... habe ich zum letzten mal willentlich und wissentlich alkohol zu mir genommen:
das war an einem samstag abend, beim geburtstagsessen einer befreundeten kollegin. es gab einen feinen brut d'alsace vorneweg in der begrüßungsrunde. zum essen trank ich meinen unschlagbaren lieblingsleichten weißwein aus frankreich, den sancerre sauvignon blanc. (zwei tage später hatte ich einen termin im krankenhaus zur entgiftung. als vorbereitung für die bereits beantragte aber noch nicht bewilligte langzeitentwöhnungstherapie.)
schon als ich ankam, hatte die freundin mich in der küche vorgestellt: "das ist der kollege karl aus dresden, der ist extra gekommen, um für mich zu kochen." karl rührte gerade die soße zum kalbsbraten. "probier mal." "hmlecker. was ist das?" - "mit himbeergelee. man kann nämlich auch ohne alkohol ganz leckere saucen kochen."
karl war also extra aus dresden nach berlin gekommen, um eine sauce ohne alkohol zuzubereiten. ich dachte mir nichts dabei.
beim essen saß karl mir gegenüber. er trank wasser. mindestens ein dutzend mal habe ich ihm die flasche übers glas gehalten und gefragt, ob er denn wirklich keinen wein wolle, der sei doch sehr lecker. karl wollte nicht. von mal zu mal sah er mich immer erschrockener an. ich wurde immer redseliger. aber karl wollte keinen wein. wirklich nicht.
auf den tresterschnaps nach dem essen verzichtete ich sehr vernünftig , denn ich wollte ja noch mit dem auto zu meinem damals herzallerliebsten lieblingsmann fahren.
ich war nicht besoffen. mir war nicht schlecht. ich hatte 'meine ration' getrunken - so alles in allem eine gute flasche wein über den abend. ich hatte diese leicht plaudernde bettschwere, die es nur auf einem gewissen alkoholisierten level gab. ein ganz normaler abend also.
für den übernächsten tag war ich in der klinik angemeldet. ich hatte nichts begriffen. wirklich nicht.
der arme karl , der mir gegenübersaß: ich habe ihn nie wiedergesehen, habe nie um verzeihung bitten können. ich wollte/durfte noch einmal trinken und habe es an jenem abend einfach nicht verstanden, dass mir da quasi ein zukünftiges spiegelbild gegenübersaß.
dabei bin ich ja nicht dumm. ich war auch ganz informiert über alkoholabhhängigkeit (dachte ich). aber dass ich selbst krank sein könnte, habe ich immer weit von mir gewiesen. "so eine" bin ich dann doch nicht:
meine leberwerte sind doch tipptopp, unter 20 der gamma-GT. ich habe doch abitur. ich habe doch eine schöne, aufgeräumte wohnung. einen sogenannten 'traumjob' obendrein. und derzeit den schönsten aller männer an meiner seite.
außerdem habe ich auch nie gelogen über meinen alkoholkonsum. ich habe nie flaschen versteckt. statt dessen habe ich ganz offen damit kokettiert, wenn ich allen erzählte, dass ich "alkoholikerin" sei und deswegen erst mal noch ein glas wein bräuchte.
verdrehte, nasse logik, wenn ich dachte: "okay, ich trinke etwas viel, ich habe da womöglich ein kleines problem. es wäre besser, wenn ich weniger trinke und dafür gehe ich dann jetzt mal ein bißchen ins krankenhaus."
"das schlimmste, was mir da passieren kann," so dachte ich außerdem, "ist, dass ich da zwei wochen lang nix zu trinken kriege."
das "schlimmste" ist ja dann auch tatsächlich eingetreten. schlimmer noch! es waren ja nicht nur zwei wochen, sondern sind jetzt sieben lange jahre ohne alkohol.
wie es dazu kam, möchte ich in den nächsten tagen erzählen...
Was war bei dir der "Knackpunkt"? Kam der während der Entgiftung oder der LZT .. oder gar später? Frau geht ja nicht so einfach mal zum Entgiften und in ne LZT ...
heute ist also mein offizieller Dry Day, Jour Sec. dass er mit dem geburtstag einer lieben freundin zusammenfällt, ist eine schöne koinzidenz. da können wir gleichzeitig feiern.
huhu StellaLuna , ich gratuliere ebenfalls!
sieben jahre ohne alkohol. das ist schon ganz besonders für mich, es fühlt sich 'heilig' an. es hat ja auch etwas mit 'heil werden' zu tun.
innerhalb von sieben jahren, so sagt man, regeneriert sich jede zelle des körpers. alles ist neu. es ist demnach nicht ein kubikmillimeterchen mehr in meinem körper, das ich mit alkohol vergiftet habe.
mein suchtgedächtnis, das luder, erinnert sich trotzdem noch! sage ich jetzt 'leider'? oder doch lieber 'zum glück?'
sieben jahre! sieben magere und trotzdem sehr reiche jahre.
ich hätte nichts dagegen, wenn die nächsten sieben jahre etwas fetter wären. (was so das zwischenmenschliche und das finanzielle angeht.)
es ist nicht alles rosenduft in meinem leben, na und!
für die klarheit, die mir gewachsen ist, für die schönheiten und die liebe, die ich erlebe, bin ich unendlich dankbar. auch für die kraft, die kommt - und für die seelische stärke, die zu werden und zu sein, die ich bin. von zu tag zu tag. und von tag zu tag ein bißchen mehr.
da hab' ich gerade in Wikipedia etwas (un)passendes gefunden:
... Experimente der Verhaltensforschung zeigen die Bevorzugung der Sieben: Die häufigste Antwort auf die Frage nach der Lieblingszahl oder bei der Frage nach einer beliebigen Zahl zwischen Eins und Neun ist die Zahl Sieben. Weil die Farbe "blau" so häufig als Lieblingsfarbe genannt wird, wird diese Phänomen auch "blue-seven"-Phänomen genannt ...
Meine hat Konfirmation und ist mitten in der Pubertät.
Ausserdem ist die 7 schon eine heilige Zahl, das kann man drehen und wenden wie man will.
Ich beglückwünsche dich sehr, sehr herzlich. Ausserdem find ich es toll, was du machst (die Gruppe). Hab mir deine Seite genau angesehen und kann nur sagen, das hat sich aber mehr als gelohnt, dass das damals bei dem von dir so anschaulich beschriebenen Abend im Freundeskreis der letzte Wein war, den du getrunken hast. Wunderschön auch der "Spiegel" in Form des Himbeersossen-kochenden Mannes.... Toll!!!!
Machs gut! Viele Grüsse!!
Apropos: Meine Zahl ist die 11 und meine Lieblingsfarbe aprikosen-orange (wohl genannt apricot oder so) und bei Klamotten schwarz, was sonst
liebe Amethysma, ich freue mich mit dir, und füge noch hinzu "über 7 Brücken musst du geh'n" (von Karat) du bist demnach 2.556 Tage ohne Alk? oder 2557? na gleich wie und du hast eine schöne große Klappe, das mag ich besonders weil es mir ähnlich geht. Und du kannst qualifiziert schwatzen! Nun denn, Grüßle Max Editierung: eine liebe ! Große Klappe
Irgendwie liest sich das, als ob du sogar mit Stil und Liebe Abschied vom Trinken genommen hast.
Schön, dass du so zufrieden mit dir bist!
Bei mir war es schon eine Quälerei. Das war noch gar nicht ausgegoren, dass ich mich Trennen will. Am Anfang war es bei mir eher ein Wollen, weil ich meinte zu Müssen.
Doch inzwischen bin ich recht zufrieden...wenn auch bei mir nicht immer nur rote Rosen...Rosenduft...