fähig sind."
Es stimmt, dass exogen-erkrankte-Depressive eine potentiell hohe Sensibilität aufweisen. Bei den endogen-erkrankten-Depressiven hingegen hat sich schon mancher als grobschlächtiger Kotzbrocken enttarnt, sobald er aus seiner depressiven Phase aufgetaucht ist.
Eine hohe Sensibilität ... Ja! ... Jedoch eine potentiell intensive Lebensfreude??? ... Es ist eher die eigene Gefühlstiefe, vor der sich der depressive Mensch zu schützen sucht ... Er flieht vor seiner eigenen Gefühlstiefe, um durch sie nicht wahnsinnnig zu werden. Diese unendliche innere Leere, die der Depression so eigen ist, scheint ihm in solchen Fällen "lieber" zu sein.
Aber ich stoppe jetzt lieber an dieser Stelle ... um nicht wieder in mein depressives Philosophieren zu verfallen.
Mit lieben Gedanken ... und meinem Dank für deine Zeilen ... Hoffnung
Dein Hinweis auf ein Depressions-Board ... ??? ... Mir scheint, du willst mich hier los werden ... HALT! ... STOPP!!! ... Dieser Kommentar war jetzt nur meine Form von Humor ... okay?
Ich danke dir für den Tipp ... doch möchte ich den momentanen Schwerpunkt auf meine Alkoholerkrankung legen ... Bei dieser Erkrankung Alkoholismus gebe ich(!) mir eine Chance ... Und dieses "in-den-Griff" bekommen ist die Basis für die Weiterbehandlung meiner Depression.
Mit lieben Grüßen ... Hoffnung
PS: Ehrlicherweise muss ich noch hinzufügen, dass mir momentan EIN Forum völlig reicht ... und der rauhe Wind, der mir hier manchmal um die Nase weht, scheint mir ganz gut zu tun ...
Di, 07.09.04 ... Tag 32-von-90 ... "Zweitjob ... und Tschüss / Zweitjob ... und Hallo":
Heute ist der letzte Arbeitstag bei meinem alten Zweitjob ... Vorher noch ein Gespräch mit meinem mittlerweile Ex-Chef ... Aussprache ... Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen + Rangliste mit Abschusskandidaten ... Damit habe ich keine Probleme ... Aber die Art und Weise seiner Kündigung hat mich menschlich enttäuscht. Doch während des Gespräches bemerke ich, dass ich mit diesem Kapitel innerlich schon längst abgeschlossen habe. Er wiederholt seine Worte: "Du bist fachlich Topp und menschlich OK! Wenn sich die wirtschaftliche Lage entspannt hat, kannst Du jederzeit wieder bei mir anfangen." ... Neee! ... Danke!!! Ich brauche in meinem Job ein gutes Arbeitsklima ... Alles andere ist für mich erst einmal sekundär. Ich mag ein realitätsfremder Romantiker sein, aber zu einem guten Arbeitsklima gehören für mich auch Menschlichkeit und Vertrauen. Diese beiden Merkmale kann ich für diese Praxis nicht mehr empfinden ... und Tschüss!
Nach der Arbeit habe ich noch ein Vorstellungsgespräch in einer anderen Praxis ... Ich schildere meine Vorstellungen ... Arbeitsbedingungen ... Patientenklientel ... Weiterbildungen ... Er schildert seine Vorstellungen ... Wir werden uns schnell einig. Ob sich nun Vorstellungen und Wirklichkeit letztendlich decken, wird die Zukunft zeigen. Aber wie es momentan aussieht, habe ich ab spätestens 01.10. einen neuen "400 Euro-Plus XYZ-Job" ... und damit eine Sorge weniger ... Der Zweitjob ist tot! ... Es lebe der Zweitjob!!!
Danach ... Milchkaffee im Biergarten ... auch heute herrscht ein schöner Sommertag ... Beobachtungen ... von anderen Menschen ... Dies gehört zu meinen größten Vergnügungen ... In diesem Augenblick fühle ich mich wohl!
Abends ... Telefonate ... "B" ... "J" ... Gespräche + Verabredungen ... internet ... bis tief in die Nacht.
Hier in Kürze, was ICH aus Deinem gestrigen Post Tag 32 für wesentlich empfinde:
Zitat Hoffnung: "Ja!... Ich suche Hilfe ... und ich finde auch Hilfe.
Ich versuche NICHT euch das Suchtproblem zu erklären! - sondern ich versuche es mir SELBER(!) zu erklären!!!
Es ist eher die eigene Gefühlstiefe, vor der sich der depressive Mensch zu schützen sucht ... Er flieht vor seiner eigenen Gefühlstiefe, um durch sie nicht wahnsinnnig zu werden. (Wie wahr!)
doch möchte ich den momentanen Schwerpunkt auf meine Alkoholerkrankung legen ... Bei dieser Erkrankung Alkoholismus gebe ich(!) mir eine Chance ... Und dieses "in-den-Griff" bekommen ist die Basis für die Weiterbehandlung meiner Depression.
und der rauhe Wind, der mir hier manchmal um die Nase weht, scheint mir ganz gut zu tun ..."
Applaus an Merryl!!!!
Und folgendes sehe ich etwas anders: Zitat Hoffnung: "Dennoch gelten für die meisten Menschen bei Entwicklungsprozessen die "Stufen der Änderung": Änderung des Denkens - folgt - Änderung des Handelns - folgt - Änderung des Fühlens ..."
Ich sehe die Stufen ähnlich, jedoch etwas anders: Erkenntnis - Änderung des Denkens/der Betrachtungsweise von Dingen - Suche nach Hilfe - Änderung des Handelns - Bildung einer Balance/Einheit aus Gefühl und Denken
(Gefühle kann man nicht ändern, wie ich meine, nur sie verstehen und mittels Denken, bzw. Ändern der Betrachtungsweise von Dingen + Ändern alter Verhaltensweisen, die zwangsläufig zu derartigen negativen Gefühlen geführt haben - diese negativen Gefühle erkennen und in positive Gefühle wandeln)
nein, Du tust mir Unrecht, wenn Du sagst, ich würde hier nur Statements von trockenen akzeptieren. Und auch wenn Du es "raffiniert" abschwächst und die Aussage wieder wegnimmst, bleibt der Gedanke stehen....Es gibt Dinge, bei denen ich widerspreche, die ich in diesem Sinne „nicht durchgehen lasse“- ohne sie zu kommentieren.
Ich war gestern etwas rabiat und habe versucht, mich so deutlich wie möglich auszudrücken. Ich hatte mich schlicht über dein Rumgeeiere, was die Sucht betrifft, geärgert.
Ich kann Dir auch genau erklären warum. Ich war kurz nach meinem ersten Ausstieg genauso so miteilungsbedürftig wie Du, Deine Posts erinnern mich doch stark an meine eigenen, privaten Aufzeichnungen von damals. Dieses scheinbar sichere Wissen um die Sucht, all die Strategien und Erklärungen, die es scheinbar nötig waren, bis ich mir eingestehen musste: mein Gott ich bin süchtig, da gibt es nichts dran zu deuteln, ich muss mir das auch nicht erklären.
Auch dieses "viele Schritte auf einmal gehen, alles ganz schnell wieder im Griff haben wollen", dieses planen und beherrschen des Prozesses, so als ob es sich um reine rationale Willensbildung handelt, kenne ich von mir selber. Du lebst heute, Hoffnung. Schritt für Schritt, was morgen ist, kommt früh genug und vermutlich zu genau der richtigen Zeit. Auch das meinte ich mit Demut. Es gibt Dinge, die haben wir nicht im Griff, wir müssen sie aber dennoch akzeptieren und mit ihnen leben.
Bei aller Individualität unserer Suchtentwicklung und der jeweiligen Einzigartigkeit unseres Ausstiegs gibt es eine ganze Menge Gemeinsamkeiten, die gleichen Schritte… Fortschritte… ;-) .... aber eben auch immer wieder die gleichen Fehler. Wenn ich gewisse Dinge bei Dir lese und sie anders verstehe, als Du sie gemeint hast, liegt das daran, dass ich sie ausschließlich aus der Perspektive „sind das die richtigen Gedanken um vom Alk loszukommen“ lese. Und da sind dann eben Dinge dabei, wo ich denke, es liegt noch ein Stück Weg vor Dir. Ich kann Dich auf einige der Sachen nur hinweisen. Das Verstehen und das Übernehmen von Dingen liegt bei Dir. Und da ist es auch in guten Händen.
Lieber Gruß Merryl
P.s. zeig mir einen Psychologen und ich laber den an die Wand. Psychologen können Dir nur helfen, wenn Du dir helfen lassen willst und sie können nur da mit Dir arbeiten, wo Du sie ranlässt.
[f1][ Editiert von Merryl am: 08.09.2004 13:55 ][/f]
hallo Hoffnung, eine „Kontur“ entwickelt sich erst. Das ist richtig. Aber es muss eine Basis dafür geben. Und immer nur im Nebel stochern bringt dir nichts. Ich sehe bei dir nicht den Anfang des zu entwirrenden Knäuels. Ohne Anfang kein Weg. (Meine eigenen Depresionen von ‚bescheidenen‘ 25 Jahren erwähne ich hier nicht weiter, weil sie sich ca. 5 Jahre nach meiner Trockenlegung konturiert hatten, und somit konnte ich sie beackern und auch beenden. Nur sehr selten noch kommen alte Reste manchmal wieder hoch, so in kritischen Situatrionen. Aber dann weiß ich Bescheid.) Gruss Max
Du drückst das super klar aus. Ja, eigentlich klingt es so einfach:
"Ich bin süchtig. Punkt." "Ich muss das erste Glas stehen lassen und zwar heute 24 Stunden. Punkt." "Ich akzeptiere, dass ich süchtig bin und weiss aus Erfahrung, was passiert, wenn ich das erste Glas trinke, also trink ich es erst gar nicht. Punkt."
Mehr ist es doch wohl nicht... ganz einfach ... oder doch nicht?
Da ist vielleicht noch dieses: "Ich will nicht mehr trinken.... Oder..., will ich vielleicht doch noch ein Glas trinken? Ja, warum eigentlich nicht? Ein Gläschen schadet doch nichts..."
Ich habe das Gefühl, aus dem was Hoffnung schreibt, dass er sich auf ganz dünnem Eis bewegt... Er tastet sich vorsichtig voran, zwischen den Rissen im Eis, die da Alkohol und Depression heissen, artistisch vorbeihangelnd...Jedes festere Aufstampfen würde ihn vielleicht nur im Eis einbrechen lassen.
Ich denke, auch Du Hoffnung wirst nach diesem Deinen Weg das Ufer erreichen und festen Boden unter den Füssen haben.
Mir gefällt Dein Bild vom dünnen Eis. Ich möchte es mal weiterdenken, in einer Art, in der Du es wahrscheinlich gar nicht gemeint hast.
Wenn das Eis zu dünn ist und Dich nicht trägt, dann schwimm zum Ufer! Debattier nicht mit dem Eis, dass es bitte endlich trägt, warte nicht ab bis es kalt genug ist, beschäftige Dich nicht mit Rissen und Löchern im Eis, sondern sie zu, dass Du das Ufer erreichst, ob nass oder trocken. Nur das Ufer wird Dich tragen. Dort kannste wieder laufen lernen und Dich frei bewegen. Da kannste immer sein, im Sommer und im Winter.
Und wenn man dann am Ufer sicher geht, kann man sich den Teich anschauen. Ob er zugefroren ist oder nicht, ist dann egal.