Das mit dem Lesen ist eine gute Idee, seit ich trocken bin sind meine Amazonbestellungen in die Höhe geschnellt.
Ob Lesen oder Stricken - beides bedeutet ein Stück Lebensqualität, und darauf kommt es ja an, dass man die Lücke, die der Alkohol in irgendeiner Form hinterlässt mit Sinn füllt. Weiter so!!!
LOTTA
Ohne meine Umwege wäre ich prompt an mir vorbeigelaufen....
"Und stell dir für abends einen Sack Erdnüsse hin oder weissen Tee oder Gummibärchen oder was auch immer dir gerade als Delikatesse gilt, so dass du die Vorfreude gezielt darauf richten kannst."
Damit hast du genau einen interessanten Punkt getroffen. Alkohol war: Entspannung, aber vorallem Belohnung. So nach dem Motto: Jetzt gönne ich mir etwas. Eine andere Formulierung dafür war: Jetzt tue ich mal was Gutes. Genau diesen Satz hat dieser mittelmäßige Therapeut mit mir mal durchgekaut. "Sich etwas Gutes tun." Dass Alk das nicht ist, braucht man hier wohl nicht zu diskutieren. Ich stelle fest, dass es nach einer langen Saufzeit schwierig ist, festzustellen, was einem wirklich richtig gut tut.Das braucht wieder Übung, denn Süßigkeiten essen ist kurzfristig schön,. aber man ärgert sich, wenns auf die Waage geht.Sich mit Stricken, lesen, etc. becshäftigen ist sicher gut, aber bei mir bleibt da nicht nur die Bügelwäsche von 2 Tagen liegen. Ich krieg im Alltag eh kaum die Kurve, weil es einfach etwas viel ist, was ich zu machen habe.Ich rede von meinem Job, den ich halt viel zu Hause erledigen muss oder davon, dass der Badezimmerboden seut 10 tagen nicht gewischt wurde (eklig.., aber heute!!!9 Ich bin zwar schon ziemlich gut im Prioritäten setzen, und habe den Satz: "Was nicht is, is nicht.." mir schon gut einverleibt, aber trotzdem, es gilt auch: Was gemacht werden muss, muss gemacht werden. Da gilt es einfach wieder die Balance zu finden, denn im Suff habe ich mir auch keine Gedanken gemacht, was liegen bleibt. Nur eins noch: Das mit dem: Herausfinden, was einem gut tut. Im Augenblick lasse ich mich total treiben, was meine Bedürfnisse angeht, doch bin ich praktisch auf der Suche. Ich weiß, dass Sport mich erfüllt, aber soviel Pepp habe ich noch nicht im Hintern, die Zähne zusammenzubeißen und laufen zu gehen. Das wäre siche rwas, was mir gut tut -auch hinterher.
ZitatGepostet von Magdalena42 Genau diesen Satz hat dieser mittelmäßige Therapeut mit mir mal durchgekaut. "Sich etwas Gutes tun."
Was ist ein mittelmäßiger Therapeut? Wie kannst du ihn von einem guten unterscheiden? Was würde der gute Therapeut anders machen? Und wenn du das schon weißt, wozu brauchst du dann einen guten Therapeuten? Kommt mir wie ein halber Catch-22 vor: Wenn einen der mittelmäßige Therapeut darauf bringt, was der gute Therapeut eigentlich leisten müsste, ist der mittelmäßige Therapeut ein guter Therapeut. (Der Umkehrschluß scheint nicht zu gelten.) Das heisst, sobald man einen Therapeuten als mittelmäßig erkannt hat, ist er gut. Und wenn man meint, er sei gut, ist er wahrscheinlich mittelmäßig.
ZitatDass Alk das nicht ist, braucht man hier wohl nicht zu diskutieren.
Würde ich ja gerne, tun wir aber besser nebenan.
ZitatIch weiß, dass Sport mich erfüllt, aber soviel Pepp habe ich noch nicht im Hintern, die Zähne zusammenzubeißen und laufen zu gehen.
Wegen dem ekligen Wetter? Ich muss wenigstens mit dem Hund raus. Aufs Fahrrad mag ich mich jetzt auch nicht schwingen. Aber man könnte ja auch ins Konzert gehen, oder ins Kino, oder in die Oper - und stellt dann fest, dass Saufen ein billiges Vergnügen ist. Will sagen: wenn man sich nicht auf die durch Sport freigesetzten Endorphine verlassen, sondern irgendwie "von aussen" unterhalten lassen will, darf das Taschengeld nicht allzu knapp sein. Ausnahmen sind: die Stadt- oder Unibibliothek und die (selbstgemachte) Musik. In T.H.Whites Roman "Der König auf Camelot" erzieht der alte Merlin den jungen König Arthur. Und einer der wesentlichen Ratschläge Merlins lautet: Und wenn die Welt um dich zusammenbricht - etwas zu lernen findest du immer (und wenn es unregelmässige französische Vokabeln sind).
Lotta schrieb: Ob Lesen oder Stricken - beides bedeutet ein Stück Lebensqualität, und darauf kommt es ja an, dass man die Lücke, die der Alkohol in irgendeiner Form hinterlässt mit Sinn füllt.
Das war zwar lieb gemeint, aber ich finde da ist ein Denkfehler drin. Der Alkohol hinterlässt keine Lücke, sondern er hat sie erst geschaffen. Es ist eine Sache, dass man die Zeiten, in denen man gesoffen hat nun mit sinnvollen Sachen ausfüllt, das ist ja zum Teil einfach auch Ablenkung. (Mit welcher Hand soll ich das Glas halten, wenn ich die Nadeln in der Hand habe?) Nee, im Ernst bisher blieb ich vom Saufdruck verschont, übrigens auch von sämtlichen Entzugserscheinungen, gott sei dank.
Es geht darum, ein Leben zu gestalten, in dem Alkohol keine Rolle mehr spielt. Das ist aber echt schwer, denn das meiste in meinem Leben, so wie ich es bisher gestaltet habe, hat mir ganz gut gefallen. Ich weiß, dass ich Alkohol getrunken habe, um Gefühle zu ersetzen, bzw. keine unangenehmen wahrzunehmen.Und natürlich aus Gewohnheit. Gewohnheiten abzugewöhnen braucht Zeit und Übung, da kann ich nicht mehr tun, als heute, morgen, übermorgen,...nicht zu trinken.Meine Gefühlswelt aufzuräumen, heißt schöne Gefühle bewusster wahrzunehmen, ihren Wert zu erkennen. Und auch das finde ich bei meiner Trinkkarriere manchmal schwierig, denn auch da gab es viele schöne Momente, die mit Alk nichts zu tun hatten.Und gerade dieses: "Jetzt bewusster durchs Leben gehen" macht es manchmal auch schmerzhaft. Ich stelle fest, dass ich eigene Fehler klarer sehe. Das gefällt mir nicht immer... Gestern habe ich z.B. festgestellt, dass ich bei meinen Reaktionen anderen gegenüber oft nicht darüber nachdenke, dass es sie verletzten könnte.Ich sehe das dann zwar anschließend, aber ich kann das dann ganz schwer zugeben, weil ich ja keine Fehler mache... Die eingangs beschriebene Lücke, die der Alk schafft, ist das Loch, in das man alles reinschmeißt, was einem nicht passt.
Was ist ein mittelmäßiger Koch? Einer, der so kocht, dass man satt wird und sich vielleicht mal über ne gute Soße freut? Was ist ein guter Koch? Einer, der so kocht, dass dir der Geschmack noch lange danach wohltuend auf der Zunge liegt.
Dann noch: Och Alex, hatte mich über die eine normale post soooo gefreut...(Weiß schon ,jetzt kommst du sicher wieder mit der Ananlyse "Was ist normal" rüber..)
Und zum Schluss: Du scheinst ein guter Therapeut zu sein, habe gestern meinen A... bewegt und bin 1km geschwommen.
ZitatGepostet von Magdalena42 [b]@ Alex: Was ist ein mittelmäßiger Koch? Einer, der so kocht, dass man satt wird und sich vielleicht mal über ne gute Soße freut? Was ist ein guter Koch? Einer, der so kocht, dass dir der Geschmack noch lange danach wohltuend auf der Zunge liegt.
Diese Analogie würde bedeuten, dass die Therapie so eine Art seelische Wellness-Massage ist. Mein Verständnis davon ist ein anderes.
ZitatOch Alex, hatte mich über die eine normale post soooo gefreut...
Tja, verlasse dich, und du bist verlassen...
ZitatDu scheinst ein guter Therapeut zu sein, habe gestern meinen A... bewegt und bin 1km geschwommen.
Danke für die Blumen, aber das bist ganz allein du, die da schwimmt und läuft und ackert. Ansonsten würde ich meinen Anteil an den Endorphinen einfordern. Während ich in den grauen Herbstregen starre und mich frage, ob der Hund nicht noch eine halbe Stunde warten kann...
nun bin drei Wochen ohne Alkohol. Ich hab mal versucht das in Worte zu fassen, was sich verändert hat. Es sind nicht die großen Dinge (die ich so gern hätte), aber ich muss mit immer wieder bewusst machen, was diese kleinen Dinge sind... Vielleicht gehörts in den lyrischen bereich, aber hier passt es gut zu meiner Geschichte:
Vorher 5.30 Uhr. Der Wecker dröhnt von fern. Ich kann ihn zwar hören, aber dieses Gefühl, gerade erst ins Bett gegangen zu sein und die Bleigewichte, die an meinem Körper hängen, machen es mir unmöglich aufzustehen. Noch fünf Minuten –das reicht noch. Die Lider fallen wieder zu und öffnen sich eine Sekunde später wieder erschreckt um auf die Uhr zu schauen. Es ist 5.55 Uhr. Mit aller Gewalt reiße ich mich hoch, werfe die Decke weg und stelle mich auf die Beine. „Ich muss!“ Schwerfällig bewegt sich mein Körper aus dem Zimmer, es ist als ob er nicht mir gehört. Ich müsste die Kinder wecken, doch ich muss erst ins Bad und ich brauche einen Kaffee. Ich taste mich die Treppen hinunter und lasse eine Hand immer am Geländer. Es ist noch dunkel. Draußen und in meinem Kopf. Wasser aufsetzen. Bis es kocht ins Bad gehen und kurz Zähne putzen. Hab ich gestern wieder nicht gemacht. Sicher riecht mein Atem noch nach Wein. Mein Blick fällt im Vorübergehen auf den Couchtisch. Scheiße, da steht die leere Flasche noch. Wegräumen. Müssen die Kinder nicht sehen. Das Wasser kocht. Kaffeepulver in die Tasse, überbrühen und schnell ein paar Schluck trinken.6.07 Uhr. Ich muss die Kinder wecken. „Guten Morgen, es ist Zeit zum Aufstehen.“ Beide recken sich und schlurfen nach unten. Ich bin froh, dass sie an mir vorüber sind, habe ja noch keine Zähne geputzt. Waschen, Frühstück, Abmarsch. Kurz vorm Gehen schaue ich zum ersten Mal in den Spiegel, ob meine Haare gut liegen. Egal. Sehe eh beschissen aus. Zur Arbeit fahren, arbeiten, heimkommen. Total erschlagen. Es ist Mittag. Ich muss kochen. Die Kinder kommen und ich kann es nicht erwarten, bis wir gegessen haben und ich mich hinlegen kann. Mittagsschlaf. Mama ist so gestresst. Stehe viel zu spät auf, mache mich mühselig an die Arbeit und denke daran, dass ich mich nachher entspannt vor den Fernseher setzten werde und ein Glas Wein trinke. Kann ja jetzt schon mal ein Glas trinken, damit ich mich besser konzentrieren kann. Plötzlich klingelt es. „Kinder geht mal an die Tür, kann gerade nicht.“ Es ist erst fünf Uhr, da kann ich nicht mit einer Fahne in der Tür stehen. War Gottseidank nur ein Kumpel von meinen Jungs. Endlich ist es soweit. Ich mache meine Flasche auf und hole mir ein Glas. Setzt mich auf meinen Platz. Da klirrt etwas. Ich hatte die zweite Flasche von gestern noch unterm Tisch stehen. Mein Sohn steht auf und bringt sie weg. Ich möchte sterben vor Scham. Ich sitze vorm Fernseher und merke nicht, dass es schon halb zehn ist, bin kurz vorm Einschlafen…
Heute 5.30 Uhr. Der blöde Wecker klingelt und will, dass ich aus meinem warmen Nest raus krieche. Wegen dem stehe ich nicht auf, aber ich könnte noch entspannt eine Tasse Kaffee trinken, bevor ich die Jungs wecke. Auf dann. Es ist kalt im Flur, aber der Leuchtstern im Fenster wirft ein schönes orangenes Licht. Wasser aufsetzen, schnell ins Bad, das Gesicht waschen. Ein Blick in den Spiegel –oje, ich sehe noch ganz verschlafen aus. Das kalte Wasser macht aber munter und dann der heiße Kaffee erst! Ich dusche noch schnell bevor ich die Kinder wecke. Ich gebe jedem eine Kuss und sie tapsen dann runter. Waschen, Frühstück, Abmarsch. Vorher gehe ich nochmal ins Bad und schaue ob meine Haare richtig liegen. Ich brauche etwas Haarspray. Wimperntusche kommt auch gut. Und die blaue Kette lege ich auch noch schnell um. Zur Arbeit fahren, arbeiten, heimkommen, kochen. Ich bin gespannt, was die Jungs aus der Schule zu erzählen haben und sie fragen auch nach meiner Arbeit. Langsam werde ich müde und mache mein „Schönheitsschläfchen“. Steht mir in meinem Alter auch zu. Nach dem Aufstehen ist mir kalt und ich koche mir einen schönen heißen Tee. Ich spiele ein bisschen am Computer. Dann erledige ich noch ein paar Dinge. Es klingelt an der Tür. Als ich öffne steht die Nachbarin mit ein paar Äpfeln vor der Tür. Das ist klasse, denn unsere waren gerade leer geworden. Ich freue mich darauf heute Abend vor dem Fernseher an meiner Jacke weiter zu stricken. Doch ich bin um neun schon müde, da komme ich nicht weit. Naja. Morgen ist auch noch ein Tag…
Der Vergleich ist wirklich die autobiografische Motivationsspritze pur,oder ???????
Deine "Vorher"-Geschichte hat mich stark an meine "Endphase" erinnert... ICh musste zu Schluss sogar morgens um 5 die ersten 3 Bier trinken (Das erste kam gleich wieder raus...) um überhaupt zutterfrei eine Stunde später die 3 Kiddies wecken zu können. HÖLLE!!!
Schlimme Erinnerungen, hoffentlich verblassen sie nicht so stark, dass wir sie immer als Abschreckung in Hinterkopf behalten,
......und wir sollten - anstatt uns für "vorher" zu schämen, auf das "jetzt" Stolz sein!!!
WEITER SO, SHARA!!!
LOTTA
Ohne meine Umwege wäre ich prompt an mir vorbeigelaufen....
das liest sich doch gut. als es bei mir im kopf klar war, dass ich nichts mehr trinke, ging es mir besser. du bist frei, brauchst keine angst haben, dass einer deine fahne riecht. bei mir wars noch so, mir zitterten die hände, war unkonzentriert, fahrig. hatte angst mit rest erwischt zu werden oder nen unfall zu bauen. ich könnte noch mehr aufzählen, aber für heute reicht es. mein gott war ich doof. da will ich nie wieder hin!!!
so eine simple Beschreibung und so treffend. Ich freue mich heute noch manchmal über das Gefühl, dass ich morgens auf dem Weg zur Arbeit habe...fit, ausgeruht, mein Körper fühlt sich leicht und gesund an und ich bin froh und dankbar...
ein sehr schönes Vorher/Nachher-Szenario! Eigentlich unglaublich, was wir uns und unserer Umwelt so alles angetan haben. Eigentlich unglaublich, warum wir so lange gebraucht haben, das zu erkennen.
Auch wenn die größte Anfangseuphorie früher oder später verblasst. Bei mir ist das Gefühl der großen Befreiung geblieben. Ich wünsche Dir und Deinen Kindern, dass Du diese Gefühl auch behälst....
Viele Grüße aus Hamburg Andreas
__________________________________________ Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Laotse
shara, echt schöne Beschreibung und so gut nachvollziehbar. Ich bin schon einige Tage trocken und erwische mich immer noch dabei, wenn es am Nachmittag klingelt, zu denken, oh Göttin...aber ich habe keine Fahne, ich bin unabhängig und frei das ist mit das Größte
als ich noch trank war meine größte Horrorvorstellung irgendwas ist mit den Kindern und ich liege im Suff auf dem Sofa ich bin frei
Ein Herausgeber findet sich mit Sicherheit. So viel Authentisches, so viele Perspektiven und Insiderwissen.
Ich streu die Idee hier einfach mal ein.
ps ich finde Bücher von ein und dem selben Autor oft langweilig/langwierig. (ausser Carr, Borowiak hab ich noch nicht gelesen).
Bei diesem Projekt böte sich die Möglichkeit, das Thema aus verschiedenen Perspektiven kennen zu lernen (und für Betroffene - welch ein Reichtum an "aha" Effekten). Andererseits ists auch für nicht Betroffene interessant, manche Stories lesen sich sehr interessant, egal, woher der Leser kommt.
Ehm, ja. Ich find die Idee gut und wär fürs erste mit 10% des Gewinnes einverstanden 3% davon würde ich noch spenden - edel sei der Mensch, hilfreich und gut