Ja liebe Triny kann ich Dir nur voll und ganz recht geben, gehts mir doch ganz ähnlich wie Dir! Auch ich finde, daß da vorn und Hinten Nichts zusammen paßt, Widersprüche, Ungereimtheiten wo man nur schaut. Von daher werte ich Deine “Bedenken“ als Beleg dafür, daß Du einer aufmerksame Leserin bist, was mich freut. Mir gehts in der realen Welt auch manchmal so, daß wenn ich jemand etwas aus meinem Leben erzähle, man es mir oft gar nicht richtig abnehmen will. Man kann es sich wohl schlichtwegs nicht vorstellen, daß ich das wirklich alles erlebt haben soll.
Mein Leben war schon seit Anfang an sehr widersprüchlich. Auf der einen Seite habe ich jahrelang mit die besten Internate in meiner Kindheit besuchen dürfen, auf der anderen Seite, nach einem beispielslosen grandiosen finanziell-sozialen Niedergang (finanziellen Ruin + Trennung meiner Eltern) habe ich mich in kürzeste Zeit in übelste Strassengängs wiedergefunden. Zwar war es nicht die Bronx, viel weniger war es dann aber auch nicht. Ab der 7 Klasse bin ich kaum noch zur Schule gegangen, trieb mich nut noch auf der Strasse rum. Wir waren eine Gäng bestehend aus ca. 50 Personen Im Alter zwischen 10 - 20 jahre. Prügelein, Diebstähle etc. absolut an der Tagesordnung schon damals.
Rausgekommen bin ich daraus als meine Elter, die inzwischen wieder zusammen waren, beschlossen haben nach Deutschland/Düsseldorf zu ziehen, das war wohl 1970.
Aber auch hier haben wir (ich und mein drei jahre ältere Bruder) uns bald wieder sogenannte Stadtdrocker angeschlossen. weitere Jahre voller Kleinkriminalität, Prügelein, Gangauseinandersetzungen folgten. Schulisch hab ich mit Ach und Krach die Hauptschule gemacht, war auch fast nie da. Das war dann auch die Gemengenlage, wo ich zu trinken anfing. Mein Leben damals war absolut im Widerspruch zur Gesselschaft.
Letztendlich sind wir daraus gekommen, weil meine Eltern damals ein Angebot erhielten in der Nähe der holländischen Grenze ein Restaurant zu eröffnen. Aber auch das hat nicht lange gehalten und ist letztendlich in der Katastrophe geendet.
Aufgrund finanziellen Schwierigkeiten nahmen die emotionalen Spannungen innerhalb der Familie enorm zu. Irgendwann verkündete mein Vater uns alle umbringen zu wollen, was aufgrund seines enormen.Alkoholkonsums ihm auch durchwegs zuzutrauen gewesen wäre. War mein Trinkverhalten schon vorher problematisch, fing ich jetzt an zu saufen wie ein Loch, hielt ich die Angst und die Spannungen nicht mehr aus.
Irgendwann war dieser Spuck zu ende, weil wir Insolvenz anmelden mußten. Der Preis für unser Scheitern war aber sehr hoch gewesen, hat doch meine Mutter diesen grausamen Zirkus nur wenige Wochen überlebt.
Zurück in Düsseldorf gabs dann auch keine Familie mehr, ich war ca. 17 glaube ich in jeder Hinsicht schwer angeschlagen und traumatisiert und von jetzt auf Null auf mich alleine gestellt.
Konnte nicht gut gehen! Nach kurzer Zeit war ich voll in der Drogenscene drin. Und ab da war mein Leben nur noch Chaos hoch drei. Ich hab mich mehr oder weniger nur noch von Kriminalität gelebt. Viele Drogen genommen, immer auch getrunken, nur die ganz harten Sachen konnte ich bis zum Schluß halbwegs vermeiden.
Obwohl alles schon längst verjährt ist, möchte ich trotzdem nicht zu sehr ins Detail gehen, was ich damals so alles angestellt habe?
1981 dann.schließlich denn Absprung mit Hilfe meiner 3 LZT. Seitdem zwar trocken/clean aber es hat ne gefühlte Ewigkeit gedauert wieder so etwas wie ein normales Leben zu führen. Eigentlich bin ich erst seit einigen Jahren wieder Gesellschaftsfähig. Wohl hauptsächlich aufgrund meiner Frau. Die erste menschliche Bindung seit Jahrzehnten in der ich es zu lassen kann mich geliebt zu fühlen. Natürlich gibt es da noch meine außeren Erfolge in den ersten Jahren meiner Trockenheit. Vom Analphabeten obdachlosen bis zum Hochschuldiplomanten, sicherlich wird mich. das so schnell keinrr nachmachen, bei der Vergangenheit! Aber wirklich angekommen war ich dadurch nicht. Ich ear nie in der Nähe eines Rückfalle habe aber gelegentlich über suicid nachgedacht. Die ersten Jahre bin ich mit starken fast körperlich spürbaren inner-seelischen Schmerzen tagtäglich belastet gewesen. Oft hab ich mich gefragt, wie lang ich das. durch- aushalten kann!?
Auch noch mal eine Klarstellung zu meinem Anfangstext bezüglich meines Alkoholikerwerdegangs. Dieser Text hat schon vor neun Jahre zu Irritationen geführt. Hab schon damals erklären müssen, daß dieser Text ursprünglich als Zeitungsartikel geschrieben. In diesem Artikel versuche ich abstrackt in emotional verdichtete Form mein emotionale Entwicklung zum Alkoholiker darzulegen. Es geht also auch gar nicht um eine 1:1 autobiographische Darstellung, lediglich meine emotionale Errinerungen und Suchtprozeße dienen als Grundlage dieses Textes. Außerdem fließen auch noch schrifftstellerische Freiheiten mit ein, um die Leser mitzunehmen, worauf eine Zeitung ja auch wert legt. Möglicherweise war das ein Fehler, das ohne weiteren erläuternden Kommentar hier so hinzustellen. Ich denke der Text ist trotzdem sehr lesenswert, weshalb ich den damals nicht vorenthalten wollte.
Seit 2010, das ist ja schon mal ne ordentliche Grundlage! Das Dazugehören wollen ist für viele Alkoholiker ein nicht zu unterschätzender Antriebsfaktor ihrer Sucht. Die Sehnsucht nach Annerkennung und Integration einerseits, das Scheitern und Versagen andererseits ist wihhl sehr oft die pubertäre Ausgangssituation vieler späterer Suchtkranke.
Wenn man diese Mechanismen erkennt ist schon mal viel gewonnen auf dem Weg zurück. Wir wollten ursprünglich eigentlich gar nicht trinken, sondern dazugehören! Dazugehören kann man auch anders lernen, dann fällt ein der wesentlichen“Gründe“ fürs Trinken weg!
Kein Rückfall ist zwangsläufig, es gibt wohl immer schon weit vorher, nachvollziehbare Versäumnisse, die dann als Schlußkonsequenz in einem Rückfall münden. Erkennt man dies ersteinmal, wird ein Rückfall immer unwarscheinlicher.Vieles läßt sich so verhindern.
treffender könnte ich es auch nicht ausdrucken! Deine Ausführungen und Anregungen geben mir auch immer etwas und ich kann auch ei.iged davon lernen. Wie heißt es doch so schön, einjeder hat seine Geschichte, Erfahrungen und seine eigene Perspektiven, so daß es sich auch immer lohnt neue Blickwinkel ei.zunehmen. Dich erlebe ich als sehr angagiert bezüglich Deiner Krankheit! Finde ich gut, daß Du Dir da viel Mühe mitmachst. Weißt Du wichtig ist, daß man seinen Weg geht, und nazürlich kein Weg ist frei von Irrtümer und Umwegen aber das gehört dazu! Sich die Freiheit einzuräumen neues auszuprobieren, auch mal Niederlagen und Scheitern zu erleben scheint mir ein Indikator zu sein, aufm guten Weg zu sein. Grade das Scheitern eröffnet meistens eine neue Perspektive auf Dinge, vorausgesetzt man steckt den Kopf nicht in den Sand dabei. Beim.Letzteren mache ich mir bei Dir aber keine Sorgen, setut Du Dich doch mit den Dingen intensiv auseinander.!
Du warst sehr jung Kapoen, sicherlich trotz all deiner vorherigen Taten, die so manch einer nicht überlebt hätte, ist das nicht die schlechteste Voraussetzung mit 21 Jahren aufzuhören. Bei den meisten, so auch bei mir, war es ein schleichendes Prozess hin zur Kapitulation, quasi immer wieder kleinere Ohrfeigen, zyklisch korrelierend mit Saufphasen und immer wieder gab's das Rettungsschild (mittlerweile sage ich gerne Ersatzmutti dazu) in Form von Menschen, Situation, sportlichen Ego-Erfolg und wenn's doch mal zu eng wurde = Trinkpause, danach wurde mein Leben immer besser, bis dieser Joker eben nicht mehr zog, weil es keine Trinkpausen mehr gegeben hat bzw. diese auch nix mehr brachten.
Ich kann nur für mich schreiben, es ist mittlerweile so, dass ich klar sehe, dass ich das Leben der Anderen geführt habe, mit einer kindischen Rebellion in mir (die alkoholische Rebellion gegen das sich selbst nicht Erkennen können), die sich mitunter in Provokationen und Lautsprecher-Tum sowie gesteigerten Ego geäußert hat, und sowohl der sensible offene verzweifelnde Säufer als auch der verschlossene Trinker sind für einige Menschen nicht uninteressant, warum auch immer, da sind wir wieder bei der Horde.
Die Menschen die ich jetzt interessant und liebenswürdig finde, die habe ich früher kaum beachtet, waren quasi transparent, weil die Maske fehlt, die "aufgesetzte" Persönlichkeit und ohne diese wirken Menschen auf mich authentisch und da möchte ich hin und nicht zurück in die Persona, in die Maske, das bedeutet für mich Hochrisikozone bzgl. Rückfall.
Ein Grundübel ist diese Abgrenzung, seht her ich bin anders, dann suche ich mir eben die Nische der Andersdenkenden / der saufenden Schwadronierer, nicht mit mir, ich bin ANDERS. Wir Menschen sind doch alle gleich vom Kern, wenn ich genau hinsehe und mal einen lichten Augenblick habe, dann ist mir das sehr wohl bewusst und erfüllt mich, weil's da nix anderes gibt im Gegenüber als ein Spiegelbild und ein Wiederkennen.
Genau deshalb kann ich jeden Tag lernen, draußen, hier im Forum, und mich auch hinterfragen, warum mich dies & jener triggert, was in mir wiederfinde, die Anteile die auch in mir sind, ist doch saustark wenn ich die Chance dazu habe, früher war doch Ärger mit Suff verbunden und am Ende war die Vermischung gar nicht mehr aufzudröseln.
Eins möchte ich nicht mehr, die Verantwortung für mein Leben an den Alkohol abgeben, denn genau das war es.
Grüße, Bodhi
Einfach SEIN- genügt völlig und mehr geht auch nicht. Das ist das volle Glück.
Na siehste geht doch, jetzt wird vieles schlüssiger und nachvollziehbarer. Ich hab dir ja nie unterstellt, dass du lügst - nur taten sich beim lesen von Dir und deinen Texten, in der Regel immer mehr ??? auf als !!!
Liegt meiner Erachtens ganz klar daran, dass du dich bisher noch teils versteckt gehalten hast. Du wirst deine guten Gründe dafür haben, ich finde es aber klasse und rechne es dir hoch an, dass du nun doch ein bisschen mehr aus deiner Deckung gekommen bist. Es wird dir am Ende mehr als gut tun, diesen längst überfälligen Schritt aus dir heraus getan zu haben. Und das meine ich jetzt nicht dieses Forum betreffend. Dennoch kann ich dich persönlich jetzt natürlich viel ernster nehmen und bin dadurch auch sehr viel mehr bereit - genauer hin zuhören, wenn du mir mal wieder irgendwas zu sagen/raten hast. Ich unterhalte mich gerne auf gemeinsamer Augenhöhe und zolle jedem Respekt, der dies umgekehrt mir gegenüber auch tut.
In diesem Sinne wünsche ich dir einen wunderschönen und fabelhaften Tag :-)
Das mit dem frühen Austiegsalter ist wohl Segen und Fluch zugleich! Fluch, weil man leicht erahnen kann, daß da wohl vieles im Argen gelegen haben muß, wenn man schon so früh und so grandios gescheitert ist. Segen deswegen, weil ich in dem Alter auch wirklich noch die Chance zum Reseten hatte. Alles nochmals auf Null sozusagen.
So wie ich Dich lese, beschreibst Du Dein Leben als Erfüllung der Erwartungen anderer, Du wurdest gelebt, eigen authentische Wünsche und Anliegen sind da wohl eher auf der Strecke geblieben. Dabei warst Du ja nach Außen hin recht erfolgreich, was bei solch ähnlich gelagerten Menschen gar nicht so selten ist.
Soziologisch betrachtet sind gesellschaftliche Rollen nichts anderes als die normativen Erwartungshaltungen anderer Menschen. In einer modernen, demokratischen, individualisierten Gesellschaft sollten Rollen nur noch orentierungsgebend sein, ihren zwangscharakter frühere Zeiten ist überholt und erschweren ein erfülltes dasein.
Wie man mit sozialen Rollen lernt umzugehen, ob man diese spielerisch und mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten lernt auszufüllen, oder ob Rollen einen starren Zwangschakter entfalten, wo das Individuum zu einem reinen Erfüllungsgehilfen eben jener Rollen degradiert wird, hängt wiederum stark von der Erziehung oder auch von den frühkindlichen Sozialisationsbedingungen ab. Autoritäre, repressive oder gar völlig fehlende Väter (wobei fehlend auch bedeuten kann, das der Vater seiner gesellschaftlichen Vorbildfunktion nicht gerecht wird) sind hier das entscheidende Element, ob und wie wir später mit den uns zugeschriebenen Rollen zurecht kommen!
Nicht die Rolle als solches ist gut oder schlecht, sondern der individuelle Umgang mit ihr! Ob ich mich einer Rolle sklavisch verpflichtet fühle oder ob ich sie als unverbindliche Orientierungshilfe ansehe, hat sehr wohl eine große Bedeutung Ob wir eigene Impulse und damit Wünsche und Anliegen darin verwirklichen können oder ob wir nur die Erwartungen anderer erfüllen. Im letzteren Fall, geht jeder Sinnhaftigkeit mit der Zeit verloren. Die Rollen werden als leere Hülsen, als Masken empfunden! Und egal, ob Du nach außen damit erfolgreich bist, innen drin bleibt man leer, depressiv?
Man muß sich dessen bewußt werden, und in kleinen Schritte versuchen die Fremderwartungen zu Gunsten seiner eigenen Erwartungen im Rollenspiel zu verlagern. Rollendistanz einüben wie es so schön heißt. Das ist durchwegs auch ein schmerzhafte Prozeß, den dabei wird man nicht drum herum kommen, seine strukturellen Ich-Schwächen erkennen und aufarbeiten zu müssen.
Grüße Kapoen
newlife
(
gelöscht
)
Beiträge:
23.09.2016 08:49
#83 RE: Mein Werdegang zum Alkohiliker - Reflexionen
so manche abgedichtete Erinnerung empfinde ich auch heute als positiv. Was für ein Feeling bei "Walk On The Wildside" von Lou Reed so richtig drauf. Kann ich gar nicht beschreiben, wo ich da war.
Möchte ich auch nicht missen, waren geile Erfahrungen. Die Sucht lebt allerdings von der Erinnerung, also nicht so oft darin schwelgen. Wiederholen besser nicht mehr, weil wir alle es zu oft wiederholt haben...
Ob ich die Zeit während meiner “Karriere“ missen wollte, bin ich mir nicht so sicher. Einerseits denke ich oft, ich hätte es wohl viel weiter bringen können ohne meine Sucht. Ein in jeder Hinsicht erfüllteres Leben, wenigstens stell ichs mir so vor. Auch bin ich kein Liebhaber von dem Gedanken durch die Aufarbeitung meiner Sucht zu besonders tiefen Erkenntnisse meines Selbst gekommen zu sein! Selbst wenn das stimmen sollte, hätte ich doch liebend gerne auf diese Erkenntnisse zu Gunsten eines von vorn herein glücklicherem, gelungenerem Lebens verzichtet.
Anderseits das muß ich auch zugeben, war mein Leben trotz allen Elends auch sehr aufregend, kurzweilig und gewiss auch “abenteuerlich “während meiner aktiven Suchtzeit. Etwas wo ich bis jetzt manchmal noch mit zu kämpfen habe, ist die manchmal empfunden Eintönigkeit/Langeweile eines “normalen“ Lebens.
Das süchtiges Verhalten nicht erst mit Einahme eines Stoffes beginnt, sollte jedem Betroffenen klar sein. Ein Rückfall baut sich schon auf, wie du es ja auch beschrieben hast, weit im Vorfeld durch zum Beispiel daß man sich zu macht/dröhnt durch andere Dinge. Musik, Sport etc. vieles eignet sich für die Suchtverlagerung.
Wobei ich diesbezüglich da nicht ganz so streng bin/war. Ich habe durchwegs immer wieder mal Phasen gehabt, wo ich mehr oder weniger bewußt in Kauf genommen habe Suchtverlagerung betrieben zu haben, aus dem alleinige Zwecke heraus die Zeit totzuschlagen.
Mir war aber immer klar, daß es sich dabei nur um Zwischenlösungen handelte. So zum Beispiel gabs Phasen wo ich exzessiv Motorrad gefahren bin, Extremsport, oder auch schon mal ganze Sommer jedes Wochende in den Bergen unterwegs war. Mir war durchwegs klar, daß ich vor etwas (nämlich vor mir selber) weglaufe. Allerdings hab ichs auch schier nicht mehr ausgehalten und wirkliche Alternativen waren auch nicht in Sicht. Suchtverlagerung vgl. ein Krücke dann, zwar nicht optimal, mglw. besser als wenn man gleich voll ausrutscht?
Ich glaube, dass im Rausch manche Gehirnareale von mir erreicht wurden und Empfindungen ausgelöst haben, die ich nüchtern noch nicht immer spüren kann und vll. auch nie werde und vll. auch nie möchte, diese ganzen inneren Konditionierungen / Programmierungen wurden überlagert, verschleiert.
Klar war da nicht alles schlecht, hat auch keiner behauptet, ich habe die Endzeit viel stärker in Erinnerung als positiv besetzte Momente und das ist gut so.
Was ich im Suff so produziert habe, vor allem sexueller Natur, das wäre einen eigenen thread wert.
Grüße, Bodhi
Einfach SEIN- genügt völlig und mehr geht auch nicht. Das ist das volle Glück.
Zitat von F10 2 im Beitrag #81Ekstase , Mucke hören, Bilder gucken, Hemmunglsoigkeit
Jo. Genau das. Ekstatisch, wild, extravertiert, überheblich, cool, lasziv, hemmungslos sein - dazu brauchte ich mindestens einen "Schwips". Ein paar Stories sind mir im Nachhinein endpeinlich, ein paar andere werden heute als "legendär" gehandelt und von meinen alten Freunden immer noch amüsiert aufgewärmt.
Was mir geblieben ist, ist meine besondere emotionale Erreichbarkeit durch "Mucke". Das geht auch nüchtern. Aber ich würde mich nicht mehr trauen, vor allen Leuten zu "Just A Gigolo" eine Solotanznummer mit einem Besen hinzulegen, weil sich kein Tanzpartner findet
----------------------------------------------- when in doubt: go to the water and swim
Zitat von F10 2 im Beitrag #81Dass es -neben anderen Gründen - auch um RAUSCH geht, um Ekstase , Mucke hören, Bilder gucken, Hemmunglsoigkeit kommt irgendwie so garnicht vor.
Sex&Drugs&Rock´n Roll ist bloss ´ne Erfindung der Medien???
Aber alle sind in der Abstinenz sooooo unheimlich reflektiert....
Ich möchte die Zeit nicht missen! Auch wenn man einen hohen Preis dafür bezahlt..
Ekstase auf Alk? Hmm nie erlebt - hingegen auf Koka, Amphe, MDMA und LSD schon.
Da ging auch vieles mehr, von Töne schmecken bis Bilder hören. Unbezahlbare Erinnerungen, die dem Otto Normalverbraucher auf ewig verwehrt bleiben und welche ich niemals hergeben würde wollen.
Mucke auf Alk? Hmmm auch langweilig, gaaaanz anders wiederum auf eben besagten Stoffen, von mir aus auch im Mischkonsum mit Alk. Also da liegen glatt Welten zwischen.
Hemmunglsoigkeit auf Alk? Oh jaaaa, leider (...)! :'(
ALK???
Keine Ahnung was ich überhaupt jemals die letzten 10 Jahre dran noch gefunden habe? Hmm, wahrscheinlich einfach, dass ich glasnüchtern nie (bis auf 2 Jahre) kannte und auch nicht kennen wollte. Weil ich Nüchternheit mit Langeweile bisher assoziierte (...). Aber ich bin jetzt reif genug, mich selbst eines durchaus besseren zu belehren.
Jedenfalls erinnere ich mich an nicht ein einziges Besäufnins meiner fast 30 jährigen Trinkerzeit, an das ich sehnsüchtig zurückdenke, mir gar zurück wünschen würde. Nein - niemals!
Anders schaut's mit den vielen verschiedenen Stimulanzen aus, die viele viele Jahre lang ... mein Leben um viele schöne und wundervolle Erfahrungen bereicherten. Aber wenn's am schönsten ist - sollte man gehen. So hab ich es immer gehalten.
P.S. Alk war noch nie wirklich schön, vielleicht hab ich darum ja nie den Absprung gewagt.
Das süchtiges Verhalten nicht erst mit Einahme eines Stoffes beginnt, sollte jedem Betroffenen klar sein. Ein Rückfall baut sich schon auf, wie du es ja auch beschrieben hast, weit im Vorfeld durch zum Beispiel daß man sich zu macht/dröhnt durch andere Dinge. Musik, Sport etc. vieles eignet sich für die Suchtverlagerung.
Wobei ich diesbezüglich da nicht ganz so streng bin/war. Ich habe durchwegs immer wieder mal Phasen gehabt, wo ich mehr oder weniger bewußt in Kauf genommen habe Suchtverlagerung betrieben zu haben, aus dem alleinige Zwecke heraus die Zeit totzuschlagen.
????????????? Ein Rückfall baut sich bei dir schon auf, wenn man Dinge tut , die Spaß machen, kicken, gut tun, Endorphine ausschütten ohne Katalysator in Form von irgendwas? Eher so im Gegenteil, wenn ich spüre, wieviel besser - und nachhaltiger- diese Dinge jetzt nüchtern sind!! Akitve Freizeitgesatltung bedeutet bei dir, die Zeit totschlagen
Zitat von kapoen im Beitrag #84Mir war aber immer klar, daß es sich dabei nur um Zwischenlösungen handelte. So zum Beispiel gabs Phasen wo ich exzessiv Motorrad gefahren bin, Extremsport, oder auch schon mal ganze Sommer jedes Wochende in den Bergen unterwegs war. Mir war durchwegs klar, daß ich vor etwas (nämlich vor mir selber) weglaufe. Allerdings hab ichs auch schier nicht mehr ausgehalten und wirkliche Alternativen waren auch nicht in Sicht. Suchtverlagerung vgl. ein Krücke dann, zwar nicht optimal, mglw. besser als wenn man gleich voll ausrutscht?
Grüße
Kapoen
Also, das klinge asketisch. Erinnert mich an den furchtbarsten Spruch aus Old school SHG: "Wenn es dir schlecht geht, geh in die Gruppe, wenn es dir gut geht RENN in die Gruppe!"
Du machst Dinge, die "kicken" -exessiv Motorad fahren- und dann bekommst du ein schlechtes Gewissen und verneinst das gute Gefühl, in dem du dir suggerierst, dass du vor etwas weg läufst???? Bloss keine guten Gefühle, dann lauf ich ja weg und verlagere meine Sucht? Klingt wie die Religonsfanatiker, die sich geißeln....
Ich leb´ nur einmal und möchte WEGEN - nicht trotz- der Abstinenz alles mitnehmen, auf der Gefühls - und Erleb-Ebene!
Du benutzt nicht nur keine Erleichterungen (von dir Krücken genannt), sondern trägst zusätzlich noch einen gedanklichen Panzer, der alles erschwert. So möchte ICH nicht abstinent sein. Wer hat dir solche Denke implementiert???
LG Uwe
_____________________________________________________________________________________ Auf MEINEM eigenen Weg kann mich keiner überholen.
Einverstanden! Klingt alles sehr sympathisch was.Du sagst. Ich bin wirklich zum Teil extrem dizipliniert, extrem forderend zu mir selber. Beste Beispiel war ja als ich vor kurzen den Herzinfarkt und ich mir die erste Nacht auf der Intensiv (wo mir nicht wirklich gewiss war, ob ich den nächsten Morgen überhaupt erleben werde ) nicht einmal eine Schlaf- bzw. Beruhingstablette zugestanden habe. Oder nach der Reha sollte man sich eigentlich zunächst noch etwas schonen!' Was mach ich? Ich steige mal gleich den ersten Monat mit 240 Arbeitstunden ein! Schon ganz schön bescheuert sowas!
Wo ichs her habe? Keine Ahnung! Anderseits bin ich mir ziemlich sicher ohne diese Eigenschaft wäre ich wohl kaum noch hier! So kaput ich war konnte mich wenn überhaupt nur noch schiere übermenschliche Leidens- und Diziplinfähigkeit über eine sehr lange sehr schmerzvolle Zeit himweg retten. Warscheinlich also hatte es zur seiner Zeit absolut seine Berechtigung. Aber natürlich sollte ich es mal endlich auch schaffen etwas milder und verzeihender mit mir selbst umzugehen. Dieser Gedanke hatte ich zuletzt auch schon. A propo warscheinlich hab ichs von meinem Vater, ein ziemlich harter, verwegener charismatischer Typ!
Grüße
Kapoen
newlife
(
gelöscht
)
Beiträge:
23.09.2016 21:32
#90 RE: Mein Werdegang zum Alkohiliker - Reflexionen
na... ich schreib dir noch was. Irgendwie biste mir ja ganz sympathisch.
Ich war nie Upper-Konsument. Hat mich auch nie interessiert, ich fand mich nüchtern schon zu aufgedreht und vor allen Dingen angespannt. Ich wollte immer Ruhe, Gelassenheit und mit meiner Couch durchs Zimmer fliegen oder sowas in der Richtung.
Sicherlich war ne Party auch mal geil, aber ich stand mehr auf Tiefe und Sinnigkeit und demzufolge suchte ich mir meine Drogen. Ich soff zunächst, dann gerne Kiffen, Opiate, Benzos... und beobachtete dabei, in welcher Rille die Nadel des Plattenspielers sich gerade befand. Wir waren da so zwei Spinner während meiner Azubi-Zeit.
Dementsprechend auch meine bevorzugte Musik. Lou Reed ist ein ganz Großer, viele Sachen von Bowie, aber auch sehr gerne Pink Floyd und Genesis. Also eher ruhig mit progressivem Touch. Ich bin eben ein Träumer. Ich hab auch im Rausch so einiges mehr in den Musikstücken entdeckt als nüchtern. Die Wahrnehmung war ja nicht real, aber die Wirkung einiger Titel... sensationell.
Ich will dir mal einen Titel aus den 90ern vorstellen. Kaum zu glauben, dass Herr Collins in dieser Zeit noch so ne Nummer rausgebracht hat. Leider unbekannt geblieben, weil die Zeit des Prog ja vorbei war. Diesen Song hab ich im Rausch rauf und runter gehört. Kenne heute noch jede Textzeile und diese dichte Atmosphäre den der Song verbreitet ist grandios.