ZitatHandyabnahme für die ersten drei Wochen, Laptop geht gar nicht, Ausgangsverbot bzw. Spaziergänge zu dritt erst ab der dritten Behandlungswoche
ach du meine Güte...
Bei uns gabs das alles gar nicht. Es wurde lediglich gesagt, dass wir die ersten zwei Wochen nicht alleine rausgehen sollen. Nach den ersten beiden Wochen konnte in der Freizeit jeder tun und lassen, was er mochte. Handy war in bestimmten Bereichen der Klinik nicht erwünscht und während der Therapiezeiten verboten. Laptop war sogar erwünscht, die Klinik hat sogar ein eigenes Forum, was dort angepriesen wurde. Nur war da kaum jemand drin. Aber die Kommunikationsmittel waren für einige dort auch hilfreich, die sich bewerben wollten. Das wurde begrüßt.
Es wurde allerdings darauf geachtet, dass die Patienten miteinander verbal kommunzierten in den Gruppenräumen. Wer sich im Zimmer verzog und den man nie sah, wurde darauf angesprochen und das wurde dann auch behandelt. Die Teilnahme an der Gemeinschaft dort wurde gefördert und dazu gehörte es genauso, dass man sich zusammen Filme ansah, Spiele machte oder auch mal ne Veranstaltung in der näheren Umgebung besuchte.
Zitat von Susanne im Beitrag #180la Zweibettzimmer die ersten beiden Wochen, Handyabnahme für die ersten drei Wochen, Laptop geht gar nicht, Ausgangsverbot bzw. Spaziergänge zu dritt erst ab der dritten Behandlungswoche, stichprobenartige Urin,- Alkohol- und Zimmerkontrollen, uiuiuiuiui – akzeptiere ich `mal alles ohne Murren. Und Bügel möge man mitbringen; die wären immer Mangelware. Na denn.
Viele Grüße, Susanne
Ich bin ja eher ein Verfechter der harten Schule: (Wie, das essen schmeckt nicht, die Butter ist zu hart und die WC-Spülung nicht verkleidet?. Dann lieber Patient ändern wir das für SIE, sie haben eine Stunde Zeit zum packen, der nächste Patient wird sich freuen, Sie dürfen aber wiederkommen, wenn es ihnen schlecht genug für solche Umstände geht!)
..und tschüß.
aaaaaaber....das von Dir berichtete klingt wie eine Drogen-Klinik in den späten 80ern. Gibt es aber vereinzelt heute noch (DO IT, Travemünde) Aber solch restriktiven Bedingungen als Alkohol-Entwöhnung. Die Leute stimmen doch mit den Füßen ab, wer sowas anbietet anhand der Konkurrenz-Situation, ist entweder sehr mutig oder sehr blöd. Im besten Falle unabhängig von Gewinnen, Investitionen oder einer schwarzen NULL.
LG Uwe
_____________________________________________________________________________________ Auf MEINEM eigenen Weg kann mich keiner überholen.
ja, ich bin da ganz froh drum, das dortige sehr offene Behandlungskonzept gehabt zu haben. Obwohl ich zweimal in der Einrichtung war, lag der erste Misserfolg nur an mir selbst. So im allgemeinen erleben die Patienten dort einen leichteren Start ins Leben, da praktisch die ganze Therapie mitten im Leben stattfindet. Zudem gab es dort viele Schwerabhängige mit polytoxem Konsum, einschließlich mir.
Genügend Rückfällige gabs auch, so wie überall. Ob das offene Konzept Rückfälle provoziert, ist aber fraglich. Ich denke eher, du bist wesentlich gefestigter im Anschluss, sofern du dich danach nicht einlullen lässest, sondern selbst ein wenig über dich und deine Bedürfnisse nachdenkst. Anregungen dazu gab es sehr viele bei uns.
@ newlife: "Es wurde allerdings darauf geachtet, dass die Patienten miteinander verbal kommunzierten in den Gruppenräumen." Das will ich mal stark hoffen! Also, ich habe mich ja für eine reine Frauenklinik entschieden und da stelle ich es mir schon hart vor, wenn da in den Gruppenräumen ständig nonverbal kommuniziert werden würde... weiah ;-) Spaß beiseite: ich lebe ja jetzt schon fast 7 Monate nach einem extrem "offenen Konzept", offener als ich in "freier Wildbahn" geht ja nicht.
@ Uwe: Vorerst nehme ich das filosofisch: Schließlich zahlen Mitglieder der Führungskräfteriege viel, viel Geld für Seminartage in Klöstern - in Klausur und ebenfalls ohne Smartphone, Tablet und sonstigem individualisiertem Kontakt zur Außenwelt - als Privileg. Vielleicht tut mir diese Konzentration und (mediale) Abgeschiedenheit auch richtig gut. Ich werd`s erleben...
----------------------------------------- Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und »Scheiß Götter!« zu rufen. (Terry Pratchett)
ein Arbeitskollege von mir macht sowas auch. Der geht jedes Jahr eine Woche ins Kloster und dort wird geschwiegen. Die ganze Woche. Ich finde das durchaus interessant und du bist nur bei dir selbst. Ist richtig hart, wie er meint. Einen Austausch über die Empfindungen gibts dann im Anschluss an diese Woche. Ist glaube ich Zen-Meditation. Ich bin ja ehrlich und trau mir das nicht zu, aber vielleicht siegt bei mir auch mal die Neugierde und ich mach das doch mal.
Gut, darum gehts jetzt bei dir nicht. Wollte dir das bloß mal schreiben. Der Austausch mit anderen Patientinnen wird ganz bestimmt auch in deiner Klinik begrüßt, da mach dir mal keine Gedanken.
In meiner (ambulanten) Therapie mußten wir ausnahmslos bei jedem Betreten der Therapieeinrichtung "blasen". Auch wenn z.B. Leute in der Pause zwischen zwei Therapieeinheiten nur zum Rauchen rausgingen, war die Alk-Kontrolle fällig. Damals habe ich (und noch viel mehr meine nichtsüchtige Umgebung) damit durchaus gehadert. Heute sehe ich das viel lockerer, und angesichts des Krankheitsbildes Alkoholismus, bei dem Lügen, Täuschen und Verbergen an der Tagesordnung sind, kann ich es gut verstehen.
Unser früherer Gruppenleiter (der sich buchstäblich um ein Haar ins Grab gesoffen hatte) erzählt oft diese Geschichte:
In seiner Therapieeinrichtung (stationär und er war viele Monate dort) gab es auch solche Vorschriften, an denen er sich rieb. Irgendwann schrieb er dem Klinikleiter einen Brief, in dem er sich beschwerte, irgendwas von Menschenrechten schrieb etc, pp.
Der Klinikleiter hielt ab und an (sagen wir monatlich) Vorträge vor allen Patienten und dem Klinkpersonal. Beim nächsten solchen Termin meinte er...
" Ja, ich möchte Ihnen noch berichten, dass ich einen Brief von einem Patienten erhalten habe." Dann las er den Brief komplett vor versammelter Mannschaft vor.
Anschließend meinte er: "Diesen Brief hat mir der Herr XY geschrieben. Herr XY, da hinten sind Sie ja, stehen Sie doch mal kurz auf." Und als der Herr XY dann aufgestanden war, meinte der Klinikleiter zu ihm: "Wissen Sie eigentlich, WESHALB Sie hier sind?"
Unser Gruppenleiter meinte, seitdem weiß er, was es bedeutet, sich "so klein mit Hut" zu fühlen.
@susanne Ich meine, lass dich nicht draus bringen, die werden schon wissen, was sie tun. Und selbst wenn es die eine oder andere Regel gibt, der du nichts abgewinnen kannst, wirst du es auch überleben. Jedenfalls steht es nicht dafür, sich deswegen groß aufzuregen und womöglich noch die Therapie abzubrechen.
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)
abgebrochen wird schon mal gar nix, das garantiere ich - ich habe mir bereits im Rahmen der Beantragung ganz gut klar gemacht, dass ich an allem teilnehmen und auch Rahmenbedingungen akzeptieren werde, die in meinem sonstigen Leben nicht vorkommen. Der Frisör begeht beim Schneiden der Haare ja auch eine Körperverletzung, der der Kunde jedoch zuvor zugestimmt hat und die somit keine Straftat darstellt. Möge die Klinik also eine einstweilige Freiheitsberaubung begehen, da ich dieser zuvor zustimme - siehe Frisör ;-)
Immerhin gibt es als Ausgleich Bogenschießen, Bergwandern, Aquafitness im Thermalbad, Tiere streicheln, Töpfern uvm. Vielleicht gründe ich ja auch `n Chor, hehe.
Nur wenn der Uwe Recht behalten und die WC-Spülung nicht verkleidet sein sollte, dann, ja dann reise ich selbstverständlich postwendend wieder ab, also, ist doch klar, alles muss frau sich ja wohl auch nicht gefallen lassen... Susanne ;-)
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Das mit Abbrechen der Therapie habe ich gar nicht auf dich gemünzt gemeint, sondern allgemein. Leider gibt es genügend Kandidaten (oder in deinem Fall Kandidatinnen), die genau das tun. In Wirklichkeit suchen die aber nur Gründe für den Abbruch, um wieder saufen zu können. Du wirst sehen, das wird auch in deinem Umfeld so sein.
Übrigens gefällt mir sehr an deinen Beiträgen, dass du deinen Humor nicht verloren hast. Ich glaube, das ist eine gute Voraussetzung, nicht knochentrocken, sondern zufrieden trocken zu werden.
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)
Die ganzen - auch "unsinnigen " - Regeln in Klinken erfüllen natürlich einen guten Zweck.
Man lernt Regeln einhalten. Wer das nicht kann oder will hat, es schwer abstinent zu werden und bleiben.
Kleine Regelübertretungen -rauchen an nicht genehmigten Orten z.B - sind nix anderes als: Nur dieser eine Drink. Gerad am Anfang hat Abstinenz etwas mit Disziplin und aushalten zu tun. Zu nix anderem taugen diese Regeln von denen ich unzählige kenne, wie Postausgabe nur von 12:00 bis 12:07 obwohl das Büro, Rezeption besetzt ist und die "ja nix weiter zu tun haben"
Briefmarkenverkauf hingegen nur von 07:30 bis 07:45 aber nicht an ungeraden Dienstagen, außer im Schaltjahr.
Das Erleben von Ärger und Trainieren von Frustrationstoleranz sind hier Hintergrund. Sie sind also sehr sinnvoll.
Schön sind auch solche Aktionen wie dem -noch - fitten Sportsäufer, der schon Im Geiste sämtliche Freistunden im Fitnessraum, Laufgruppe, Schwimmen und Morgengymnastik verplant hat, erstmal 4 Wochen Sportverbot zu geben. Wenn dieser begriffen hat WARUM und dieses WARUM positiv nutzt ist schon viel gewonnen.
Ob allerdings diese Kontakteinschränkungen und "nur zu dritt raus, in der Gruppe einkaufen, kein Handy/ Laptop etc" noch zeitgemäß sind ...
LG Uwe
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Ja wie sich die Zeiten und Methoden doch ändern bzw. zum Teil noch immer ihrer Gültigkeit zu haben scheinen. Ich habe meine letzte LZT noch in einem sogenannten Day-Top-Haus in München absolviert. Damals ähnlich wie Synanon Berlin ein gefürchtete Name unter Junkies und sonstige Suchtkranke. Day-Top Häuser gibts kaum noch, aber eins oder zwei sind in der Nähe München immer noch vorhanden z.B in Deisenhofen. Jedenfalls war Putzen und Regeln dort ganz groß geschrieben. Die Therapie war in Grunde genommen organisiert wie eine große Wohngemeinschaft, flankiert von das therapheutische Betrueungsteam. Von den eigentlichen Bewohnern würde alles selber organiert und gemacht. Kochen, waschen, Putzen, Einkaufen, etc. alles würde in Selbsverwaltung gehandhabt. Regeln wurden insofern großgeschrieben als das Regelverletzungen Sanktionen nach sich zogen, welche in der täglichen Großgruppe/Plenum auf mehr oder weniger demokratischen Verfahren ausgesprochen wurden. Diese Sanktionen hatten aber immer auch einen Bezug zu der Regelwidrigkeit. So zum Beispiel mußte einer, der immer vergaß die Tür hinter sich zuzumachen, mal drei Tage mit dieser Tür überall hinzugehen. Oder wenn zwei sich ständig gestritten haben, wurden diese für mehrere Tage aneinandergebunden (tag und Nacht) bis Klarheit geherrscht hat zwischen den beiden. Überhaupt wurde viel Wert darauf gelegt, daß an seine Konflikte anspricht und seinen Ärger und Wut rausläßt bzw. diesen artikuliert. An dieser Therapie teilnehmen zu dürfen war auch gar nicht so selbstverständlich, als allererstes kam man am ersten Tag in einem kleinen Aufnahmezimmer, dort gabs ein Bett und ein Stuhl und ein Tisch. Es würde Papier und Kugelschreiber reingereicht und jeder Interessent mußte sich 24 Stunden mit den Fragen auseinandersetzten, was er hier erreichen will, was er an sich, an seinem Leben ändern will etc. Mußte man alles schön aufschreiben und nach Ca. ein tag wurde man in der Aufnahmegruppe geleitet. Hier mußte man seinen späteren Mitpatienten erstmal davon überzeugen, daß es einem auch wirklich ernst ist mit der Therapie bzw. den Abstinenzwünsch. Nicht Wenige Leuten hat an die Aufnahme glattweg verweigert! Oder es wurden zum Teil wirklich drastische Maßnahmen verhängt um zu Testen ob einer wirkich motiviert ist sich auf der Therapie einzulassen. Zum Beispiel 2-3 tag und Nacht ununterbrochen aufm Heißen Stuhl sitzen oder ähnliche "Scherze".
Gefürchtet war auch die sogenannten "Marathons", dabei gehts weniger ums Laufen als darum daß alle Bewohner mehrere Tage gemeinsam alle in den großen Therapiesaal gesperrt wurden und alle durch diversesten Psychotechniken am Rande ihre Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung getrieben wurden. Alte, destruktive Verhaltensmuster sollte dabei gesprengt werden und eine Konfrontation mit den eigenen verschütteten Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche zum Vorschein kommen. So zum Beispiel mußten wir reiheum uns alle ohne zu sprechen solange tief in den Augen schauen! Man glaubt es kaum, aber da kommen dann wirklich so einige versteckte Agressionen etc. zum Vorschein. Ziel des Ganzen war ja klare Verhältnisse zwischen den Betroffenen herzustellen. Abgerundet wurden solche "Seltsfindungstechniken" durch allerlei fernöstliche dynamischen Meditationen etc.
Diese Therapie fand auch in einem sehr von der Außenwelt abgeschotteten Rahmen statt. Die ersten 2-4 Woche gab es absolutes Kontaktverbot nach Außen. Nicht mal Briefe empfangen/Schreiben war erlaubt. Ersten dreierausgang gabs mal so nach 3 Monate, alleine rausgehen so etwa ab dem fünfen Monat, Alkohol- oder Drogentestkontrollen gabs es keine, wäre aber mit Sicherheit aufgefallen, wenn jemnd rückfällig geworden ist, da der enge intensive Umgang miteinander jede Veränderung sofort offenba gemacht hat.
Ich persönlich habe diese Therapie überwiegend gehasst, weil sie einem gezwungen hat, sie ständig mit den eigene Unzulänglichkeiten, Ängsten und Verleugnungstrategien auseinanderzusetzen. Aber bei mir hat dieser Therapie - obwohl es mir beileibe längst nicht immer gut gegangen ist - bis zum heutigen Tage zum Erfolg geführt. Natürlich kann man aus heutige Sicht vielleicht argumentieren, alles viel zu drastisch und streng etc, ich denke aber in ihrer Zeit war eine solche Therapie warscheinlich genauso sinnvoll, wie die Therapiekonzepte in der jetzigen Zeit!
Regeln gab es bei uns natürlich auch, sie sind unabdingbar für das Zusammenleben. Auch unsinnige, wer im Klinikgebäude geraucht hat, durfte am selben Tag noch seine Tasche packen. Hat er was getrunken, musste das nicht zwingend diese Konsequenzen haben. Da wurde dann erörtert, warum und weshalb. Es wurde aber diesbezüglich auch auf die verschiedenen Persönlichkeiten eingegangen. Bei manchen war es richtig schlimm, wenn die zu spät zur Therapiestunde kamen. Das war bei mir anders. Ich galt jetzt als perfektionistisch veranlagt und man begrüßte es, als ich begann, endlich mal ein paar Dinge etwas lockerer zu nehmen. Obwohl das alles recht simpel für uns aussah, wurden wir sehr genau beobachtet, wie wir uns verhalten. Verbiegen wollte man dort niemand, wohl aber erkennen, an was es klemmt.
Ich war in einer polytoxen Gruppe und war der einzige, der eine Arbeitsstelle hatte. Ich brauchte deshalb z.B. keine Arbeitstherapie machen. Als ich dort aufschlug wurde ich nach ganz ähnlichen Dingen gefragt, wie kapoen es geschildert hat. Weshalb bin ich da und was will ich erreichen? Als Wiederholer in der gleichen Einrichtung, war mir das ziemlich klar und ich glaubte zu wissen, was ich verbockt habe.
Mir ging es nur um kommunikative Dinge. Wie kann ich besser mit anderen Menschen, wie vermeide ich sozialen Rückzug und dergleichen. Ich habe sehr klar ausdrücken können, welche Therapien mich dort interessieren, aber auch das, was mich gar nicht interessiert.
Ich habe dort viel zum Thema Selbstsicherheit gemacht und hab mich dann freiwillig für eine Arbeitstherapie gemeldet und habe ab und zu im Cafe bedient. Da hieß es zunächst, dass diese Arbeitsplätze denen vorbehalten sind, die keine Arbeit haben. Ich habe dann gesagt, ich will genau das, um mit Menschen in Kontakt zu kommen. Das hat dann auch funktioniert und ich habe gelegentlich ein paar Schichten geschoben.
Hat mir gut gefallen. Lockerer Austausch, da konnte man auch mal ein wenig Flachs machen und der Kaffee sah natürlich auch optisch saugeil aus. Ich habe das gerne gemacht und bin dort ein Stück gewachsen. Andere wurden dazu verdonnert und haben sich lieber hinter der Kaffeemaschine versteckt.
Wenn ich dann bei Ergo mal ein wenig blaumachen wollte, war das einfach nicht so tragisch. Hab dann der lieben Therapeutin dort auch mal nen schicken Cappuccino mitgebracht und dann passte das wieder. Ich glaube sogar, dass solche Aktionen sogar recht positiv wahrgenommen wurden. Es kommt schon immer auch auf zwischenmenschliche Aspekte an.
Ich wollte ja keinen Stress. Ein bisschen mit Ironie halt mal, so wie ich eben bin.
kurze Aktualisierung. Ich bin jetzt seit sieben Monaten ohne Alkohol im Leben unterwegs. Die DB-Fahrkarte für den 18.01.18 hängt schon am Kühlschrank. ich freue mich auf die Zeit. Ich denke viel darüber nach, was mich umtreibt, was ich klären und erreichen will. Rückfahrtag wird der 15.März sein und hier die örtliche Beratungsstelle habe ich schon in Kenntnis gesetzt, dass ich dann ab dem 20.03.13 in die anschließende ambulante Therapie einzusteigen wünsche.
Zwischen Weihnachten und Neujahr fand ich mich an einem Tag in einem Supermarkt plötzlich zwischen den Weinregalen wieder und erzählte mir komplett einen vom Pferd; ein bisschen Rotwein an der Sauce für die geplanten Rinderrouladen im Römertopf könne ja wohl nicht schaden, der Alkohol würde ja in der Schmorzeit komplett verfliegen und so ein kleines Fläschchen mitzunehmen, das müsste doch wohl mal drin sein... Gruselig. Von jetzt auf gleich dünnes Eis. ich habe mich da richtig mit Kraftanstrengung wegreißen müssen. An der Kasse dann: Ich gucke mir die Flachmänner an - die gucken mich an - wir zucken nur mal kurz mit den Schultern; alles uninteressant, und tschüss.
Silvester war einfach. Neujahr: Katastrophal; irgendwie war ich emotional gebeutelt (wie war das letzte Jahr - wie wird das Neue werden , oh Elegie, et un peu pathétique...), musste ständig weinen und habe nacheinander drei "Miss Marple"-Filme geguckt und fast sieben Stunden lang immer mal wieder meinen Lieblings-Suchtnotruf (0201 40 38 40 - alles "Kollegen") angerufen, war aber immer besetzt. Gegen 22 Uhr war ich dann nach dem Margaret Rutherford - Weinen - Essener Rufnummerwählen - Marathon erschöpft und ging schlafen. Ein weiterer Tag ohne Alkohol. Um mit Oskar Matzerath zu sprechen: Ein denkwürdiger Neujahrstag.
Ich rauche seit dem 1.10.2001 nicht mehr. Es ist nur noch eine ferne Erinnerung. Das Rauchen als denkbare Handlungsalternative ist mir seit mindestens 10 Jahren komplett abhanden gekommen. Unten der Text, den ich nach einem Jahr Nichtmehrrauchenmüssen schrieb.
Die ersten ewig langen fürchterlichen sechs, sieben Tage im Oktober 2001 - irgendwie habe ich sie überstanden, ohne Nikotinsubstitution, ohne alles. In diesen ersten Tagen stand es manchmal stündlich auf der Kippe ob aus mir je eine Nichtraucherin werden würde. ‚Time and hour run through the roughest day.’ Nichts schrieb William über die Nächte. Jeden Abend ging ich erschöpft vom Nichtrauchen schlafen und erlebte wüste Träume aus denen ich auf nassgeschwitztem Kopfkissen hoch schreckte. Wirklich interessant, wenn eine Droge den Körper verlässt...unplugged. Ein Überstehen der Hölle der ersten zigarettenlosen Zeit traue ich mir nicht noch einmal zu.
Mit dem runden Jahr habe ich alle üblichen normalen Situationen erlebt, überlebt und überlernt, die früher besonders oder reflexartig zum Rauchen führten sowie die in die Tausende gehenden Anlässe, die lange Jahre immer von einer Zigarette begleitet wurden: Erfolgserlebnisse und Ärger im Beruf, Freude und Kummer im Privatleben, Banales, Unvorhergesehenes, Urlaubstage, Sylvester; ob Auto kaputt, Geld gewonnen auf der Rennbahn oder nichts Besonderes los - Leben eben: Alles ohne Zigaretten.
Im Spätsommer 1999 hatte ich das Rauchen aufhören wollen. Ernsthaft. Nach acht Wochen gab ich damals auf: Von morgens bis abends nur das Denken an Zigaretten. Es wurde nicht besser, mit keinem Tag, auch nicht ein klein wenig. Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr, eine Perspektive fehlte. Ich war ziemlich fassungslos. Zwei weitere Jahre lang habe ich ungern geraucht, die Möglichkeit eines erneuten Anlaufs nie ganz aus dem Blick verloren, bei jedem West-Plakat auf dem stand: ‚Ich rauche gern’ - habe ich gedacht: Ich nicht! Ich muss! Hätte ich doch bloß die Wahl! Im Nachhinein glaube ich, dass die zwei Jahre vielleicht doch einen Sinn hatten, dass „die Jungs im Keller“ wie Stephen King sagen würde, doch etwas bewirkt haben in der Zeit. Kann aber auch eine nachträgliche Zurechtmachung sein, ich weiß es nicht.
Jedenfalls konnte ich mich dann doch noch ein Mal aufraffen: Mit dem Mut der Verzweiflung nochmals das Scheitern riskieren und auf den Sieg hoffen. Mein zweiter Anlauf, heute vor einem Jahr. Ich war finster entschlossen aber ich fürchtete mich auch vor einem neuerlichen Debakel. Die große Unrast, der löchrige Glaube an ein Gelingen und die mentalen und körperlichen Ausnahmezustände der ersten Tage und Wochen - und wie dann langsam aber sicher so etwas wie Zuversicht aufkeimte. Die vielen Veränderungen und Umstellungen in der Alltagsroutine die dann nach und nach selbst zur zigarettenfreien Routine wurden. Ab etwa zwei Monaten habe ich manchmal innerlich ganz vorsichtig jubiliert: Ich kann es schaffen, ich kann es schaffen! Ab etwa 6 Monaten habe ich daran dann ernstlich geglaubt, mit Momenten wilder Freude.
Die Loslösung von dieser Sucht (tief verwurzelten und lange eingeübten Gewohnheit?) war lange Zeit kein lineares Geschehen; mal ging es besser, mal ging es schlechter. Auch die schreckenden Berichte von Ausgerutschten und Umgefallenen haben mir dabei geholfen mir immer und immer und immer und immer und immer wieder zu sagen: Ich nicht. Nicht heute. Nie mehr. Jemand sagte mal, ich sei so dogmatisch. Endlich hatte ich einen passenden Begriff für das, was ich in mühevoller tage-, wochen- und monatelanger Kleinarbeit zunächst und anfangs als Selbstschutz rund um mich herum errichtet habe: ein Dogma. Es heißt, nicht neu, nicht originell aber wahr: ‚Rauchen ist Scheiße.’ Dieses Dogma hinterfrage ich für mich nicht mehr, ich diskutiere mit mir darüber nicht, ich lasse basisdiktatorisch keine andere Meinung zu und ich pfeife auf jedwede Kompromisse und Hirngespinste von Ausnahmen, die meine Sucht mir als Fata Morgana in die Landschaft stellen wollte.
Es fiel mir schwer, mir selbst für die gesamte weitere Dauer meines Lebens etwas grundsätzlich zu verbieten. Selbst wenn es gut und sinnvoll ist. Ein solches grundsätzliches Verbot drängte manchmal geradezu danach, übertreten zu werden: Küss mich, ich bin die Rauchfee. Eine gewaltige Rigidität und Radikalität mir selbst und den „Verlangensattacken“ gegenüber haben mir lange dabei geholfen, nicht wankelmütig zu werden und allen Sirenengesängen zu widerstehen. Sich selbst immer wieder am Mastbaum festzuketten ist keine leichte Sache aber mit der Zeit bekam ich Übung darin und mittlerweile halten die blöden Biester die Klappe.
So habe ich durchgehalten und Augen auf und durch und nix mit lau und ausgeharrt und mit der Zeit bin ich langsam in das Nichtrauchen hineingewachsen wie in eine neue Haut. Schade, dass ich mich eine lange Zeit hindurch dennoch in dieser Haut, mit meinem Körper nicht wohl gefühlt habe. Bis ich die trotz Maßhaltens zugenommenen Pfunde mit viel Ach und Krach wieder halbwegs herunter hatte überlagerte manchmal Frust vermischt mit Wut die Freude an den cleanen Tagen. Ich fand das gemein - da tue ich etwas so Gutes für meinen Körper, und? Dankt er es mir? Pustekuchen: Fett will er werden, Fett! Wie sollte ich mich da denn wohlfühlen? Lügen sind das, dass frau sich ohne die Kippen besser fühlt, gemeine hinterhältige Lügen! Schlecht fühlte ich mich, träge, langsam, unzufrieden.
Wenn ich, immer hungrig, richtig Dicke sah, die in aller Öffentlichkeit aßen: Wie obszön - wenn die dann hinterher auch noch rauchten: Welch eine Provokation! Ich konnte mit dem Thema Gewichtszunahme zu keinem Zeitpunkt Frieden schließen und so tat ich das, wovon ich allen Anderen immer vehement (und mit Recht) abrate: Von Anfang an und über den ganzen Zeitraum hinweg an zwei Fronten kämpfen. ‚Nichtrauchen und trotzdem schlank’ (Autor: Peter Lindinger, Fischer-Verlag, ISBN 3-596-146-31-3, ca. 6,49 €. Was wohl die Yacht macht...) ist also durchaus möglich, für mich jedoch nicht einfach. Nicht rauchen, nicht essen, dafür seltsame Träume, eine dünne Haut. So gesehen war es auch ein anstrengendes Jahr.
Nichtrauchen, Bio-dies-und-bio-das, vorsichtshalber kein Alkohol, mehr Sport (kein Golf !), zusätzliche ‚Abstinenz stabilisierende Freuden’, mehr Energie, mehr Kraft, das viele Laufen um den See - alles zieht Kreise, vieles gehört zusammen und irgendwann ist dann nicht nur das Rauchenmüssen beendet sondern der Lebens-Stil hat sich verändert. Zugegeben, es geht auch ohne Letzteres - aber besser und schöner (vielleicht auch notwendig?) finde ich diesen Weg für mich allemal. Das Nichtrauchen tut längst nicht mehr weh und ich bin irgendwohin unterwegs.
Völlig unbekümmert schaue ich dennoch und bei allem Guten nicht in mein weiteres Leben als Statistische Nichtraucherin; dazu habe ich hier zu viele Beispiele lesen und anderswo hören müssen, dass Leute auch nach einem Jahr ...und mehr...wieder mit der Scheiße begonnen haben. Warum? Warum fangen Menschen nach einer doch recht langen Zeit wieder mit dem Rauchen an? Wenn doch die Vorteile des Nichtrauchens in langen Listen von jedem abgenickt werden können? Wie sieht es mit den Vorteilen des Rauchens aus? Wie, es gibt keine? Wirklich nicht? Und wenn doch, was kann man tun, um die Bilanz dauerhaft zugunsten der Vorteile der Zigaretten-Abstinenz zu beeinflussen?
Merkwürdig subversive schräge Anwandlungen das Rauchen betreffend kommen ganz selten noch vor; häufiger sind die Situationen, wo ich Raucher und Raucherinnen in stressigen Situationen sehe und sehr froh bin, dass ich aus dieser Falle heraus gekommen bin. Was ich nicht will: mich als „trockenen Nikotiniker“ fühlen müssen, immer auf der Lauer, stets mir selbst gegenüber misstrauisch. In meiner Vorstellung laufen Ex-Raucher die ausschließlich von Selbst-Disziplin aufrecht erhalten werden ständig mit zusammengekniffenen Gesäßhälften und tiefen Nasolabialfalten durch die Gegend - bis die Sache wieder kippt. ‚Se-Di’ ist eine prima Sache, je nach Ziel: Zur dauerhaften Befreiung aus dem Würgegriff einer Abhängigkeit reicht das alleine meiner Meinung nach nicht aus. Gefragt, ob ich mich als Nichtraucherin empfinde, würde ich sagen: Wesentlich stärker als im März.
Ich will nie mehr rauchen und dennoch locker lassen können, mehr Distanz, mehr Gelassenheit, entspannter den neuen Lebensstil mit Nichtrauchen und mehr Lebensqualität untrennbar etablieren. Los lassen können. Ich hoffe jetzt vor allem auf die Zeit als Verbündete, lehne mich bequem zurück und sage: Einfach (und das ist es verglichen mit den Anfängen im Oktober vor einem Jahr wirklich geworden: Einfach!) weiter Nichtrauchen. Und neugierig bin ich, wie sich das Ganze wohl im Oktober 2003 anfühlen wird.
----------------------------------------- Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und »Scheiß Götter!« zu rufen. (Terry Pratchett)
wenn ich deinen Text vom "Rauchen-Aufhören" so lese, werde ich richtig dankbar, dass mir das erspart blieb, habe ich doch nie im Leben angefangen zu rauchen.
Solche Tage wie deinen Neujahrstag habe ich in der Anfangszeit meiner Trockenheit auch erlebt. Ich glaube, ich musste damals erst wieder lernen, überhaupt Emotionen bewußt auszuhalten. Wie eben die üblichen zu Weihnachten /Neujahr/Geburtstag. Heute muss ich sagen, bin ich an solchen Tagen so, sagen wir "unemotional", dass ich manchmal den Gefühlen, die ich damals noch nass an solchen Tagen hatte, fast etwas nachtrauere. Mei, man kann halt nicht alles haben im Leben...
Das mit dem Dogma finde ich gut, gerade am Anfang ist es sicher nicht schlecht, so eine Art Mantra zu haben.
Und du musst ja nur drei Buchstaben austauschen, dann hast du dein neues Dogma aus dem alten abgeleitet: "Saufen ist Scheiße".
Ich wünsch dir ein gutes Jahr 2018!
Liebe Grüße vom Grufti! Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden (Mark Twain)